VPB 64.127
(Auszug aus dem Beschwerdeentscheid der Rekurskommission EVD vom 4. Mai 1999 in Sachen Stiftung X gegen Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit; 98/5B-003)
Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt
Erwägungen
Erwägung 3.
Erwägung 3.1.
Erwägung 3.2.
Erwägung 3.3.
Erwägung 5.
Erwägung 6.
Erwägung 7.
Erwägung 8.
Zivildienst. Anerkennung als Einsatzbetrieb.
Art. 2 ff. und 42 ff. ZDG. Art. 4 ZDV.
Voraussetzungen für die Anerkennung als Einsatzbetrieb (E. 3 ff.).
Art. 4 Abs. 1 ZDV. Ausschluss von Tätigkeiten.
Keine Anerkennung als Einsatzbetrieb, wenn sich ein Zivildienstleistender ideell hinter die Ziele eines Einsatzbetriebes stellen müsste, um diese dann an (politische) Institutionen weiterzugeben (E. 7).
Service civil. Reconnaissance en qualité d'établissement d'affectation.
Art. 2 ss et 42 ss LSC. Art. 4 OSCi.
Conditions pour la reconnaissance en qualité d'établissement d'affectation (consid. 3 ss).
Art. 4 al. 1 OSCi. Activités exclues.
L'institution qui emploie des personnes astreintes au service civil en exigeant d'elles qu'elles adhèrent aux objectifs qu'elle poursuit pour les répercuter ensuite dans d'autres instituts (à caractère politique) n'est pas reconnue comme établissement d'affectation (consid. 7).
Servizio civile. Riconoscimento quale istituto d'impiego.
Art. 2 segg. e 42 segg. LSC. Art. 4 OSCi.
Presupposti per il riconoscimento quale istituto d'impiego (consid. 3 segg.).
Art. 4 cpv. 1 OSCi. Esclusione di attività.
Un istituto d'impiego non viene riconosciuto come tale quando esige dalle persone che prestano servizio civile sostitutivo che esse aderiscano agli obiettivi ideali da esso perseguiti alfine di ripercuoterli in altri istituti (a carattere politico; consid. 7).
Am 5. Januar 1998 stellte die Stiftung X beim Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (hiernach: Bundesamt; seit 1. Januar 1998 Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit) ein Gesuch um Anerkennung als Einsatzbetrieb des Zivildienstes. Mit Verfügung vom 7. Juli 1998 lehnte das Bundesamt dieses Gesuch mit der Begründung ab, die Aktivitäten der Stiftung könnten keinem der gesetzlich vorgesehenen Tätigkeitsbereiche zugeordnet werden. Zudem könne eine Beeinflussung der politischen Meinungsbildung durch den Einsatz der zivildienstleistenden Person nicht ausgeschlossen werden. Gegen diese Verfügung erhob die Stiftung X (Beschwerdeführerin) am 23. Juli 1998 Verwaltungsbeschwerde bei der Rekurskommission EVD und beantragte sinngemäss ihre Anerkennung als Einsatzbetrieb.
Aus den Erwägungen:
(...)
3. Gemäss Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 (BV, SR 101) ist jeder Schweizer wehrpflichtig, wobei das Gesetz einen zivilen Ersatzdienst vorsieht (Art. 18 Abs. 1 BV). Gestützt auf diese verfassungsrechtliche Grundlage, wurde das Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den zivilen Ersatzdienst (Zivildienstgesetz [ZDG], SR 824.0) erlassen. Danach haben Institutionen, welche zivildienstpflichtige Personen beschäftigen wollen, bei der Vollzugsstelle ein schriftliches Gesuch um Anerkennung als Einsatzbetrieb zu stellen (Art. 41 Abs. 1 ZDG).
