VPB 63.67
(Entscheid des Bundesrates vom 13. Januar 1999)
Rechtsschutz in Kommandosachen der Armee. Anrechnung von Diensttagen beim Übergang zur Armee 95.
Art. 103 Abs. 2 BV. Art. 36 Abs. 2 MG. Art. 13 EMRK. Art. 1 Bst. d V über den Rechtsschutz in Kommandosachen.
- Die Anrechnung von Diensttagen bildet eine Kommandosache und kann nur mit Dienstbeschwerde angefochten werden.
- Diese Regelung der Verordnung über den Rechtsschutz in Kommandosachen ist verfassungs- und gesetzeskonform und verletzt die EMRK nicht.
- Nicht anzurechnen waren Tage, die Angehörige der Armee freiwillig oder als Tage in Kadervorkursen, für Erkundung, für die Vorbereitung der Kurse und für Organisations- und Entlassungsarbeiten leisteten.
Voies de recours dans les affaires relevant du pouvoir de commandement militaire. Imputation de jours de service dans le passage à Armée 95.
Art. 103 al. 2 Cst. Art. 36 al. 2 LAAM. Art. 13 CEDH. Art. 1 let. d O sur les voies de recours dans les affaires relevant du pouvoir de commandement militaire.
- L'imputation de jours de service relève du pouvoir de commandement militaire et ne peut être contestée que par la voie de la plainte de service.
- Ce régime établi par l'ordonnance sur les voies de recours dans les affaires relevant du pouvoir de commandement militaire est conforme à la constitution et aux lois et il ne viole pas la CEDH.
- Il n'y avait pas lieu d'imputer les jours que les militaires ont accompli à titre facultatif ou dans le cadre de cours préparatoires de cadres, pour la reconnaissance, pour les préparatifs des cours et pour des travaux d'organisation et de licenciement.
Protezione giuridica negli affari in materia di comando militare. Computo dei giorni di servizio nel passaggio a Esercito 95.
Art. 103 cpv. 2 Cost. Art. 36 cpv. 2 LM. Art. 13 CEDU. Art. 1 lett. d O sulla protezione giuridica negli affari in materia di comando.
- Il computo dei giorni di servizio rientra negli affari in materia di comando militare e può essere contestato soltanto mediante reclamo.
- Questa regolamentazione prevista dall'ordinanza sulla protezione giuridica negli affari in materia di comando è conforme alla Costituzione e alla legge e non viola la CEDU.
- Non vanno computati i giorni che i militari hanno compiuto volontariamente o nell'ambito di corsi preparatori dei quadri, per la ricognizione, per la preparazione dei corsi e per lavori di organizzazione e di licenziamento.
Aus dem Sachverhalt:
A. Mit Schreiben vom Februar/März 1995 teilte das Bundesamt für Adjutantur (heute Untergruppe Personelles der Armee, UG Pers A) X. mit, dass ihm von den bis zum 31. Dezember 1994 geleisteten Diensttagen 423 Tage angerechnet würden. Nicht anzurechnen seien Kadervorkurse und Rekognoszierungstage, da diese als zusätzlich zu leistende Dienste gälten. In der Armee 95 seien daher noch 37 Diensttage zu leisten.
B. Nachdem X. die Berechnung der anrechenbaren Diensttage beanstandet und verlangt hatte, dass die in den acht Kadervorkursen geleisteten Diensttage voll, mindestens aber zum normalen Ansatz von drei Tagen, anzurechnen seien, entschied das Bundesamt für Mechanisierte und Leichte Truppen (heute Bundesamt für Kampftruppen) am 30. März 1995, dass noch 37 Diensttage zu leisten seien; die 25 zusätzlich geleisteten Diensttage seien nicht anzurechnen.
