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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

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VPB 54.9

(Entscheid des Bundesrates vom 12. April 1989)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
 
Sachverhalt
Sachverhalt I
 
Erwägungen
Erwägung II
Erwägung 4.
Erwägung a.
Erwägung b.
Erwägung c.
 

Strassenverkehr. Beschwerdeverfahren.

Art. 106 SSV. Wenn die Markierung einer Parkbeschränkung vorgängig veröffentlicht wird, so ist sie schon vor ihrer Anbringung anfechtbar.

Art. 48 Bst. a VwVG. Schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung der teilweisen Aufhebung eines Parkverbots, beziehungsweise am Erlass eines beschränkten Parkverbots.


Circulation routière. Procédure de recours.

Art. 106 OSR. Lorsque le marquage d'une restriction de stationner fait l'objet d'une publication préalable, il est déjà sujet à recours avant d'avoir été apposé.

Art. 48 let. a PA. Intérêt digne de protection à l'annulation de la levée partielle d'une interdiction de stationner, soit au prononcé d'une telle interdiction limitée.


Circolazione stradale. Procedura ricorsuale.

Art. 106 OSStr. Se la demarcazione di una restrizione di parcheggio è oggetto di una pubblicazione preventiva, è impugnabile già prima di essere apposta.

Art. 48 lett. a PA. Interesse degno di essere protetto all'annullamento della revoca parziale di un divieto di parcheggio, rispettivamente all'emanazione di un tale divieto limitato.




I

Die Polizeidirektion des Kantons Zürich dehnte am 16. April 1985 das auf einem Teilstück einer Strasse bestehende Parkverbot auf den ganzen Strassenzug bis zu dessen Verzweigung aus. Diese Verfügung hob sie aufgrund eines Rekurses am 25. November 1986 wiedererwägungsweise auf und ordnete gleichzeitig zwischen den Liegenschaften Nrn. 7/9 und 72 am nordwestlichen Fahrbahnrand die Markierung von Parkfeldern für insgesamt zehn Personenwagen gemäss Vormarkierungen an.

Gegen diese Verfügung beschwerte sich X beim Regierungsrat des Kantons Zürich. Er beantragte die Aufhebung von zwei Parkfeldern auf der gegenüberliegenden Seite seiner Liegenschaft. Der Regierungsrat trat auf die Beschwerde mit Entscheid vom 24. Februar 1988 nicht ein.

Diesen Entscheid ficht X beim Bundesrat an… .

II

4. Die Vorinstanz führt im wesentlichen an, die Anordnung von Parkfeldern allein stelle keinen rekursfähigen Verwaltungsakt im Sinne des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG) dar. Die in der Verfügung vom 25. November 1986 und der entsprechenden amtlichen Publikation enthaltene Rechtsmittelbelehrung sei nur deshalb erforderlich gewesen, weil mit derselben Verfügung die formelle Aufhebung der Verfügung vom 16. April 1985 erfolgt sei. Weil der Beschwerdeführer den Verbotsinhalt der Verfügung vom 25. November 1986 nicht anfechte, brauche nicht geprüft zu werden, ob die Polizeidirektion insoweit eine Verkehrsanordnung im Sinne von Art. 3 Abs. 4 SVG getroffen habe. Mit der Markierung von Parkfeldern werde der Gemeingebrauch einer öffentlichen Strasse, welche grundsätzlich jedermann ohne besondere Bewilligung offen stehe, nur insoweit eingeschränkt, als das Parkieren ausserhalb dieser Parkfelder damit untersagt werde; vorab werde aber deklaratorisch angezeigt, dass das Parkieren von Fahrzeugen, welches grundsätzlich ebenfalls zum bestimmungsgemässen Gemeingebrauch der öffentlichen Strasse gehöre, am fraglichen Ort zulässig sei. Da einem Privaten kein Anspruch darauf zustehe, dass dieser Gemeingebrauch durch behördliche Anordnungen beschränkt werde, sei auf das Rekursbegehren nicht einzutreten. Zudem sei festzuhalten, dass dem Eintreten auf den Rekurs auch die Tatsache entgegenstehe, dass dieser durch die Markierung der beanstandeten Parkfelder weder in rechtlich geschützten noch in schutzwürdigen faktischen Interessen betroffen werde. Es stehe ihm frei, eines der am gegenüberliegenden Fahrbahnrand vor seiner Liegenschaft vorgesehenen Parkfelder zu benützen. Überdies bedeute das Verbot des Parkierens ausserhalb dieser Parkfelder nicht, dass dort kein Güterumschlag getätigt werden dürfe. Dass der Rekurrent bei anderweitig besetzten Parkfeldern gegenüber seiner Liegenschaft zur Vermeidung von Behinderungen wenige Meter weiter entfernt zwecks Güterumschlags anhalten müsste, stelle keine Beeinträchtigung in schutzwürdigen Interessen dar.

