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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

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VPB 59.80

(Auszug aus dem Beschwerdeentscheid der Rekurskommission EVD vom 11. August 1994 in Sachen Kantonale Arbeitslosenkasse X gegen Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit; 93/4I-001)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt
Erwägungen
Erwägung 1.
Erwägung 2.
Erwägung 3.
Erwägung 4.
Erwägung 5.
Erwägung 6.
Erwägung 7.

Ersatz der einer Arbeitslosenkasse erwachsenen Gerichts- und Parteikosten im Zusammenhang mit der Durchführung des AVIG; Verweigerung des Parteikostenersatzes bei leichtsinniger oder mutwilliger Verursachung.

1. Art. 93 AVIG: Leichtsinnige oder mutwillige Verursachung von Gerichts- und Parteikosten.

Die Kostenauferlegung bei leichtsinniger oder mutwilliger Prozessführung zu Lasten der Arbeitslosenkasse als allgemeiner Grundsatz des Bundessozialversicherungsrechts; Zusammenfassung der Rechtsprechung (E. 5.4).

2. Art. 93 AVIG: Verweigerung des Parteikostenersatzes.

Die Verweigerung des Parteikostenersatzes kann im Zusammenhang mit der Nichtbeachtung einer Weisung stehen (E. 6).

Die Verweigerung darf sich nicht in abstrakter Weise - das heisst ohne Einbezug des von der Arbeitslosenkasse verfolgten Prozesszwecks und ohne Berücksichtigung des materiellrechtlich vertretenen Standpunktes im Prozess - auf die Nichtbefolgung einer Weisung stützen (E. 6.3).

Bei der Prüfung, ob der Kostenersatz zu Recht verweigert worden ist, ist nicht in extenso zu untersuchen, ob der materiellrechtliche Versicherungsanspruch gegeben ist (E. 6.3).


Remboursement à une caisse de chômage des frais de justice et des dépens occasionnés dans le cadre de l'exécution de la LACI; refus du remboursement des dépens lorsqu'ils ont été provoqués par légèreté ou témérité.

1. Art. 93 LACI: frais de justice et dépens provoqués par légèreté ou témérité.

Mettre les frais de justice ou les dépens à la charge d'une caisse de chômage qui fait preuve de légèreté ou témérité est un principe généralement admis en droit fédéral des assurances sociales; résumé de la jurisprudence (consid. 5.4).

2. Art. 93 LACI: refus du remboursement des dépens.

Refus en cas d'inobservation des instructions (consid. 6).

Cependant, l'autorité ne peut pas refuser le remboursement des dépens en se fondant uniquement et de manière abstraite sur l'inobservation des instructions; elle doit aussi tenir compte du but que poursuit la caisse de chômage dans la procédure et la position que cette dernière défend au regard du droit matériel (consid. 6.3).

L'autorité doit uniquement procéder à un examen sommaire du droit matériel pour déterminer s'il y a lieu ou non de rembourser les dépens (consid. 6.3).


Rimborso a una cassa di disoccupazione delle spese processuali e ripetibili cagionate nel quadro dell'esecuzione della LADI; rifiuto di rimborso delle spese in quanto provocate per leggerezza o temerarietà.

1. Art. 93 LADI: spese processuali e ripetibili provocate per temerarietà o leggerezza.

Addossare le spese processuali e ripetibili a una cassa di disoccupazione che dà prova di leggerezza o temerarietà è un principio generalmente ammesso dal diritto federale delle assicurazioni sociali; riassunto della giurisprudenza (consid. 5.4).

2. Art. 93 LADI: rifiuto del rimborso delle spese processuali.

Rifiuto in caso d'inosservanza delle istruzioni (consid. 6).

Nondimeno, l'autorità non può rifiutare il rimborso delle spese processuali basandosi unicamente e in maniera astratta sull'inosservanza delle istruzioni; essa deve pure tenere conto dell'obiettivo perseguito dalla cassa di disoccupazione nella procedura e della posizione difesa dalla stessa in merito al diritto materiale (consid. 6.3).

L'autorità deve unicamente procedere a un esame sommario del diritto materiale per determinare se occorre o meno rimborsare le spese processuali.




