VPB 63.101
(Auszug aus dem Beschwerdeentscheid der Rekurskommission EVD vom 30. März 1998 in Sachen X AG gegen N. und Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit; 97/5C-078)
Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt
Erwägungen
Erwägung 1.
Zivildienst. Beschwerdelegitimation. Stellung des Arbeitgebers.
Art. 22 in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 ZDG.
Arbeitgeber sind nicht legitimiert, Aufgebote ihrer zivildienstpflichtigen Arbeitnehmer mit Beschwerde anzufechten (E. 1).
Service civil. Qualité pour recourir. Statut de l'employeur.
Art. 22 en relation avec l'art. 64 al. 1 LSC.
L'employeur n'a pas qualité pour recourir contre la convocation de son employé à une période d'affectation (consid. 1).
Servizio civile. Legittimazione a ricorrere. Statuto del datore di lavoro.
Art. 22 in relazione con l'art. 64 cpv. 1 LSC.
I datori di lavoro non sono legittimati ad impugnare con un ricorso ordini di marcia indirizzati ai loro dipendenti (consid. 1).
Aus dem Sachverhalt:
N. wurde mit Aufgebot vom 1. September 1997 von der Regionalstelle Zürich der Abteilung Zivildienst des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit für die Periode vom 17. November 1997 bis 13. Februar 1998 zu einem Zivildiensteinsatz bei der Stiftung L. aufgeboten. Dagegen reichte die X AG als Arbeitgeberin von N. (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein. Darin beantragte sie sinngemäss eine Verschiebung der Dienstleistung auf «Sommer/Herbst 1998», weil ihr Arbeitnehmer dringende Projekte für amtliche Dienststellen auszuführen habe. Die Rekurskommission EVD entzog der Beschwerde mit Zwischenverfügung vom 5. November 1997 die aufschiebende Wirkung.
Aus den Erwägungen:
(...)
1. Die entscheidende Instanz hat von Amtes wegen und mit freier Kognition zu prüfen, ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen und auf eine Verwaltungsbeschwerde einzutreten ist (vgl. BGE 120 Ib 97 E. 1; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 73, mit Hinweisen).
1.1. Das Aufgebot der Regionalstelle Zürich vom 1. September 1997 zum Zivildiensteinsatz stellt eine Verfügung im Sinne des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren dar (VwVG, SR 172.021; Art. 5 Abs. 1 Bst. a). Diese Verfügung kann nach den Art. 63 und 66 Bst. a des Zivildienstgesetzes (zitiert in E. 1.2) im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege (Art. 44 ff. und 71a VwVG in Verbindung mit den Art. 20 ff. der Verordnung vom 3. Februar 1993 über Organisation und Verfahren eidgenössischer Rekurs- und Schiedskommissionen [VRSK], SR 173.31) mit Beschwerde bei der Rekurskommission EVD angefochten werden.
1.2. Nach dem Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den zivilen Ersatzdienst (Zivildienstgesetz [ZDG], SR 824.0; Art. 64 Abs. 1) ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Die Frist zur Beschwerde an die Rekurskommission beträgt zehn Tage für Beschwerden gegen Disziplinarmassnahmen und gegen Aufgebote (Art. 66 Bst. a ZDG).
Art. 64 Abs. 1 ZDG (Beschwerderecht) stimmt inhaltlich mit Art. 48 Bst. a VwVG (Beschwerdelegitimation) und Art. 103 Bst. a (Beschwerdelegitimation) des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG, SR 173.110) überein. Abs. 2 von Art. 64 ZDG nennt - im Sinne von Art. 48 Bst. b VwVG und Art. 103 Bst. c OG - «die zuständigen kantonalen Arbeitsmarktbehörden» als nach Bundesrecht beschwerdeberechtigte Instanzen. Zur Bestimmung der Beschwerdelegitimation kann daher auf die zu den Art. 48 VwVG und Art. 103 OG entwickelte Rechtspraxis zurückgegriffen werden (vgl. BGE 110 lb 99 E. 1; 107 lb 43 E. 1b; E. 1.2.3 hiernach).
