VPB 61.56
(Stellungnahme des Eidgenössischen Personalamtes vom 6. Februar 1996; vgl. Entscheid der Eidgenössischen Personalrekurskommission vom 30. Oktober 1996, unten Nr. 57)
Ausserdienstliche Tätigkeiten des Bundespersonals, insbesondere öffentliches Amt (Art. 14 BtG) und Nebenbeschäftigung (Art. 15 BtG).
Ein öffentliches Amt bekleidet, wer für eine öffentlich-rechtliche Einrichtung des Bundes, des Kantons, der Gemeinde, eine öffentliche Schule, eine öffentlich-rechtlich anerkannte Kirche und so weiter hoheitliche Aufgaben der Rechtsetzung (Gesetzgebung, legislative Funktion), der Rechtsanwendung (Vollzug, exekutive Funktion) oder der Rechtspflege (Justiz, richterliche Funktion) ausübt. Nicht massgebend ist dabei, ob die Tätigkeit unentgeltlich oder entgeltlich erfolgt und ob die Person für die Tätigkeit berufen worden ist oder sich beworben hat.
Activités exercées par le personnel fédéral en dehors du service, notamment exercice de charges publiques (art. 14 StF) et activités accessoires (art. 15 StF).
Revêt une charge publique quiconque remplit pour un établissement de droit public de la Confédération, d'un canton, d'une commune, d'une école publique, d'une Eglise reconnue par le droit public etc. des tâches assorties de la puissance publique en matière de législation (fonction législative), d'application du droit (fonction exécutive) ou de juridiction (fonction judiciaire). Peu importe que l'activité soit exercée contre rémunération ou non et que la personne ait été appelée à cette activité ou qu'elle ait posé candidature.
Attività esplicate fuori servizio dal personale federale, segnatamente esercizio di cariche pubbliche (art. 14 OF) e occupazioni accessorie (art. 15 OF).
Riveste una carica pubblica chi esercita per un istituto di diritto pubblico della Confederazione, del Cantone, del Comune, di una scuola pubblica, di una chiesa riconosciuta dal diritto pubblico, ecc. compiti sovrani in materia di legislazione (funzione legislativa), d'applicazione del diritto (funzione esecutiva) o di giurisdizione (funzione giudiziaria). Poco importa che l'attività sia esercitata dietro rimunerazione o no e che la persona sia stata chiamata a esercitare questa attività oppure vi abbia posto candidatura.
1. Grundsätzliches
Begriffliches: «Ausserdienstliche Tätigkeit» ist jede unabhängig vom Arbeitsverhältnis beim Bund ausgeübte Tätigkeit[1]. Das können insbesondere sein die Betätigung in öffentlichen Ämtern (Art. 14 des Beamtengesetzes vom 30. Juni 1927 [BtG], SR 172.221.10), Nebenbeschäftigungen wie zum Beispiel wirtschaftliche beziehungsweise gewerbliche, wissenschaftliche, kulturelle, Tätigkeiten (Art. 15 BtG) sowie private Betätigungen für Familie, Hobby, Erholung und so weiter.
Bei der ausserdienstlichen Tätigkeit handelt es sich in der Regel um eine Nebenbeschäftigung, das heisst um eine neben der Haupttätigkeit beim Bund ausgeübte Sekundärtätigkeit. Ausserdienstliche Tätigkeiten sind in der Regel Tätigkeiten für Dritte; in Einzelfällen fallen auch soche für den Bund oder im Interesse des Bundes wie Lehrtätigkeit[2] oder Einsatz im Freiwilligenkorps für Katastrophenhilfe im Ausland[3] darunter.
Das öffentliche Interesse an der Beschränkung ausserdienstlicher Tätigkeiten ergibt sich aus verschiedenen Ansatzpunkten:
• Vorerst hat der Bund als Arbeitgeber grundsätzlich Anspruch auf die volle Arbeitskraft seines Personals[4]. Diesen Anspruch muss er einfordern können, indem er Tätigkeiten, welche die Verfügbarkeit seiner Arbeitskräfte beeinträchtigen, limitieren beziehungsweise beeinflussen können soll.