Aus dem Sachverhalt:

Am 10. Dezember 1992 unterbreitete die Kantonale Arbeitslosenkasse X dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit das Dossier des Versicherten F. zur Stellungnahme mit der Frage, ob dieser einen Anspruch auf Insolvenzentschädigung habe. Im Anschluss an die negative Antwort des Bundesamtes lehnte die Arbeitslosenkasse das Gesuch des F. am 13. Januar 1993 ab.

Dagegen erhob F. am 15. Februar 1993 Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht. Obschon das Bundesamt eine weitere Anfrage betreffend Anspruchsberechtigung wiederum abschlägig beantwortet hatte, hob die Arbeitslosenkasse am 22. März 1993 die angefochtene Verfügung wiedererwägungsweise auf und verfügte die Ausrichtung der Insolvenzentschädigung. Im Rahmen der Abschreibung des gegenstandslos gewordenen Verfahrens verpflichtete das kantonale Verwaltungsgericht die Arbeitslosenkasse zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 700.-.

Das Gesuch der Arbeitslosenkasse vom 1. April 1993 um Übernahme der auferlegten Parteientschädigung wies das Bundesamt am 9. Juli 1993 ab und verwies zur Begründung auf die verbindliche Empfehlung in den Stellungnahmen, die Ausrichtung der Insolvenzentschädigung zu verweigern.

Gegen diesen Entscheid erhob die Arbeitslosenkasse am 5. August 1993 Verwaltungsbeschwerde beim EVD.

Die Rekurskommission EVD übernahm das Verfahren am 2. Februar 1994 als zuständige Behörde.

Aus den Erwägungen:

1. (Zuständigkeit)

2. (Beschwerdelegitimation)

3. Gemäss Art. 93 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], SR 837.0) ersetzt der Ausgleichsfonds einer Arbeitslosenkasse oder einer kantonalen Amtsstelle die Gerichts- und Parteikosten, die ihr im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Gesetzes auferlegt werden, wenn sie nicht leichtsinnig oder mutwillig verursacht wurden. Der Ersatz von Gerichts- und Parteikosten bedarf der Zustimmung der Ausgleichsstelle (Art. 123 Abs. 1 der Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung; Arbeitslosenversicherungsverordnung [AVIV], SR 837.02).

Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (hiernach: Bundesamt) führt die Ausgleichsstelle (Art. 83 Abs. 3 AVIG). Diese weist den Arbeitslosenkassen nach den Vorschriften des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und der Arbeitslosenversicherungsverordnung die nötigen Mittel aus dem Ausgleichsfonds zu (Art. 83 Abs. 1 Bst. g AVIG).

4. Laut unbestritten gebliebenem Sachverhalt wurde die Arbeitslosenkasse in einem kantonalen Rekursverfahren betreffend die Anspruchsberechtigung auf Insolvenzentschädigung zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 700.- verpflichtet. Diese Kosten sind der Beschwerdeführerin somit im Zusammenhang mit der Durchführung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes auferlegt worden. Soweit nicht leichtsinnig oder mutwillig verursacht, sind diese Kosten durch den Ausgleichsfonds zu ersetzen (Art. 93 AVIG).

4.1./4.2. (...)

4.3. Für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache ist nach dem bisher Gesagten zu prüfen, ob sich die Verweigerung des Parteikostenersatzes zu Recht auf die im Gesetz verwendeten Begriffe des Leichtsinns und/oder der Mutwilligkeit stützen lassen, beziehungsweise, ob die im kantonalen Rekursverfahren erfolgte und als Abstandserklärung mit Kostenfolge behandelte wiedererwägungsweise Aufhebung der angefochtenen, den Insolvenzentschädigungsanspruch ablehnende Verfügung einer leichtsinnigen oder mutwilligen Verursachung von Parteikosten im Sinne von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes gleichzusetzen ist. Soweit ersichtlich, ist diese Fragestellung bisher noch nicht Gegenstand einer rechtsmittelmässigen Überprüfung gewesen.

