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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

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VPB 63.89

(Auszug aus einem Entscheid des ETH-Rates vom 20. Mai 1999)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt
Sachverhalt A.
Sachverhalt B.
Erwägungen
Erwägung 1.
Erwägung 2.a.
Erwägung b.
Erwägung 3.

Eidgenössische Technische Hochschulen. Vordiplomprüfung. Prüfungsstoff für Repetenten. Beschwerdevoraussetzungen.

Aktuelles Interesse an der Aufhebung einer Verfügung betreffend das endgültige Nichtbestehen einer Prüfung trotz Aufnahme eines neuen Studiums (E. 1).

Die Vordiplomprüfungen umfassen jeweils den aktuellen Vorlesungsstoff des Examinators. Dies gilt wegen des Gebots der Gleichbehandlung aller Prüfungskandidaten auch für Repetenten (E. 2a).

Pflicht der Repetenten, sich selbst über den Prüfungsinhalt zu informieren (E. 2b).


Ecoles polytechniques fédérales. Examen intermédiaire. Matière d'examen pour les candidats qui se représentent à un examen. Conditions de la qualité pour recourir.

Intérêt actuel à l'annulation d'une décision portant sur l'échec définitif à un examen intermédiaire (consid. 1).

L'examen intermédiaire porte chaque fois sur le contenu actuel des cours de l'examinateur. Selon le principe de l'égalité de traitement, ceci s'applique aussi aux candidats qui se représentent à un examen (consid. 2a).

Les candidats qui se représentent à un examen ont le devoir de s'informer eux-mêmes sur le contenu de l'examen (consid. 2b).


Politecnici federali. Esami intermedi. Materie d'esame per i candidati che si ripresentano a un esame. Condizioni di legittimazione al ricorso.

Interesse attuale all'annullamento di una decisione concernente il fallimento definitivo di un'esame malgrado l'inizio di un nuovo studio (consid. 1).

Gli esami intermedi comprendono il contenuto attuale dei corsi dell'esaminatore. Giusta il principio della parità di trattamento ciò si applica anche ai candidati che si ripresentano ad un esame (consid. 2a).

I candidati che si ripresentano ad un esame hanno il dovere di informarsi essi stessi sul contenuto degli esami (consid. 2b).




Zusammenfassung des Sachverhaltes:

A. M. begann ein Chemiestudium an der Abteilung für Chemie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ). Nach drei Semestern Studiums bestand er die 1. Vordiplomprüfung mit einem Notendurchschnitt von 4. Er wiederholte das 2. und 3. Semester, besuchte anschliessend das 4. und 5. Semester und legte die 2. Vordiplomprüfung für Chemiker ab, bestand sie jedoch mit einer Durchschnittsnote von 2.7 nicht. Im darauffolgenden Herbst wiederholte er die 2. Vordiplomprüfung, wobei er einen Notendurchschnitt von 3.8 erzielte. Er war in vier Fächern mit der Note 4 genügend, erzielte aber nur eine 3 in anorganischer Chemie. Die ETHZ teilte M. das endgültige Nichtbestehen der 2. Vordiplomprüfung mit. Seit Herbst 1998 ist M. im 1. Semester der Abteilung für Informatik der ETHZ eingeschrieben.

B. Gegen diese Verfügung erhob M. mit Eingabe vom 24. November 1998 Verwaltungsbeschwerde an den ETH-Rat. Er beantragt die Wiederholung des anorganisch-chemischen Teils der 2. Vordiplomprüfung oder der gesamten 2. Vordiplomprüfung. Zur Begründung führt er an, der für die anorganische Chemie verantwortliche Dozent habe während der späteren Vorlesungen, die er als Repetent kein zweites Mal besucht habe, bekanntgegeben, dass eine Aufgabe der 2. Vordiplomprüfung der Marcus-Theorie gewidmet sein werde. Als Repetent habe er keine Möglichkeit gehabt, von dieser Information Kenntnis zu haben; insbesondere sei kein anderes Skript verteilt worden. Die Marcus-Theorie sei nicht in den gängigsten Lehrbüchern für anorganische Chemie erwähnt und könne deshalb nicht als Hauptbestandteil einer Vordiplomprüfung in anorganischer Chemie gelten.

In ihrer Beschwerdeantwort vom 12. Februar 1999 beantragt die Beschwerdegegnerin die Ablehnung der Beschwerde. Sie legt dar, dass die Prüfung des Beschwerdeführers korrekt und fair bewertet worden sei. Der Dozent erachte es als Pflicht eines jeden Repetenten, sein Wissen durch den nochmaligen Besuch der Vorlesungen auf den neusten Stand zu bringen. Im übrigen habe er den Studierenden keine Aufgabe über die Marcus-Theorie versprochen, sondern lediglich darauf hingewiesen, eine solche sei möglich. Zudem habe er die Marcus-Theorie nie als untergeordnetes Thema behandelt.