• Das Bundes-Interesse ergibt sich ferner aus den vom Arbeitgeber Bund und dessen Personal gemeinsam zu verfolgenden Interessen (Interessenwahrungs- beziehungsweise Loyalitätspflicht nach Art. 21 und 22 BtG; Identifikation mit den arbeitgeberischen Zielen, «corporate identity»).
• Rechtliche Schranken ausserdienstlicher Tätigkeiten (Verbote, Bewilligungs- beziehungsweise Ermächtigungsvorbehalt, Unvereinbarkeitsbestimmungen und so weiter) wollen generell die Leistungsfähigkeit des Personals für den Bund erhalten beziehungsweise dessen Verzettelung verhindern[5]; sie wollen die Unabhängigkeit und Glaubhaftigkeit der Amtsführung sicherstellen[6]; und sie wollen Interessenkonflikten zwischen dem Bund, seinem Personal und Dritten vorbeugen. Bewilligungs- beziehungsweise Meldepflichten bezwecken unter anderem, den Interessenkonflikt offenzulegen, damit der Bund als Arbeitgeber darüber überhaupt einmal im Bild ist und ihn gegebenenfalls durch Bedingungen oder Auflagen ausräumen kann. Die Beschränkung der ausserdienstlichen Tätigkeiten kann institutioneller, zeitlicher oder sachlicher Art sein. Bildeten früher vor allem die Arbeitskraft und die Gesundheit des Personals die primären Entscheid-Kriterien[7], so stehen heute eher Gewährleistung der Unabhängigkeit, Vermeidung von Interessenkollisionen, Vertrauenswürdigkeit und persönliche Leistungsfähigkeit im Zentrum des öffentlichen Interesses[8]. Die Ausübung öffentlicher Ämter im besonderen ist oft aus institutionellen Überlegungen (insbesondere Gewaltenteilung) durch Rechtsnormen eingeschränkt beziehungsweise untersagt[9].
Die Ausübung ausserdienstlicher Tätigkeiten ist aus diesen Gründen rechtlichen Schranken unterworfen. Das geltende Recht differenziert dabei zwischen den verschiedenen Arten ausserdienstlicher Tätigkeiten; es behandelt nicht jede ausserdienstliche Tätigkeit nach demselben Raster. Es unterwirft das «öffentliche Amt», die «Nebenbeschäftigung» und die andern ausserdienstlichen Tätigkeiten bezüglich Inhalt, Erlaubtheitsvoraussetzungen und Folgen je unterschiedlichen Regeln. Die öffentlichen Ämter sind dabei im geltenden eidgenössischen Dienst- beziehungsweise Beamtenrecht - im übrigen auch im kantonalen und kommunalen Recht - generell grosszügiger geregelt als die Nebenbeschäftigungen. Für die anderen ausserdienstlichen Tätigkeiten, welche weder öffentliches Amt noch Nebenbeschäftigung sind, gelten Sonderbestimmungen[10], auf die im folgenden nicht näher einzugehen ist.
2. Voraussetzungen
Die Voraussetzungen für die verschiedenen Arten ausserdienstlicher Tätigkeiten sind im geltenden Bundesrecht unterschiedlich geregelt. Für die beiden hier im Vordergrund stehenden Kategorien, nämlich die öffentlichen Ämter nach Art. 14 BtG und die Nebenbeschäftigungen nach Art. 15 BtG, ist grundsätzlich eine Ermächtigung erforderlich[11]. Die Voraussetzungen für deren Erteilung sind allerdings unterschiedlich geregelt:
• Für öffentliche Ämter kann die Ermächtigung - soweit sich das öffentliche Amt mit den dienstlichen Aufgaben vereinbaren lässt - eher erteilt werden als für Nebenbeschäftigungen; für öffentliche Ämter, für deren Übernahme Amtszwang besteht[12], muss sie sogar erteilt werden beziehungsweise es besteht keine Ermächtigungspflicht.