5. Vorab ist festzuhalten, dass sich die Anwendung von Art. 123 Abs. 1 der Arbeitslosenversicherungsverordnung im von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vorgegebenen Rahmen zu halten hat. Die Zustimmung für den Ersatz von Gerichts- und Parteikosten kann demnach nur verweigert werden, wenn diese leichtsinnig oder mutwillig verursacht worden sind. Art. 123 der Arbeitslosenversicherungsverordnung will erreichen, dass nur Kosten ersetzt werden, deren Höhe als «angemessen» zu betrachten sind. Im Visier stehen vorab übersetzte Anwaltshonorare. In bezug auf die durch eine Behörde auferlegten Kosten ist die genannte Verordnungsbestimmung nicht von Bedeutung (vgl. Gerhards Gerhard, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bern 1987, N. 4 ff. zu Art. 93, S. 761).

5.1. Der Text von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes wurde unverändert aus der bundesrätlichen Botschaft vom 2. Juli 1980 (dort noch Art. 92, BBl 1980 III 679) übernommen. Die bundesrätlichen Erläuterungen zu dieser Bestimmung halten folgendes fest:

«Bei der Durchführung des neuen Gesetzes werden noch vermehrt als bisher Gerichts- und Parteikosten zu Lasten der Arbeitslosenkassen oder der zuständigen Amtsstellen zu erwarten sein. Das könnte zur Folge haben, dass Arbeitslosenkassen und vor allem kantonale Amtsstellen sich beim Erlass von Verfügungen und beim Einlegen von Rechtsmitteln unter Umständen von finanziellen Überlegungen im Hinblick auf diese Kosten leiten lassen. Aus der Sicht der Missbrauchsbekämpfung wie auch der Rechtsgleichheit kommt aber einer ordnungsgemässen Durchführung dieser Aufgaben durch die Kassen und Arbeitsämter grösste Bedeutung zu. Im vorliegenden Artikel ist deshalb vorgesehen worden, dass solche Kosten - mit den angemessenen Vorbehalten - aus dem Ausgleichsfonds vergütet werden» (BBl 1980 III 630 ff.).

Der Gesetzgeber wollte damit offensichtlich verhindern, dass die Arbeitslosenkassen ungleiches Recht schaffen und Missbräuchen Vorschub leisten, indem sie in Einzelfällen auf die Durchsetzung des zwingenden Arbeitslosenversicherungsrechts verzichten, wenn beispielsweise im Verhältnis zum Streitwert finanziell aufwendige Prozesse drohen.

5.2. Gemäss Art. 102 Abs. 2 Bst. b des Arbeitslosenversicherungsgesetzes in der Fassung vom 25. Juni 1982 (AS 1982 2184) waren die Arbeitslosenkassen als verfügende Instanzen, wie üblicherweise im Verwaltungsprozessrecht, nicht befugt, kantonale Rekursentscheide anzufechten. Diese Beschwerdebefugnis war ausschliesslich den kantonalen Amtsstellen und dem Bundesamt vorbehalten. Nach dem damals geltenden Recht waren daher vor allem zwei Verfahrensarten denkbar, in denen den Arbeitslosenkassen Verfahrens- oder Parteikosten im Sinne von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes auferlegt werden konnten. In Frage kamen wie heute vorab das versicherungsrechtliche Verfahren vor den kantonalen Rekursinstanzen und vor dem EVG, sodann vor allem die zivilrechtlichen Verfahren, in denen die Arbeitslosenkassen die Lohnansprüche gegenüber Arbeitgebern oder einer Konkursmasse, in die sie nach Auszahlung von Arbeitslosen- oder Insolvenzentschädigungen gemäss Art. 29 beziehungsweise 54 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes subrogiert sind, geltend zu machen haben. Seitdem die Arbeitslosenkassen mit Inkrafttreten des geänderten Art. 102 Abs. 2 Bst. b des Arbeitslosenversicherungsgesetzes am 1. Januar 1992 (AS 1991 2125, 2131) gegen Entscheide kantonaler Rekursinstanzen beschwerdeberechtigt sind, gehören zu den von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes erfassten Gerichts- und Parteikosten entsprechend einer objektiv zeitgemässen Auslegung zweifellos auch die durch die Arbeitslosenkassen angestrengten Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren. Aus der zitierten Botschaft des Bundesrates sowie aus dem bisher Gesagten erhellt, dass der Gesetzgeber bei der Regelung von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes die Rekurs- und Gerichtsverfahren und die damit zusammenhängenden Kostenrisiken der Kassen vor Augen hatte.