3.1. Stellt eine Institution ein entsprechendes Gesuch, so prüft die Anerkennungskommission, ob die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind (vgl. Art. 43 Abs. 1 ZDG in Verbindung mit Art. 1 der Verordnung vom 22. Mai 1996 über die Kommissionen des Zivildienstes [VKZD], SR 824.013). Dabei handelt es sich um eine verwaltungsunabhängige Fachkommission, welche der Vollzugsstelle administrativ angegliedert ist (Art. 43 Abs. 5 ZDG). Ihre Mitglieder setzen sich aus Persönlichkeiten zusammen, welche über vertiefte Kenntnisse der Arbeitswelt, des Arbeitsmarktes und des Wirtschaftsgeschehens verfügen und von diversen Interessengruppen vorgeschlagen worden sind (vgl. Art. 13 VKZD). Die Beratungen der Anerkennungskommission sind nicht öffentlich (Art. 89 der Verordnung vom 11. September 1996 über den zivilen Ersatzdienst, Zivildienstverordnung [ZDV], SR 824.01).
Die Vollzugsstelle entscheidet sodann auf Grund des Antrages der Anerkennungskommission darüber, ob die Institution und die vorgesehene Tätigkeit dem Wesen des Zivildienstes gerecht werden (Art. 42 und 43 Abs. 2 ZDG). Da der Entscheid und damit die rechtliche Subsumtion des von der Anerkennungskommission festgestellten rechtserheblichen Sachverhaltes letztlich bei der Vollzugsstelle liegt, ist es an ihr, die zutreffende Begründung in ihren Entscheid aufzunehmen. Sie kann dabei die Anerkennung allenfalls mit Bedingungen und Auflagen verbinden und befristen (Art. 42 Abs. 2 ZDG).
3.2. Damit eine gesuchstellende Institution als Einsatzbetrieb anerkannt werden kann, muss sie (kumulativ) gewisse Anforderungen erfüllen (vgl. Art. 2-6 ZDG). So muss etwa die Arbeitsleistung, welche der Zivildienstleistende erbringt, im öffentlichen Interesse liegen (Art. 2 Abs. 3 ZDG). Mithin muss er seine Arbeit bei einer öffentlichen Institution absolvieren oder bei einer privaten Institution erbringen, welche in gemeinnütziger Weise tätig ist (vgl. Art. 3 ZDG). Im Weiteren hat der Zivildienst, welcher bei den Einsatzbetrieben geleistet wird, in den Tätigkeitsbereichen Gesundheitswesen, Sozialwesen, Kulturgütererhaltung und Forschung, Umwelt- und Naturschutz sowie Landschaftspflege, Forstwesen, Landwirtschaft, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe und bei Einsätzen der Katastrophenhilfe zu erfolgen (vgl. Art. 4 Abs. 1 ZDG). Die zivildienstpflichtige Person darf zudem keine Tätigkeit ausüben, welche bezweckt, den Prozess der politischen Meinungsbildung zu beeinflussen oder religiöses oder weltanschauliches Gedankengut zu verbreiten oder zu vertiefen (Art. 4 Abs. 1 ZDV).
Zu erwähnen ist weiter, dass die gesuchstellenden Institutionen und die vorgeschlagenen Tätigkeiten im Einzelfall dem Wesen des Zivildienstes widersprechen können, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen (Art. 2-6 ZDG) an sich erfüllt wären. In diesem Fall gelangt Art. 43 Abs. 2 ZDG zur Anwendung, wonach die Anerkennungskommission die Ablehnung des Gesuches beantragt, wenn die gesuchstellende Institution oder die vorgesehene Tätigkeit dem Wesen des Zivildienstes nicht gerecht wird. Somit überprüft die Anerkennungskommission bei jedem Gesuch nicht nur den Tätigkeitsbereich der gesuchstellenden Institution selbst, sondern auch die konkret vorgesehenen Tätigkeiten der zivildienstleistenden Person. Dabei soll der Anerkennungskommission in der Anerkennungspraxis möglichst viel Handlungsfreiheit belassen werden. Diese Kompetenz soll auch auf Verordnungsstufe nicht allzu sehr eingeschränkt werden (vgl. die Botschaft vom 22. Juni 1994 zum Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst, hiernach: Botschaft, BBl 1994 III 1609 ff., S. 1692).
