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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

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VPB 66.18

(Auszug aus dem Beschwerdeentscheid der Rekurskommission EVD vom 5. April 2001 in Sachen F. gegen das Volkswirtschaftsdepartement sowie das Landwirtschaftsamt des Kantons Luzern, 99/JO-003)


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt
Erwägungen
Erwägung 1.
Erwägung 2.
Erwägung 2.1.
Erwägung 2.2.
Erwägung 2.3.
Erwägung 3.
Erwägung 3.1.
Erwägung 3.2.
Erwägung 4.
Erwägung 4.1.
Erwägung 4.2.
Erwägung 4.6.
Erwägung 5.

Landwirtschaftliche Beiträge (IP-Beiträge). Rückforderung ausbezahlter IP-Beiträge. Verjährung des Rückforderungsanspruchs.

Art. 32 Abs. 2 SuG. Verjährung.

Der Anspruch auf Rückforderung von ausbezahlten IP-Beiträgen ist nicht verjährt, wenn die verfügende Behörde diesen vor Ablauf eines Jahres seit Kenntnis geltend macht (E. 3.1 und 3.2).

Art. 30 Abs. 1 und 2 SuG. Widerruf von Finanzhilfen.

Die Voraussetzungen für einen Widerruf von IP-Beiträgen sind nicht gegeben, wenn gestützt auf Beweismittel erstellt ist, dass die Nährstoffbilanz auf dem Betrieb des Finanzhilfeempfängers ausgeglichen war, und daher alle Bedingungen für die Ausrichtung von IP-Beiträgen erfüllt waren (E. 4 ff.).


Subventions agricoles (contributions à la production intégrée). Restitution de contributions à la production intégrée. Prescription du droit à la restitution.

Art. 32 al. 2 LSu. Prescription.

Le droit d'exiger la restitution de contributions à la production intégrée n'est pas prescrit, si l'autorité qui a rendu la décision fait valoir sa prétention avant l'échéance d'une année à compter du jour où elle en a eu connaissance (consid. 3.1 et 3.2).

Art. 30 al. 1 et 2 LSu. Révocation d'aides financières.

Les exigences liées à la révocation de contributions à la production intégrée ne sont pas réalisées s'il est établi que le bilan des éléments nutritifs était «équilibré» sur l'exploitation du bénéficiaire de l'aide et que partant toutes les conditions d'octroi desdites contributions étaient remplies (consid. 4 ss).


Sovvenzioni agricole (contributi per la produzione integrata). Restituzione di contributi per la produzione integrata già attributi. Prescrizione del diritto alla restituzione.

Art. 32 cpv. 2 LSu. Prescrizione.

Il diritto alla restituzione di contributi attribuiti per la produzione integrata non è prescritto, se l'autorità decisionale fa valere questo diritto entro un anno a partire da quando essa ne è venuta a conoscenza (consid. 3.1 e 3.2).

Art. 30 cpv. 1 e 2 LSu. Revoca di aiuti finanziari.

Le premesse per una revoca di contributi per la produzione integrata non sono date in primo luogo quando, sulla base di mezzi prova, é accertato che il bilancio degli elementi nutritivi nell'azienda del beneficiario dell'aiuto finanziario era equilibrato e in secondo luogo quando le condizioni per l'attribuzione dei contributi per la produzione integrata non erano adempiute (consid. 4 segg.).




F. wurden im Dezember 1996 IP-Beiträge im Betrag von Fr. 13 824.- ausbezahlt. Mit Entscheid vom 2. März 1998 stellte das Landwirtschaftsamt des Kantons Luzern (Landwirtschaftsamt) fest, dass auf dem Betrieb von F. die Nährstoffbilanz im Jahr 1996 nicht ausgeglichen gewesen sei und daher die IP-Beiträge 1996 zu Unrecht ausbezahlt worden seien. Es verpflichtete F. zur Rückerstattung des erhaltenen Bundesbeitrages. Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Luzern (Volkswirtschaftsdepartement) bestätigte - wenn auch aus andern Gründen (Rückforderung des Beitrages wegen falschen Angaben von F.) - auf Beschwerde hin diesen Entscheid. Gegen den Entscheid des Volkswirtschaftsdepartements erhob F. (Beschwerdeführer) am 9. Juli 1999 Beschwerde bei der Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes (Rekurskommission EVD, REKO/EVD). Er beantragt unter anderem, es sei der Entscheid aufzuheben sowie die Direktzahlungen nicht zurückzufordern bzw. nicht zu verrechnen. Er hält fest, die Nährstoffbilanz im Jahre 1996 sei ausgeglichen gewesen.