5.3. Als partei- und beschwerdeberechtigte Behörden geniessen die Arbeitslosenkassen in bezug auf verfahrensrechtliche Fragen erhebliche Entscheidungsmacht. Sie können, wie bereits erwähnt, nach aussen in eigenem Namen und vor den Organen der Rechtspflege als Partei auftreten (vgl. dazu Gerhards, a. a. O., N. 16 ff. zu Art. 79 bis 80, S. 700). Einer Arbeitslosenkasse, welche beschwerdebeklagte Partei ist und selbständig Rechtsmittel einlegen kann, muss folglich grundsätzlich auch das Recht zugestanden werden, ein Verfahren mittels Abstandserklärung zur Erledigung beziehungsweise zur Abschreibung zu bringen. Benutzt die Kasse diese Befugnisse in leichtsinniger oder mutwilliger Weise, so würde sie in aller Regel aufgrund von kantonalen oder bundesrechtlichen (Art. 60 VwVG; Art. 31 Abs. 2 und Art. 36a Abs. 2 OG) prozessualen Vorschriften, welche als Ausfluss des in der gesamten Rechtsordnung geltenden Verbots missbräuchlicher Rechtsausübung (Art. 2 ZGB) zu betrachten sind, mit Verfahrenskosten oder einer Disziplinarbusse belegt werden. Aus dem Abschreibungsbeschluss des kantonalen Verwaltungsgerichts vom 25. März 1993 ist jedoch keine derartig begründete Kostenauflage ersichtlich.

5.4. Mit den in Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes verwendeten Begriffen der «leichtsinnigen oder mutwilligen Verursachung von Gerichts- und Parteikosten» wollte der Gesetzgeber eine Ausnahme von der Kostenfreiheit zugunsten der an Gerichtsverfahren beteiligten Arbeitslosenkassen schaffen. In bezug auf den Wortlaut übernahm er offensichtlich die in Art. 103 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, Art. 85 Abs. 2 Bst. a des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG, SR 831.10) und in Art. 30bis Abs. 3 Bst. a des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung (KUVG, SR 832.10) verwendeten Formulierungen, die für die kantonalen Verfahren ebenfalls eine Einschränkung der Kostenfreiheit im Falle leichtsinniger oder mutwilliger Beschwerdeführung vorsehen. Es liegt auf der Hand, dass der Gesetzgeber in diesem Punkt eine gewisse Vereinheitlichung in den verschiedenen Sozialversicherungszweigen erreichen wollte. Im Entscheid 118 V 316 erklärte das EVG sodann mit Bezug auf den hier nicht weiter interessierenden Art. 73 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40) die Einschränkung der Kostenfreiheit in sozialversicherungsrechtlichen Verfahren im Falle mutwilliger oder leichtsinniger Prozessführung als allgemeinen prozessualen Grundsatz des Bundessozialversicherungsrechts. Im Entscheid 112 V 333 hat das BGer seine Rechtsprechungspraxis zu Art. 30bis Abs. 3 Bst. a KUVG beziehungsweise zur identischen Regelung von Art. 85 Abs. 2 Bst. a AHVG geändert und erkannt, dass bei leichtsinnigem oder mutwilligem Verhalten die Kosten nicht nur dem Beschwerdeführer, sondern auch dem Beschwerdegegner beziehungsweise in diesem Fall der Krankenkasse auferlegt werden können. Im selben Entscheid hat sich das BGer zum Begriff der leichtsinnigen oder mutwilligen Prozessführung geäussert:

«Leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung kann vorliegen, wenn die Partei ihre Stellungnahme auf einen Sachverhalt abstützt, von dem sie weiss oder bei der ihr zumutbaren Sorgfalt wissen müsste, dass er unrichtig ist. Mutwillige Prozessführung kann etwa auch angenommen werden, wenn eine Partei eine ihr in dieser Eigenschaft obliegende Pflicht (z. B. Mitwirkungs-, Unterlassungspflicht) verletzt, oder wenn sie noch vor der Rekursbehörde an einer offensichtlich gesetzwidrigen Auffassung festhält.

Leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung liegt aber solange nicht vor, als es der Partei darum geht, einen bestimmten, nicht als willkürlich erscheinenden Standpunkt durch den Richter beurteilen zu lassen; dies gilt auch dann, wenn der Richter die Partei im Laufe des Verfahrens von der Unrichtigkeit ihres Standpunktes überzeugen und zu einem entsprechenden Verhalten (Beschwerderückzug) veranlassen will» (BGE 112 V 333, E. 5a).

5.5. Für das vorliegende Verfahren ist kein Grund ersichtlich, von der soeben dargelegten bundesgerichtlichen Begriffsumschreibung abzuweichen. Im Rahmen von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes geht es zwar nicht nur um eine leichtsinnige oder mutwillige Beschwerdeführung (vgl. Gerhards, a. a. O., N. 9 zu Art. 93, S. 762). Dies ist nur eine mögliche Variante der «Verursachung von Gerichts- oder Parteikosten». Eine Kostenauflage wegen leichtsinnigen oder mutwilligen prozessualen Verhaltens ist unter anderem denkbar, wenn die Arbeitslosenkasse beispielsweise Entschädigungen verweigert, obwohl der Versicherte auf diese nach geltender Rechtsordnung offensichtlich Anspruch hätte, so dass der Versicherte die Leistungen unnötigerweise mittels eines gerichtlichen Verfahrens geltend machen muss. Im Rahmen der angesprochenen zivilrechtlichen Verfahren gemäss Art. 29 und 54 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ist mit derartigen Kostenauflagen zu rechnen, wenn die Kasse offensichtlich aussichtslose Prozesse führen würde oder Lohnansprüche des Versicherten gegenüber dem Arbeitgeber behaupten würde, wo offensichtlich keine solchen bestehen. Damit ist aber zugleich gesagt, dass die Auslegung der in Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes enthaltenen unbestimmten Gesetzesbegriffe «leichtsinnig oder mutwillig» wie diejenigen in den anderen bereits angesprochenen Sozialversicherungszweigen (Art. 103 AVIG, Art. 85 Abs. 2 Bst. a AHVG und Art. 30bis Abs. 3 Bst. a KUVG) im konkreten Zusammenhang mit den jeweiligen Verfahren, in denen die Arbeitslosenkassen involviert sein können, zu erfolgen hat. Die verwendeten unbestimmten Gesetzesbegriffe, welche als angemessene Korrektur zur Ersatzregelung von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu betrachten sind (BBl 1980 III 630), müssen im Umfeld der naheliegendsten Missbrauchstatbestände, beziehungsweise im Zusammenhang mit den allenfalls leichtsinnig oder mutwillig, mithin rechtsmissbräuchlich vorgenommenen Prozesshandlungen ausgelegt werden. Mit der gewählten Formulierung wollte der Gesetzgeber nicht die abstrakte Missachtung des dem Bundesamt beziehungsweise der Ausgleichsstelle nach Art. 76 Abs. 2, Art. 110 Abs. 3, und Art. 111 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes als Aufsichtsstelle unbestrittenermassen zustehenden Weisungsrechts sanktionieren. Vielmehr wollte der Gesetzgeber in gewissen konkreten Einzelfällen die Übernahme von Gerichts- und Parteikosten durch den Ausgleichsfonds verhindern.

6. Zwar übt das Bundesamt die Aufsicht über die Durchführung der Arbeitslosenversicherung aus und ist gegenüber den Kassen weisungsbefugt (Art. 76, 110 und 111 AVIG). Es kann verbindliche Anordnungen erlassen (BGE 114 V 358) und die Kassen beispielsweise anweisen, eine Verfügung in Wiedererwägung zu ziehen, sofern diese bisher nicht Gegenstand einer materiellen richterlichen Beurteilung war und zweifellos unrichtig ist (BGE 110 V 30, E. 3). Das ändert jedoch nichts am Umstand, dass der Gesetzgeber mit der Einschränkung in Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vor allem den Ersatz von Gerichts- und Parteikosten ausschliessen wollte, die im Zusammenhang mit den verfolgten prozessualen Interessen der Kassen als «leichtsinnig oder mutwillig verursacht» zu betrachten sind. Die Verweigerung des Ersatzes dieser Kosten kann dabei durchaus im Zusammenhang mit einer Nichtbeachtung einer entsprechenden Weisung stehen. Die Nichtbeachtung allein vermag die Qualifikation der Kosten als «leichtsinnig oder mutwillig verursacht» jedoch noch nicht zu rechtfertigen.

