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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

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VPB 58.10

(Entscheid der Generaldirektion PTT vom 8. Januar 1992)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt A.
Sachverhalt B.
Sachverhalt C.
Sachverhalt D.
Sachverhalt E.
Sachverhalt F.

Erwägungen
Erwägung 1.
Erwägung 2.
Erwägung 3.
Erwägung 4.
Erwägung 5.


Art. 55 BtG. Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigen Gründen.

Eine Drogensucht, die zu einer nachlassenden Arbeitsqualität führt und die Gefahr der negativen Beeinflussung am Arbeitsplatz birgt, verbunden mit einer mangelnden Kooperation zur Behandlung der Abhängigkeit rechtfertigt die Entlassung einer Postcheckassistentin.


Art. 55 StF. Résiliation des rapports de service pour justes motifs.

Une toxicomanie qui détériore progressivement la qualité des prestations et renferme le danger d'une mauvaise influence sur le lieu de travail, liée à un manque de coopération quant au traitement de la dépendance, justifie le licenciement d'une assistante aux chèques postaux.


Art. 55 OF. Cessazione del rapporto d'impiego per ragioni gravi.

Una tossicomania che deteriora progressivamente la qualità del lavoro e comporta il pericolo di un influsso negativo sul posto di lavoro, unitamente a una mancanza di cooperazione quanto al trattamento della dipendenza, giustifica il licenziamento di un'assistente agli assegni postali.




Zusammenfassung des Sachverhalts

A. Die Beschwerdeführerin arbeitete als Postcheckassistentin im Checkamt der Kreispostdirektion (KPD) ... Nach jahrelangem Drogenkonsum wandte sie sich Anfang 1991 an den Sozialdienst der KPD. Gemeinsam wurde nach Behandlungsmöglichkeiten gesucht ...

B. Am 16. Januar 1991 schloss der Sozialdienst mit ihr eine Vereinbarung ab, in welcher die Beschwerdeführerin bestätigte, dass sie den Entzug selbst anhand genommen habe und auch zu Ende führen werde. Sie erklärte sich einverstanden damit, dass bei ihr in unregelmässigen Abständen Urinkontrollen vorgenommen werden würden. Sie nahm ausserdem zur Kenntnis, dass bei Rückfall, das heisst bei positiven Ergebnissen, das Dienstverhältnis aufgelöst würde.

C. Zwischen Mitte Februar und Ende Mai 1991 wurden insgesamt fünf Urinproben genommen und auf abhängigkeitserzeugende Substanzen, das heisst auf Amphetamine, Kokain, Methadon, Opiate, Cannabis, Barbiturate und Benzodiazepine untersucht. Dabei waren jeweilen die nachfolgenden Kategorien positiv:

Probe vom 18. Februar 1991: Kokain, Cannabis

Probe vom 18. März 1991: Kokain

Probe vom 3. Mai 1991: Opiate, Cannabis

Probe vom 6. Mai 1991: Kokain, Opiate, Cannabis

Probe vom 23. Mai 1991: Kokain, Opiate, Cannabis.

D. Mit Schreiben vom 24. Mai 1991 teilte die KPD der Beschwerdeführerin mit, dass die Ergebnisse der Urinproben durchwegs positiv ausgefallen seien. Trotz an sich klarer Regelung in der Vereinbarung vom 16. Januar 1991 war die Arbeitgeberin bereit, ihrer Angestellten «noch eine letzte Chance zu geben, sich für eine Entzugsbehandlung mit anschliessender Langzeittherapie zu entscheiden.»

In ihrer Antwort vom 28. Mai 1991 wehrte sich die Beschwerdeführerin gegen die drohende Auflösung des Dienstverhältnisses, obwohl sie vom Therapieangebot nicht Gebrauch machen wollte. Sie wies mehrfach darauf hin, dass sie nicht entlassen werden könne, solange sie ihre Arbeit gut mache.

E. Am 9. Juli 1991 fand eine Einvernahme mit der Beschwerdeführerin statt. Sie beharrte weiterhin auf ihrem Standpunkt, eine stationäre Kur nicht nötig zu haben, da sie nicht mehr süchtig sei; bloss aus Trotz, weil man sie zur Unterzeichnung der Vereinbarung vom 16. Januar 1991 genötigt habe, habe sie wieder Drogen genommen. Sie zeigte sich nach Auffassung der Vorinstanz unkooperativ und uneinsichtig.