C. Gegen diesen Entscheid führte X. Dienstbeschwerde an den Ausbildungschef. Dieser führte mit Entscheid vom 24. August 1995 aus, nach altem Recht seien Kadervorkurse zusätzlich zu den Wiederholungskursen zu leisten gewesen und hätten für Unteroffiziere höchstens drei Tage gedauert (Art. 121 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Militärorganisation vom 12. April 1907 [MO[3]]). Zusätzlich hätten Unteroffiziere für besondere Vorbereitungs- und Organisationsarbeiten zu höchstens zwei zusätzlichen Diensttagen aufgeboten werden können (Art. 115 Abs. 2 MO). Diese Regelung des alten Rechts sei - insbesondere aus bestandestechnischen Gründen - übergangsrechtlich übernommen worden (Art. 47 der Verordnung vom 24. August 1994 über das Bestehen der Ausbildungsdienste [VBA], SR 512.22). Nach dieser Bestimmung seien pro Wiederholungskurs 20 Tage anzurechnen, was für Korporale in der Armee 95 eine Gesamtdienstleistungspflicht von 460 Tagen ergebe (Art. 4 Abs. 3 der Verordnung vom 31. August 1994 über die Ausbildungsdienste [VAD], SR 512.21).
Zum Erlass der Bestimmungen über die Dienstpflicht im Rahmen des Übergangs von der Armee 61 zur Armee 95 sei der Bundesrat in Art. 23 des Bundesbeschlusses über die Realisierung der Armee vom 18. März 1994 (BRA 95, AS 1994 1622) ermächtigt worden; diese Bestimmung entspreche Art. 151 des Bundesgesetzes vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz [MG], SR 510.10).
Bei - exklusive Kadervorkursen - 423 geleisteten Diensttagen habe X. in der Armee 95 folglich noch 37 Diensttage zu leisten.
D. Am 15. Dezember 1995 wies das Eidgenössische Militärdepartement (heute Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, VBS) die gegen diesen Entscheid eingereichte Dienstbeschwerde ab und erkannte, dass X. noch 37 Diensttage zu leisten habe.
Es führte aus, nach Art. 1 Bst. c der Verordnung vom 10. Dezember 1990 über den Rechtsschutz in Kommandosachen der Militärbehörden (SR 510.108) könne die Anrechnung von Dienstleistungen an die Instruktionsdienstpflicht Gegenstand einer Klage (heute Dienstbeschwerde) gemäss Dienstreglement der Armee vom 22. Juni 1994 (DR 95, SR 510.107.0, in Kraft seit 1. Januar 1995) bilden.
In der Sache schloss es sich der Argumentation des Ausbildungschefs an.
E. Nachdem X. am 4. August 1997 bei der UG Pers A eine nochmalige Überprüfung seiner noch zu leistenden Diensttage verlangt hatte, wurde ihm von dieser am 21. August 1997 mitgeteilt, dass er nach Anrechnung der 1996 geleisteten 15 Diensttage in der Armee 95 noch 22 Diensttage zu leisten habe.
Diesen Entscheid focht X. am 3. September 1997 mit Dienstbeschwerde beim Generalstabschef an, welcher am 27. März 1998 auf die Dienstbeschwerde eintrat und sie abwies.
F. Am 18. März 1998 zog X. den Entscheid des Generalstabschefs gemäss Rechtsmittelbelehrung an das VBS weiter und beantragte, die in den Kadervorkursen geleisteten Diensttage seien an die von ihm in der Armee 95 zu leistende Gesamtdienstzeit anzurechnen.
Innert der ihm zur Ergänzung der Begründung gesetzten Frist reichte er eine zusätzliche Rechtsschrift ein und beantragte die Einräumung einer weiteren Frist für eine ausführliche Stellungnahme bis zum 29. Mai 1998.
G. Daraufhin entschied das VBS am 24. April 1998, auf die Dienstbeschwerde nicht einzutreten. X. verlange die Anrechnung aller in den Kadervorkursen geleisteten Diensttage an die Gesamtdienstleistungspflicht in der Armee 95, worüber das VBS bereits am 15. Dezember 1995 endgültig entschieden habe. Gründe für eine Revision dieses Entscheids bestünden nicht.
H. Gegen diesen Entscheid erhob X. (im folgenden Beschwerdeführer) am 2. Juni 1998 Verwaltungsbeschwerde beim Bundesrat und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Das VBS sei anzuweisen, auf die bei ihm eingereichte Dienstbeschwerde einzutreten.