Aus den Erwägungen:

1. (…)

2. Mit der am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Änderung des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1951 über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes (altes Landwirtschaftsgesetz [LwG von 1951], AS 1993 1571) hatte der Bundesgesetzgeber in der Landwirtschaft die ergänzenden Direktzahlungen und die Direktzahlungen für besondere ökologische Leistungen eingeführt. Auf den 1. Januar 1999 wurde das Landwirtschaftsgesetz vom 3. Oktober 1951 aufgehoben und das neue Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (neues Landwirtschaftsgesetz [LwG], SR 910.1) in Kraft gesetzt. Nach Art. 187 Abs. 1 dieses Gesetzes bleiben jedoch die aufgehobenen Bestimmungen - mit Ausnahme der Verfahrensvorschriften - auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen anwendbar. Da es um die Beiträge 1996 für besondere ökologische Leistungen geht, finden jene Bestimmungen Anwendung, die 1996 in Kraft waren.

2.1. Gemäss Art. 31a LwG von 1951 richtete der Bund zur Sicherung eines angemessenen Einkommens ergänzend Direktzahlungen an die bäuerlichen Bewirtschafter aus. Diese Zahlungen sollten zusammen mit jenen nach Art. 31b LWG von 1951 (Direktzahlungen für besondere ökologische Leistungen) der Landwirtschaft ermöglichen, die von ihr verlangten Aufgaben und gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu erfüllen (Art. 31a Abs. 1 LwG von 1951). Nach Art. 31b LwG von 1951 förderte der Bund mit Ausgleichsbeiträgen Produktionsformen, die besonders umweltschonend oder tiergerecht sind, namentlich den Biologischen Landbau, die Integrierte Produktion oder die kontrollierte Freilandhaltung in der Tierproduktion. Diese Beiträge wurden mit Bedingungen und Auflagen verknüpft, die der Bundesrat festlegte. Ausserdem hatte der gesamte Betrieb die Bedingungen und Auflagen nach Art. 31a LwG von 1951 zu erfüllen (Art. 31b Abs. 1 und Abs. 5 LwG von 1951). Die Kantone überprüften, ob die Produzenten die Bedingungen und Auflagen einhalten. Sie konnten die Aufgabe anerkannten Organisationen übertragen. Das Departement regelte die Anerkennung der Organisationen (Art. 31b Abs. 6 LwG von 1951).

2.2. Gestützt auf Art. 31a und 31b LwG von 1951 und Art. 117 LwG von 1951 hatte der Bundesrat am 26. April 1993 die Verordnung über ergänzende Direktzahlungen in der Landwirtschaft (alte Direktzahlungsverordnung [DZV von 1993], AS 1993 1574) sowie die Verordnung vom 24. Januar 1996 über Beiträge für besondere Leistungen im Bereiche der Ökologie und der Nutztierhaltung in der Landwirtschaft (Öko-Beitragsverordnung, OeBV, AS 1996 1007) erlassen. Danach gewährt der Bund auf Gesuch hin Beiträge an bäuerliche Bewirtschafter von Landwirtschaftsbetrieben für den ökologischen Ausgleich, die Integrierte Produktion, den Biologischen Landbau, besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme und die kontrollierte Freilandhaltung von Nutztieren (Art. 1 OeBV). IP-Beiträge werden gewährt an Bewirtschafter, die den gesamten Betrieb nach den vom Bundesamt anerkannten Regeln der Integrierten Produktion bewirtschaften und die landwirtschaftlichen Vorschriften der Umweltschutz-, Gewässerschutz- und Tierschutzgesetzgebung einhalten (Art. 20 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 und 2 OeBV). Das Bundesamt anerkennt die Regeln der Integrierten Produktion aber nur, wenn sie mindestens die in Art. 22 OeBV aufgeführten Voraussetzungen erfüllen. So sind unter anderem die Nährstoffkreisläufe möglichst zu schliessen und die Zahl der Nutztiere dem Standort anzupassen. Es ist eine Phosphor- und Stickstoffbilanz zu erstellen (Art. 22 Bst. c OeBV). Der Bewirtschafter führt ein Betriebsheft, das jederzeit Auskunft gibt über die Nutzung des Kulturlandes, den Einsatz von Dünger und Pflanzenbehandlungsmitteln, die durchgeführten Feldarbeiten und weitere produktionstechnische Massnahmen (Art. 21 Abs. 3 OeBV).

