VPB 53.15
(Bundesamt für Justiz, 24. August 1988)
Fernmeldeverkehr. Geltungsbereich des Telefongeheimnisses. Detaillierte Telefonrechnung mit Angaben zur Identifizierung der angewählten Abonnenten. Die Verordnungsbestimmung, welche solche Datenbekanntgabe erlaubt, schliesst zwar ein widerrechtliches Handeln der PTT aus, kann aber im privaten sowie im geschäftlichen Bereich, namentlich im Arbeitsbereich, unter Umständen zur Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer durch den Adressaten der Rechnung führen.
Télécommunications. Champ d'application du secret téléphonique. Décompte détaillé des taxes de communication téléphonique, comprenant des indications destinées à identifier les abonnés appelés. La disposition d'ordonnance qui permet cette transmission de données exclut certes un acte illicite de la part des PTT, mais elle peut, dans le domaine privé et dans celui des affaires, notamment dans le monde du travail, conduire suivant les circonstances à une violation des droits de la personnalité des interlocuteurs par le destinataire du décompte.
Telecomunicazioni. Campo d'applicazione del segreto telefonico. Conteggio dettagliato delle tasse di comunicazione telefonica, comprese le indicazioni destinate ad identificare gli abbonati chiamati. La disposizione d'ordinanza che consente la trasmissione di questi dati esclude invero un'azione illecita da parte delle PTT ma, nel campo privato e in quello degli affari, segnatamente nel mondo del lavoro, può condurre in determinate circostanze a violazione dei diritti della personalità degli interlocutori da parte del destinatario del conteggio.
Detaillierte Telefonrechnung mit Angaben zur Identifizierung der Teilnehmer unter dem Aspekt des Datenschutzes
I. GELTENDES RECHT
Nach Art. 10 der V1 vom 17. August 1983 zum Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz (SR 784.101) erstreckt sich das Telegrafen- und Telefongeheimnis nicht auf Angaben, welche ausschliesslich dem Abonnenten eines Anschlusses an das Fernmeldenetz über die folgenden Umstände des über diesen Anschluss getätigten Fernmeldeverkehrs gemacht werden:
a. Zeitpunkt, Dauer und Taxen der hergestellten Verbindungen; Rufnummern, Namen und Adressen der angewählten Abonnenten;
b. Zeitpunkt, Wortzahl, Taxen und Adressaten der aufgegebenen Telegramme. Diese Bestimmung ermöglicht also dem Abonnenten, von den PTT-Betrieben eine detaillierte Abrechnung mit den Angaben gemäss Bst. a und b zu verlangen. Verfügt der Abonnent über eine moderne Teilnehmervermittlungszentrale (Hauszentrale), so kann er die genannten Angaben direkt erfassen, speichern und später ausdrucken lassen. Der Abonnent mit Hauszentrale kann also die betreffenden Angaben ohne Vermittlung der PTT-Betriebe feststellen. Derartige Zentralen finden etwa in Hotels, bei denen der Gast mittels Direktwahl von seinem Zimmer aus telefonieren kann, Anwendung. Auch in grösseren Betrieben sind derartige Hauszentralen durchaus üblich.
II. RECHTLICHE TRAGWEITE VON ART. 10 DER VERORDNUNG HINSICHTLICH DES SCHUTZES VON PERSONENDATEN
Die genannte Verordnungsbestimmung bewirkt als Bekanntgaberegelung, dass die Auskunft der PTT durch eine detaillierte Rechnungsstellung grundsätzlich keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung darstellt. Damit ist aber umgekehrt nicht bereits entschieden, ob das Verlangen einer detaillierten Abrechnung durch den Abonnenten stets rechtmässig ist.
Der Inhaber eines Telefonanschlusses hat unbestrittenermassen ein legitimes Interesse daran, die Richtigkeit der Taxrechnung, für welche er haftet, nachprüfen zu können. Dabei hilft ihm die Auskunft der PTT-Betriebe, welche Anschlüsse er von seinem Apparat aus angewählt hat. Solange der Abonnent alleiniger Benützer des Gerätes ist, stellen sich durch die detaillierte Abrechnung im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht keine speziellen Probleme. Sobald der Abonnent aber ermöglicht, dass der Apparat auch von anderen Personen benützt werden kann, so tangiert die detaillierte Rechnungsstellung ohne Zweifel auch die Persönlichkeitsrechte der übrigen Benützer. Ob der Inhaber auch in diesen Fällen immer eine detaillierte Abrechnung verlangen darf - auch wenn die PTT-Betriebe selbst die gewünschten Angaben immer machen dürfen, weil ihnen eine Nachprüfung im Einzelfall nicht möglich ist -, steht damit noch nicht fest, sondern muss in den verschiedenen Lebensbereichen untersucht werden.
