VPB 58.37
(Entscheid des Bundesrates vom 13. Januar 1993)
Art. 10 VwVG. Ausstand.
- Der Bundesrat prüft aufsichtsrechtlich ein Ausstandsbegehren gegen das EVED betreffend einen letztinstanzlichen Entscheid dieses Departements, gegen welchen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen ist.
- Dem Ausstandsbegehren wird keine Folge gegeben, da es gegen eine Behörde als solche unzulässig ist und die Rüge der Befangenheit einzelner Mitarbeiter unbelegt ist.
Art. 10 PA. Récusation.
- Le Conseil fédéral examine comme dénonciation une demande de récusation contre le DFTCE afférente à une décision définitive de ce département contre laquelle le recours de droit administratif est exclu.
- Aucune suite n'est donnée à la demande de récusation, vu qu'elle ne peut pas être dirigée contre une autorité en tant que telle et qu'aucun motif concret n'est avancé quant à une opinion préconçue de certains collaborateurs.
Art. 10 PA. Ricusazione.
- Il Consiglio federale esamina come denunzia la domanda di ricusazione contro il DFTCE concernente una decisione in ultima istanza di detto Dipartimento contro cui è escluso il ricorso di diritto amministrativo.
- Non è dato alcun seguito alla domanda di ricusazione poiché inammissibile contro un'autorità in quanto tale e poiché non è comprovata la censura sulla parzialità di taluni collaboratori.
I
A. Am 7. November 1991 hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ein Gesuch der H. um eine zweite Verlängerung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 116 Abs. 2 der V vom 14. November 1973 über die Luftfahrt (Luftfahrtverordnung [LFV], SR 748.01) für den Einsatz eines in der Schweiz nicht immatrikulierten russischen Helikopters abgelehnt.
Nachdem die H. gegen diese Verfügung Beschwerde beim EVED eingereicht hatte, kam es unter der Leitung der Instruktionsbehörde des EVED, des Generalsekretariats des EVED, am 24. Januar 1992 zu einer Besprechung zwischen Vertretern des BAZL und der H. Dabei wurde zwischen dem BAZL und der H. eine Einigung erzielt, weshalb das BAZL nach Art. 58 Abs. 1 VwVG eine neue Verfügung erliess.
Mit dieser neuen Verfügung vom 27. Januar 1992 erteilte das BAZL der H. unter Auflagen zum dritten Mal eine Ausnahmebewilligung zum Einsatz während sechs Monaten des russischen Helikopters.
B. Gegen diese Verfügung reichten die Beschwerdeführerinnen am 30. April 1992 beziehungsweise am 25. Februar 1992 beim EVED je eine Verwaltungsbeschwerde ein.
Im Rahmen dieser Beschwerdeverfahren wurden der Erlass vorsorglicher Massnahmen und der Entzug der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden beantragt sowie ein Ausstandsbegehren gegen das EVED gestellt. Das EVED vereinigte die beiden Verfahren und entzog den Beschwerden mit Zwischenentscheid vom 27. Mai 1992 die aufschiebende Wirkung.
Im selben Entscheid nahm das EVED zu den Ausstandsbegehren Stellung. Es wies darauf hin, dass nur gegen bestimmte Personen, nicht aber gegen eine Behörde insgesamt ein Ausstandsbegehren gestellt werden könne und verneinte im übrigen das Vorliegen eines Ausstandsgrunds nach Art. 10 Abs. 1 Bst. c und d VwVG; der zuständige Sachbearbeiter und der Unterzeichner des Zwischenentscheides seien anlässlich der Besprechung vom 24. Januar 1992 gar nicht anwesend gewesen.
C. Gegen diesen Zwischenentscheid des EVED erhoben die Beschwerdeführerinnen am 9. Juni 1992 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wobei sie hinsichtlich des Ausstandsbegehrens erforderlichenfalls die Überweisung der Akten an den Bundesrat beantragten.
Sie machten dabei geltend, das EVED entscheide monokratisch, weshalb der Bundesrat als Aufsichtsbehörde zu entscheiden habe.
Das Bundesgericht ist mit Urteil vom 3. August 1992 auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerden nicht eingetreten und hat die Akten dem Bundesrat überwiesen, damit dieser als Aufsichtsbehörde über das Ausstandsbegehren gegen die Mitarbeiter des EVED befinden könne ...
II
1. Das Bundesgericht hat in seinem Nichteintretensentscheid vom 3. August 1992 festgehalten, dass der noch zu treffende Beschwerdeentscheid des EVED in der Hauptsache nach Art. 6 Abs. 2 Bst. b des BG vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz [LFG], SR 748.0) nicht an den Bundesrat weitergezogen werden könne, sondern letztinstanzlich sei. Es liege keine Verfügung vor, für welche Art. 6 Abs. 1 LFG den Weiterzug an den Bundesrat vorsehe. Diese Bestimmung stehe indes unter dem Vorbehalt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, sofern keiner der Ausschlussgründe von Art. 99-102 OG vorliege. Der Entscheid in der Hauptsache betreffe eine Betriebsbewilligung für ein Fahrzeug, wogegen nach Art. 99 Bst. e OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen sei. Dasselbe gelte vorliegend nach Art. 101 Bst. a OG auch für die Zwischenverfügung.
