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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

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VPB 60.40

(Auszug aus dem Beschwerdeentscheid der Rekurskommission EVD vom 24. November 1995 in Sachen A. gegen Treuhandkammer und Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit; 95/4K-011)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt
Erwägungen
Erwägung 1.
Erwägung 2.
Erwägung 3.

Höhere Fachprüfung; gesetzliche Anforderungen an die Beschwerdeschrift im Verwaltungsbeschwerdeverfahren; Verfahrensablauf.

Art. 52 und 53 VwVG. Verfahrensablauf.

Eine Nachfrist zur Ergänzung der Beschwerdebegründung im Sinne von Art. 53 VwVG wird nur angesetzt, wenn die Beschwerdeschrift den gesetzlichen Anforderungen des Art. 52 VwVG genügt. Die Tatsache des unbenutzten Ablaufs der Nachfrist kann deshalb kein Nichteintreten auf die Beschwerde zur Folge haben (E. 3).

Für die Unterscheidung zwischen «vorsorglicher» und «definitiver» Beschwerde ist im Verwaltungsbeschwerdeverfahren - da im Gesetz nicht vorgesehen - kein Raum (E. 3).


Examen professionnel supérieur; exigences légales auxquelles est soumis le mémoire de recours en procédure administrative; déroulement de la procédure.

Art. 52 et 53 PA. Déroulement de la procédure.

Le recourant n'a droit à un délai supplémentaire pour compléter les motifs de son recours, au sens de l'art. 53 PA, que si son mémoire satisfait aux exigences légales de l'art. 52 PA. Le fait de ne pas utiliser ce délai supplémentaire ne peut dès lors pas entraîner l'irrecevabilité du recours (consid. 3).

En matière de procédure administrative, la distinction entre recours «provisoire» et recours «définitif» ne joue aucun rôle du moment que cette distinction n'est pas prévue par la loi (consid. 3).


Esame professionale superiore; esigenze legali poste all'atto ricorsuale nella procedura amministrativa ricorsuale; svolgimento della procedura.

Art. 52 e 53 PA. Svolgimento della procedura.

Al ricorrente è accordato un termine supplementare per completare i motivi del ricorso ai sensi dell'art. 53 PA soltanto se l'atto ricorsuale soddisfa le esigenze legali dell'art. 52 PA. Il fatto di lasciare trascorrere inutilizzato questo termine non può quindi avere come conseguenza la non entrata nel merito del ricorso (consid. 3).

In materia di procedura ricorsuale amministrativa, la distinzione tra ricorso «provvisorio» e ricorso «definitivo» non ha alcuna importanza, non essendo prevista dalla legge (consid. 3).




Aus dem Sachverhalt:

Im Herbst 1994 absolvierte A. die höhere Fachprüfung für Bücherexperten. Mit Verfügung vom 25. Oktober 1994 teilte ihm die Prüfungskommission mit, dass er die Prüfung nicht bestanden habe.

Gegen diese Verfügung erhob A. am 1. November 1994 Verwaltungsbeschwerde beim Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (hiernach: Bundesamt). Mit Schreiben vom 4. November 1994 teilte das Bundesamt A. mit, dass es seine Eingabe als «vorsorgliche Beschwerde» entgegengenommen habe und dass er Gelegenheit erhalte, seine schriftlichen Prüfungsarbeiten einzusehen. Zudem wurde A. eine Frist von 14 Tagen seit dieser Einsichtnahme gewährt, um seine Beschwerde definitiv zu begründen. Gleichzeitig wurde er darüber informiert, dass ohne seine Antwort innert dieser Frist das Bundesamt davon ausgehe, dass er auf eine «definitive Beschwerde» verzichte. Am 11. Januar 1995 konnte A. Einsicht in seine Prüfungsarbeiten nehmen, worauf er seine Beschwerde mit Eingabe vom 10. Februar 1995 ausführlich begründete. Mit Entscheid vom 14. Februar 1995 trat das Bundesamt wegen verspäteter Eingabe der Begründung auf die Beschwerde von A. nicht ein.

Gegen diesen Entscheid erhob A. am 1. März 1995 Beschwerde bei der Rekurskommission EVD. Er beantragt sinngemäss dessen Aufhebung.

Aus den Erwägungen:

1. (Zuständigkeit)

2. (Streitgegenstand)

3. Mit Schreiben vom 1. November 1994 hatte der Beschwerdeführer beim Bundesamt «Rekurs betreffend Entscheid zur Bücherexpertenprüfung 1994» erhoben und zur Begründung ausgeführt, er erachte es als unmöglich, im Fach «Fallstudie» eine unbrauchbare oder nicht ausgeführte Arbeit abgeliefert zu haben.

Mit dieser Eingabe hatte der Beschwerdeführer erkenntlich seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass er die Änderung der Verfügung der Prüfungskommission vom 25. Oktober 1994 anstrebte. Insofern stellte das Schreiben vom 1. November 1994 eine Verwaltungsbeschwerde im Sinne des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) dar. Das Bundesamt hatte vorliegend zwei Möglichkeiten, das Verfahren ordnungsgemäss fortzuführen: Wäre das Bundesamt der Ansicht gewesen, dass die Beschwerde den gesetzlichen Anforderungen des Art. 52 Abs. 1 VwVG nicht genügt, hätte es das in den Abs. 2 und 3 dieser Bestimmung vorgesehene Verbesserungsverfahren einleiten und dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist - gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung genügt eine Frist von drei Tagen (BGE 112 Ib 634 E. 2c) - zur Verbesserung einräumen müssen. Ging das Bundesamt jedoch davon aus, dass die eingereichte Beschwerde den gesetzlichen Anforderungen genügte, hatte es die Möglichkeit, aufgrund der besonderen Umstände, die jeweils bei Beschwerden gegen Prüfungsentscheide vorliegen, dem Beschwerdeführer im Sinn von Art. 53 VwVG eine angemessene Frist zur Ergänzung der Beschwerde zu gewähren.

In casu entschied sich das Bundesamt offenbar grundsätzlich für die zweite der beiden genannten Möglichkeiten, indem es dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4. November 1994 eine 14tägige Frist zur Ergänzung der Beschwerde einräumte. Verfahrensrechtlich ist jedoch zu beanstanden, dass das Bundesamt dabei zwischen «vorsorglicher» und «definitiver» Beschwerde unterschied. Für diese Unterscheidung besteht im Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren keine Grundlage. Der gesetzlich vorgesehene Verfahrensablauf lässt einzig den Schluss zu, dass eine Beschwerde entweder den gesetzlichen Anforderungen genügt, was bedeutet, dass sie an die Hand zu nehmen ist, oder ihnen nicht genügt, dann ist auf sie nach unterlassener Verbesserung durch den Beschwerdeführer nicht einzutreten (Art. 52 VwVG).

Deshalb ist die vom Bundesamt gewählte Vorgehensweise, eine Beschwerde, die den gesetzlichen Anforderungen genügt, zuerst als «vorsorgliche» Beschwerde entgegenzunehmen und eine Frist zur Ergänzung der Beschwerdebegründung (Art. 53 VwVG) anzusetzen, dann aber infolge unbenutzten Fristablaufes nicht auf die Beschwerde einzutreten, rechtlich nicht haltbar. Der Nichteintretensentscheid vom 14. Februar 1995 erweist sich als rechtsfehlerhaft.

(Die Rekurskommission heisst die Beschwerde gut, hebt den angefochtenen Nichteintretensentscheid auf und weist die Streitsache zur Weiterführung des erstinstanzlichen Verfahrens an das Bundesamt zurück)





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