Im folgenden werden die wichtigsten möglichen Konstellationen darauf überprüft, ob das Beschaffen einer detaillierten Abrechnung einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen darstellt. Massgeblich sind auf der einen Seite das Interesse des Abonnenten an der Richtigkeit der Taxrechnung und an der Benützerkontrolle des Apparates (zu berücksichtigen ist jedoch stets, dass der Abonnent, welcher verhindern will, dass Unbefugte telefonieren, sich ein abschliessbares Telefon beschaffen kann!). Auf der anderen Seite sind die Persönlichkeitsrechte der übrigen Personen zu berücksichtigen, welchen der Abonnent den Gebrauch des Telefonanschlusses ermöglicht.
Obwohl auch die Persönlichkeitsrechte der gewählten Personen nicht ohne Bedeutung sind - die Tatsache, dass ihre Rufnummer im Telefonverzeichnis veröffentlicht ist, bedeutet nicht zugleich, dass sie ohne weiteres Dritten die Möglichkeit gewähren wollen, zu wissen, mit wem Gespräche geführt werden -, müssen sie im vorliegenden Zusammenhang weitgehend dahingestellt bleiben (in Deutschland wird mehrheitlich die Meinung vertreten, dass derartige sogenannte «umgekehrte Telefonbücher» nicht erstellt werden dürfen; Wohlgemuth Hans H., Datenschutz für Arbeitnehmer, Neuwied/Darmstadt 1983, S. 60, mit Hinweisen; vgl. auch Kroll Joachim, Datenschutz im Arbeitsverhältnis, Königstein 1981, S. 106 f.).
III. ZULÄSSIGKEIT DER IDENTIFIZIERUNG DER GESPRÄCHSTEILNEHMER DURCH VERLANGEN EINER DETAILLIERTEN ABRECHNUNG
1. Im privaten Lebensbereich
Für den privaten Bereich stellt sich die Frage, ob das Verlangen einer detaillierten Abrechnung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gemäss Art. 28 ZGB darstellt. Betroffen ist in erster Linie das Persönlichkeitsrecht des Anrufenden. Nach der genannten Vorschrift kann jedermann, der in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, zu seinem Schutze gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, den Richter anrufen. Eine Verletzung der Persönlichkeit ist dann widerrechtlich, wenn sie nicht durch die Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
Aus Art. 28 Abs. 2 ZGB geht hervor, dass nach geltendem Recht die Bekanntgabe durch die PTT-Betriebe an den Abonnenten des Telefonanschlusses grundsätzlich keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung darstellt, weil Art. 10 der vorerwähnten Verordnung (s. vorne Ziff. I) die detaillierte Rechnungsstellung erlaubt.
Ebenso liegt grundsätzlich keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung vor, wenn der Abonnent den Familienmitgliedern oder anderen Benützern des Telefonapparats mitgeteilt hat oder sich eindeutig aus den Umständen ergibt, dass eine detaillierte Rechnungsstellung erfolgt, nach welcher die jeweils angewählten Anschlüsse festgestellt werden können. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass der jeweilige Benützer des Telefons in Kauf nimmt, dass später von den PTT die betreffenden Angaben gemacht werden und der Abonnent mit kleinerem oder grösserem Aufwand feststellen kann, mit wem der Benützer seines Telefons seinerzeit telefoniert hat. In solchen Fällen kann von einer vorgängigen Einwilligung der betroffenen Person ausgegangen werden.