• Demgegenüber darf die Ermächtigung für Nebenbeschäftigungen nur unter engen Voraussetzungen erteilt werden; Nebenbeschäftigungen, welche die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigen oder sich mit dem Amt nicht vertragen, sind nicht erlaubt und nicht bewilligbar (Art. 15 Abs. 1 BtG; Art. 13 Abs. 1 der Beamtenordnung [1] vom 10. November 1959 [BO 1], SR 172.221.101). 3. Folgen
Auch die Folgen sind unterschiedlich geregelt:
• Insbesondere besteht für die Ausübung öffentlicher Ämter Anspruch auf bis zu 15 Tage bezahlter Urlaub (soweit das öffentliche Amt solchen erfordert), es kann sogar darüber hinausgehender bezahlter oder unbezahlter Urlaub gewährt werden (Art. 12 Abs. 4 BO 1).
• Für Nebenbeschäftigungen kann demgegenüber kein bezahlter Urlaub gewährt werden.
• Darüber hinaus kann für Erwerbseinkommen aus einer Nebenbeschäftigung, welche ausschliesslich aufgrund der dienstlichen Stellung oder der dienstlichen Aufgaben ausgeübt wird, eine Ablieferungspflicht statuiert werden (Art. 15 Abs. 4 BtG; Art. 13a BO 1). 4. Das «öffentliche Amt» nach Art. 14 BtG; Kriterien und Kasuistik
Wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen (oben Ziff. 2.) und Folgen (oben Ziff. 3.) ist zwischen öffentlichem Amt und Nebenbeschäftigung zu differenzieren. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Erlaubtheits- beziehungsweise Ermächtigungs-Voraussetzungen und die unterschiedlichen Folgen sind sie anhand objektiver Kriterien von einander abzugrenzen.
Das «öffentliche Amt» nach Art. 14 BtG zeichnet sich vor allem durch folgende Kriterien aus:
• Beim öffentlichen Amt handelt es sich um ein Nebenamt und nicht um ein Vollamt. Das Bundespersonal kann kein die ganze Arbeitszeit beanspruchendes öffentliches Amt ausüben; ein öffentliches Vollamt würde das Arbeitsverhältnis aushöhlen und müsste zu dessen Auflösung führen beziehungsweise könnte nicht bewilligt werden; öffentliches Vollamt und Bundesdienst schliessen sich gegenseitig aus[13].
• Der Begriff des öffentlichen Amtes richtet sich nach bundes-, kantonal- oder kommunalrechtlicher Umschreibung. Das heisst jene Tätigkeiten des Bundes, des Kantons und der Gemeinde, die mit den Eigenschaften eines öffentlichen Amtes ausgestattet sind, gelten bundesdienstrechtlich als öffentliches Amt. Wo das einschlägige eidgenössische, kantonale oder kommunale Recht eine bestimmte Tätigkeit insbesondere mit den Attributen der «Hoheitlichkeit» versieht, das heisst wo Bund, Kanton oder Gemeinde der Trägerin beziehungsweise dem Träger hoheitliche Funktionen (zum Beispiel die Kompetenz zum Entscheid, zur Erteilung behördlicher Bewilligungen, zur Vornahme behördlicher Kontrollen) übertragen, gilt die Tätigkeit bundesdienstrechtlich als öffentliches Amt. Der Begriff des öffentlichen Amtes wird daher nicht abschliessend vom Beamtenrecht (Art. 14 BtG, Art. 12 BO 1) umschrieben, sondern dessen Inhalt richtet sich in erster Linie nach dem Recht, das die in Frage stehende Funktion (zum Beispiel die Zuständigkeit, Rechte und Pflichten von FleischschauerIn, OrtspilzexpertIn, GemeindeschreiberIn und so weiter), deren Übertragung und Organisation umschreibt.