Art. 36 Abs. 2 MG, welcher eine Beschwerde gegen Entscheide des VBS über Dienstbeschwerden ausschliesse, sei bundesrechtswidrig. Art. 103 Abs. 2 der Schweizerischen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (BV, SR 101) bestimme, dass bestimmte Geschäfte den Departementen durch die Bundesgesetzgebung nur unter Vorbehalt des Beschwerderechts zur Erledigung überwiesen werden könnten. Zudem liege ein Verstoss gegen die Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) vor, weil eine wirksame Beschwerdemöglichkeit gegen die vorliegende Verletzung von Art. 13 EMRK fehle.
Sollte auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, so sei sie zumindest unter dem Titel der Aufsichtsbeschwerde zu behandeln und gutzuheissen.
Dem Argument des VBS, es habe am 15. Dezember 1995 bereits endgültig über die Anrechnung der Diensttage entschieden, hielt der Beschwerdeführer entgegen, dass ihm die UG Pers A am 21. August 1997 nach erneuter Überprüfung der Restdienstpflicht mitgeteilt habe, dass er noch 22 Tage Dienst zu leisten habe. Diesen Entscheid habe er an den Generalstabschef und dessen abweisenden Entscheid vom 27. Februar 1997 an das VBS weitergezogen. Es lägen daher neue Verfügungen vor, so dass das VBS auf die bei ihm eingereichte Beschwerde hätte eintreten müssen.
I. Das VBS beantragte am 29. Juli 1998, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen.
Der Rechtsschutz richte sich vorliegend, da es um eine Kommandosache gehe, nach den Vorschriften des Dienstreglements und nicht nach denjenigen des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021). Die auf das Verwaltungsverfahrensrecht gestützte Argumentation des Beschwerdeführers stosse daher ins Leere. Art. 103 Abs. 2 BV finde bloss Anwendung auf Fälle, welche der Bundesrat den Departementen zur selbständigen Erledigung delegiere, was Art. 100 Abs. 1 Bst. d des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (Bundesrechtspflegegesetz [OG], SR 173.110) bestätige. Art. 36 Abs. 1 MG sei daher bundesrechtskonform. Für den Fall, dass der angefochtene Entscheid im Lichte des VwVG überprüft werde, verweise man auf die Rechtskraft des Entscheids des VBS vom 15. Dezember 1995.
Art. 13 EMRK könne nur in Verbindung mit einem anderen Artikel der EMRK geltend gemacht werden.
K. In seiner Replik vom 27. Oktober 1998 hielt der Beschwerdeführer an seiner Betrachtungsweise fest, dass Art. 3 Bst. d VwVG (Ausschluss der Kommandosachen) nicht Anwendung finde. Entgegen der Vorinstanz stünden existentielle Interessen des Rechtsunterworfenen auf dem Spiele, wenn sich dieser 22 Tage einem besonderen Gewaltverhältnis unterwerfen müsse. Im Übrigen hielt er an seiner Auslegung von Art. 103 Abs. 2 BV fest. Da eine qualifizierte Widerrechtlichkeit vorliege, sei die Bundesverwaltung nicht mehr an Art. 36 Abs. 2 MG gebunden, und auch Art. 13 EMRK sei einschlägig.
Auch der Generalstabschef teile seine Auffassung, dass auf die weitergezogene Dienstbeschwerde einzutreten sei.
Aus den Erwägungen:
Verfügungscharakter
1. Da das Dienstreglement keine Vorschriften enthält, wie das Verfahren bei der Feststellung der Restdienstpflicht zu gestalten ist, haben die Vorinstanzen - obwohl die Anwendbarkeit des VwVG für Kommandosachen in Art. 3 Bst. d VwVG ausgeschlossen wird - subsidiär Verwaltungsverfahrensrecht angewandt und die Restdienstpflicht des Beschwerdeführers in verfügungsähnlicher Form geregelt. Die subsidiäre Anwendung von Bestimmungen des VwVG entspricht bundesgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BGE 101 Ib 102 ff.) und präjudiziert die Frage des Rechtsschutzes nicht.
Rechtsschutz im Allgemeinen
2.1. Aufgrund der Generalklausel von Art. 97 Abs. 1 OG unterliegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, das heisst Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und - je nach Sichtweise - die Feststellung des Bestehens oder die Begründung von Pflichten zum Gegenstand haben (Art. 5 Abs. 1 Bst. b bzw. a VwVG) - letztinstanzlich der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Die Ausnahmen (Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbeschwerde) werden in Art. 99 ff. OG geregelt.