Unter dem Aspekt des Persönlichkeitsrechts unzulässig ist dagegen das Auskunftsbegehren an die PTT-Betriebe eines Ehegatten im gemeinsamen Haushalt, wenn sich der andere Ehepartner gegen die detaillierte Abrechnung ausspricht. Die detaillierte Abrechnung soll nicht ermöglichen, dass ein misstrauischer Ehegatte den im Haushalt getätigten Telefonverkehr überwacht, indem er jeweils lückenlos feststellen kann, mit wem und wie lange sein Ehepartner telefoniert hat. Eine derartige Beschattung des Telefonverkehrs steht in einem diametralen Widerspruch zu Art. 159 Abs. 2 ZGB, nach welcher Bestimmung die Ehegatten sich gegenseitig verpflichten, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem Zusammenwirken zu wahren. Dabei ist unmassgeblich, welcher Ehegatte extern als Abonnent des Telefonapparates auftritt und die Telefonrechnung bezahlt, weil im internen Verhältnis der Ehegatten beide zum Unterhalt der Familie verpflichtet sind, sei es durch Geldzahlung oder durch andere Leistungen (Art. 163 Abs. 2 ZGB).
Minderjährige Familienmitglieder beziehungsweise die von ihnen angerufenen Personen (z. B. der geschiedene Vater des Kindes) können sich grundsätzlich nicht unter Berufung auf Art. 28 ZGB gegen die detaillierte Telefonrechnung zur Wehr setzen. Dies folgt aus dem Erziehungsrecht beziehungsweise dem Inhalt der elterlichen Gewalt (s. Art. 296, 301 ff. ZGB). Allerdings sind auch hier Differenzierungen notwendig. Einerseits sind sich Eltern und Kinder einander allen Beistand, alle Rücksicht und Achtung schuldig, die das Wohl der Gemeinschaft erfordert (Art. 272 ZGB), und haben die Eltern dem Kind die seiner Reife entsprechende Freiheit der Lebensgestaltung zu gewähren und in wichtigen Angelegenheiten, soweit tunlich, auf die Meinung des Kindes Rücksicht zu nehmen (Art. 301 Abs. 2 ZGB). Dazu gehört auch eine gewisse Freiheit im Umgang mit Kollegen und entsprechende Kommunikation. Andrerseits wird auch in diesem Lebensbereich des Kindes die elterliche Gewalt nicht gegenstandslos (vgl. Art. 301 Abs. 1 ZGB). Entscheidend ist deshalb immer, ob die Ausübung der elterlichen Gewalt (Erziehungsrecht und -pflicht) zum Wohle des Kindes oder die Freiheit seiner Lebensgestaltung mit dem Ziele der späteren Selbständigkeit und Reife von grösserer Wichtigkeit sind. Im Zweifelsfall wird man hier wohl von einem allgemeinen Grundsatz auszugehen haben, dass die Eltern durch eine detaillierte Telefonabrechnung den Telefonverkehr der Kinder überwachen dürfen.
Dies dürfte allerdings nicht mehr zulässig sein, wenn ein Kind im gemeinsamen Haushalt kurz vor der Mündigkeit steht. Wird die detaillierte Abrechnung zum Beispiel verlangt, um etwa zu kontrollieren, ob die kurz vor der Mündigkeit stehende Tochter immer noch mit dem gleichen Freund telefoniert, so ist das Auskunftsbegehren rechtswidrig, weil damit das Persönlichkeitsrechts der Betroffenen ohne Vorliegen eines überwiegenden privaten Interesses verletzt wird.
Für Personen, welche nicht dauernd im Haushalt des Abonnenten leben, aber dennoch in regelmässigen Abständen das Telefon benützen (z. B. Untermieter), dürfte das Verlangen einer detaillierten Abrechnung nur in speziellen Ausnahmefällen eine Persönlichkeitsverletzung darstellen. Externe Personen, die vermeiden wollen, dass die hergestellte Telefonverbindung dem Abonnenten zur Kenntnis gelangt, kann - im Gegensatz zum Ehepartner - durchaus zugemutet werden, dass sie an einem anderen Ort, zum Beispiel in einer öffentlichen Telefonzelle, telefonieren.
2. Im geschäftlichen Bereich (insbesondere Arbeitsbereich)
a. Ohne interne Registrierung in der Hauszentrale
Das Hauptproblem der detaillierten Abrechnung im geschäftlichen Bereich stellt die Registrierung von Telefongesprächen des Arbeitnehmers dar, welche dieser von einem ihm zur Verfügung gestellten Apparat aus tätigt und wo keine Vermittlung durch die Hauszentrale notwendig ist. Ist der betreffende Anschluss dem Arbeitnehmer fest zugeteilt, so kann der Arbeitgeber anhand einer detaillierten Abrechnung ohne weiteres feststellen, mit wem, zu welchem Zeitpunkt und für wie lange der Arbeitnehmer an jedem Arbeitstag telefoniert. Für die Zulässigkeit der detaillierten Abrechnung müssen auch hier - wie im familiären Bereich - die im Spiele stehenden Interessen einander gegenübergestellt werden.