Aus den Erwägungen:

1. Die Verfügung der ETHZ vom 23. November 1998 ist eine Verfügung im Sinne von Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Zur Beschwerde gegen diese Verfügung ist berechtigt, wer durch sie berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 48 Bst. a VwVG). Das Interesse muss aktuell, also gegenwärtig, kann aber auch künftig, darf jedoch nicht bereits dahingefallen sein (VPB 59.113; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 154; André Grisel, Traité de droit administratif, Neuchâtel 1984, S. 900). Nach Art. 22 Abs. 2 der Allgemeinen Prüfungsverordnung vom 8. Oktober 1996 der ETHZ (APrV ETHZ, SR 414.132.1) können Studierende, die eine Vordiplomprüfung zweimal nicht bestanden haben, am Unterricht der gleichen Studienrichtung nicht mehr als Diplomstudierende teilnehmen. Damit verschliesst die Verfügung vom (...)dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, das Chemiestudium an der ETHZ mit einem Diplom abzuschliessen. Auch wenn der Beschwerdeführer inzwischen ein Informatikstudium aufgenommen hat, hat er ein schutzwürdiges Interesse daran, sich die Möglichkeit eines Diplomabschlusses des Chemiestudiums offenzuhalten. Da der Beschwerdeführer somit durch die angefochtene Verfügung berührt ist und er ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung hat, ist er zur Beschwerde legitimiert. Die Beschwerde wurde innerhalb der von Art. 50 VwVG vorgeschriebenen 30-tägigen Frist eingereicht. Der ETH-Rat ist die zuständige Rechtsmittelbehörde (Art. 37 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Eidgenössischen Technischen Hochschulen [ETH-Gesetz], SR 414.110). Der Beschwerdeführer hat gemäss Art. 63 Abs. 4 VwVG einen Kostenvorschuss von Fr. 500.- geleistet. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

2.a. Die Prüfungen werden von den im Prüfungsfach unterrichtenden Dozenten abgenommen (Art. 15 Abs. 1 APrV ETHZ). Gemäss Art. 15 Abs. 4 Bst. a APrV ETHZ ist es Aufgabe der Examinatoren, den Prüfungsstoff auszuwählen. Es versteht sich von selbst, dass eine Prüfung den jeweils aktuellen Vorlesungsstoff des Examinators umfasst; diese Regel gilt wegen des Gebots der Gleichbehandlung aller Prüfungskandidaten auch für Repetenten (Entscheid des ETH-Rates vom 28. März 1996 in Sachen S. I.). Daraus kann sich unter Umständen eine im Vergleich zum ersten Prüfungsversuch andere Gewichtung des Prüfungsstoffs ergeben. Es besteht kein Anspruch auf Identität der Prüfungsstoffe beider Prüfungsversuche oder auf Übereinstimmung zwischen dem Lehr- und dem Prüfungsstoff (Entscheid des ETH-Rates vom 30. Mai 1996 in Sachen D. B.; Entscheid des ETH-Rates vom 28. März 1996 in Sachen S. I.). Die Examinatoren müssen daher die Studierenden rechtzeitig über den Prüfungsstoff sowie die zusätzlichen Hilfsmittel informieren (Bst. b).

b. Es ergibt sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers, dass der Examinator die Studierenden während der Vorlesungen über den Prüfungsstoff der 2. Vordiplomprüfung informiert hat. Insbesondere hat er ihnen mitgeteilt, dass eine Aufgabe über die Marcus-Theorie möglich sei.

Die Orientierung über den Prüfungsstoff während der Vorlesungen ist durchaus zweckmässig, und der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass diese Information nicht rechtzeitig erfolgt sei. Damit hat der Examinator seine sich aus Art. 15 Abs. 4 Bst. b APrV ETHZ ergebende Informationspflicht erfüllt. Der Einwand des Beschwerdeführers, die Marcus-Theorie sei in den gängigsten Lehrbüchern der anorganischen Chemie nicht beschrieben, ist unbehelflich, da es wie erwähnt Sache des Examinators ist, den Prüfungsstoff auszuwählen. Wenn der Beschwerdeführer am Vorlesungsbesuch verhindert war oder die Vorlesungen kein zweites Mal besuchen wollte, da diese weitgehend mit den von ihm bereits besuchten Lehrveranstaltungen übereinstimmten, hätte er den Examinator oder seine Assistenz aufsuchen müssen, um sich über den genauen Umfang und Inhalt des Prüfungsstoffs des zweiten Versuchs zu vergewissern. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen.

3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG).





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