1.2.1. Beschwerdeberechtigt ist einmal jede Person, Organisation oder Behörde, die das Bundesrecht zur Beschwerde ermächtigt (Art. 48 Bst. b VwVG).
In diesem Sinne nennt Art. 64 Abs. 2 ZDG lediglich die Beschwerdeberechtigung der örtlich zuständigen kantonalen Arbeitsmarktbehörden gegen den Anerkennungsentscheid nach Art. 42 ZDG und dessen Anpassungen, wenn diese eine Verletzung von Art. 6 ZDG geltend machen.
Ein im ZDG verankertes ausdrückliches Beschwerderecht des Arbeitgebers ist somit nicht vorgesehen.
1.2.2. Daher hängt eine allfällige Beschwerdelegitimation davon ab, ob die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 64 Abs. 1 ZDG; Art. 48 Bst. a VwVG).
Neben der «Schutzwürdigkeit» des Interesses an der Beschwerdeführung muss dieses praxisgemäss auch besonders, unmittelbar und aktuell sein (VPB 57.19 E. 1, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung; Alfred Kölz / Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, Rz. 237). Auf diesen Aspekt ist nachfolgend kurz einzugehen, bevor die «Schutzwürdigkeit» des Interesses an der Beschwerdeführung untersucht werden kann (vgl. E. 1.3 ff.).
Die Frage, ob die Beschwerdeführerin im heutigen Zeitpunkt noch ein aktuelles Interesse an ihrem Rechtsbegehren haben kann, dass die Zivildienstleistung ihres Arbeitnehmers auf «Sommer/Herbst 1998» verschoben werde, ist hier zu verneinen. Weil die umstrittene Zivildienstleistung von N. bereits am 13. Februar 1998 ihren Abschluss fand, könnte eine allfällige Gutheissung der Beschwerde an diesem Umstand nichts mehr ändern und insofern der Beschwerdeführerin keinen praktischen Nutzen einbringen. Dementsprechend müsste an sich ein aktuelles und praktisches Interesse an der Beschwerdeführung grundsätzlich als nachträglich weggefallen betrachtet werden.
Indessen prüft die Rekurskommission EVD in Anlehnung an die Praxis des Bundesgerichts ausnahmsweise eine Beschwerde trotz Fehlens eines aktuellen und praktischen Interesses, wenn die aufgeworfenen Fragen sich jederzeit unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen können und wenn an deren Beantwortung wegen deren grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht (REKO/EVD 95/6H-001, publiziert in: VPB 60.56 E. 3.3, mit Hinweis auf: BGE 116 Ib 203 nicht publizierte E. 1: Praxis des Bundesgerichts Pra 80/1990, Nr. 132, S. 626). Gemäss Praxis des Bundesgerichts und des Bundesrates ist sodann vom Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses abzusehen, wenn in Grundsatzfragen nie ein rechtzeitiger Entscheid gefällt werden könnte (vgl. Kölz/Häner, a. a. O., Rz. 237, mit weiteren Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin könnte inskünftig durchaus wieder in die Lage kommen, einen ihr nicht genehmen Termin zur Zivildienstleistung eines ihrer Arbeitnehmer anzufechten. Insofern besteht an der Beantwortung der Frage, ob ein entsprechendes Verschiebungsbegehren materiell begründet sei, ein hinreichendes öffentliches Interesse. Daher ist hier ausnahmsweise vom Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses der Beschwerdeführerin abzusehen und weiter zu prüfen, ob ihr Interesse an der Beschwerdeführung überhaupt als schutzwürdig anzuerkennen ist.
1.2.3. Das BGer umschreibt die Beschwerdebefugnis in konstanter Rechtsprechung grundsätzlich wie folgt (zitiert nach BGE 116 Ib 321 E. 2a; gleichlautend BGE 120 Ib 386 E. 4b):
«Danach ist zur Beschwerdeführung berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 48 lit. a VwVG und Art. 103 lit. a OG). Dieses Interesse kann rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher Natur sein und braucht mit dem Interesse, das durch die vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Normen geschützt wird, nicht übereinzustimmen.»