Nach Art. 328 Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen. Auf der anderen Seite obliegt dem Arbeitnehmer eine allgemeine Treuepflicht, nach welcher er die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren (Art. 321a Abs. 1 OR) und die allgemeinen Anordnungen und die speziellen Weisungen des Arbeitgebers zu befolgen hat (Art. 321d OR). Sinngemäss gleichlautende Vorschriften bestehen auch im Beamtenrecht.
Zu den berechtigten Interessen des Arbeitgebers gehört zweifellos, dass der Arbeitnehmer nicht durch private Telefongespräche - unabhängig davon, ob dieser anruft oder selbst angerufen wird - über ein allenfalls vom Arbeitgeber toleriertes Mass hinaus den Telefonanschluss blockiert und damit den Geschäftsverkehr behindert, indem zum Beispiel Kunden, Vorgesetzte oder andere Mitarbeiter den Arbeitnehmer nicht telefonisch erreichen können. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber ein legitimes Interesse, dass die Telefonrechnung nicht wegen privater Gespräche höher ausfällt, als er zu tolerieren bereit ist. Wird vom Arbeitgeber durch allgemeine Anordnung oder spezielle Weisungen jedoch kein Verbot erlassen, nach welchem dem Arbeitnehmer private Telefongespräche am Arbeitsplatz grundsätzlich untersagt sind oder besteht eine entsprechende Betriebsübung, so gibt der Arbeitgeber damit zu erkennen, dass derartige Gespräche in einem vernünftigen Mass erlaubt sind.
Gleichzeitig manifestiert der Arbeitgeber damit aber auch, dass er kein spezielles Interesse daran hat, zu kontrollieren, wer von welchem Telefonanschluss und für wie lange vom Arbeitnehmer angerufen wird. Verlangt der Arbeitgeber von den PTT-Betrieben trotzdem eine detaillierte Abrechnung über die den Mitarbeitern zur Verfügung gestellten Anschlüsse, ohne dass konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung des Telefons vorliegen, so verstösst er damit gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Das Einverlangen der detaillierten Abrechnung mit den genannten Angaben führt letztlich zu einem Überwachungssystem, mit welchem der Arbeitnehmer nicht zu rechnen hat (s. auch die herrschende Meinung in Deutschland, wonach Telefonkontrollen als mitbestimmungspflichtig gelten, Schaub Günter, Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl., München 1983).
Wird vom Arbeitgeber durch spezielle Weisung oder allgemeine Anordnung ein Verbot erlassen, wonach der Arbeitgeber von seinem Telefonanschluss am Arbeitsplatz keine privaten Telefongespräche führen darf, so muss der Arbeitnehmer auch damit rechnen, dass die entsprechenden Kontrollen durchgeführt werden. Der Arbeitgeber handelt hier nicht in Widerspruch zu seinem eigenen vorgängigen Verhalten, und das Einverlangen der detaillierten Abrechnung ist als zulässig zu erachten. Trotzdem sollten auch hier die Arbeitnehmer über die detaillierte Abrechnung aufgeklärt werden.
In jedem Fall muss dem Arbeitnehmer aber die Möglichkeit eingeräumt werden, in dringenden Fällen oder während der Pausen einen Telefonanschluss des Betriebes auf eigene Kosten benützen zu können, wo keine Registrierung der Anschlüsse erfolgt und keine Mithörmöglichkeit für andere Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber besteht. Dieser persönlichkeitsrechtliche Mindeststandard ergibt sich direkt aus Art. 328 Abs. 1 OR.