3.3. Die Rekurskommission EVD (REKO/EVD) entscheidet grundsätzlich mit voller Überprüfungsbefugnis, weshalb als Beschwerdegründe nicht nur Rechtsverletzungen oder die Sachverhaltsfeststellungen, sondern auch die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 49 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG], SR 172.021). Kommen jedoch der Vorinstanz spezielle Sachkenntnisse oder besondere Kenntnisse der örtlichen oder persönlichen Verhältnisse zu, sodass eine bestimmte Frage nur schwer überprüfbar ist, weicht die Rechtsmittelinstanz nicht ohne Not von der Auffassung der Vorinstanz ab und setzt nicht ihr Ermessen an Stelle desjenigen der untergeordneten Behörde. Sie stellt ihre eigene Beurteilung nicht an Stelle derjenigen der Fachinstanz, sondern beschränkt sich darauf zu überprüfen, ob letztere ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten hat (vgl. Fritz Gygi, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 154 ff.; Alfred Kölz / Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 644; vgl. auch REKO/EVD 97/5C-003 E. 3.2, publiziert in VPB 62.65).
(...)
5. Gemäss Art. 2 Abs. 3 ZDG muss die Arbeitsleistung der zivildienstleistenden Person im öffentlichen Interesse liegen. Eine Arbeitsleistung liegt im öffentlichen Interesse, wenn die zivildienstleistende Person sie bei einer öffentlichen Institution absolviert oder sie bei einer privaten Institution erbringt, welche in gemeinnütziger Weise tätig ist (Art. 3 ZDG).
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine private Institution. Als Beleg für ihre Gemeinnützigkeit reichte sie eine Verfügung der Steuerverwaltung des Kantons Y ein, welche sie als gemeinnützige Stiftung anerkennt. Die Gemeinnützigkeit wird vom Bundesamt nicht bestritten. Im Weiteren ist auch auf Grund der vorstehend dargestellten Stiftungszwecke ohne weiteres davon auszugehen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine nicht gewinnorientierte Institution handelt, welche in gemeinnütziger Weise tätig ist (Art. 3 Abs. 2 und 3 ZDV). Insofern ist die Voraussetzung, dass die Arbeitsleistung im öffentlichen Interesse liegen muss, erfüllt (Art. 3 ZDG).
6. Als Nächstes stellt sich die Frage, ob die vorgesehene Tätigkeit der zivildienstleistenden Person in einen der in Art. 4 Abs. 1 ZDG vorgesehenen Bereiche fällt.
Die Beschwerdeführerin umschreibt die entsprechenden Aufgaben in ihrem Gesuch wie folgt: (...)
Nach der vorstehenden Umschreibung des Pflichtenheftes würde somit die vorgesehene Tätigkeit der zivildienstleistenden Person hauptsächlich die Projekt(mit)arbeit, welche Projekte im Sinne des Stiftungszweckes zum Gegenstand hat (Art. 3 Statut; ...), umfassen. Bezugnehmend auf die verschiedenen Projekte, welche die Beschwerdeführerin bereits durchgeführt hat (...), kann festgestellt werden, dass eine Zuordnung der vorgesehenen Aktivitäten zu verschiedenen Bereichen gemäss Zivildienstgesetz, mithin zum «Gesundheitswesen», «Sozialwesen» oder «Umwelt- und Naturschutz, Landschaftspflege» (Art. 4 Abs. 1 Bst. a, b und d ZDG) denkbar ist. Wie es sich damit verhält, kann aber letztlich auf Grund der nachfolgenden Erwägung offen gelassen werden.
7. Gemäss Art. 4 Abs. 1 ZDV darf eine zivildienstleistende Person in einem Einsatzbetrieb keine Tätigkeit ausüben, welche den Prozess der politischen Meinungsbildung zu beeinflussen beziehungsweise religiöses oder weltanschauliches Gedankengut zu verbreiten oder vertiefen bezweckt.
