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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

bund/vpb/60-10.html 

VPB 60.10

(Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter, 14. Dezember 1994)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
  Ausführungen
1. Ausgangslage und Fragestellung
2. Datenschutzrechtliche Leitsätze
3. Das Zentrale Ausländerregister (ZAR)
4. Würdigung der genannten Vorschriften in bezug auf die Anfrag ..
5. Beantwortung der gestellten Frage

Datenschutz. Amtshilfe. Bekanntgabe von Ausländerdaten in grösserem Umfang an die Kantone zur elektronischen Weiterbearbeitung ausserhalb des Zentralen Ausländerregisters (ZAR).

Art. 4, 7, 19 und 37 DSG. Art. 8 ff. und Art. 20 VDSG. Art. 7 und 10 ZAR-Verordnung.

Durch die Bekanntgabe in grösserem Umfang von Ausländerdaten an die Kantone zur elektronischen Weiterbearbeitung ausserhalb des ZAR würden nicht nur Vorschriften des Datenschutz- und Ausländerrechts verletzt, sondern wichtige, beim ZAR gemäss VDSG getroffene Sicherheitsvorkehren in Frage gestellt. Mit Blick auf die vergleichsweise benutzerfreundliche Ausgestaltung des ZAR besteht für solche Datenbekanntgaben keine unmittelbare Notwendigkeit.


Protection des données. Entraide administrative. Communication en masse de données personnelles concernant des étrangers aux cantons en vue de leur traitement avec des moyens électroniques hors du registre central des étrangers (RCE).

Art. 4, 7, 19 et 37 LPD. Art. 8 ss et art. 20 OLPD. Art. 7 et 10 Ordonnance RCE.

La communication en masse de données personnelles concernant des étrangers aux cantons en vue de leur traitement avec des moyens électroniques hors du RCE constituerait une violation des dispositions du droit de la protection des données et du droit des étrangers. Elle remettrait également en cause les mesures de sécurité prises en application de l'OLPD. Du fait des possibilités d'adaptation du RCE aux besoins des utilisateurs, il n'y a aucune nécessité d'une telle communication.


Protezione dei dati. Assistenza amministrativa. Comunicazione in massa ai Cantoni di dati personali concernenti gli stranieri per il loro ulteriore trattamento con mezzi elettronici, fuori del Registro centrale degli stranieri (RCS).

Art. 4, 7, 19 e 37 LPD. Art. 8 segg. e art. 20 OLPD. Art. 7 e 10 Ordinanza RCS.

La comunicazione in massa ai Cantoni di dati personali concernenti gli stranieri in vista del loro trattamento con mezzi elettronici fuori del RCS non costituirebbe soltanto una violazione delle disposizioni del diritto sulla protezione dei dati e del diritto degli stranieri. Essa rimetterebbe altresì in questione le misure di sicurezza prese in applicazione del RCS giusta l'OLPD. Tale comunicazione non risponde a nessuna necessità viste le possibilità d'adeguamento del RCS ai bisogni degli utenti.




1. Ausgangslage und Fragestellung

 

Der Kanton X möchte in grösserem Umfang Daten aus dem Zentralen Ausländerregister (ZAR) übernehmen und vorab im Bereich Ausländerrecht weiterbearbeiten. Diese Daten soll ihm das zuständige Bundesamt für Ausländerfragen (BFA) in geeigneter Form bekanntgeben beziehungsweise übermitteln. Betroffen sind alle im ZAR verzeichneten Ausländer, welche in einer im vorliegenden Zusammenhang interessierenden Beziehung zum Kanton X stehen. Im einzelnen handelt es sich dabei um die Datenfelder Name, Vorname, Geburtsdatum und ZAR-Nummer, welche hernach in andere Datenbanken des Kantons X übernommen würden. Der Kanton X macht geltend, die zentralen Lösungen namentlich für das Archivwesen und für die Geschäftskontrolle im Ausländerbereich, wie sie im Rahmen des ZAR und der automatisierten Personendossierverwaltung REGI-2 vom BFA angeboten werden, wären zu teuer und würden die Wünsche des Kantons X nicht durchwegs abdecken. Es würden vielmehr auch Bearbeitungen zu anderen als ausländerrechtlichen beziehungsweise im ZAR vorgesehenen Zwecken gewünscht.

Es fragt sich, ob die beabsichtigten Datenbekanntgaben beziehungsweise Datenübernahmen und Datenbearbeitungen im Einklang mit dem Datenschutzrecht des Bundes stehen.