Der Bewirtschafter muss Kontrollen zulassen. So überprüft der Kanton oder eine von ihm beigezogene Organisation die vom Bewirtschafter eingereichten Angaben, die Einhaltung der Voraussetzungen und Auflagen und die Beitragsberechtigung. Unstimmigkeiten sind dem Bewirtschafter unverzüglich mitzuteilen (Art. 31 OeBV). Die Beiträge werden gekürzt oder verweigert, wenn der Gesuchsteller vorsätzlich oder fahrlässig falsche Angaben macht; Kontrollen erschwert; die Massnahmen, die er anwenden will, nicht rechtzeitig anmeldet oder die Voraussetzungen und Auflagen nicht einhält; die Nichteinhaltung rechtsetzender Erlasse muss mit einem rechtskräftigen Entscheid festgestellt werden (Art. 35 OeBV). Die Kürzung oder Verweigerung gilt für die Jahre, in denen der Bewirtschafter die Bestimmungen verletzt hat. Das Bundesamt verweigert die Auszahlung zu Unrecht zugesicherter Beiträge (Art. 35 Abs. 2 und 3 OeBV). Der Kanton fordert zu Unrecht bezogene Beiträge zurück oder verrechnet sie (Art. 37 OeBV).

2.3. Die Koordinationsgruppe IP-Richtlinien Deutschschweiz (KIP) hat gestützt auf die Öko-Beitragsverordnung (insbesondere auf Art. 20 Abs. 1 und Art. 22) mit Unterstützung der Landwirtschaftlichen Beratungszentrale Lindau (LBL) und der Schweizerischen Vereinigung integriert produzierender Bauern und Bäuerinnen «Mindestanforderungen für die Integrierte Produktion (IP) im Feldbau» (IP-Richtlinien) ausgearbeitet. Diese wurden vom Bundesamt am 20. Juli 1995 anerkannt (vgl. Art. 21 Abs. 1 OeBV) und in der Folge unter anderem für den Kanton Luzern als gültig erklärt. Ziff. 1 dieser IP-Richtlinien hält Folgendes fest:

«1. Allgemeines

1.1 Definition und Ziele der Integrierten Produktion

Bei der Integrierten Produktion stehen der ganze Betrieb und seine Menschen im Zentrum. Sie ist eine umweltschonende Landnutzungsform zur Erzeugung hochwertiger Nahrungsmittel und Rohstoffe. Durch die weit gehende Nutzung natürlicher Ressourcen und Regulationsmechanismen bei möglichst geschlossenen Nährstoffkreisläufen wird der Einsatz umweltbelastender Betriebsmittel reduziert und die Bodenfruchtbarkeit langfristig erhalten.

[…]

1.2 Bedeutung der IP-Mindestanforderungen

[…]

Sie basieren auf den Vorgaben der Bundesbehörden für den Vollzug von Art. 31 b LwG und bilden damit gleichzeitig die Basis für entsprechende Abgeltungen. Schwerpunktmässig werden die oben erwähnten Ziele durch folgende Massnahmen angestrebt:

[…]

ausgeglichene Nährstoffbilanz

[…]»

In Ziff. 5 dieser IP-Richtlinien wird betreffend Düngung Folgendes ausgeführt:

«5.1 Nährstoffhaushalt

Der Phosphor- und Stickstoffhaushalt werden anhand einer Bilanz beurteilt und müssen ausgewogen sein. Für die Bilanzierung gilt das aus den <Grundlagen für die Düngung> der eidgenössischen landwirtschaftlichen Forschungsanstalten abgeleitete Formular <Gesamtbetrieblicher Nährstoffhaushalt> der landwirtschaftlichen Beratungszentrale Lindau (LBL) und Lausanne (SRVA) in der jeweils aktuellen Version oder gleichwertige Berechnungsmethoden. Als gleichwertige Methoden gelten Methoden welche für jeden einzelnen Betrieb zu den gleichen Resultaten führen.

Phosphor

Der Phosphorhaushalt darf gesamtbetrieblich einen Überschuss von 10 Prozent oder höchstens 10 kg P205 pro ha düngbare Fläche aufweisen.

