VPB 51.10
(Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für die Stiftung Pro Helvetia vom 27. Januar 1985)
Stiftung Pro Helvetia. Verweigerung einer Defizitgarantie für Theateraufführungen wegen unverhältnismässigem Aufwand, trotz anfänglich positiver Mitteilung durch den Abteilungsleiter, jedoch ohne formelle Beitragszusicherung durch das zuständige Stiftungsorgan. Keine Verletzung von Treu und Glauben, wenn im Laufe des Verfahrens die verlangte Summe erhöht wird und das Werk sich als Kollektivkreation herausstellt, welche eine Visionierung notwendig macht, deren Ergebnis künstlerisch unbefriedigend ist.
Fondation Pro Helvetia. Refus d'une garantie de déficit pour des représentations théâtrales en raison de leur coût disproportionné, en dépit d'une communication positive faite initialement par le chef de la division, mais sans promesse formelle de subvention de la part de l'organe compétent de la fondation. Aucune violation de la bonne foi lorsque, en cours de la procédure, la somme demandée est augmentée et qu'apparaît, à cause du caractère collectif de la création en question, la nécessité de visionner celle-ci, ce qui révèle un résultat artistique insatisfaisant.
Fondazione Pro Helvetia. Rifiuto di una garanzia del deficit per rappresentazioni teatrali, in ragione del loro costo sproporzionato, nonostante una comunicazione positiva fatta inizialmente dal capo della divisione, senza tuttavia promessa formale di sovvenzionamento da parte dell'organo competente della fondazione. Nessuna violazione del principio della buona fede se, nel corso della procedura, la somma richiesta è aumentata e se l'opera risulta essere una creazione collettiva che rende necessario un visionamento della stessa e il cui risultato artistico è insoddisfacente.
I
A. Mit Gesuch vom 15. September 1983 beantragte die Produktionsgemeinschaft A, Theaterabteilung, einen Beitrag von Fr. 12 800.- durch die Stiftung Pro Helvetia zur Deckung der Auslandspesen für zwei Theaterproduktionen.
B. Mit Schreiben vom 21. September 1983 ersuchte das Sekretariat der Stiftung Pro Helvetia die Produktionsgemeinschaft, das Gesuch auf einem entsprechenden Formular der Stiftung einzureichen.
C. Am 9. Oktober 1983 reichte die Produktionsgemeinschaft das Gesuch erneut ein, wobei auf den entsprechenden Formularen der Stiftung detailliertere Angaben erfolgten.
D. Mit Brief vom 30. November 1983 teilte der zuständige Abteilungsleiter der Stiftung Pro Helvetia der Gesuchstellerin mit, der Stiftungsrat stehe dem Gesuch grundsätzlich positiv gegenüber. Aus Gründen der Budgetübersicht habe der endgültige Entscheid jedoch auf den 23. Februar 1984 verschoben werden müssen. Falls sich in der Zwischenzeit etwas am Gesuch ändern sollte, bitte man, die Stiftung zu informieren.
E. Am 9. Februar 1984 reichte die Gesuchstellerin ein neues Gesuch ein. Es wurde nun eine Defizitgarantie von Fr. 27 950.- für die erste Aufführung und nach wie vor von Fr. 5 000.- für die zweite Aufführung verlangt. Insgesamt wurde demnach ein Betrag von Fr. 32 950.- beantragt. Vorgesehen waren Vorstellungen des ersten Stückes in Amsterdam und des zweiten Stückes in der Bundesrepublik Deutschland.
F. Mit Schreiben vom 29. Februar 1984 ersuchte der zuständige Abteilungsleiter der Stiftung die Gesuchstellerin um Mitteilung, wann und wo die nächsten Aufführungen stattfinden würden. Der Entscheid der Stiftung hange von einer Visionierung ab. Da die Gesuchstellerin nicht reagierte, wiederholte der zuständige Abteilungsleiter der Stiftung seine Aufforderung am 20. März 1984.
G. Nachdem eine Visionierung doch noch erfolgen konnte, teilte der Direktor der Stiftung Pro Helvetia der Gesuchstellerin am 22. Juni 1984 mit, dass der Leitende Ausschuss der Stiftung das Gesuch am 21. Juni 1984 abgelehnt habe. Das ursprüngliche Gesuch vom 15. September 1983 habe einen eher positiven Eindruck erweckt, vor allem auch hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem budgetierten Aufwand und dem von der Stiftung erwarteten Beitrag. Im Gesuch vom 9. Februar 1984 habe sich der nachgesuchte Beitrag für das erste Stück jedoch mehr als verdoppelt. Eine Visionierung der Aufführung habe ergeben, dass das Stück nicht zu den Unternehmungen gehöre, die Pro Helvetia unterstützen wolle. Dem ausserordentlich grossen technischen Aufwand stehe eine Aussage gegenüber, die besonders hinsichtlich der Form nicht zu überzeugen vermöge. Pro Helvetia sei Experimenten gegenüber nicht abgeneigt, wenn sie einem künstlerischen Qualitätsmassstab standhalten würden.
H. Mit Beschwerde vom 19. Juli 1984 an die Eidgenössische Rekurskommission für die Stiftung Pro Helvetia stellte die Gesuchstellerin folgende Anträge:
«1. Es sei der Entscheid der Pro Helvetia vom 22. Juni 1984 aufzuheben.
2. Es sei entsprechend dem Gesuch vom 9. Februar 1984 ein Beitrag von Fr. 31 870.- bzw. ein angemessener Beitrag an das effektive Defizit von Fr. 20 283.- (vgl. Abrechnung vom 10. Juni 1984) zu sprechen.
