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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

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VPB 59.111

(Auszug aus dem Beschwerdeentscheid der Rekurskommission EVD vom 30. Dezember 1994 in Sachen H. und R. gegen Bundesamt für Landwirtschaft und K.; 94/6K-015 und 94/6K-016)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt
Erwägungen
Erwägung 1.
Erwägung 2.
Erwägung 3.
Erwägung 4.

Milchsammelstelle; Beschwerdelegitimation; Verkehrsmilcheinlieferung einer Betriebszweiggemeinschaft.

1. Art. 48 Bst. a VwVG: Beschwerdelegitimation eines Betriebszweiggemeinschafters.

Der milchproduzierende Gemeinschafter ist legitimiert, Beschwerde im eigenen Namen zu führen, denn vom Entscheid über die zuständige Milchsammelstelle der Gemeinschaft ist in erster Linie sein Betriebsteil betroffen (E. 2.1).

2. Art. 4 Abs. 1 und Art. 24 MKTV 93: Betriebszweiggemeinschaft.

Für die Verkehrsmilcheinlieferung und die Bestimmung der zuständigen Sammelstelle der Gemeinschaft ist jener Betriebsteil massgebend, auf welchem die Verkehrsmilchproduktion erfolgt. Aufgrund der überbetrieblichen Zusammenarbeit in der Milchproduktion und der Zusammenfassung der Milchkontingente hat sich die gesamte Verkehrsmilcheinlieferung der Gemeinschaft danach zu richten (E. 4.1).


Centre collecteur de lait; qualité pour recourir; livraison de lait commercialisé provenant d'une communauté partielle d'exploitation.

1. Art. 48 let. a PA: qualité pour recourir d'un membre d'une communauté partielle d'exploitation.

L'associé qui produit le lait a qualité pour recourir en son propre nom dès lors que la décision qui détermine le centre collecteur de la communauté le touche en premier lieu (consid. 2.1).

2. Art. 4 al. 1 et art. 24 OCLP 93: communauté partielle d'exploitation.

Pour déterminer dans quel centre collecteur la communauté doit livrer son lait commercialisé, on prend comme critère la partie du domaine qui produit le lait. L'ensemble de la livraison de la communauté doit être effectuée à cet endroit, étant donné que la production laitière repose sur la collaboration des associés et que les contingents sont réunis (4.1).


Centro di raccolta del latte; diritto di ricorrere; fornitura di latte commerciale proveniente da una comunità aziendale settoriale.

1. Art. 48 lett. a PA: diritto di ricorrere da parte di una comunità aziendale settoriale.

Il membro di una comunità che produce latte ha il diritto di ricorrere a titolo personale poiché la decisione in merito al competente centro di raccolta della comunità tocca in primo luogo la sua parte aziendale (consid. 2.1).

2. Art. 4 cpv. 1 e art. 24 OCLP 93: comunità aziendale settoriale.

Per determinare in quale centro di raccolta la comunità deve fornire il suo latte commerciale, si prende come criterio la parte dell'azienda che produce latte. L'intera fornitura di latte commerciale deve essere effettuata in questo luogo dato che la sua produzione di latte si basa sulla collaborazione dei membri e che i contingenti sono riuniti (consid. 4.1).




Aus dem Sachverhalt:

Am 17. April 1994 gelangte der Sammelstelleninhaber K. an das Bundesamt für Landwirtschaft und brachte vor, dass H., welcher bis anhin das Heimwesen X bewirtschaftet und die Verkehrsmilch zuletzt in die Käserei des R. eingeliefert habe, per 1. April 1993 die Liegenschaft Y erworben habe, deren angestammte Sammelstelle seine eigene sei. Obwohl die gesamte Milchmenge der Betriebszweiggemeinschaft H.-S. auf der Liegenschaft Y gemolken werde, erfolge die Einlieferung in die Sammelstelle des R. Er bitte das Bundesamt, die Angelegenheit zu prüfen.