F. Deshalb verfügte die KPD am 24. Mai 1991 die Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigen Gründen. Zur Begründung wurde auf die mangelnde Therapiebereitschaft, den Drogenkonsum trotz abgeschlossener Vereinbarung vom 16. Januar 1991 und die potentielle Gefährdung anderer Mitarbeiterinnen im Checkamt hingewiesen.

Eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde wies die Generaldirektion PTT.

Erwägungen:

1. Die Beschwerdeführerin ist Beamtin im Checkamt der KPD. Für Fragen betreffend das Arbeitsverhältnis sind das Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 (BtG, SR 172.221.10) und die zugehörige Beamtenordnung (1) vom 10. November 1959 (BO [1], SR 172.221.101) anwendbar.

Gemäss Verfügung vom 24. Juli 1991 wurde das Dienstverhältnis mit der Beschwerdeführerin aus wichtigen Gründen im Sinne von Art. 55 BtG aufgelöst. Im folgenden ist zu prüfen, ob die Umstände, welche zur Kündigung geführt haben, als wichtige Gründe gemäss Art. 55 Abs. 2 BtG zu bezeichnen sind, bei deren Vorhandensein der Wahlbehörde nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

2. Anfang Januar 1991 meldete sich die Beschwerdeführerin von sich aus beim Sozialdienst der KPD und ersuchte um Unterstützung bei der Bekämpfung ihrer Drogensucht. Obwohl die Initiative grundsätzlich von ihr ausgegangen war, liess sie sich in der Folge nicht wirksam beraten und helfen. Sie beharrte darauf, den Entzug selber vorzunehmen. Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Stadium, wo die Konzentrationsfähigkeit und damit die Qualität ihrer Arbeit gegen Mittag merklich nachliessen. Sie war gereizt und aggressiv. Nach der Mittagspause, wenn sie ihrem Körper den nötigen Stoff hatte verabreichen können, besserten sich Frequenz und Güte der Arbeitleistung wiederum. Aus einschlägigen Erfahrungen mit Drogenabhängigen war der Vorinstanz klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis die Beschwerdeführerin ihren Drogenkonsum nicht mehr mit dem Arbeitserwerb würde finanzieren können. Zudem bestand die virtuelle Gefahr, dass sie am Arbeitsplatz mit Drogenhandel beginnen und Mitarbeiterinnen «anfixen» könnte. Diese Gründe für die Auflösung des Dienstverhältnisses sind in einem Bericht der Personalabteilung der KPD vom 15. Juli 1991 zuhanden des Direktors festgehalten.

3. Vorerst jedoch schloss die Vorinstanz mit der Beschwerdeführerin am 16. Januar 1991 die bereits erwähnte Vereinbarung ab. Spätestens seit diesem Zeitpunkt wusste die Beschwerdeführerin, dass sie als Drogensüchtige für ihre Arbeitgeberin nicht mehr tragbar war. Gleichzeitig wurde sie damit auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht, die jeder weitere Drogenkonsum mit sich bringen würde.

Ihr wurde klar gesagt, dass nicht ungenügende Arbeitsleistung primär Grund für die Kündigung sein würde, sondern ihr Drogenkonsum.

4. Alle diese negativen Umstände - die Drogensucht an sich, die nachlassende Arbeitsqualität, die in absehbarer Zeit in zunehmendem Masse zu wünschen übriggelassen hätte, die Gefahr der Beeinflussung am Arbeitsplatz, die mangelnde Kooperation hinsichtlich Behandlung der Abhängigkeit, die Nichteinhaltung der Vereinbarung - genügen auch aus objektiver Sicht den Anforderungen, welche das Gesetz an das Vorhandensein wichtiger Gründe stellt (vgl. Jud Elmar Mario, Besonderheiten öffentlichrechtlicher Dienstverhältnisse nach schweizerischem Recht, insbesondere bei deren Beendigung aus nichtdisziplinarischen Gründen, St. Gallen 1975, S. 168 ff; vgl. BGE 99 Ib 136). Es ist nicht so, dass die zu entlassende Person ungenügende Leistungen erbringen muss, damit ihr gekündigt werden kann. Andere wichtige Gründe genügen ebenso. Die KPD war somit berechtigt, das Dienstverhältnis aufzulösen. Die Beschwerde ist abzuweisen.

5. In der Regel hat die unterliegende Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten zu tragen (vgl. Art. 63 Abs. 1. VwVG). Gemäss Praxis der GD PTT werden in Personalangelegenheiten normalerweise jedoch keine Verfahrenskosten erhoben. Diese Praxis ist auch im vorliegenden Fall anzuwenden.







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