Immerhin wird verlangt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann betroffen ist und in einer besonderen, beachtenswerten nahen Beziehung zur Streitsache steht. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (BGE 110 Ib 400 E. 1b). Diese Anforderungen sollen die Popularbeschwerde ausschliessen.
Ihnen kommt deshalb dann eine besondere Bedeutung zu, wenn wie hier nicht der Verfügungsadressat im materiellen Sinn, sondern ein Dritter (z. B. Nachbar) den Entscheid anficht. Ist auch in einem solchen Fall ein unmittelbares Berührtsein, eine spezifische Beziehungsnähe gegeben, so hat der Beschwerdeführer ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse daran, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben oder geändert wird. Dieses Interesse besteht im praktischen Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerde dem Beschwerdeführer eintragen würde, das heisst in der Abwendung eines materiellen oder ideellen Nachteils, den der angefochtene Entscheid für ihn zur Folge hätte (BGE 113 Ib 228 E. 1c, 112 Ib 158 E. 3 mit Hinweisen). Es ist somit ausgehend von dieser Praxis und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob die Legitimation des Beschwerdeführers nach Art. 48 Bst. a VwVG zu bejahen ist oder nicht».
Mit der im letzten Satz angedeuteten Einschränkung wird zum Ausdruck gebracht, dass unter Berücksichtigung der konkreten Rechts- und Interessenlage im betroffenen Rechtsgebiet jeweils im Einzelfall bestimmt werden muss, worin die besondere Beziehungsnähe eines allfälligen Drittbeschwerdeführers besteht (vgl. Kölz/Häner, a. a. O., Rz. 239 ff.). Dieses Vorgehen wird durch die offene Umschreibung der Legitimation nötig, da diese keine streng rechtslogische, begrifflich fassbare Eingrenzung der Beschwerdebefugnis zulässt. Eine Begrenzung der Beschwerdebefugnis hat daher vielmehr vom praktischen Standpunkt aus für jedes Rechtsgebiet gesondert zu erfolgen (Kölz/Häner, a. a. O., Rz. 237, mit Verweis auf BGE 113 Ib 367; vgl. auch Fritz Gygi, Vom Beschwerderecht in der Bundesverwaltungsrechtspflege, in: recht 1986, Heft 1, S. 8 ff., S. 11 f.).
1.3. Im Sinne von Art. 22 Abs. 2 ZDG richtet sich die angefochtene Verfügung an N. als zivildienstpflichtige Person (vgl. Art. 9 und 27 Abs. 3 Bst. b ZDG) sowie an die Stiftung L. als Einsatzbetrieb (vgl. Art. 41 und 44 ZDG). Sie wurde im Einklang mit der gesetzlichen Regelung nur ihnen eröffnet. Sie regelt deren Rechte und Pflichten (Art. 5 Abs. 1 Bst. a VwVG). Insofern sind einzig sie formelle und materielle Adressaten der Verfügung (vgl. Botschaft vom 22. Juni 1994 zum Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst, Botschaft, BBl 1994 III 1675 f.).
Da der angefochtene Akt lediglich zwei materielle Adressaten (vgl. Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, a. a. O., S. 148) aufführt, ist die Beschwerdeführerin von der angefochtenen Verfügung in rechtlicher Hinsicht nicht betroffen. Daher kann insofern kein schutzwürdiges Interesse an einer Anfechtung angenommen werden.
1.4. Damit stellt sich angesichts der gesetzlichen Ordnung die Frage, ob sie als Arbeitgeberin ihres zivildienstpflichtigen Arbeitnehmers als «Dritte» im Verfahren auftreten und sich auf eine Beschwerdelegitimation berufen kann. Dies würde bedingen, dass im konkreten Einzelfall ein schutzwürdiges Interesse tatsächlicher Natur der Arbeitgeberin besteht. Ein solches würde ausreichen, der Beschwerdeführerin die Beschwerdelegitimation zu verleihen.