a. Parkbeschränkungen stellen - wie erwähnt - Verkehrsanordnungen nach Art. 3 Abs. 4 des BG vom 19. Dezember 1958 über den Strassenverkehr (SVG, SR 741.01) dar. Derartige Verkehrsmassnahmen müssen verfügt und veröffentlicht werden, wenn sie durch Signale angezeigt werden (Art. 107 Abs. 1 der V vom 5. September 1979 über die Strassensignalisation [Signalisationsverordnung, SSV], SR 741.21[1]). Demgegenüber besteht eine solche Pflicht bei Strassenmarkierungen nicht. Diese sind lediglich anzuordnen (Art. 101 Abs. 2 SSV). Dass Markierungen, soweit sie Verkehrsmassnahmen nach Art. 3 Abs. 4 SVG darstellen, nicht verfügt und veröffentlicht werden müssen, beruht auf Gründen der Praktikabilität. Trotzdem sind auch sie anfechtbar, und zwar im Einsprache- und Beschwerdeverfahren gemäss Art. 106 SSV, wobei die Behörden dann zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 4 SVG erfüllt sind. Ob Signale und Markierungen Verfügungscharakter haben, hängt von deren rechtlichem Inhalt ab. So legen beispielsweise Gefahrensignale und die Wegweiser in der Regel keine Rechte und Pflichten fest. Erstere machen den ortsunkundigen Strassenbenützer auf eine nicht oder zu spät erkennbare Gefahr aufmerksam, letztere dienen dem raschen und sicheren Auffinden des Fahrziels und erfüllen insoweit lediglich einen Informationszweck. Ebenso sind Leit-, Vorwarn-, Rand- und Führungslinien nicht verpflichtend. Leitlinien kennzeichnen die Fahrbahnmitte oder Fahrstreifengrenzen, Randlinien den Rand einer Fahrbahn. Vorwarnlinien dienen zur Voranzeige von Sicherheits- und Doppellinien, Führungslinien der optischen Führung des Verkehrs. Anders verhält es sich jedoch mit Signalen und Markierungen mit Vorschriftscharakter. Diese schreiben dem Verkehrsteilnehmer ein bestimmtes Verhalten vor. Es stellt sich in diesem Zusammenhang nun die Frage, zu welchem Zeitpunkt Verkehrsanordnungen anfechtbar sind. Während bei Verkehrsmassnahmen, die durch Signale angezeigt werden, die Beschwerdemöglichkeit mit der Veröffentlichung der Verfügung zu laufen beginnt, erhält ein Betroffener von Markierungen in der Regel erst Kenntnis, wenn diese bereits angebracht sind. Das Beschwerdeverfahren nach Art. 106 SSV trägt diesem Umstand Rechnung, indem solche Markierungen jederzeit anfechtbar sind. Im vorliegenden Fall hob die Polizeidirektion des Kantons Zürich in der Verfügung vom 25. November 1986 das am 16. April 1985 erlassene Parkierungsverbot wiedererwägungsweise auf und ordnete die Markierung von Parkfeldern an. Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass sie diese Markierungen gar nicht hätte verfügen und veröffentlichen müssen, sondern sich mit deren Anordnung hätte begnügen können. In einem solchen Fall hätte aber eine Anfechtungsmöglichkeit bestanden, sobald die Markierung angebracht worden wäre. Es spricht nun aber nichts dagegen, dass sich ein Betroffener schon vor der Anbringung einer Markierung gegen diese wehrt, falls er von deren Anordnung Kenntnis erhält. Dieses Vorgehen drängt sich geradezu dort auf, wo die Behörde die Anordnung von Markierungen veröffentlicht, zumal das Bundesrecht eine solche Veröffentlichung nicht verbietet und Markierungen mit Vorschriftscharakter alle Merkmale einer (Allgemein-) Verfügung aufweisen. Es wäre folglich widersinnig, dem Betroffenen die Anfechtungsmöglichkeit erst dann einzuräumen, wenn die Markierung auf der Strasse aufgemalt ist. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass sich der Beschwerdeführer schon in einem Schreiben vom 30. Juni 1986 an die Gemeinde gegen die versuchsweise angebrachten, umstrittenen Markierungen beschwerte.