• Das öffentliche Amt wird von einem Träger hoheitlicher Befugnisse verliehen. Als solche fallen in erster Linie der Bund, die Kantone und Gemeinden sowie öffentlich-rechtliche Anstalten, öffentliche Kirchen, Gemeindeverbände und so weiter in Betracht.
Die Tätigkeit in leitenden Gremien (Geschäftsausschuss, Stiftungsrat, Kommissionen) von Amnesty International (AI) ist kein öffentliches Amt, weil AI ein privatrechtlicher Verein ist und ihr keine hoheitlichen Befugnisse zustehen[14].
Auch Funktionen beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund sind keine öffentlichen Ämter, weil diese Organisation ein privatrechtlicher Verein ohne hoheitliche Kompetenzen ist. Auch wenn dem Kirchenbund Kirchen und Kirchenverbände mit öffentlich-rechtlichem Status als Mitglieder angehören, ist er deswegen noch keine öffentlich-rechtliche Institution[15].
• Das öffentliche Amt verleiht dessen InhaberIn «Hoheitlichkeit», das heisst behördliche Machtbefugnisse, welche dieser Person als BürgerIn, SteuerzahlerIn, ArbeitnehmerIn oder Beauftragte der Gemeinde, des Kantons oder der Eidgenossenschaft allein nicht zustehen. So verleiht beispielsweise das Beratungsmandat einer Gemeinde oder eines Kantons der Auftragnehmerin beziehungsweise dem Auftragnehmer (beziehungsweise der Expertin oder dem Experten) keine Hoheitlichkeit; die Beratungstätigkeit ist kein öffentliches Amt.
Über «Hoheitlichkeit» verfügen dagegen die Mitglieder der kantonalen und kommunalen Exekutiven[16] und Parlamente[17] sowie der von diesen gewählten Kommissionen; öffentliche Ämter üben auch die Mitglieder des Vorstandes und der Abgeordnetenversammlung von Gemeindeverbänden aus, soweit sie hoheitliche Aufgaben ihrer Mitgliedergemeinden wahrnehmen; öffentliche Ämter üben ebenfalls die Mitglieder kantonaler und kommunaler oder bezirksweise eingerichteter richterlicher Behörden[18] (zum Beispiel von Bezirks- und Amtsgerichten, kantonalen Versicherungs-, Verwaltungs- und Obergerichten, Geschworenengerichten) aus.
Ebenso gilt die Wahrnehmung von Funktionen bei der militärischen Aushebung als öffentliches Amt[19]. Auch leitende Funktionen im Zivilschutz (Ortschef, Dienstchef, und so weiter)[20] sind als öffentliches Amt zu qualifizieren, weil die Gemeinden von Bundesrechts wegen zur Bildung örtlicher Schutzorganisationen und zur Besetzung der leitenden Funktionen verpflichtet sind und diese Funktionen die Ausübung staatlicher Macht beinhalten[21].
Auch die Tätigkeit als Zivilstandsbeamter beziehungsweise Zivilstandsbeamtin[22] beinhaltet mehr als nur eine Arbeitsverrichtung im Auftrag oder im Dienstverhältnis der Gemeinde; sie ist insofern hoheitlich, als nur die vor der Zivilstandsbeamtin beziehungsweise vor dem Zivilstandsbeamten geschlossene Ehe vom Recht als gültig betrachtet wird.
Gleich verhält es sich mit FleischschauerInnen und LebensmittelinspektorInnen[23], da sie unter anderem über die Zulassung von Lebensmitteln und Betrieben für den Handel sowie über Erteilung, Verweigerung und Entzug von Bewilligungen entscheiden. Ein öffentliches Amt üben auch die OrtspilzexpertInnen aus[24].