Stickstoff

Der Stickstoffhaushalt darf gesamtbetrieblich einen Überschuss von 10 Prozent oder höchstens 10 kg N pro ha düngbare Fläche aufweisen.»

3. Dem Beschwerdeführer wurden im Dezember 1996 IP-Beiträge im Betrag von Fr. 13 824.- ausbezahlt. Mit Entscheid vom 2. März 1998 stellte das Landwirtschaftsamt fest, dass auf dem Betrieb des Beschwerdeführers die Nährstoffbilanz im Jahr 1996 nicht ausgeglichen gewesen sei und daher die IP-Beiträge 1996 zu Unrecht ausbezahlt worden seien. Es verpflichtete den Beschwerdeführer zur Rückerstattung des erhaltenen Bundesbeitrages. Das Volkswirtschaftsdepartement bestätigte - wenn auch aus andern Gründen (Rückforderung des Beitrages wegen falschen Angaben des Beschwerdeführers) - auf Beschwerde hin diesen Entscheid.

Nach Art. 37 OeBV fordert der Kanton zu Unrecht bezogene Beiträge zurück oder verrechnet sie. Vorab ist von Amtes wegen zu klären, ob der durch die kantonalen Instanzen geltend gemachte Rückforderungsanspruch der IP-Beiträge 1996 noch nicht verjährt ist (vgl. Ulrich Häfelin / Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Aufl., Zürich 1998, Rz. 634; BGE 101 Ib 348).

3.1. Der Öko-Beitragsverordnung ist betreffend Verjährung eines Rückforderungsanspruchs von IP-Beiträgen nichts zu entnehmen. Ebenfalls enthält das Landwirtschaftsgesetz keine Regelung. Somit ist das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über die Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz [SuG], SR 616.1), insbesondere dessen 3. Kapitel («Allgemeine Bestimmungen für Finanzhilfen und Abgeltungen»: Art. 11-40) für Direktzahlungen in der Landwirtschaft anwendbar (vgl. Art. 2 Abs. 1 und 2 SuG; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 7. Juli 1997 i. S. EVD gegen P. [2A.48/197/run], E. 3a). Demnach verjährt der Anspruch auf Rückerstattung von Finanzhilfen und Abgeltungen ein Jahr, nachdem die verfügende oder den Vertrag abschliessende Behörde vom Rechtsgrund des Anspruchs Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber zehn Jahre nach der Entstehung des Anspruchs (Art. 32 Abs. 2 SuG).

Die einjährige Verjährungsfrist beginnt mit der Kenntnis des Rückerstattungsanspruches der «verfügenden Behörde» zu laufen. Es fragt sich nun, welches die verfügende Behörde im Kanton Luzern ist.

3.2. Die IP-Kontrollstelle wurde vom Kanton Luzern gestützt auf Art. 7 des Kantonalen Landwirtschaftsgesetzes vom 12. September 1995 (SRL Nr. 902) als so genannte Dritte zur Überprüfung der Einhaltung der IP-Richtlinien beigezogen. Deren Entscheide können an die IP-Aufsichtskommission, anschliessend an das Landwirtschaftsamt und an das Volkswirtschaftsdepartement weitergezogen werden. Das Landwirtschaftsamt entscheidet im Rahmen eines Beitragsverfahrens als erste kantonale Instanz über die Ausrichtung von IP-Beiträgen (§ 5 Kantonales Landwirtschaftsgesetz). Zuständige Behörde für die Rückforderung ist im vorliegenden Fall somit das kantonale Landwirtschaftsamt.