2.2. Ein solcher Ausschlussgrund liegt unbestrittenermassen vor, wenn «nicht vermögensrechtliche Angelegenheiten des Militärdienstes» Gegenstand des angefochtenen Entscheides bilden (Art. 100 Bst. d Ziff. 1 OG; VPB 42.21 E. 4 S. 92).
2.3. Selbst wenn eine Verfügung nach Art. 5 VwVG vorläge, wäre daher vorliegend die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ausgeschlossen.
2.4. Verfügungen nach Art. 5 VwVG, gegen welche die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ausgeschlossen ist, werden in verwaltungsinternen Rechtsmittelverfahren überprüft, wobei der Rechtsmittelweg letztinstanzlich zum Bundesrat führt (Art. 72 ff. VwVG).
Dieser Rechtsweg setzt allerdings voraus, dass das VwVG überhaupt Anwendung findet, was gemäss Art. 3 VwVG für bestimmte Arten von Verfahren nicht der Fall ist. Zudem schliesst Art. 74 Bst. e VwVG die Beschwerde an den Bundesrat aus, wenn Verfügungen nach anderen Bundesgesetzen endgültig sind (vgl. im Einzelnen Peter Schmid, die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat, Bern 1997, S. 75 ff.), und Art. 74 Bst. c VwVG erklärt in Verbindung mit Art. 98 Bst. e OG die Beschwerde gegen Verfügungen der Eidgenössischen Rekurs- und Schiedskommissionen als unzulässig.
Das Rechtsmittelsystem des VwVG und des OG zeigt mithin klar, dass der Rechtsmittelweg nicht in jedem Fall an das Bundesgericht oder an den Bundesrat (bzw. - nach Art. 79 VwVG - an die Bundesversammlung) führen muss.
Es ist im folgenden deshalb zu prüfen, welcher Rechtsschutz für Anordnungen über die Restdienstleistungspflicht gilt.
Rechtsschutz in Kommandosachen
2.5. Zu den nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten des Militärdienstes gehören namentlich die Kommandosachen (Überschrift vor Art. 36 ff. MG und Art. 37 MG). In Kommandosachen richtet sich der Rechtsschutz für Angehörige der Armee nach dem Dienstreglement; Kommandosachen im Sinne von Art. 3 Bst. d VwVG sind alle Anordnungen der militärischen Vorgesetzten. Der Bundesrat bestimmt, welche Anordnungen der eidgenössischen und der kantonalen Militärbehörden über die militärische Verwendung als Angehörige der Armee zusätzlich Kommandosachen darstellen (Art. 37 MG).
Gestützt auf diese gegenüber der Regelung der früheren MO inhaltlich unveränderte Bestimmung hat der Bundesrat in seiner Verordnung vom 10. Dezember 1990 über den Rechtsschutz in Kommandosachen der Militärbehörden Entscheide über die Anrechnung von Dienstleistungen an die Instruktionsdienstpflicht als Kommandosachen der eidgenössischen und kantonalen Militärbehörden bezeichnet (Art. 1 Bst. c).
Strittig ist vorliegend, wie weit die vom Beschwerdeführer zusätzlich geleisteten Diensttage an die Instruktionsdienstpflicht anzurechnen sind. Der angefochtene Entscheid betrifft daher eine Kommandosache.
2.6. Das Verwaltungsverfahrensgesetz ist nach Art. 3 Bst. d VwVG auf militärische Kommandosachen allerdings nur insoweit nicht anwendbar, als Art. 34quater MO (vgl. nun Art. 40 MG) nichts anderes bestimmt. Die in Art. 40 MG geregelten Ausnahmen (Anwendung des VwVG) fallen vorliegend ausser Betracht. Bei den angesprochenen Ausnahmen geht es um Verfügungen betreffend waffenlosen Dienst sowie um Entscheide nach den Art. 21-24 MG (z.B. Ausschluss aus der Armee) und ähnliche verwaltungsrechtliche Sanktionen.