Die Mitgliedschaft in einem Mietamt[25] ist mit hoheitlicher Funktion ausgestattet, die Mitglieder üben ein öffentliches Amt aus. Aus dem gleichen Grund sind in der Regel auch Funktionen - wenn sie mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind - wie beispielsweise FeuerwehrinspektorIn, BrennereiaufseherIn, ExpertIn bei Lehrabschlussprüfungen und so weiter als öffentliche Ämter nach Art. 14 BtG zu qualifizieren.
Grenzfälle sind die Jagd- und Fischereiaufsicht. Obwohl den Jagd- und den FischereiaufseherInnen in der Regel polizeiliche Funktionen zukommen (Anzeige von fischereirechtlichen Widerhandlungen; Konfiszieren unerlaubterweise gefangener Fische und illegal verwendeter Fang-Utensilien und so weiter), üben sie die Funktion oft freiwillig und auf Vorschlag oder nach Ernennung durch eine (private) Jagd- oder Fischereivereinigung aus. Wenn die Tätigkeit näher bei privatem Hobby als bei hoheitlichen jagd- und fischereipolizeilichen Funktionen liegt, ist sie eher als Nebentätigkeit nach Art. 15 BtG denn als öffentliches Amt nach Art. 14 BtG zu qualifizieren[26].
Hingegen üben BademeisterIn einer Gemeindebade-Anlage, BewirtschafterIn (PächterIn) eines kommunalen oder kantonalen landwirtschaftlichen Gutes und WirtIn eines der Gemeinde gehörenden Gastwirtschaftsbetriebes kein öffentliches Amt aus, da diese Tätigkeiten in aller Regel keine hoheitlichen Befugnisse beinhalten. Ein öffentliches Amt würden sie ausüben, wenn mit ihrer Tätigkeit über die aus dem Grundverhältnis (Auftrag, Arbeits- beziehungsweise Pachtverhältnis) fliessenden Rechte hinaus auch hoheitliche Befugnisse verbunden wären. Weder das kommunale Eigentum an der Anlage (Bad, Gastwirtschaft, landwirtschaftlicher Gutsbetrieb) noch das Rechtsverhältnis zwischen Gemeinde und BademeisterIn / PächterIn / WirtIn verleihen letzteren hoheitliche Rechte. Auch wenn das Verhältnis mit ihnen ein öffentlichrechtliches beziehungsweise beamtenrechtliches Dienstverhältnis ist - das heisst wenn sie den Betrieb als BeamtIn beziehungsweise Angestellte führen - sind damit allein noch keine hoheitliche Befugnisse verbunden.
Die Funktion als GemeindeschreiberIn beinhaltet in der Regel keine hoheitlichen Befugnisse; sie erschöpft sich in administrativer Tätigkeit, sie ist Verwaltung, Tätigkeit also, die in aller Regel im Rahmen eines (ganz- oder teilzeitlichen) Anstellungsverhältnisses (Beamtin/Beamter, Angestellte/r, Arbeitsvertrag) oder im Auftragsverhältnis erfüllt wird und die keiner Übertragung hoheitlicher Befugnisse bedarf. Die GemeindeschreiberInnen bereiten die Beschlüsse der Gemeindebehörden vor und führen diese aus, sie koordinieren die Gemeindegeschäfte. Auch wenn sie kommunale Aufgaben wahrnehmen, üben sie damit solange kein öffentliches Amt nach Art. 14 BtG aus, als mit dieser Funktion keine hoheitlichen Machtbefugnisse verbunden sind. Nur wo die Funktion auch behördliche, hoheitliche Aufgaben beinhaltet - zum Beispiel Erteilung oder Verweigerung von Baubewilligungen, Entscheid über die Ausrichtung von Fürsorgeleistungen, Steuerveranlagungs- und Steuererlassentscheide und so weiter - stellt sie ein öffentliches Amt im Sinn von Art. 14 BtG dar. Die Qualifikation der GemeindeschreiberInnen-Funktion