b. Aus dem Bundesrecht ergibt sich, dass nicht bloss die Anordnung einer verkehrspolizeilichen Massnahme, sondern auch deren ganze oder teilweise Aufhebung angefochten werden kann. Der Bundesrat hat ferner in einem neuesten Entscheid festgehalten, dass die zuständige Behörde auf ein Begehren um Erlass einer Verkehrsbeschränkung eintreten und einen materiellen Entscheid treffen müsse, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse daran habe. Daraus erhellt, dass die Vorinstanz zu Unrecht nicht auf die Beschwerde eintrat. Hätte nämlich die Polizeidirektion in der Verfügung vom 25. November 1986 lediglich das Parkverbot wiedererwägungsweise aufgehoben, so wäre ein Parkieren gemäss den allgemeinen Parkvorschriften auf dem in Frage stehenden Bereich erlaubt gewesen. Gegen diese Aufhebungsverfügung hätte aber, wie der Regierungsrat selber ausführt, eine Beschwerdemöglichkeit bestanden. Die Polizeidirektion hob indessen das Parkverbot nur teilweise auf, indem sie das Parkieren in den markierten Parkfeldern gestattete und somit ausserhalb diesen untersagte. Der Beschwerdeführer beschwert sich nun gegen zwei solcher Parkfelder, was aber nichts anderes bedeutet, als dass er sich gegen die Aufhebung des Parkverbots teilweise beschwert. Dass sich der Beschwerdeführer gegen diese teilweise Aufhebung zur Wehr setzt, ergibt sich aus dem bisherigen Verfahrensablauf. Im Ergebnis verlangt er nämlich den Erlass eines beschränkten Parkverbots gegenüber seiner Liegenschaft, und ein solches Begehren ist, wie dargelegt, zulässig, sofern daran ein schutzwürdiges Interesse besteht.

c. Gemäss Art. 48 Bst. a VwVG, der eine Minimalvorschrift für das kantonale Recht darstellt, ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Das gleiche gilt auch bei einem Begehren auf Erlass einer Verfügung. - Dieses Interesse besteht im praktischen Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerdeführung dem Rekurrenten eintragen würde, oder in der Abwendung eines irgendwie gearteten Nachteils, den die angefochtene Verfügung zur Folge hätte. Es braucht kein rechtlich geschütztes Interesse zu sein; ein tatsächliches, ja sogar ein rein egoistisches, genügt. Der Beschwerdeführer muss ferner unmittelbar, jedenfalls mehr als jedermann betroffen sein. Erforderlich ist eine beachtenswerte, nahe Beziehung zum Streitgegenstand. Der Bundesrat hat sich schon verschiedentlich mit der Beschwerdebefugnis bei Verkehrsmassnahmen befasst (vgl. Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht [ZBl] 87, 1986, S. 231 und S. 237). Nach seiner gefestigten Praxis kommt das Beschwerderecht namentlich den Bewohnern einer von einer Verkehrsanordnung betroffenen Strasse zu, ferner Anwohnern anderer Strassen, die wegen Verkehrsverlagerungen Nachteile erleiden könnten. Schliesslich sind zur Beschwerde auch alle Verkehrsteilnehmer berechtigt, welche die von der Beschränkung berührte Strasse mehr oder weniger regelmässig benützen. Die Betroffenheit im beschriebenen Sinn besteht nicht zwangsläufig nur gegen eine beschränkende Massnahme. Je nach Interessenlage kann jemand auch wegen einer fehlenden Verkehrsanordnung beschwert sein.

Der Beschwerdeführer wohnt auf der gegenüberliegenden Seite der umstrittenen Parkfelder an der betreffenden Strasse 14. Er ist deshalb entgegen der Meinung der Vorinstanz von der angefochtenen Verkehrsanordnung offensichtlich betroffen. Ob indessen seine Einwände stichhaltig sind, ist nicht eine Frage des Eintretens, sondern eine solche der materiellen Beurteilung.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz zu Unrecht nicht auf die Beschwerde eingetreten ist.

Aus diesen Gründen ist der angefochtene Entscheid, einschliesslich Verfahrenskosten, aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.


[1] Der vorliegende Entscheid basiert auf der Fassung von AS 1979 2005-2008, welche inhaltlich der neuen Fassung von AS 1989 449-450 entspricht.



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