Bei Telefonapparaten, welche einem Beamten zur Erfüllung seiner dienstlichen Obliegenheiten zur Verfügung gestellt werden, können sich zudem zusätzliche Probleme hinsichtlich des Beamtengeheimnisses stellen. Handelt es sich bei der Stelle, welche die detaillierten Listen kontrolliert, um eine administrative Behörde ausserhalb der betreffenden Verwaltungseinheit, so kann die kontrollierende Behörde einen Einblick in den Tätigkeitsbereich der kontrollierten Stelle gewinnen, der ihr sachlich nicht zusteht.
b. Mit interner Registrierung durch die Hauszentrale
Aufgrund des heutigen technischen Standards besteht die Möglichkeit, dass Telefonanschlüsse, welche über die Hauszentrale hergestellt werden, ohne Mithilfe der PTT-Betriebe registriert werden. Im Arbeitsverhältnis gelten dabei die unter a. dargestellten Grundsätze. Namentlich in denjenigen Fällen, wo der Arbeitgeber kein eigentliches Verbot privater Telefongespräche erlassen hat oder wo eine entsprechende Betriebsübung besteht und der Arbeitnehmer ohne manuelle Vermittlung der Hauszentrale einen externen Telefonanschluss anwählen kann, ist die Registrierung von angewähltem Anschluss, Datum und Dauer des Telefongespräches unter dem Blickwinkel von Art. 328 Abs. 1 OR unzulässig. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber die einzelnen Telefonapparate einem grösseren und relativ offenen Benützerkreis zur Verfügung gestellt und damit in der Folge in einem gewissen Umfang auch auf eine Kontrolle der persönlichen Kontakte des Arbeitnehmers geschäftlicher oder privater Natur verzichtet. Der Arbeitgeber, welcher über eine Hauszentrale verfügt, soll nicht ohne Kenntnis der Arbeitnehmer ein eigentliches Überwachungssystem im Betrieb aufziehen können und in der Lage sein, die entsprechenden Daten gewissermassen «auf Vorrat» zu speichern.
Nur wenn der Arbeitgeber ein eigentliches Verbot privater Telefongespräche erlassen hat und der Arbeitnehmer demzufolge auch wissen muss, dass mit grösster Wahrscheinlichkeit die entsprechenden internen Kontrollen erfolgen werden, verstösst die Registrierung nicht gegen die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers (strenger ist das deutsche Schrifttum, wo zum Teil die Meinung vertreten wird, dass die Erfassung generell unzulässig ist, so Däubler Wolfgang, Das Arbeitsrecht, Hamburg 1981/82, Ziff. 5.4.1, beziehungsweise, dass die Erfassung im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des angewählten Abonnenten rechtswidrig sei, S. 4, Tätigkeitsbericht des Deutschen Bundesbeauftragten für den Datenschutz, S. 39; Wohlgemuth, a.a.O., S. 72). Allerdings muss auch hier dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschafft werden, bei Notfällen oder während der Pausen von einem nicht überwachten Apparat aus telefonieren zu können (s. vorne a.).
Ausserhalb eines Arbeitsverhältnisses ist die Registrierung der angewählten Anschlüsse unzulässig und verstösst klarerweise gegen Art. 28 ZGB. So darf zum Beispiel in der Hauszentrale eines Hotels nicht die ganze Nummer des angewählten Anschlusses aufgezeichnet werden. Durch technische Vorkehren muss dafür gesorgt werden, dass sich die Aufzeichnung auf die Taxe, das Datum und die Dauer des Anrufes und allenfalls noch den Ortsanschluss des angewählten Abonnenten beschränkt. Dass andernfalls der notwendige Beweis für die geschuldete Taxe nicht möglich wäre, kann nicht ernsthaft behauptet werden. Es kann nicht zulässig sein, unter dem Titel der Organisation des Hotelbetriebes (Abrechnungen usw.) eine lückenlose Überwachung der Gespräche des Hotelgastes herbeizuführen.