2. Datenschutzrechtliche Leitsätze

 

Organe des Bundes dürfen Personendaten nur bearbeiten, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. Besonders schützenswerte Personendaten sowie Persönlichkeitsprofile (vgl. zu diesen Begriffen Art. 3 Bst. c und d des BG vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz [DSG], SR 235.1) dürfen sie nur bearbeiten, wenn ein formelles Gesetz dies vorsieht oder wenn es ausnahmsweise für eine in einem formellen Gesetz klar umschriebene Aufgabe unentbehrlich ist. Letztere Voraussetzung kann nur in - hier nicht interessierenden - Einzelfällen als erfüllt angesehen werden (vgl. hierzu und zum Ganzen: Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 Bst. a DSG sowie Botschaft vom 23. März 1988 zum DSG, BBl 1988 II 413 ff, insbesondere 468). Des weitern dürfen Personendaten nur zu dem Zweck bearbeitet werden, der bei der Beschaffung angegeben wurde, aus den Umständen ersichtlich oder gesetzlich vorgesehen ist (Grundsatz der Zweckbeschränkung; vgl. Art. 4 Abs. 3 DSG sowie zum Begriff: BGE vom 27. März 1991 i. S. Kanton Thurgau E. 5c, abgedruckt in: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht [ZBl] 1991, S. 543 ff., insb. S. 547); ihre Bearbeitung hat nach Treu und Glauben zu erfolgen und muss verhältnismässig sein (Art. 4 Abs. 2 DSG). Ferner müssen Personendaten durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten (z. B. gegen unbefugte Zweckentfremdungen) geschützt werden (Art. 7 Abs. 1 DSG in Verbindung mit Art. 8 ff. und Art. 20 ff. der V vom 14. Juni 1993 zum Bundesgesetz über den Datenschutz, [VDSG], SR 235.11). Soweit keine kantonalen Datenschutzvorschriften bestehen, gelten insofern für das Bearbeiten von Personendaten durch kantonale Organe beim Vollzug von Bundesrecht die gleichen Regeln (Art. 37 Abs. 1 DSG). - Schliesslich bestimmt Art. 19 Abs. 1 DSG, dass Bundesorgane Personendaten bekanntgeben dürfen, wenn dafür eine Rechtsgrundlage im Sinne von Art. 17 DSG besteht, wenn die Daten für den Empfänger im Einzelfall zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe unentbehrlich sind, wenn die betroffene Person im Einzelfall eingewilligt hat oder wenn die betroffene Person die Einwilligung verweigert oder die Bekanntgabe sperrt, um die Durchsetzung von Rechtsansprüchen zu verwehren. Sollen Personendaten durch ein Abrufverfahren zugänglich gemacht werden, muss dies ausdrücklich vorgesehen sein. Besonders schützenswerte Personendaten sowie Persönlichkeitsprofile dürfen zudem nur dann durch ein Abrufverfahren zugänglich gemacht werden, wenn ein formelles Gesetz es ausdrücklich vorsieht (Art. 19 Abs. 3 DSG). Ferner lehnt das Bundesorgan die Bekanntgabe ab, schränkt sie ein oder verbindet sie mit Auflagen, wenn wesentliche öffentliche Interessen oder offensichtlich schutzwürdige Interessen einer betroffenen Person oder gesetzliche Geheimhaltungspflichten oder besondere Datenschutzvorschriften es verlangen (Art. 19 Abs. 4 DSG).

3. Das Zentrale Ausländerregister (ZAR)

 

3.1. Gemäss Art. 2 der V vom 23. November 1994 über das Zentrale Ausländerregister (ZAR-Verordnung, SR 142.215) dient das ZAR der Rationalisierung der Arbeitsabläufe, der Kontrolle im Rahmen der Ausländergesetzgebung, der Erstellung von Statistiken über Ausländer und Ausländerinnen sowie in besonderen Fällen der Erleichterung der Amtshilfe. Dabei gibt das BFA gemäss Art. 7 Abs. 1 Bst. a den Fremdenpolizeibehörden der Kantone und Gemeinden für ihren Zuständigkeitsbereich Personendaten zur Erfüllung von Aufgaben nach dem ANAG (BG vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, SR 142.20) durch ein Abrufverfahren bekannt. Aus Kapitel 13 des «Handbuches ZAR-3» in der Fassung vom September 1993 geht soweit hier interessierend hervor, dass die (nach dem Gesagten am ZAR angeschlossenen) Fremdenpolizeibehörden der Kantone und Gemeinden namentlich auch über eine Geschäftskontrolle und über die Möglichkeit zur Dossierarchivierung im ZAR verfügen. Gemäss Art. 7 Abs. 2 Bst. d ZAR-Verordnung gibt das BFA zudem den Polizeibehörden der Kantone und Gemeinden Personendaten aus dem ZAR für ihre fremdenpolizeilichen Kontrollaufgaben sowie zur Personenidentifikation bei sicherheits- und kriminalpolizeilichen Ermittlungen durch ein Abrufverfahren bekannt. Personendaten unbeteiligter Dritter dürfen in der Regel nicht zugänglich gemacht, in keinem Fall aber weiterbearbeitet werden. Das Departement (EJPD) erlässt die notwendigen Weisungen (vgl. Art. 7 Abs. 3 und 4 ZAR-Verordnung).