als öffentliches Amt (Art. 14 BtG) oder als Nebentätigkeit (Art. 15 BtG) hängt weitgehend vom kantonalen und kommunalen Recht ab; massgebend für die Zuordnung sind die mit dieser Funktion im konkreten Fall verbundenen Kompetenzen. Nur wenn die Funktion hoheitliche Befugnisse beinhaltet, kann sie als öffentliches Amt qualifiziert werden. Da Regierungs- und Verwaltungstätigkeit in der Regel auch auf kantonaler und kommunaler Ebene institutionell getrennt sind[27], ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die GemeindeschreiberInnenfunktion als Verwaltungsfunktion keine hoheitlichen Funktionen beinhaltet und daher kein öffentliches Amt nach Art. 14 BtG ist.[28]
• Das öffentliche Amt wird der betroffenen Person in aller Regel durch hoheitlichen Akt übertragen. Häufig erfolgt die Übertragung durch eine Behörde in einem Wahlakt und wird durch eine amtliche Vereidigung[29] besiegelt. Oft unterstehen die Inhaberin beziehungsweise der Inhaber der Funktion auch einer speziellen Treuepflicht zum Gemeinwesen (zum Beispiel Amtsverschwiegenheitspflicht, disziplinarrechtliche und eventuell strafrechtliche Verantwortlichkeit). Durch ihre Amtsausübung verpflichten sie den Kanton beziehungsweise die Gemeinde. Behördliche Wahl, Vereidigung, spezielle Treueverpflichtung und Sonderverantwortlichkeiten sind zumeist nur Indizien für das Vorliegen eines öffentlichen Amtes; sie begründen für sich allein das öffentliche Amt nicht. Das Vorliegen der anderen wesensnotwendigen Elemente - insbesondere hoheitliche Kompetenzen, Tätigkeit in Ausübung staatlicher (kommunaler, kantonaler und so weiter) Macht - ist Conditio sine qua non für das Vorliegen eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 14 BtG.
• Das öffentliche Amt konkurrenziert nicht die private Erwerbstätigkeit des (auf diese zum Lebensunterhalt angewiesenen) Nichtbeamten. Wo sich bei einer Tätigkeit Konkurrenten gegenüberstehen (der Pächter des kommunalen Gutshofes oder Gastwirtschaftsbetriebes steht in Konkurrenz zu andern Landwirten und Gewerbetreibenden; der Badebetrieb der Gemeinde steht in Konkurrenz zu privat betriebenen Bädern), liegt in aller Regel kein öffentliches Amt vor. 5. Zusammenfassung
Ein öffentliches Amt bekleidet, wer für eine öffentlich-rechtliche Einrichtung des Bundes, des Kantons, der Gemeinde, eine öffentliche Schule, eine öffentlich-rechtlich anerkannte Kirche und so weiter hoheitliche Aufgaben der Rechtsetzung (Gesetzgebung, legislative Funktion), der Rechtsanwendung (Vollzug, exekutive Funktion) oder der Rechtspflege (Justiz, richterliche Funktion) ausübt. Nicht massgebend ist dabei, ob die Tätigkeit unentgeltlich oder entgeltlich erfolgt und ob die Person für die Tätigkeit berufen worden ist oder sich beworben hat.
[1] Hänni Peter, Die Treuepflicht im öffentlichen Dienstrecht, Freiburg 1982, S. 90.
[2] V vom 2. Dezember 1974 über die Lehrtätigkeit von Bediensteten der allgemeinen Bundesverwaltung (Lehrtätigkeitsverordnung, SR 172.221.126).
[3] Urlaubsregelung des Bundesrates vom 17. Oktober 1973 für Beamte, die dem Freiwilligenkorps für Katastrophenhilfe im Ausland beitreten (in AS und SR nicht veröffentlicht; Personalvorschriftensammlung des Eidgenössischen Personalamtes 50.61.6).