IV. LÖSCHEN DER DATEN
Auch wenn die automatische Registrierung der getätigten Telefonanrufe nach den dargestellten Grundsätzen im Einzelfall zulässig ist, muss verlangt werden, dass die Daten nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne gelöscht beziehungsweise vernichtet werden. Dies gilt insbesondere bei der Registrierung durch Hauszentralen. Dem Inhaber der Datensammlung ist zuzumuten, dass er die Daten innert einer bestimmten Frist prüft und von ihnen Gebrauch macht, indem er zum Beispiel dem Arbeitnehmer wegen exzessiver Privatgespräche im Betrieb verwarnt. Nach Ablauf einer Frist von maximal ein bis drei Monaten, je nach Grösse des Betriebes, besteht kein legitimes Interesse mehr an einer Aufbewahrung der Daten. Diese Löschungspflicht ergibt sich auch aus dem betroffenen Persönlichkeitsrecht der angerufenen Person, weil eine zeitlich fortdauernde Speicherung der Daten geeignet ist, die Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Dies gilt sinngemäss auch für die Bekanntgabe der Daten durch die PTT-Betriebe mittels detaillierter Rechnungsstellung. Nach Ablauf einer vernünftig bemessenen Frist von einigen wenigen Monaten nach der Rechnungsstellung hat der Abonnent kein schätzenswertes Interesse mehr an der Bekanntgabe der angewählten Anschlüsse durch die PTT-Betriebe. In derartigen Fällen dient die Bekanntgabe nämlich regelmässig nicht mehr dem Interesse des Telefonabonnenten an einer korrekten Rechnungsstellung, sondern der Überwachung und der Beschaffung von Beweismitteln, zum Beispiel in einem Arbeits- oder Scheidungsprozess.
V. SCHLUSSFOLGERUNG
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die detaillierte Rechnungsstellung in zahlreichen Fällen geeignet ist, sowohl die Persönlichkeitsrechte der anrufenden als auch der angerufenen Person zu verletzen. Damit verstösst Art. 10 der Verordnung 1 zum Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz unter Umständen gegen höherrangiges Recht, nämlich gegen das ungeschriebene verfassungsmässige Grundrecht der persönlichen Freiheit beziehungsweise gegen Art. 28 ZGB und Art. 328 OR (zu den weiteren Bestimmungen, welche tangiert sein können, s. vorne Ziff. III).
Da die erforderliche Interessenabwägung von den PTT-Betrieben im Einzelfall nicht vorgenommen werden kann, sollten diese in der Praxis verzichten, die vollständigen Telefonnummern, welche vom betreffenden Telefonapparat aus angewählt werden, dem Abonnenten bekanntzugeben (s. auch hinten Ziff. VI).
Auch hinsichtlich des Rechtsschutzes der betroffenen Person drängt sich ein derartiges Vorgehen auf. Dem Betroffenen kann nicht zugemutet werden, jeweils gegen den Abonnenten gerichtlich vorzugehen (Klage auf Unterlassung). Zudem wird im familiären Bereich ein derartiges Prozedere kaum durchgeführt werden. Ein weiteres Problem besteht darin, dass dem Betroffenen die Auskunftserteilung der PTT-Betriebe in den meisten Fällen gar nicht bekannt wird und er sich demzufolge auch nicht gerichtlich wehren kann.
VI. DE LEGE FERENDA
Art. 16 Abs. l des Entwurfs zum Fernmeldegesetz (BBl 1988 I 1373) sieht vor, dass die PTT-Betriebe dem Abonnenten Auskunft geben dürfen über
a. Zeitpunkt, Dauer und Taxen der Verbindungen, die über seinen Anschluss hergestellt wurden;
b. die Ortszentralen, an welche die angewählten Abonnenten angeschlossen sind. Damit soll inskünftig die Bekanntgabe der angewählten Anschlüsse ausgeschlossen werden. Diese Regelung ist sachgerecht, weil sie einerseits dem Abonnenten immer noch genügende Kontrollmöglichkeiten über die von seinem Anschluss aus getätigten Anrufe ermöglicht und andrerseits eine weitgehende Übereinstimmung zwischen zulässiger Bekanntgabe durch die PTT-Betriebe beziehungsweise Einholen der betreffenden Auskünfte durch den Abonnenten herstellt (s. vorne Ziff. II). Allerdings ist auch bei dieser gesetzlichen Regelung nicht ausgeschlossen, dass unter bestimmten Voraussetzungen das Einholen der Auskünfte durch den Abonnenten (z. B. bei einer äusserst kleinen Zahl von Abonnenten der Ortsnetze) eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen kann.
Weiter bleibt zu beachten, dass durch die gesetzliche Regelung in Art. 16 des Fernmeldegesetzes keine Regelung der Registrierung in den Hauszentralen herbeigeführt wird. Hier richtet sich die Zulässigkeit der Registrierung weiterhin nach den dargestellten Grundsätzen. Den datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten sollte jedoch bei der Konzessionierung der Hauszentralen Rechnung getragen werden.
Dokumente des BJ