Im Sinne eines Zwischenergebnisses kann daher gesagt werden, dass die ZAR-Verordnung in für die Kantone wichtigen Bereichen die zentrale Datenbekanntgabe mittels Abrufverfahren gestattet, gleichzeitig aber angemessene Schutz- und Sicherheitsvorkehren im Sinne des DSG vorschreibt. Dabei sollen die Daten das ZAR grundsätzlich nicht verlassen und nicht in grösserem Umfang in andere EDV-Systeme übernommen werden. Darin ist die Verwirklichung eines elementaren Datenschutzgebotes im Sinne von Art. 7 Abs. 1 DSG zu erblicken. Das Zentrale Ausländerregister ZAR-3 ist heute so ausgelegt, dass es diesen Vorschriften gerecht werden kann. Soweit hier interessierend, gestattet es dabei - wie erwähnt - Datenbearbeitungen und Abfragen der Kantone mittels Abrufverfahren zu fremdenpolizeilichen und in gewissem Umfang auch zu sicherheits- und kriminalpolizeilichen Zwecken.

3.2. Art. 8 Abs. 1 ZAR-Verordnung besagt ferner, dass das BFA im Einzelfall den Behörden des Bundes, der Kantone und Gemeinden jene Personendaten bekanntgibt, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem ANAG benötigen. Ebenso kann das BFA gemäss Art. 9 Abs. 1 ZAR-Verordnung im Einzelfall den Behörden des Bundes, der Kantone und Gemeinden jene Personendaten bekanntgeben, die sie für die Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben als solcher nach dem ANAG benötigen. Schliesslich kann das BFA gemäss Art. 10 Abs. 1 ZAR-Verordnung Listen mit Personendaten auf Datenträgern an Behörden abgeben, wenn diese die Listen für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben unmittelbar benötigen und die Bearbeitung durch die ersuchende Behörde mit dem Zweck der Bearbeitung nach dem ANAG vereinbar ist.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass bei den nicht in Art. 7 ZAR-Verordnung betreffend das Abrufverfahren geregelten Datenübermittlungen die Bekanntgabe von Personendaten aus dem ZAR grundsätzlich im Einzelfall zu erfolgen hat. Dies steht im Einklang mit den vorne aufgeführten Bestimmungen des DSG. Die Datenbekanntgabe mittels Listen stellt demgegenüber (auch) nach dem Willen des Verordnungsgebers eine Ausnahme dar, und sie darf - nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Verordnung - nur gewählt werden, wenn hierzu eine unmittelbare Notwendigkeit besteht. Kommt die Datenbekanntgabe mittels Listen aufgrund der gesamten Umstände der Datenbekanntgabe im Abrufverfahren gleich, müssen zudem die hierfür geltenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein.

4. Würdigung der genannten Vorschriften in bezug auf die Anfrage des Kantons X

Aus dem Gesagten erhellt, dass den Fremdenpolizeibehörden des Kantons X mit dem ZAR ein Abrufverfahren zur Verfügung steht, welches alle für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nach dem ANAG erforderlichen Bearbeitungen von Ausländerdaten, darunter namentlich auch die Führung einer Geschäftskontrolle und die Archivierung, gestattet. Eine zusätzliche Weitergabe von Ausländerdaten aus dem ZAR an den Kanton X mittels Listen zu den im Wesentlichen gleichen Zwecken erweist sich daher nicht als unmittelbar notwendig und ist abzulehnen. Die gewünschte Übernahme der fraglichen Daten aus dem ZAR in andere EDV-Systeme würde zudem die aufgrund von Art. 7 Abs. 1 DSG im ZAR ergriffenen umfangreichen technischen und organisatorischen Massnahmen für einen angemessenen Schutz der Ausländerdaten unnötig in Frage stellen, weshalb ihr auch aus diesem Grund nicht zugestimmt werden könnte. Dabei kann die Frage offen bleiben, ob eine derartige Datenbekanntgabe mittels Listen im Ergebnis nicht einer Datenbekanntgabe mittels Abrufverfahren gleichkommt, für welche die hierfür geltenden (strengen) gesetzlichen Anforderungen zu beachten wären. Nichts deutet im übrigen darauf hin, dass das BFA vorliegend bei der Umsetzung des geforderten, rechtsgenüglichen Datenschutzes einen ungerechtfertigten Kostenaufwand betriebe, der für die am ZAR beteiligten Stellen und Behörden zu unzumutbaren Ergebnissen führen könnte. Auch der Kanton X scheint dies nicht ernstlich in Abrede stellen zu wollen.

Die gleichen Überlegungen gelten auch für allfällige Datenübernahmen mittels Listen zu anderen Zwecken, sei es, weil auch hier bereits ein Zugriff mittels Abrufverfahren auf das ZAR besteht oder sei es, weil die geplante systematische und umfangreiche Übernahme von ZAR-Daten mittels Listen in andere EDV-

Systeme gegen elementare Grundsätze des Bundesdatenschutzrechts verstiesse. - Nichts anderes galt übrigens auch schon unter der Herrschaft der alten ZAR-Verordnung (vgl. hierzu etwa VPB 58.11 und 58.12).

5. Beantwortung der gestellten Frage

Aus bundesdatenschutzrechtlicher Sicht erweisen sich die geplanten Datenbekanntgaben beziehungsweise Datenübernahmen demnach als unzulässig.





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