Während sich in den anderen nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Rechtsschutz gegenüber Verfügungen von Bundesbehörden nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz richtet (Art. 37 MG, vgl. früher Art. 34bis Abs. 2 MO; vgl. Botschaft des Bundesrates vom 28. Juni 1989 betreffend die Teilrevision der Militärorganisation und die Totalrevision des Bundesbeschlusses über die Offiziersausbildung, BBl 1989 II 1212) und der Rechtsweg grundsätzlich an den Bundesrat führt, entscheidet das VBS in Kommandosachen endgültig (Art. 36 Abs. 2 und Art. 37 Abs. 2 MG; Art. 104 Abs. 1 Bst. b und Art. 109 Abs. 1 DR 95).
Bei den Fällen, in welchen das Verwaltungsverfahrensrecht in den «anderen nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten» Anwendung findet, steht die Dienstpflicht primär dem Grundsatz und nicht bloss dem Umfang nach in Frage, wie dies bei Streitigkeiten über die Anrechnung von Diensttagen an die Instruktionsdienstpflicht zutrifft.
2.7. Als Zwischenergebnis steht somit fest, dass Streitigkeiten über die Anrechnung von Dienstleistungen an die Instruktionsdienstpflicht als Kommandosachen nur der Dienstbeschwerde unterliegen, wobei das VBS endgültig entscheidet.
Die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat gegen den Nichteintretensentscheid des VBS vom 24. April 1998 ist daher aufgrund von Art. 3 Bst. d VwVG in Verbindung mit Art. 36 ff. MG ausgeschlossen.
Verfassungsmässigkeit
3.1. Unter Berufung auf Art. 103 Abs. 2 BV (für einen historischen Überblick vgl. Schmid, a.a.O., S. 85 ff.) rügt der Beschwerdeführer, der Ausschluss der Beschwerde an den Bundesrat in Kommandosachen sei - jedenfalls was die Feststellung der Restdienstpflicht betreffe - verfassungswidrig.
3.2. Keiner näheren Begründung bedarf, dass Art. 103 Abs. 2 BV auf Kommandosachen im engeren Sinne, das heisst Anordnungen der militärischen Vorgesetzten, keine Anwendung finden kann.
Gegen Anordnungen über die Feststellung der Restdienstleistungspflicht hätte der Gesetzgeber dagegen an sich letztinstanzlich eine Beschwerde (Verwaltungsbeschwerde oder Dienstbeschwerde) an den Bundesrat vorsehen können.
3.3. Art. 103 BV hält in Abs. 1 fest, dass die Geschäfte des Bundesrates (Art. 102 BV) nach Departementen unter die einzelnen Mitglieder verteilt werden; der Entscheid über die Geschäfte geht vom Bundesrat als Behörde aus. Durch die Bundesgesetzgebung können gemäss Abs. 2 bestimmte Geschäfte den Departementen oder ihnen untergeordneten Amtsstellen - unter Vorbehalt des Beschwerderechts - zur Erledigung überwiesen werden.
Die 1914 eingeführte Grundregel von Art. 103 Abs. 2 BV, wonach der Bundesrat - unter dem erwähnten Vorbehalt - generell zur Erledigung aller Geschäfte zuständig sein sollte, ist allerdings durch die geltende Gesetzgebung weitgehend in Frage gestellt worden (Alfred Kölz, Kommentar zur Bundesverfassung, Rz. 20 zu Art. 103 BV). Dies zeigt nicht nur die bereits erwähnte Vielzahl von spezialgesetzlichen Ausnahmeregelungen (vgl. Schmid, a.a.O., S. 75 ff.), sondern auch das am 16. Dezember 1943 eingeführte OG, welches in Art. 124 einzelne Departementsentscheide als endgültig bezeichnet. Mit dem Verwaltungsorganisationsgesetz vom 19. September 1978 wurde der seit 1943 bestehende Widerspruch zwischen der Regelung der Bundesrechtspflege und des Verwaltungsverfahrens sowie der Verwaltungsorganisation behoben, indem letztere entsprechend angepasst wurde.
Das neue Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG, SR 172.010) geht nun in Art. 47 davon aus, dass die Geschäfte je nach Bedeutung vom Bundesrat, einem Departement, einer Gruppe oder einem Amt entschieden werden (Abs. 1), wobei der Bundesrat die Zuständigkeiten in einer Verordnung regelt (Abs. 2).