Auf Grund der Statuten (...) sowie der Umschreibung der Aufgaben, welche die Beschwerdeführerin für die zivildienstleistende Person vorgesehen hat (...), ist festzuhalten, dass es der Beschwerdeführerin insbesondere darum geht, eine langfristige, weitsichtige Politik zu gestalten und diese mit wirksamen Massnahmen umzusetzen. Die zivildienstleistende Person hätte zu diesem Zweck die laufenden Projekte der Beschwerdeführerin und deren schriftliche Unterlagen zu studieren sowie sich mit ihrem Gedankengut auseinander zu setzen und vertraut zu machen. Bei der Projektarbeit, welche darin besteht X-Räte in bestehende Institutionen einzupflanzen, würde sie bei der Organisation und Durchführung von Anlässen mit beteiligten Menschen und Institutionen mithelfen. Dies würde wohl voraussetzen, dass sich der Zivildienstleistende ideell hinter die Stiftungsziele stellen, sich mithin mit der Denkweise und dem Geist - und damit mit der Weltanschauung - der Beschwerdeführerin auseinander setzen müsste, damit er diese dann an Institutionen weitergeben könnte. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin insbesondere eine Änderung der politischen Institutionen beabsichtigt. Auch wird die Umsetzung der Erkenntnisse im Bereiche des Stiftungszweckes in Rechtslehre und Rechtsetzung angestrebt (Art. 3 Statut). Damit ist jedoch eine Tätigkeit gegeben, die den politischen Meinungsbildungsprozess beeinflusst und weltanschauliches Gedankengut verbreitet. So führt denn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde selber aus, dass ihre Aktivität zweifellos die politische Meinungsbildung beeinflussen würde, indem sie in sämtlichen Veranstaltungen versuche, neue zukunftsfähige Ideen und politische Arbeitsweisen zu entwickeln und durchzusetzen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass sie weder parteipolitisch Stellung beziehen noch sich in den gegenwärtigen Politbetrieb einmischen würde, vermag an der obgenannten Beurteilung nichts zu ändern, da diese Argumente für die Einordnung der Tätigkeit nicht wesentlich sind.
Die Beschwerdeführerin bringt schliesslich vor, ihre Tätigkeiten würden sich nicht von jenen etwa des Z unterscheiden und dieser sei als Einsatzbetrieb anerkannt worden. Diesbezüglich ist zu erwähnen, dass auch Institutionen, welche an sich im politischen Sinne aktiv sind, grundsätzlich als Einsatzbetrieb anerkannt werden können. Art. 4 Abs. 1 Bst. a ZDV besagt nicht, dass der Einsatzbetrieb die politische Meinungsbildung nicht beeinflussen dürfe, sondern es wird ausdrücklich nur die Tätigkeit des Zivildienstleistenden hievon ausgenommen. In diesem Sinne nimmt der Z den Tätigkeitsbereich des Zivildienstleistenden explizit vom politischen Bereiche seiner Tätigkeit aus und kommt damit den Anforderungen der genannten Bestimmung der Zivildienstverordnung nach. Ob dabei seine Gesamttätigkeit eine «politische Komponente» aufweist, ist - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - unerheblich. Mithin ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Einwand nichts zu ihren Gunsten abzuleiten vermag.
Zusammenfassend ergibt sich, dass Zivildienstleistende bei der Beschwerdeführerin eine Tätigkeit ausüben würden, welche nach Art. 4 Abs. 1 ZDV ausgeschlossen ist. Insofern fehlt es an einer Voraussetzung für die Anerkennung der Beschwerdeführerin als Einsatzbetrieb.
8. Damit ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin die Anforderungen zur Anerkennung als Einsatzbetrieb nicht erfüllt. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.
(Die Rekurskommission EVD weist die Beschwerde ab)
Dokumente der REKO/EVD