Mit Verfügung vom 19. Juli 1994 verpflichtete das Bundesamt die Betriebszweiggemeinschaft H.-S., die gesamte Verkehrsmilchproduktion in die Sammelstelle des K. einzuliefern.

Gegen diesen Entscheid reichten der Bewirtschafter H. am 18. August 1994 und der Sammelstelleninhaber R. am 19. August 1994 Beschwerden bei der Rekurskommission EVD ein und beantragen, die Verfügung des Bundesamtes sei aufzuheben und es sei der bisherige Zustand zu belassen.

Aus den Erwägungen:

1. (Gemeinsame Beurteilung der Beschwerden)

2. (Zuständigkeit)

Zur Beschwerdeführung ist legitimiert, wer durch den angefochtenen Entscheid berührt ist und ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat (Art. 48 Bst. a des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG], SR 172.021).

2.1. Vorab stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer H. zur Beschwerdeführung legitimiert ist.

Am 15. März 1993 anerkannte das Landwirtschaftsamt der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Z. die Zusammenlegung der Milchproduktion der Betriebe H. und S. rückwirkend auf den 1. März 1993 als Betriebszweiggemeinschaft. Im weiteren wurde festgestellt, dass sich das zusammengelegte Kontingent auf die gesamte massgebliche Nutzfläche der beteiligten Betriebe beziehe, im Sektor Milchkontingentierung die Gemeinschaft als ein Produzent beziehungsweise ein Betrieb gelte und H. Milchproduzent der Gemeinschaft sei. Der zuständige Milchverband verfügte am 15. April 1993 die rückwirkende Zusammenlegung der Kontingente auf den 1. Mai 1992.

Das Bundesamt für Landwirtschaft (hiernach: Bundesamt) stellte in der angefochtenen Verfügung fest, dass sich die Anerkennungsverfügung des Kantons aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen auf den Betrieb H. in X bezogen habe. Dieser Betrieb sei aber infolge der Übernahme des Betriebes Y durch H. per 1. April 1993 «aufgelöst» worden. Da vorliegend nicht die Betriebszweiggemeinschaft Gegenstand des Verfahrens sei, sondern das Ablieferungsverhältnis des Betriebes Y, müsse die Frage nach der gesetzlich möglichen Weiterführung der Betriebszweiggemeinschaft nicht weiter abgeklärt werden.

Im folgenden ist zu prüfen, ob bezüglich der Beschwerdelegitimation die Frage nach dem Bestand einer Betriebszweiggemeinschaft tatsächlich offengelassen werden kann.

2.1.1. Sollten die Voraussetzungen für das Bestehen einer Betriebszweiggemeinschaft aufgrund der Änderungen in den betrieblichen Verhältnissen des Gemeinschafters H. nicht mehr gegeben sein, wäre davon auszugehen, dass die von H. nach der Übernahme von Y bewirtschaftete Fläche wieder als eigenständiger Betrieb zu betrachten wäre. Durch die Verfügung des Bundesamtes, in welcher unter anderem festgestellt wurde, dass Y als Hauptbetrieb zu gelten habe und dessen angestammte Sammelstelle die Molkerei des Beschwerdegegners K. sei, wäre H. als Bewirtschafter unmittelbar betroffen und als Beschwerdeführer in eigenem Namen zuzulassen.

2.1.2. Sollte die Betriebszweiggemeinschaft trotz der betrieblichen Änderungen weiterhin bestehen, so wäre bezüglich der Rechtsform der Gemeinschaft vom Bestand einer einfachen Gesellschaft (Art. 530 ff. des Obligationenrechts [OR], SR 220) auszugehen. Die Gemeinschafter nehmen dabei eine betriebsübergreifende Arbeitsteilung vor, bei der ein Beteiligter die Milchproduktion in eigener Verantwortung betreibt, und der andere die gesamte gemeinsame Nutzfläche bewirtschaftet (Spörri Philipp, Milchkontingentierung, Freiburg 1992, S. 158 f.).