1.4.1. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Arbeitgeber von einem Aufgebot für seinen zivildienstpflichtigen Arbeitnehmer tatsächlich betroffen ist. Der betreffende Arbeitnehmer fällt für die Dauer des Zivildienstes - in diesem Fall vom 17. November 1997 bis 13. Februar 1998 - als Arbeitskraft für die Erbringung der vertraglich übernommenen Arbeit aus. Das Aufgebot, dem die öffentlichrechtliche Dienstleistungspflicht zugrunde liegt, greift insofern in ein Arbeitsvertragsverhältnis ein (vgl. Art. 319 und 321 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 [OR], SR 220). Den Arbeitgeber treffen in der Regel weiterhin Lohnfortzahlungspflichten (vgl. Art. 38 ZDG in Verbindung mit Art. 324a und 324b OR), und ein Kündigungsschutz gilt (Art. 336 Abs. 1 Bst. e und Art. 336c Abs. 1 Bst. a OR). Damit könnten Arbeitgeber an sich Interessen tatsächlicher Art an der Aufhebung oder Änderung der Verfügung (Aufgebot) haben.
Zum Ausschluss der unzulässigen Popularbeschwerde (Kölz/Häner, a. a. O., Rz. 239; Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, a. a. O., S. 149) wird überdies eine besondere, beachtenswerte Beziehung zur Streitsache (Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers) verlangt (vgl. E. 1.2.3). Die Beziehung zur Streitsache ist darin zu sehen, dass die Beschwerdeführerin - und nur sie - als Arbeitgeberin mit dem Arbeitnehmer durch einen Arbeitsvertrag verbunden ist. Insofern wirkt sich die Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers und die sich daraus ergebende Absenz am Arbeitsplatz unmittelbar auf sie als Arbeitgeberin aus. Ein weiterer Personenkreis fällt für diese Art von Beziehung zur Streitsache ausser Betracht. Daher besteht auch keine Gefahr, dass sich eine Vielzahl von Personen im Sinne einer Popularbeschwerde auf ein Beschwerderecht gegen das Aufgebot an den Beschwerdegegner berufen könnten.
Unter diesen Umständen ist die besondere Beziehungsnähe zur Streitsache grundsätzlich zu bejahen. Dies würde es an sich erlauben, die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin des dienstleistungspflichtigen Beschwerdegegners anzuerkennen.
1.4.2. Dieser Sichtweise stellt sich indessen das Bundesamt grundsätzlich entgegen. Es lehnt die Beschwerdelegitimation von Arbeitgebern gegen Aufgebote mit dem Argument ab, jeder Arbeitgeber, welcher einen Militär- oder Zivildienstpflichtigen beschäftige, müsse mit einer solchen dienstbedingten Abwesenheit rechnen.
So sei zu berücksichtigen, dass ein Arbeitgeber auch gegen ein militärisches Aufgebot keine Beschwerdemöglichkeit habe. Einzig dem Militärdienstpflichtigen stehe es zu, ein Verschiebungsgesuch zu stellen. Diesbezüglich mache das ZDG keine Ausnahme. Daher seien als Verfügungsadressaten allein die zivildienstpflichtige Person und der Einsatzbetrieb vorgesehen, denen drei Monate vor Beginn des Einsatzes das Aufgebot zu eröffnen sei.
Wäre indessen der Arbeitgeber, dem ein Aufgebot ja nicht eröffnet werde, dennoch beschwerdelegitimiert, so würde damit die angestrebte Rechtssicherheit in Frage gestellt. Der Zivildienstpflichtige wie auch der Einsatzbetrieb würden betreffend den Einsatz über längere Zeit im Ungewissen gelassen, da der Arbeitgeber behaupten könnte, er hätte erst kurz vor dem Einsatz Kenntnis vom Aufgebot erlangt. Mit einer solchen Beschwerdemöglichkeit wäre eine vollständige Lahmlegung des Vollzugs des Zivildienstes in Kauf zu nehmen. Es stünde jedem Arbeitgeber offen, kurz vor einem Einsatz Beschwerde zu erheben, und infolge der aufschiebenden Wirkung diesen zu verhindern. Angesichts der jeweils voraussichtlich länger dauernden Behandlung entsprechender Beschwerden durch die Beschwerdeinstanz wäre es der Vollzugsstelle des Zivildienstes nicht mehr möglich, eine sinnvolle Einsatzplanung zu gewährleisten. Arbeitgeber hätten so leichtes Spiel, den Zivildiensteinsatz ihrer Arbeitnehmer hinauszuzögern. Im übrigen wäre eine Aufgebotsmitteilung an den Arbeitgeber praktisch nicht möglich, da die diesbezüglichen Abklärungen und Mitteilungen unverhältnismässigen Aufwand bedeuten würden.