2. Kann der angefochtene Entscheid nicht durch Beschwerde angefochten werden, so hat der Bundesrat nur noch aufsichtsrechtlich (Art. 71 VwVG) zu prüfen, ob das EVED die Ausstandsregeln von Art. 10 VwVG verletzt hat.
2.1. Ein Ausstandsbegehren gegen Mitarbeiter des BAZL, welches seinen Entscheid vom 7. November 1991 am 27. Januar 1992 in Wiedererwägung zog, ist nicht eingereicht worden. Über ein solches Ausstandsbegehren hätte im übrigen nach Art. 10 Abs. 2 VwVG das BAZL beziehungsweise das EVED zu befinden.
2.2. Die Beschwerdeführerinnen haben dagegen ein Ausstandsbegehren gegen das EVED als solches gestellt.
Während es als zulässig erscheint, gegen alle Mitglieder einer bestimmten Behörde, zum Beispiel einer Rekurskommission, ein Ausstandsbegehren zu stellen (BGE 112 V 210 f.), können sich Ausstandsbegehren nicht gegen eine Behörde als solche richten. Behörden sind verpflichtet, ihre Kompetenz auszuüben und haben dabei so organisiert zu sein, dass ihre Besetzung mit jeweils unbefangenen Amtsträgern sichergestellt ist; dass die Behörde ein öffentliches Interesse zu wahren hat, ergibt keinen Anlass zu begründeter Ablehnung (Gygi Fritz, Bundesverwaltungsrecht, 2. Aufl., Bern 1983, S. 56; Saladin Peter, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel 1979, S. 111; BGE 97 I 862, bestätigt in BGE 105 Ib 129).
Auf die generelle Befangenheit des Departements ist somit nicht einzutreten. Sie kann nicht Gegenstand eines Ausstandsbegehrens bilden, ist im übrigen haltlos und entbehrt jeglicher Grundlage.
2.3. Auch wenn im Ausstandsbegehren gegen das EVED keine Personen namentlich erwähnt werden, so kann doch sinngemäss angenommen werden, dass sich das Ausstandsbegehren gegen den Stellvertretenden Generalsekretär des EVED, X, der den Zwischenentscheid des EVED vom 27. Mai 1992 unterzeichnete, und gegen die Sachbearbeiterin des Zwischenentscheides richtet.
Das Ausstandsbegehren ist daher als Ausstandsbegehren gegen X und die namentlich nicht genannte Sachbearbeiterin des Zwischenentscheides vom 27. Mai 1992 zu behandeln.
2.4. Auch für die Beurteilung dieses Ausstandsbegehrens liegt die Zuständigkeit gemäss Art. 10 Abs. 2 VwVG an sich beim EVED. Nachdem aber dem Bundesrat bereits eine Stellungnahme des EVED zu den Gegenstand des Ausstandsbegehrens bildenden Vorwürfen vorliegt, erscheint es aus Gründen der Verfahrensökonomie als geboten, dass der Bundesrat hier ausnahmsweise selbst zu den Ausstandsbegehren gegen die Mitarbeiter des EVED Stellung nimmt (vgl. Weber-Dürler Beatrice, Verwaltungsökonomie und Praktikabilität im Rechtsstaat, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung [ZBl] 87 [1986] 193 ff.; Gygi, a. a. O., S. 68). Rechtsstaatliche Bedenken gegen einen Entscheid des Bundesrates sind hier keine ersichtlich.
3. Die Beschwerdeführerinnen haben keinen konkreten Ausstandsgrund gegen die beiden Mitarbeiter des EVED vorgebracht.
Gerügt wurde bloss eine Teilnahme von Vertretern des EVED an der Besprechung vom 24. Januar 1992 sowie die vorne angesprochene generelle Befangenheit des EVED (vgl. E. 2.2) gegenüber dem BAZL.
3.1. Auch diese sinngemäss gegenüber X, Stellvertretender Generalsekretär des EVED, und der Sachbearbeiterin des Zwischenentscheides vom 27. Mai 1992 erhobenen Vorwürfe sind ungerechtfertigt. Beide haben an der Besprechung vom 24. Januar 1992 nicht teilgenommen, weshalb dieser einzige konkrete Vorwurf auf diese beiden Personen zum vornherein nicht zutrifft.
3.2. Im übrigen verkennen die Beschwerdeführerinnen die Aufgaben einer Instruktionsbehörde, zu denen es durchaus gehört, auf Wunsch der Parteien oder von Amtes wegen zu vermitteln. Inwieweit dies die Instruktionsbehörde des EVED vorliegend getan hat, kann hier indes offenbleiben. Es besteht jedenfalls kein Hinweis darauf, dass das EVED für die H. Stellung genommen und das BAZL zum Erlass einer neuen Verfügung angewiesen hätte.
Art. 58 Abs. 1 VwVG ermächtigt die verfügende Behörde im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens ausdrücklich, bis zu ihrer Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung zu ziehen. Mit dem Erlass einer neuen Verfügung wird das Beschwerdeverfahren gegenstandslos, und es bleibt allenfalls bloss noch über die Verfahrenskosten zu befinden.
4. Den Ausstandsbegehren wird daher auch aufsichtsrechtlich keine Folge gegeben.
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