Die übergeordneten Verwaltungseinheiten und der Bundesrat können jederzeit einzelne Geschäfte zum Entscheid an sich ziehen (Abs. 4), und der Bundesrat ist berechtigt, Weisungen zu erteilen, sofern keine Beschwerde an ihn möglich ist (Abs. 5).
Im Entwurf für eine neue Bundesverfassung[4] ist im übrigen in Art. 161 Abs. 1 Bst. e vorgesehen, dass der Bundesrat - in Übereinstimmung mit Art. 9 Abs. 2 RVOG - nur zur Beurteilung von Beschwerden zuständig sein soll, soweit das Gesetz es vorsieht.
3.4. Die in der Literatur geäusserte Kritik an der Missachtung von Art. 103 Abs. 2 BV durch den Gesetzgeber (vgl. Alfred Kölz / Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, Rz. 330) bezieht sich vorwiegend auf Beschwerden, mit welchen zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden (Art. 6 § 1 EMRK).
Da Bundesgericht und Bundesrat an die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze, allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüsse und Staatsverträge gebunden sind (Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis Abs. 3 BV), darf der Bundesrat die Anwendung dieser mit Art. 103 Abs. 2 BV im Widerspruch stehenden Erlasse, welche explizit die Beschwerde an den Bundesrat ausschliessen, nicht in Frage stellen (vgl. René Rhinow / Heinrich Koller / Christina Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel / Frankfurt a.M. 1996, Rz. 1243 und Schmid, a.a.O., S. 93 ff.).
EMRK
4.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Rechts auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK, allerdings ohne ausdrücklich geltend zu machen, in welchem garantierten Recht oder welcher garantierten Freiheit er beeinträchtigt worden sei. Das VBS hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Art. 13 EMRK nur in Verbindung mit einer anderen Bestimmung der EMRK angerufen werden kann (vgl. BGE 121 I 90).
Der Bundesrat geht davon aus, dass der Beschwerdeführer die durch den Militärdienst bedingten Einschränkungen rügen will, das heisst eine Verletzung seines Anspruchs auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5 § 1 EMRK) sowie - wegen der Auswirkungen des Militärdienstes - eine Verletzung des Anspruchs auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 § 1 EMRK).
Dienstleistungen militärischen Charakters stellen aber nach Art. 4 § 3 Bst. b EMRK keine Zwangs- oder Pflichtarbeit dar (vgl. BGE 118 Ia 348). Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass auch die durch Militärdienst verursachten üblichen Beeinträchtigungen der Freiheit sowie des Privat- und Familienlebens keine Verletzung von Art. 5 § 1 EMRK und Art. 8 § 1 EMRK darstellen.
4.2. Nach Art. 13 EMRK hat derjenige, der sich in den durch die Konvention garantierten Rechten und Freiheiten beeinträchtigt vorkommt, Anspruch darauf, bei einer nationalen Instanz eine wirksame Beschwerde einreichen zu können.
Diese Garantie ist im vorliegenden Fall erfüllt, weil die Dienstbeschwerde an das VBS möglich ist; diese Beschwerde entspricht den Anforderungen an eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz.
4.3. Eine Verletzung von Art. 13 EMRK in Verbindung mit Art. 5 § 1 und Art. 8 § 1 EMRK liegt daher offensichtlich nicht vor.
5. Sind Entscheide des VBS in Sachen Restdienstleistungspflicht endgültig, so entscheidet das VBS auch letztinstanzlich über die Zulässigkeit der Revision (Art. 66 VwVG).
6. Der Bundesrat kann daher den angefochtenen Entscheid unter keinem Titel in einem Verwaltungsbeschwerdeverfahren überprüfen.