Was die Vertretung einer einfachen Gesellschaft angeht, können Handlungen der Gemeinschaft grundsätzlich nur von allen Gesellschaftern gemeinsam oder durch bevollmächtigte Stellvertreter wahrgenommen werden (Art. 535 i.V.m. 543 OR). Handelt nur ein Gesellschafter im Namen der Gemeinschaft, so darf allerdings nach Art. 543 Abs. 2 und 3 des Obligationenrechts seine Ermächtigung zur Vertretung der übrigen Gesellschafter vermutet werden (BGE 95 I 278 E. 1b; 104 Ib 264 E. 1). Handelt ein Gesellschafter jedoch in eigenem Namen, so wird er allein berechtigt und verpflichtet (Art. 543 Abs. 1 OR).

Aus der Beschwerdeeingabe sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass H. im Namen der Betriebszweiggemeinschaft respektive des Gesellschafters S. an die Rekurskommission EVD gelangt ist. Es ist demnach davon auszugehen, dass er in eigenem Namen Beschwerde führt. Hierzu ist er auch im Falle des Weiterbestandes der Betriebszweiggemeinschaft befugt. Denn durch den Entscheid über die massgebliche Sammelstelle einer Betriebszweiggemeinschaft wird in erster Linie der Betriebsteil des milchproduzierenden Gemeinschafters betroffen. Der andere Gemeinschafter, dessen Verkehrsmilchproduktion während des Bestandes der Betriebszweiggemeinschaft «ruht», ist dagegen vom Entscheid über die massgebliche Sammelstelle der Gemeinschaft nur mittelbar - als Gemeinschafter - berührt, da nach einer allfälligen Auflösung der Gemeinschaft sowie einer Wiederaufnahme der selbständigen Verkehrsmilchproduktion das angestammte Einlieferverhältnis seines Betriebes wieder aufleben würde. Da aufgrund der Anerkennungsverfügung des Kantons Zürich weiterhin H. als Milchproduzent der Gemeinschaft und Verantwortlicher für die Milchproduktion zu betrachten wäre, kann ihm ein unmittelbares und eigenes Interesse an der Beschwerdeführung nicht abgesprochen werden.

Es spielt somit keine Rolle, ob der milchproduzierende Betriebszweig-gemeinschafter als einfacher Gesellschafter oder für sich allein handelt und unabhängig davon, ob die Betriebszweiggemeinschaft noch besteht oder nicht, ist H. als Beschwerdeführer in eigenem Namen zuzulassen.

2.2. Was die Beschwerdelegitimation des R. angeht, so ist dieser als Inhaber der gleichnamigen Käserei und Sammelstelle ebenfalls als Beschwerdeführer zuzulassen. Denn vor der Übernahme der Liegenschaft Y lieferte H. die Verkehrsmilch der Betriebszweiggemeinschaft in diese Sammelstelle ein, welche unbestritten als angestammte des vormaligen Heimwesens X galt. Mit der Übernahme von Y stellt sich die Frage, an welche Sammelstelle der Beschwerdeführer H. seine Verkehrsmilch (resp. jene der Betriebszweiggemeinschaft) einzuliefern hat. Der Inhaber der Sammelstelle R. hat an der Antwort auf die gestellte Frage ein unmittelbares Interesse und ist vom Entscheid des Bundesamtes über die Milcheinlieferung des H. direkt betroffen. Ob die Käserei R. weiterhin als Sammelstelle für die Milcheinlieferungen des H. in Frage kommt, ist dagegen materielle Frage des Verfahrens (unveröffentlichtes Urteil des BGer vom 24. November 1989 i. S. B. und Konsorten, E. 1d und f).

R. verfügt demzufolge ebenfalls über das erforderliche schutzwürdige Interesse zur Beschwerdeführung.

2.3. Da Eingabefrist und -form gewahrt sind (Art. 50 und 52 Abs. 1 VwVG) und die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen (Art. 46 ff. VwVG), ist auf die beiden Verwaltungsbeschwerden einzutreten.

