Dies ist ein Dokument der alten Website. Zur neuen Website.

 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

bund/vpb/61-89-B.html 

VPB 61.89B

(Urteil des Bundesgerichts vom 15. März 1995)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
  Erwägungen
Erwägung 2
Erwägung a
Erwägung b
Erwägung c

Art. 26bis und 27 MO. Verantwortlichkeit der Formationen für das ihnen übergebene Material.

Gesichtspunkte, nach welchen der von der Einheit zu tragende Schaden aus Materialverlust zu berechnen ist. Zulässigkeit der Verrechnung des «Etat-Werts» anstelle des Zeitwerts für nicht individualisierte Gegenstände von verhältnismässig geringem Wert (Bestätigung von VPB 61.89 A).


Art. 26bis et 27 OM. Responsabilité des formations pour le matériel qui leur est confié.

Aspects déterminant le calcul du dommage dont répond l'unité en cas de perte de matériel. Admissibilité de la mise en compte de la valeur d'inventaire au lieu de la valeur actuelle pour des objets non individualisés d'une valeur relativement faible (confirmation de JAAC 61.89 A).


Art. 26bis e 27 OM. Responsabilità delle formazioni per il materiale loro affidato.

Aspetti determinanti per il calcolo del danno di cui risponde l'unità in caso di perdita di materiale. Ammissibilità della fatturazione del valore d'inventario invece del valore attuale per oggetti non individualizzati di valore relativamente scarso (conferma di GAAC 61.89 A).




Das Bundesgericht hat eine gegen den in VPB 61.89 A aufgeführten Entscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen, unter anderem mit folgenden Erwägungen:

2. In der Sache selbst ist nur streitig, nach welchen Gesichtspunkten der von der Einheit zu tragende Schaden aus Materialverlust zu berechnen ist. Die Kriegsmaterialverwaltung hat der Einheit den - dem Anschaffungspreis entsprechenden - Etat-Preis der verlorengegegangen Sachen in Rechnung gestellt. Die Beschwerdeführer sind demgegenüber der Auffassung, massgebend sei der Zeitwert der betreffenden Gegenstände.

a. Nach Art. 27 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 über die Militärorganisation (MO[46]) finden bei der Festsetzung der nach Art. 26bis MO zu leistenden Entschädigung die Art. 42, 43 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45, 46, 47 und 50 Abs. 1 OR sinngemäss Anwendung. Der Schaden ist daher entsprechend den Regeln des Obligationenrechts zu berechnen. Danach ist bei Zerstörung oder Verlust von nicht wertbeständigen Sachen, deren ursprünglicher Wert sich durch den Gebrauch vermindert und die dementsprechend buchhalterisch abgeschrieben werden müssen, grundsätzlich zwar nur der Zeitwert zu ersetzen. Das gilt jedoch nicht für gebrauchte Gegenstände des täglichen Lebens, wie Kleider, Schuhe oder Möbel. Bei solchen Gegenständen, die dem Geschädigten noch lange wie neue gedient hätten, wird regelmässig kein Abzug für die Entwertung durch den Gebrauch vorgenommen; der Haftpflichtige hat dafür einzustehen, dass der Geschädigte wegen des Verlusts gezwungen ist, eine Ersatzanschaffung zum Neuwert zu tätigen (Karl Oftinger, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 4. Aufl., Zürich 1975, Bd. I, S. 253; Henri Deschenaux / Pierre Tercier, La responsabilité civile, 2. Aufl., Bern 1982, S. 223/224).

b. Diese Überlegung lässt sich auch auf die Haftung der Truppe für Verlust und Beschädigung von Armeematerial im Sinne von Art. 26bis MO übertragen, jedenfalls soweit es sich um Material von verhältnismässig geringem Wert handelt. Derartiges Material wird der Truppe normalerweise gattungsmässig zugeteilt. Die einzelnen Gegenstände sind somit in der Regel nicht individualisiert, so dass ihr Gebrauchswert gar nicht konkret ermittelt werden kann. Ist Armeematerial solcher Art verlorengegangen, hat die Kriegsmaterialverwaltung keine andere Möglichkeit, als sich zum Neuwert Ersatz zu beschaffen, sofern sie nicht auf Reservebestände zurückgreifen kann, die seinerzeit zum Etat-Preis erworben worden sind; ein Occasionsmarkt besteht dafür nicht. Unter diesen Umständen ist es keineswegs unbillig, dass die haftpflichtige Einheit den Etat-Wert der verlorengegangenen oder beschädigten Sachen ersetzen muss, zumal dieser dem ursprünglichen Anschaffungspreis entspricht und damit regelmässig niedriger ist als der Preis, den die Kriegsmaterialverwaltung bei einer Neuanschaffung bezahlen müsste. Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens zu beweisen habe, ist zu bemerken, dass in Art. 27 Abs. 1 MO unter anderem auch auf Art. 42 Abs. 2 OR verwiesen wird, wonach der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden nach dem Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abzuschätzen ist. Diese Bestimmung erlaubt es, mangels näherer Anhaltspunkte betreffend den Gebrauchswert des verlorengegangenen Materials auf dessen Etat-Wert abzustellen.

c. Im vorliegenden Fall geht es um die Bewertung von Taschenlampen, Schlafsack-Aussenhüllen und Feldstechern. Dabei handelt es sich um nur der Gattung nach bestimmtes Armeematerial von verhältnismässig geringem Wert. Es ist daher nach dem Gesagten vom Etat-Wert der verlorengegangenen Gegenstände auszugehen. Dass die Rekurskommission der Eidgenössischen Militärverwaltung in einem Entscheid aus dem Jahre 1947 zu einem anderen Ergebnis gelangt ist, steht dem nicht entgegen. Dieser Entscheid beruht auf einer anderen Rechtsgrundlage; zudem wäre das Bundesgericht ohnehin nicht daran gebunden. Wie der Schaden bei Verlust oder Beschädigung von wertvollem Armeematerial wie z. B. Fahrzeugen oder schweren Waffen zu berechnen wäre, ist im übrigen hier nicht zu entscheiden.


[46] AS 1968 74. Vgl. Fussnote 1, S. 831.



Homepage des Bundesgerichts

 

 

 

Beginn des Dokuments