3. Es sei der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege gemäss Art. 65 VwVG zu erteilen.
4. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Stiftung Pro Helvetia bzw. des Staates (recte: des Bundes).
5. Edition der Akten Pro Helvetia.»
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei seit 7. Juli 1984 ein Verein. Sie verfüge nur über sehr wenige Mittel, weshalb die unentgeltliche Rechtspflege beantragt werde. Die Erhöhung des nachgesuchten Beitrages beruhe auf der Einladung der Präsidialabteilung der Stadt Zürich, das erste Stück im Rahmen eines Festivals zu zeigen. Gegen den Willen der Produktionsgemeinschaft sei die für sie zu gross dimensionierte Aktionshalle der «Roten Fabrik» als einzig möglicher Aufführungsort zur Verfügung gestellt worden. Die Adaption an die Grösse des Raumes habe eine sinnvolle Anpassung der technischen Installation erfordert. Die Aussage des Stückes sei aktuell. Die Formulierung der Stiftung Pro Helvetia, dem ausserordentlich grossen technischen Aufwand stehe eine Aussage gegenüber, die besonders hinsichtlich der Form nicht zu überzeugen vermöge, sei unverständlich und nicht begründet. Der künstlerische Qualitätsmassstab der Stiftung Pro Helvetia sei aus der Mitteilung des Direktors vom 22. Juni 1984 nicht hervorgegangen. Das erste Stück sei eine Kollektivkreation. In der «Roten Fabrik» sei davon eine von vielen möglichen Fassungen gezeigt worden. Es müsse daher unterschieden werden zwischen Kreation und Aufführung. Die Beanstandung der Form des Stückes stehe im Widerspruch zum positiven Eindruck, den das Konzept beim Stiftungsrat gemacht habe. Es sei bedauerlich, wenn die Stiftung den finanziellen Mehraufwand beanstande, der es ermöglicht habe, dieses Stück in einem offiziellen Rahmen einem grösseren Publikum in der «Roten Fabrik» zu präsentieren. Die Stiftung Pro Helvetia habe somit den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig und unvollständig festgestellt. Ihr Entscheid sei im weiteren unangemessen.
I. Mit Vernehmlassung vom 8. August 1984 beantragte die Stiftung Pro Helvetia die Abweisung der Beschwerde. Im wesentlichen wurde ausgeführt, dass der ursprünglich positive Eindruck des Konzeptes und die Ablehnung des Gesuchs keinen Widerspruch darstelle. Bei Kollektivkreationen sei meistens erst nach einer Visionierung eine endgültige Beurteilung möglich. Die Stiftung habe nicht den erheblichen technischen Aufwand an sich beanstandet, sondern dessen Verhältnis zur Aussage und zur künstlerischen Form des Stückes. Bei diesem handle es sich um eine reine Aktion, deren Unterstützung nicht in den Aufgabenbereich der Pro Helvetia falle.
II
1. und 2. (Formelles)
3. (Zurückhaltende Prüfung, vgl. VPB 50.13, S. 84, Erw. 2)
4. Der Beschwerdeführer rügt die Beanstandung des unverhältnismässigen technischen Aufwandes. Er räumt jedoch in seiner Beschwerde selber ein, die Aufführungslokalitäten seien leider überdimensioniert gewesen und die technische Installation hätte dem angepasst werden müssen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann daher von einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhalts keine Rede sein. Schon allein der unverhältnismässige technische Aufwand der Produktionsgruppe im Zusammenhang mit ihrem ersten Stück war im Rahmen des der Stiftung zustehenden Ermessens zweifellos ein Grund, das Gesuch um eine Defizitgarantie abzuweisen, zumal gemäss Art. 2 des R vom 19. März 1982 über Beiträge der Stiftung Pro Helvetia (SR 447.12) ein Anspruch auf Beiträge nicht besteht.
5. Der Beschwerdeführer bringt schliesslich vor, das Konzept sei anfänglich positiv bewertet worden. Es sei deshalb ein Widerspruch, dass das Gesuch in der Folge dennoch abgewiesen worden sei.
Wie die Stiftung Pro Helvetia in ihrer Vernehmlassung zu Recht ausgeführt hat, kann bei einer Kollektivkreation in aller Regel erst nach einer Visionierung über ein Gesuch entschieden werden. Wäre vorliegend das Konzept der Produktionsgemeinschaft schon von Anfang an negativ bewertet worden, wäre das Gesuch wahrscheinlich ohne Visionierung abgelehnt worden. Denn es ist unwahrscheinlich, dass ein ungenügendes Konzept eine befriedigende Aufführung zeitigt. Andererseits ist nicht auszuschliessen, dass eine anfänglich überzeugende Kreation durch die Art und Weise ihrer Verwirklichung abfällt. Der Beschwerdeführer verlangt, zwischen Kreation und Aufführung zu unterscheiden. Dabei verkennt er offenbar, dass nicht um einen Beitrag zur Schaffung eines Konzeptes, sondern um einen Beitrag für entsprechende Aufführungen nachgesucht wurde. Abgesehen davon vermag die Ansicht des zuständigen Abteilungsleiters über die Erfolgschancen eines Gesuches die Stiftung selbstverständlich nicht zu binden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der angefochtene Entscheid korrigiert werden müsste.
6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Da sie von vorneherein aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege nicht gewährt werden. Der Beschwerdeführer hat daher die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Art. 63 VwVG).