6.1. Zur Durchsetzung missachteter Weisungen stehen dem Bundesamt andere Mittel und Wege zur Verfügung. Es könnte sich beispielsweise an die kantonale Aufsichtsbehörde wenden (vgl. Gerhards, a. a. O., N. 26 zu Art. 110, S. 872). Klar zu Unrecht erbrachte Versicherungsleistungen sind im Revisionsverfahren nach Art. 111 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, eventuell über die Trägerhaftung (Art. 82 AVIG), nicht aber über Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu korrigieren (vgl. Gerhards, a. a. O., N. 28 zu Art. 102, S. 832 mit Hinweis auf BBl 1980 III 635). Die Ausgleichsstelle ist wohl für die Erreichung einer einheitlichen Rechtsanwendung verantwortlich. Nebst dem Weisungsrecht (Art. 110 Abs. 3 AVIG) dienen ihr hierzu besonders auch das Genehmigungserfordernis für die kantonalen Einführungsgesetze und die Kassenreglemente sowie das Institut der Revision (vgl. Gerhards, a. a. O., N. 15 zu Art. 110, S. 869).

6.2. Aufgrund von Art. 102 Abs. 2 Bst. b des Arbeitslosenversicherungsgesetzes hat das Bundesamt wie erwähnt ein selbständiges Beschwerderecht gegen kantonale Rekursentscheide. Zudem können die Arbeitslosenkassen auch gegen den Willen der Ausgleichsstelle beziehungsweise des Bundesamtes ein durch eine kantonale Rekursinstanz entschiedenes Verfahren weiterziehen. Ein in bezug auf die Prozessführung und Beendigung uneingeschränktes Weisungsrecht, wie es die Vorinstanz zu haben glaubt, würde im übrigen nicht nur die in Art. 79 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes verbriefte Parteistellung oder die selbständige Beschwerdebefugnis der Arbeitslosenkassen (Art. 102 Abs. 2 Bst. b), sondern auch die im vorliegenden Fall interessierende Bestimmung von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes unterlaufen.

6.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies entgegen der Ansicht des Bundesamtes, dass sich die Verweigerung des Parteikostenersatzes wie erwähnt nicht in abstrakter Weise auf die Nichtbefolgung einer Weisung stützen kann. Die Ablehnung des Kostenersatzes nach Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes muss sich durch effektiv leichtsinniges oder mutwilliges Prozessverhalten der Arbeitslosenkassen rechtfertigen lassen. Ob solchermassen auferlegte Kosten leichtsinnig oder mutwillig verursacht sind, lässt sich in der Regel nur unter Einbezug des von der Kasse verfolgten Prozesszweckes, mitunter nur unter Berücksichtigung des materiellrechtlich vertretenen Standpunktes im betreffenden Prozess oder in der allenfalls unhaltbaren Verfügung beurteilen. Das derartige Kosten veranlassende Verhalten ist üblicherweise durch eine entsprechend begründete Kostenauflage im kantonalen Verfahren belegt oder muss sich auf andere Weise aus den Akten ergeben. Ersteres trifft im vorliegenden Fall wie erwähnt nicht zu. Es bleibt zu prüfen, ob der Beschwerdeführerin tatsächlich ein leichtsinniges Verhalten im oben dargelegten Sinn vorgeworfen werden kann. Dabei hat die angerufene Instanz nicht in extenso zu untersuchen, ob der materiellrechtliche Versicherungsanspruch gegeben wäre oder nicht. Dafür sind die Versicherungsgerichte zuständig. Ob eine Parteientschädigung als «leichtsinnig oder mutwillig verursacht» zu gelten hat, ergibt sich in aller Regel bereits aus einer groben Analyse der vertretenen Rechtsstandpunkte oder des verfolgten Prozesszweckes.

7. (...)

(Die Rekurskommission EVD heisst die Beschwerde gut)





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