Der Arbeitgeber werde daher als Verfügungsadressat bewusst davon ausgenommen, wie aus der Botschaft des Bundesrates zum ZDG hervorgehe. Darin werde insbesondere festgehalten, dass nach ZDG den beiden Verfügungsadressaten im Interesse der Rechtssicherheit lediglich eine Frist von zehn Tagen zur Beschwerdeerhebung gegen ein Aufgebot zustehe. Aufgrund dieser kurzen Frist wüssten sowohl der Einsatzbetrieb wie auch die zivildienstpflichtige Person rasch, ob der Einsatz wie vorgesehen zustande komme.
1.4.3. In seiner Argumentation gesteht das Bundesamt durchaus ein, dass ein Arbeitgeber durch ein Zivildienstaufgebot betreffend einen seiner Arbeitnehmer grundsätzlich berührt ist.
Dass dieser Umstand jedoch noch kein schützenswertes Interesse zur Beschwerdeführung gegen dieses Aufgebot begründen soll, erklärt das Bundesamt indessen weniger mit dem Fehlen - faktisch möglicher - tatsächlicher Interessen. Vielmehr vertritt es im Ergebnis den Standpunkt, die im ZDG geregelte Leistung des Zivildienstes (Art. 19 - 24 ZDG, insbesondere Art. 22 in Verbindung mit Art. 66 Bst. a ZDG) schliesse nach dem Willen des Gesetzgebers eine Beschwerdelegitimation des Arbeitgebers aus Gründen der Rechtssicherheit und der Vollzugseffizienz zwingend aus.
Wie es sich damit verhält, ist nachfolgend zu erörtern.
1.5. Nach der Bundesverfassung ist jeder Schweizer wehrpflichtig. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor (Art. 18 Abs. 1 der Schweizerischen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 [BV], SR 101).
Der zivile Ersatzdienst (Zivildienst) - als stellvertretende Lösung für die Militärdienstpflicht - ist ein Mittel der zivilen Behörden und wird ausserhalb der Armee geleistet (vgl. Art. 2 ZDG sowie Botschaft, a. a. O., S. 1609 ff., S. 1627 und S. 1635). Nach verfassungsrechtlicher Vorgabe stellt der Zivildienst eine persönliche, öffentlichrechtliche Dienstleistungspflicht dar, die grundsätzlich im Dienste der Gesamtverteidigung oder mindestens der Existenzsicherung des Landes und seiner Bewohner zu leisten ist (vgl. Rainer J. Schweizer in: Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Ergänzungen zu Art. 18 Abs. 1-3, Ziff. 52; vgl. auch Botschaft, a. a. O., S. 1635; sowie Art. 2 Abs. 3 ZDG).
Das Dienstleistungsverhältnis ist somit ein besonderes, hoheitlich geordnetes öffentliches Rechtsverhältnis. Es ist zudem ein Rechtsverhältnis, das namentlich in Krisen- und Kriegszeiten mit ihren veränderten Anforderungen voll funktionieren muss, weil gerade dann für Dienstverweigerer aus Gewissensgründen ein angemessener Ersatzdienst zur Verfügung stehen muss. Diese grundsätzlich öffentlichrechtliche Ordnung erlaubt den Beizug Privater zum Vollzug des Zivildienstes. Soweit diese am Vollzug mitwirken, sind sie gesetzlich in das Sonderrechtsverhältnis einzuordnen (vgl. Schweizer, a. a. O., Ziff. 52).