Aufsichtsbeschwerde
7. Zu prüfen bleibt, ob die vorliegende Eingabe als Aufsichtsbeschwerde entgegengenommen werden kann.
7.1. Nach Art. 71 VwVG kann jedermann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen Interesse ein Einschreiten gegen eine Behörde von Amtes wegen erfordern, der Aufsichtsbehörde anzeigen. Der Anzeiger hat nicht die Rechte einer Partei. Nach fester Praxis bejaht der Bundesrat ein öffentliches Interesse dann, wenn zum einen eine wiederholte oder wiederholbare Verletzung von klarem materiellem Recht oder von Verfahrensrecht behauptet wird und zum andern sich die geltend gemachte Rechtsverletzung mit keinem ordentlichen oder ausserordentlichen Rechtsmittel rügen lässt (Subsidiarität der Aufsichtsbeschwerde; vgl. VPB 56.37 E. 1 S. 284 , mit Hinweisen auf Praxis und Literatur).
7.2. Wie bereits dargelegt worden ist, unterliegt der Entscheid des VBS weder der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht noch der Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat. Der Grundsatz der Subsidiarität der Aufsichtsbeschwerde steht daher dem Eintreten auf die Aufsichtsbeschwerde nicht entgegen.
7.3. Da indes die Verfahren betreffend die Festsetzung der Restdienstleistung, welche eine grosse Zahl von Entscheiden zur Folge hatte, von vereinzelten Ausnahmefällen abgesehen bereits seit langem abgeschlossen und daher allfällige Rechtsverletzungen in diesem Bereich nicht wiederholbar sind, rechtfertigte es sich aus der Sicht des Bundesrates nur dann, auf die Aufsichtsbeschwerde einzutreten, wenn eine schwerwiegende Verletzung materiellen Rechts oder von Verfahrensrecht gerügt würde.
Dies ist indes offensichtlich nicht der Fall.
7.4. Im übrigen hat der Bundesrat die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsauffassung bereits am 6. November 1996 in einem Aufsichtsbeschwerdeentscheid in Sachen D. gegen das VBS, welcher dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden ist, verworfen.
Der Bundesrat ging in diesem Entscheid davon aus, dass er nach Art. 151 MG und Art. 23 BRA 95 für eine Übergangsperiode von längstens fünf Jahren die Erfüllung der Dienstpflicht zu regeln hatte. Gestützt auf den BRA 95 hat der Bundesrat die VBA erlassen. Für die Dienstanrechnung und Dienstnachholung bei Kursen im Truppenverband hat er in Art. 47 übergangsrechtlich festgelegt, dass nach altem Recht bestandene Wiederholungskurse (WK) mit 20 Tagen an die Gesamtdienstleistungspflicht nach neuem Recht anzurechnen sind. Nicht mitgezählt werden Tage, die Angehörige der Armee freiwillig oder als Tage in Kadervorkursen, für Erkundung, für die Vorbereitung der Kurse und für Organisations- und Entlassungsarbeiten geleistet haben (Art. 47 Abs. 1 und 4 VBA). Für Korporale ergibt sich daher in der Armee 95 eine Gesamtdienstleistungspflicht von 460 Tagen (vgl. Art. 4 Abs. 3 VAD).
Es besteht für den Bundesrat kein Anlass, auf diesen Entscheid zurückzukommen.
8. Der Bundesrat tritt daher auf die vorliegende Eingabe auch unter dem Titel der Aufsichtsbeschwerde nicht ein.
9. In Anlehnung an die für Dienstbeschwerden geltende Regelung (Art. 36 Abs. 4 MG und Art. 108 Abs. 7 DR 95) werden keine Verfahrenskosten erhoben.
[3] BS 5 3; AS 1948 425, 1949 1491 (Art. 1-3, 5 Bst. a-d), 1952 331 338 (Art. 2), 1961 231, 1968 73 (Ziff. I, III), 1970 43, 1975 11, 1979 114 (Art. 72 Bst. e), 1984 1324, 1990 1882, 1991 1412, 1992 288 (Anhang Ziff. 20) 2392 (Ziff. I 2), 1994 1662 (Art. 22 Abs. 2); SR 173.51 Anhang Ziff. 5, 415.0 Art. 15 Ziff. 3, 616.1 Anhang Ziff. 10, 661 Art. 48 Abs. 2 Bst. d, 833.1 Anhang Ziff. 2, 921.0 Art. 55 Ziff. 3.
[4] BBl 1999 162. Die neue Bundesverfassung wurde in der Volksabstimmung vom 18. April 1999 vom Volk und von den Ständen angenommen.
Dokumente des Bundesrates