Aus den Akten ergibt sich, dass die Abteilung Landwirtschaft des Finanzdepartements Aargau am 4. Februar 1997 der Zentralstelle für Ökologie des Kantons Luzern die Lieferbestätigung von H. übermittelte. Daraus ging hervor, dass dem Betrieb F. 350 m3 Schweinegülle und 40 m3 Hühnermist zugeführt worden waren. Die Zentralstelle, die selber keine Entscheidbefugnis hat und dem Landwirtschaftsamt unterstellt ist (vgl. Regierungsratbeschluss Nr. 2978 vom 7. November 1995), überwies dieses Schreiben an die IP-Kontrollstelle. Gestützt auf dieses Dokument stellte die IP-Kontrollstelle mit Entscheid vom 30. Juli 1997 fest, dass mit den zugeführten Hofdüngern kein ausgeglichener Nährstoffhaushalt erreicht werden kann und damit auf dem Betrieb des Beschwerdeführers ein Eckpfeiler der Integrierten Produktionsweise nicht erfüllt sei. Die Direktzahlungen für die Integrierte Produktion 1996 könnten deshalb nicht gewährt werden und die bereits ausbezahlten IP-Beiträge 1996 müssten zurückgefordert werden. Diese Verfügung wurde dem Landwirtschaftsamt zur Kenntnis gebracht. Die IP-Aufsichtskommission bestätige mit Beschluss vom 16. Oktober 1997 diesen Entscheid. Dagegen reichte F. am 4. November 1997 Einsprache beim Landwirtschaftsamt ein. Dieses verfügte am 2. März 1998, dass kein Anspruch auf Beiträge für die Integrierte Produktion (IP) 1996 bestehe und die bereits ausbezahlten IP-Beiträge 1996 zurückgefordert werden.

Das Landwirtschaftsamt hat erstmals mit Zustellung des Entscheides der IP-Kontrollstelle vom 30. Juli 1997 - also anfangs August 1997 - von jenen Sachumständen, welche den geltend gemachten Rückforderungsanspruch begründen könnten, Kenntnis erhalten. Frühestens von diesem Zeitpunkt an begann somit die einjährige Verjährungsfrist gemäss Art. 32 Abs. 2 SuG zu laufen, womit die Rückforderungsverfügung des Landwirtschaftsamtes vom 2. März 1998 vor Ablauf der Jahresfrist erfolgte. Der Rückforderungsanspruch ist damit noch nicht verjährt.

4. Weiter ist zu prüfen, ob und wieweit ein Anspruch auf Rückerstattung des IP-Beitrages 1996 besteht.

Mit der Inkraftsetzung des Subventionsgesetzes wurde Art. 105 Abs. 1 LwG von 1951, der in genereller Weise bestimmte, dass «zu Unrecht bezogene Beiträge» zurückzuerstatten seien, durch Art. 30 SuG abgelöst (vgl. Anhang zum SuG Ziff. 25).

Art. 30 SuG bestimmt unter der Marginale «Widerruf von Finanzhilfe- und Abgeltungsverfügungen»:

«Die zuständige Behörde widerruft eine Finanzhilfe- oder Abgeltungsverfügung, wenn sie die Leistung in Verletzung von Rechtsvorschriften oder auf Grund eines unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalts zu Unrecht gewährt hat.

Sie verzichtet auf den Widerruf, wenn:

a. der Empfänger auf Grund der Verfügung Massnahmen getroffen hat, die nicht ohne unzumutbare finanzielle Einbussen rückgängig gemacht werden können;

b. die Rechtsverletzung für ihn nicht leicht erkennbar war;

c. eine allfällige unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes nicht auf schuldhaftes Handeln des Empfängers zurückzuführen ist.

[…]»

Sind die Voraussetzungen von Art. 30 Abs. 1 SuG erfüllt, so ist der gewährte Betrag zurückzufordern. Eine Rückforderung findet nur dann nicht statt, wenn - kumulativ - alle drei in Art. 30 Abs. 2 SuG genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. unveröffentlichter Bundesgerichtsentscheid vom 26. November 1992 i. S. T., E. 5a).

Im selben Entscheid führt das Bundesgericht weiter aus, der Gesuchsteller habe damals im Beitragsverfahren in den zuhanden der verfügenden Bundesstelle ausgefüllten Erhebungsformularen nicht auf das vorhandene Vermögen der Ehefrau hingewiesen. Der ergangene Subventionsentscheid beruhe damit auf unvollständigen und insofern unwahren Angaben. Die unvollständige Sachverhaltsfeststellung anlässlich der Beitragszusicherung gebe jedoch nur dann Anlass zu einem Widerruf gemäss Art. 30 Abs. 1 SuG, wenn die Subvention in Kenntnis der Vermögenslage der Ehefrau nicht oder nur in einem geringeren Umfang gewährt worden wäre (vgl. unveröffentlichter Bundesgerichtsentscheid vom 26. November 1992 i. S. T., E. 7a und 7c).