1.5.1. Nach der Konzeption des ZDG sind im wesentlichen drei «Akteure» am Gesetzesvollzug beteiligt: das Bundesamt als Vollzugsstelle des Bundes (vgl. u. a. 18, 22, 79 ZDG); die Einsatzbetriebe (vgl. u. a. Art. 29, 41, 48, 62, ZDG); sowie die zivildienstpflichtigen (bzw. -leistenden) Personen (vgl. u. a. Art. 1, 19, 25 - 36, 55, 62, ZDG).
Bei der Ordnung nach ZDG fällt auf, dass Arbeitgebern zivildienstpflichtiger Personen im Rahmen des Vollzugs weder Aufgaben noch besondere Kompetenzen noch spezielle Rechte zufallen. Einzig in der Verordnung vom 11. September 1996 über den zivilen Ersatzdienst (Zivildienstverordnung [ZDV], 824.01) findet sich eine Bestimmung, welche ausdrücklich die Interessensphäre von Arbeitgebern tangiert (vgl. Art. 34 Abs. 2 Bst. d ZDV betr. Berücksichtigung von Arbeitgeberinteressen bei der Einsatzplanung durch die Vollzugsstelle).
Infolgedessen ist hier im Kern zu prüfen, ob im Lichte der Vollzugsorganisation die gesetzlich vorgesehene Ordnung und die darin zum Ausdruck kommende Interessenabwägung einem Beschwerderecht von Arbeitgebern gegen Aufgebote (Art. 22 ZDG) entgegensteht.
1.5.2. Nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 ZDG eröffnet die Vollzugsstelle der zivildienstpflichtigen Person und dem Einsatzbetrieb das Aufgebot spätestens drei Monate vor Beginn des Einsatzes oder der Einführung. In seiner Botschaft (a. a. O., S. 1675 f.) hält der Bundesrat fest, das Aufgebot habe als Verfügung zwei Adressaten: den Einsatzbetrieb und die zivildienstpflichtige Person. Ferner führt der Bundesrat aus, die den beiden Verfügungsadressaten in Art. 66 Bst. a ZDG eingeräumte Beschwerdefrist von zehn Tagen diene der Rechtssicherheit. Einsatzbetrieb wie zivildienstpflichtige Person sollten rasch wissen, ob der Einsatz wie vorgesehen zustande komme. Auch im Zusammenhang mit der Anerkennung von Einsatzbetrieben hält der Bundesrat fest, dass gegen die von der Vollzugsstelle erlassenen Aufgebote die zivildienstpflichtige Person wie auch der Einsatzbetrieb Beschwerde führen könnten (Botschaft, a. a. O., S. 1689).
Diese Ausführungen legen den Schluss nahe, dass im Sinne des Bundesrates im Interesse der Rechtssicherheit und der Sicherstellung eines reibungslosen Vollzugs davon auszugehen ist, dass Arbeitgeber gegen Aufgebote (Art. 22 ZDG) nicht beschwerdebefugt sein sollen.
Hätte der Gesetzgeber etwas anderes im Auge gehabt, wäre zu erwarten gewesen, dass er die Arbeitgeber ausdrücklich in den Kreis formeller Verfügungsadressaten von Aufgeboten aufnehme, zumal er die Frage der Beschwerdemöglichkeit gegen ein Aufgebot nicht übersehen hat (vgl. Art. 22 Abs. 2 und 66 Bst. a ZDG). Auch die Materialien der parlamentarischen Beratungen lassen keine Anhaltspunkte erkennen, dass die Sichtweise, wie sie in der Botschaft vorgestellt wird, nicht zuträfe (vgl. AB 1995 N 617 ff., 663, 753; AB 1995 S 711 ff., 727, 731).