3. (Anwendbares Recht; vgl. REKO/EVD 94/6K-007 E. 3 und 4, veröffentlicht in: VPB 59.110[21])

4. Bevor die massgebende Sammelstelle für die Verkehrsmilcheinlieferung des H. respektive der Betriebszweiggemeinschaft zu bestimmen ist, sind Ausführungen bezüglich der betrieblichen Verhältnisse einer solchen Gemeinschaft zu machen.

4.1. Bilden Produzenten eine Betriebszweiggemeinschaft zur überbetrieblichen Zusammenarbeit bei der Milchproduktion (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung vom 26. April 1993 über die Milchkontingentierung im Talgebiet und in der Bergzone I; Milchkontingentierung-Talverordnung 93 [MKTV 93], SR 916.350.101), so werden die Einzelkontingente zusammengelegt und das Gesamtkontingent bezieht sich auf die gesamte massgebliche Nutzfläche der beteiligten Betriebe (Art. 24 MKTV 93).

Die Betriebszweiggemeinschaft ist demzufolge im Bereich Milchproduktion als «ein Betrieb mit einem Kontingent» zu betrachten. Da bezüglich der Verkehrsmilcheinlieferung mit dem Begriff «angestammt» eine Verbindung mit dem Heimwesen des Milchproduzenten und der Sammelstelle umschrieben wird und nicht eine solche zwischen dem milchwirtschaftlich genutzten Land und der Sammelstelle (unveröffentlichtes Urteil des BGer vom 21. November 1986 i. S. K., E. 4b), ist in analoger Anwendung auf die Betriebszweiggemeinschaft für die Verkehrsmilcheinlieferung und die Bestimmung der zuständigen Sammelstelle jener Betriebsteil massgebend, auf welchem die Verkehrsmilchproduktion erfolgt. Dieser Hauptbetrieb ist für die Bestimmung der zuständigen Sammelstelle als «Heimwesen der Betriebszweiggemeinschaft» zu betrachten, und aufgrund der überbetrieblichen Zusammenarbeit in der Milchproduktion und der Zusammenfassung der Kontingente hat sich die gesamte Verkehrsmilcheinlieferung der Betriebszweiggemeinschaft danach zu richten. Dementsprechend hält das Bundesamt in Ziff. 1 seiner Weisungen zu Art. 4 der Milchkontingentierung-Talverordnung 93 fest, dass als Hauptbetrieb der Betrieb mit dem grössten Anteil an der Milchproduktion gilt und dass das Kontingent der Gemeinschaft in der angestammten Genossenschaft des Hauptbetriebes zu verwalten ist.

4.2. Im vorliegenden Fall ist aktenkundig, dass der Gemeinschafter H. vor der Gründung der Betriebszweiggemeinschaft und der Übernahme der Liegenschaft Y einen Betrieb in X bewirtschaftet und darauf Verkehrsmilch produziert hat. Diese Liegenschaft galt als Heimwesen des Produzenten und die Verkehrsmilch wurde in die hierfür angestammte Sammelstelle und Käserei des Beschwerdeführers R. eingeliefert. Die Bildung der Betriebszweiggemeinschaft mit S. hatte zur Folge, dass die Kontingente der beiden Gemeinschafter vom zuständigen Milchverband zusammengelegt wurden und der Kanton Z. bezeichnete in der Anerkennungsverfügung H. als Verkehrsmilchproduzenten der Gemeinschaft. Für die Verkehrsmilcheinlieferung und für die Bestimmung der zuständigen Sammelstelle ist somit auf die betrieblichen Verhältnisse des Gemeinschafters H. abzustellen.

(...)

(Die Rekurskommission EVD weist die Beschwerden ab)


[21] Vgl. oben S. 921.



Dokumente der REKO/EVD

 

 

 

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