Infolgedessen erweist sich - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - ein Entscheid über die Beitragsgewährung im Sinne von Art. 30 Abs. 1 SuG erst dann als fehlerhaft und ist durch einen Widerruf zu korrigieren, wenn im Zeitpunkt der Beurteilung des Beitragsgesuches in Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse die Voraussetzungen für einen Beitrag nicht oder nicht in gleichem Umfang gegeben gewesen wären.

4.1. Im Folgenden ist auf Grund von Art. 30 SuG zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Rückforderung der IP-Beiträge 1996 erfüllt sind.

Aktenkundig ist, dass der Beschwerdeführer anfangs 1996 beschlossen hat, seinen Betrieb nach den Regeln der Integrierten Produktion zu bewirtschaften. Im Januar 1996 hat eine Einstiegsberatung stattgefunden (anwesend IP-Berater B. und der Beschwerdeführer). Einem auf den 4. Januar 1996 datierten Nährstoffbilanzformular können betreffend die im Jahr 1996 voraussichtlich zu tätigende Zufuhr von Nährstoffen folgende Angaben entnommen werden: 5 Dünger-Grossvieheinheiten (DGVE) Schweinegülle, 5 DGVE Legehennenmist, 5 500 kg Ammonsalpeter und 3 400 kg Thomasmehl. Ebenfalls ist aus dem Formular ersichtlich, dass beim Einsatz der Menge des obgenannten Düngers eine ausgeglichene Nährstoffbilanz resultiert, da sowohl beim Stickstoff- als auch beim Phosphorhaushalt je ein Überschuss von gesamtbetrieblich 10% oder 10 kg pro Hektare nicht erreicht wird. Weiter ergibt sich auf Grund der Akten, dass am 26. November 1996 auf dem Betrieb des Beschwerdeführers eine IP-Kontrolle durchgeführt wurde. Hierbei wurde der «Kontrollbericht für die IP im Feldbau 1996» ausgefüllt und vom Kontrolleur W. und vom Beschwerdeführer unterschrieben. Unter Ziff. 2 dieses Kontrollberichts wurde festgehalten, dass sämtliche Aufzeichnungen (wie beispielsweise Betriebsplan und Parzellenverzeichnis, Fruchtfolgerapport, Feldkalender, Wiesenjournal und Nährstoffbilanzformular) vorliegen und die Anforderungen erfüllt sind. Die Ziff. 5.1 und 5.2 des Berichts geben darüber Auskunft, dass beim Phosphor- beziehungsweise beim Stickstoffhaushalt die Toleranzschwellen von maximal 10% gesamtbetrieblich oder 10 kg P2O5 pro Hektare düngbare Fläche beziehungsweise von maximal 10% gesamtbetrieblich oder 10 kg N pro Hektare düngbare Fläche nicht überschritten worden seien. (Diesbezüglich detaillierter ausgestaltet sind die Formulare der Kontrollberichte für die Jahre 1997 und 1998, welche zusätzlich folgende Rubrik enthalten: «Die letzte Nährstoffbilanz ist gerechnet worden am Datum: […] Die Grundlage zur Berechnung der Nährstoffbilanz haben sich nicht verändert. Der Betriebsleiter bestätigt, dass diese Nährstoffbilanz im laufenden IP-Jahr Gültigkeit hat. Unterschrift: […]»). Am 14. Dezember 1996 fand auf dem Betrieb des Beschwerdeführers eine IP-Nachkontrolle statt. Hierbei wurde auf dem Nährstoffbilanzformular vom 4. Januar 1996 vom Kontrolleur W. folgender Kommentar festgehalten: «Gemäss Neffe D. wurde 1996 der Dünger eingesetzt.» Die Unterschrift des Betriebsleiters fehlt auf dem Nährstoffbilanzformular (vgl. S. 3 unten: «Der Betriebsleiter bestätigt die Richtigkeit der Angaben»).

Gestützt auf die beiden Kontrollen und die hierbei ausgefüllten und herangezogenen Formulare wurden dem Beschwerdeführer Ende 1996 IP-Beiträge im Betrag von Fr. 13 824.- ausbezahlt.