[7] Botschaft des Bundesrates an die eidgenössischen Räte vom 18. Juli 1924 zum Beamtengesetz, BBl 1924 III 83 f.
[8] So ausdrücklich die Regelungen in den Kantonen AG, BE, GR, LU, SO. Auch die Formulierungen im Beamtengesetz des Bundes unterstützen diese neuere Kriteriengewichtung (Art. 14 Abs. 2 betreffend öffentliche Ämter: «Wenn die Ausübung des öffentlichen Amtes nachteilig auf die Erfüllung der dienstlichen Obliegenheiten des Beamten einwirken kann oder sich mit seiner amtlichen Stellung nicht verträgt, kann die Ermächtigung unter Bedingungen oder Vorbehalten erteilt, verweigert, eingeschränkt oder zurückgezogen werden»; Art. 15 Abs. 1 betreffend Nebenbeschäftigungen: «Der Beamte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn in der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben beeinträchtigt oder sich mit seinem Amt nicht verträgt»).
[9] So ist das Dienstverhältnis beim Bund nicht vereinbar mit den öffentlichen (Neben-) Ämtern als Nationalrätin oder Nationalrat (Art. 77 BV) und als Bundesrichterin oder Bundesrichter (Art. 108 Abs. 1 BV). Vgl. auch Art. 18 des BG vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR, SR 161.1) sowie Art. 2 Abs. 2 OG.
[10] Als Beispiel seien die Urlaubsweisungen des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 21. November 1990 erwähnt, welche die Beurlaubung des Personals erlauben zum Beispiel für familiäre Verpflichtungen (Heirat, Geburt, Todesfälle, Erkrankung in der Familie, für alleinerziehende Elternteile), für die Erfüllung von Bürgerpflichten (zum Beispiel Vorladung durch Behörden), für ausserdienstliche beziehungsweise paramilitärische Tätigkeiten (Armeemeisterschaften, Kurse, Mitarbeit im Vorstand militärischer Verbände, Ausbildungswesen), für die Teilnahme an spitzensportlichen Trainings und Wettkämpfen, die Tätigkeit in Berufsverbänden des Bundespersonals und den Besuch gewerkschaftlicher Bildungsveranstaltungen, für die Tätigkeit in Wohnbaugenossenschaften sowie soziale Tätigkeiten in Hilfsorganisationen des Bundespersonals. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang nochmals auf die Urlaubsregelung des Bundesrates vom 17. Oktober 1973 für Beamte, die dem Freiwilligenkorps für Katastrophenhilfe im Ausland beitreten (vgl. Fussnote 3) sowie auf die Verordnung des Bundesrates vom 2. Dezember 1974 über die Lehrtätigkeit von Bediensteten der allgemeinen Bundesverwaltung (vgl. Fussnote 2).
[11] In mehreren Kantonen gilt nicht eine Bewilligungs- sondern nur eine Meldepflicht (AG, GL, SO, UR, VS, AR); SH und TG differenzieren zwischen Bewilligungs- und Meldepflicht je nach Zeitaufwand beziehungsweise Höhe des Einkommens aus dem öffentlichen Amt. Häufig räumen die kantonalen und kommunalen Regelungen - ähnlich wie das eidgenössische Recht (Art. 14 BtG; Art. 12 Abs. 4 BO 1, SR 172.221.101; Art. 15 Abs. 4 BO 2, SR 172.221.102; Art. 17 Abs. 4 BO 3, SR 172.221.103; Art. 17 Abs. 5 AO, SR 172.221.104) - der betroffenen Person für die Ausübung des öffentlichen Amtes Anspruch auf einige Tage zumeist bezahlten Urlaubs ein (zum Beispiel BE, BL, FR, GE, LU, NE, SZ, TG, VS).
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