1.5.3. Der Ausschluss von Arbeitgebern von der Beschwerdebefugnis gegen Aufgebote wird auch durch den Umstand gestützt, dass der Gesetzgeber insbesondere in bezug auf Einsatzbetriebe dem Rechtssicherheitsgedanken ein grosses Gewicht zumisst. Denn diese haben nur ein Interesse an der Mitwirkung am Vollzug des ZDG, wenn die entsprechenden Einsätze planbar sind. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat (Botschaft, a. a. O., S. 1658) auf die Problematik der Arbeitsmarktneutralität des Zivildienstes sowie der Konkurrenz mit Präventivmassnahmen der Arbeitslosenversicherung hin:
«Wer Arbeitslose beschäftigt, fährt günstig: Er schuldet weder die Leistungen nach Artikel 29 noch die Abgaben nach Artikel 47 und kann die Kosten für Planung, Administration, Einführung und Betreuung den Behörden belasten. Zivildienstleistende Personen werden für einen Einsatzbetrieb nur interessant, wenn sie einschlägig beruflich qualifiziert sind, ihr Einsatz planbar ist und über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgt und der Bund sich weitestmöglich an den Kosten beteiligt.»
Würde die Beschwerdebefugnis von Arbeitgebern gegen Aufgebote als mit dem ZDG vereinbar angesehen, so würde - wie das Bundesamt im Ergebnis zutreffend ausführt - eine Unsicherheit über das Zustandekommen des Zivildiensteinsatzes geschaffen, welche die Wirksamkeit der Einsatzplanung in Frage stellen könnte.
Daneben ist auch auf die gesetzliche Regelung im Falle eines vorzeitigen Abbruches eines Zivildiensteinsatzes (vgl. Art. 23 ZDG; Botschaft, a. a. O., S. 1676) hinzuweisen. Nach dem Wortlaut von Art. 23 Abs. 2 ZDG können gegen einen von der Vollzugsstelle verfügten vorzeitigen Abbruch eines Einsatzes die zivildienstleistende Person und der Einsatzbetrieb Beschwerde erheben.
Ob diese Norm als lex specialis zu Art. 63 Abs. 1 ZDG zu verstehen ist und eine abschliessende Aufzählung der Beschwerdeberechtigten (unter Ausschluss von Arbeitgebern) meint oder als - normativ entbehrliche - Aussage mögliche Rekurrenten aufzählen will, ist aufgrund der Materialien nicht klar. Im gesetzessystematischen Zusammenhang mit Art. 22 ZDG und den Ausführungen des Bundesrates dazu scheint auch hier gewissermassen spiegelbildlich der Akzent auf der Interessenlage der Zivildienstleistenden und der Einsatzbetriebe hinsichtlich der Planbarkeit des Einsatzes zu liegen. Auch dies spricht für den eingangs erwähnten Ausschluss von Arbeitgebern von der Beschwerdebefugnis.
1.5.4. Schliesslich bleibt zu erwähnen, dass Arbeitgeber, auch wenn sie von der Beschwerdebefugnis gegen Aufgebote an ihre zivildienstpflichtigen Arbeitnehmer (Art. 22 ZDG) auszunehmen sind, sich in der gleichen Lage befinden wie gegenüber ihren militärdienstpflichtigen Angestellten. Betreffend deren militärische Aufgebote oder Dienstverschiebungsgesuche sind sie ebenfalls nicht anfechtungsberechtigt (vgl. Art. 27 ff., Art. 44 der Verordnung vom 24. August 1994 über das Bestehen der Ausbildungsdienste [VBA], SR 512.22 in Verbindung mit Art. 38 des Bundesgesetzes vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung [MG], SR 510.10).
Zusammenfassend kommt die Rekurskommission EVD zum Schluss, dass Sinn und Zweck von Art. 22 ZDG (in Verbindung mit Art. 66 Bst. a ZDG) - im Lichte der Vollzugsorganisation, der Rechtssicherheit und der Vollzugseffizienz - eine Beschwerdelegitimation von Arbeitgebern gegen Aufgebote ihrer zivildienstpflichtigen Arbeitnehmer ausschliesst.
(...)
(Die Rekurskommission EVD tritt auf die Beschwerde nicht ein)
Dokumente der REKO/EVD