Aus den Akten geht sodann hervor, dass der Beschwerdeführer mit H. am 29. März 1990 Hofdüngerabnahmeverträge über 12 DGVE Schweinegülle und 12 DGVE Legehennenmist abgeschlossen hat, welche das Baudepartement des Kantons Aargau am 6. Juni 1990 genehmigt hatte. Weiter ist dem Dossier ein Schreiben vom 11. September 1996 des Finanzdepartements des Kantons Aargau, Abteilung Landwirtschaft, beigelegt worden. Mit diesem wurden Hofdüngerabgeber - so auch H. - aufgefordert, für das Jahr 1996 genaue Angaben bezüglich der Abgabe von Hofdünger zu machen. In den Akten befindet sich sodann ein vom Beschwerdeführer und von H. unterschriebenes (undatiertes) Formular betreffend Abgabe von Hofdünger. Daraus geht hervor, dass der Beschwerdeführer von H. 350 m3 Schweinegülle und 40 m3 Hühnermist übernommen hat (umgerechnet ergibt dies 23 DGVE Schweinegülle und 11 DGVE Hühnermist). Gestützt auf die Angaben in diesem Formular kamen die IP-Kontrollstelle und die IP-Aufsichtskommission zum Schluss, dass die Nährstoffbilanz 1996 nicht ausgeglichen gewesen war und die bereits ausbezahlten IP-Beiträge zurückzufordern seien.

Im vorinstanzlichen Einsprache- und Beschwerdeverfahren und im Verfahren vor der Rekurskommission EVD machte der Beschwerdeführer geltend, er habe von H. im Jahre 1996 nicht - wie auf dem Formular betreffend Abgabe Hofdünger festgehalten - 350 m3 Schweinegülle und 40 m3 Legehennenmist (= 23 DGVE Schweinegülle und 11 DGVE Legehennenmist), sondern 10 DGVE Schweinegülle und 3,3 DGVE Legehennenmist (gesamthaft 160 m3 Gülle) übernommen. Im Weiteren führte er aus, er habe nicht - wie in der Nährstoffbilanz vom 4. Januar 1996 aufgeführt - Thomasmehl eingesetzt. Ebenfalls habe er nicht 5 500 kg Ammonsalpeter, sondern lediglich 2 750 kg Ammonsalpeter und 1 600 kg Harnstoff zugeführt. Damit sei die Nährstoffbilanz auf seinem Betrieb ausgeglichen gewesen. Als Beweismittel reichte der Beschwerdeführer folgende Dokumente ein: Feldkalender, Wiesenjournal, Hofdüngerbuchhaltung (Gülleabnahme 1996), Bodenanalyse vom 19. November 1991, Bestätigung der Landi N. bezüglich der von ihm vom Januar bis Dezember 1996 bezogenen Mengen an Dünger.

Im Folgenden ist zu prüfen, ob die kantonalen Instanzen auf Grund der vorliegenden Akten zu Recht davon ausgegangen sind, dass auf dem Betrieb des Beschwerdeführers 1996 die Nährstoffbilanz (Phosphor und Stickstoff dürfen gesamtbetrieblich einen Überschuss von 10% oder höchstens 10 kg pro düngbare Fläche aufweisen) nicht ausgeglichen gewesen sei.

4.2. Grundsätzlich besteht im Verwaltungsverfahren eine Pflicht zur amtlichen Sachverhaltsfeststellung (Art. 12 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 [VwVG], SR 172.021), welche unter anderem in der Mitwirkungspflicht der Partei (Art. 13 Abs. 1 VwVG) ihre vernünftigen Grenzen hat. Dieser Untersuchungsgrundsatz mildert vornehmlich die Behauptungs- und Beweisführungslast der Parteien, ändert aber nichts an der materiellen Beweislast, welche der Partei auferliegt und wonach sie die Folgen der Beweislosigkeit eines Sachumstandes zu tragen hat (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 208 ff.; René A. Rhinow / Beat Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel und Frankfurt a. M. 1990, Nr. 88 I). Auf Grund der Tatsache, dass sich die Beweislosigkeit bei begünstigenden Verfügungen zum Nachteil einer Partei auswirkt, ist diese gezwungen, an der Beweisbeschaffung mitzuwirken (BGE 114 Ia 1 E. 8c. sowie VPB  51.22).

Das Beschwerdeverfahren hat zur Hauptsache den Beweis über die in den Rechtsschriften der Parteien vorgetragenen Beanstandungen an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung zum Gegenstand (Gygi, a. a. O., S. 270). Als Beweismittel anerkennt das Verwaltungsverfahrensgesetz ausdrücklich Urkunden, Auskünfte von Parteien oder Drittpersonen, Augenschein sowie Gutachten von Sachverständigen (Art. 12 VwVG). Gemäss Art. 19 VwVG in Verbindung mit Art. 40 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Zivilprozess (Bundeszivilprozess [BZP], SR 273) gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Danach hat die Verwaltungsbehörde nach freier Überzeugung die Beweise zu würdigen. Bezüglich Gutachten und sachkundigen Auskünften einer Amtsstelle besteht in der Praxis die Besonderheit, dass sie nur überprüft werden und von ihnen abgewichen wird, wenn dafür stichhaltige Gründe bestehen. Dies ist etwa der Fall bei offensichtlichen Mängeln oder inneren Widersprüchen (Alfred Kölz / Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1998, Rz. 109, mit Hinweisen). Öffentliche Urkunden können nur durch den blanken Nachweis ihrer Unrichtigkeit entkräftet werden. Amtlichen Aufzeichnungen kann erhöhte Beweiskraft zuerkannt werden und es genügt, darzutun, dass sie mit grosser Wahrscheinlichkeit unrichtig sind (Gygi, a. a. O., S. 276).

Vorliegend ist strittig, welche Mengen an Schweinegülle und Legehennenmist (E. 4.3), Thomasmehl (E. 4.4) und Ammonsalpeter (E. 4.5) im Jahr 1996 dem Betrieb des Beschwerdeführers zugeführt worden sind. Anschliessend ist zu prüfen, ob mit dem im Jahr 1996 eingesetzten Dünger eine ausgeglichene Nährstoffbilanz erreicht werden konnte (E.4.6). (…)

(…)

4.6. Auf Grund der obigen Ausführungen ist auf eine Zufuhr von 2 750 kg Ammonsalpeter und 1 600 kg Harnstoff (und 0 kg Thomasmehl) sowie auf eine Übernahme von 10 DGVE Schweinegülle und 3,3 DGVE Legehennenmist abzustellen.

Zur Bilanzierung des Nährstoffhaushalts ist - entsprechend Ziff. 5.1 der IP-Richtlinien - das Formular «Gesamtbetrieblicher Nährstoffhaushalt» der landwirtschaftlichen Beratungszentrale Lindau LBL heranzuziehen. Wie das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 8. November 2000 festhielt, existierten 1996 drei Versionen von solchen Formularen, nämlich eine Auflage 5.0 / Update 5.1.96, eine Auflage 5.1 / Update 5.9.96 und eine Auflage 5.1 / Update 13.11.96. Das Landwirtschaftsamt gab an, im vorinstanzlichen Verfahren sei auf die für den Beschwerdeführer günstige Auflage 5.1 abgestellt worden, aber es sei der Update vom 23.1.97 verwendet worden. Dieser entspreche jedoch in der Berechnung und im Resultat demjenigen vom 13.11.96.

Da die IP-Kontrolle im November 1996 und die IP-Nachkontrolle im Dezember 1996 erfolgten, ist es sachgerecht, im vorliegenden Fall zur Bilanzierung des Nährstoffhaushaltes die Auflage 5.1 / Update 13.11.96 (bzw. die Auflage 5.1 / Update 23.1.97, welche in der Berechnung und im Resultat mit jener vom 13.11.96 identisch ist) heranzuziehen. Indem man nun die oben aufgeführten Werte (10 DGVE Schweinegülle, 3,3 DGVE Legehennenmist, 2 750 kg Ammonsalpeter, 1 600 kg Harnstoff, 0 kg Thomasmehl) in dieses Formular einfügt, ergibt sich nach den Berechnungen des Landwirtschaftsamtes bezüglich Stickstoff ein Überschuss von 13 kg/ha oder 109% und beim Phosphor resultiert -13 kg/ha oder 83% (vgl. Formular «Gesamtbetrieblicher Nährstoffhaushalt» vom 5. Februar 2001). Daraus ist zu schliessen, dass die Nährstoffbilanz 1996 ausgeglichen war.

5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Nährstoffbilanz 1996 ausgeglichen war. Dem Beschwerdeführer wurden somit die IP-Beiträge 1996 im Betrag von Fr. 13 824.- zu Recht ausbezahlt. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der IP-Beiträge 1996 sind nicht gegeben.

(Die Rekurskommission EVD heisst die Beschwerde gut und hebt den Entscheid des Landwirtschaftsamts sowie den Entscheid des Volkwirtschaftsdepartements auf).





Dokumente der REKO/EVD

 

 

 

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