Dies ist ein Dokument der alten Website. Zur neuen Website.

 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

bund/vpb/68-118.html 

VPB 68.118

(Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für Staatshaftung vom 21. Mai 2004 [HRK 2003-007])


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
 
Sachverhalt
Sachverhalt A.
Sachverhalt B.
Sachverhalt C.
Sachverhalt D.
Sachverhalt E.
Sachverhalt F.
Sachverhalt G.
 
Erwägungen
Erwägung 2.
Erwägung a.
Erwägung b.
Erwägung 3.
Erwägung a.
Erwägung b.
Erwägung aa.
Erwägung bb.
Erwägung cc.
Erwägung c.
Erwägung 4.
 
HRK_2003-007

Schadenersatzbegehren gegen die Eidgenossenschaft. Verhalten der Bundesbehörden während einer Strafuntersuchung.

Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 12 VG. Art. 102quater, Art. 122 BStP.

- Das Verantwortlichkeitsgesetz des Bundes gilt subsidiär zu anderen möglichen Haftpflichtnormen (E. 2a). Werden jedoch ausdrücklich Schäden, die ihren Ursprung in widerrechtlichen Handlungen von Bundesangestellten finden, geltend gemacht, tritt das Verantwortlichkeitsgesetz nicht hinter dem Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege zurück (E. 2b).

- Eine Schadenszufügung gilt im Bereich der Staatshaftung dann als widerrechtlich, wenn die amtliche Tätigkeit des Bediensteten gegen Gebote oder Verbote der Rechtsordnung verstösst, die dem Schutz des verletzten Rechtsgutes dienen (E. 3). Die sachliche und unvoreingenommene Berichterstattung anlässlich einer Medienkonferenz erscheint in vorliegendem Rahmen nicht als vorwerfbare Amtspflichtverletzung (E. 3b).


Demande de dommages-intérêts adressée à la Confédération. Comportement des autorités fédérales lors d'une enquête pénale.

Art. 3 al. 1 et al. 2, art. 12 LRCF. Art. 102quater, art. 122 PPF.

- La loi sur la responsabilité de la Confédération s'applique de manière subsidiaire par rapport aux autres règles de responsabilité civile (consid. 2a). Toutefois, lorsque des dommages ayant pour origine des actes illégaux des employés fédéraux sont invoqués expressément, la loi sur la responsabilité ne cède pas le pas à la loi fédérale sur la procédure pénale (consid. 2b).

- En matière de responsabilité de l'Etat, une atteinte est considérée comme illicite lorsque l'activité officielle de l'agent contrevient aux obligations et interdictions de l'ordre juridique qui protègent le bien juridique lésé (consid. 3). L'information objective et dépourvue de prévention qui a été donnée en l'espèce lors d'une conférence de presse n'apparaît pas comme une violation des devoirs de service (consid. 3b).


Richiesta di risarcimento danni contro la Confederazione. Comportamento delle autorità federali durante un'inchiesta penale.

Art. 3 cpv. 1 e cpv. 2, art. 12 LResp. Art. 102quater, art. 122 PP.

- La legge sulla responsabilità della Confederazione è sussidiaria rispetto ad altre possibili norme di responsabilità civile (consid. 2a). Tuttavia, nel caso in cui siano esplicitamente invocati danni provocati da comportamenti illegali di impiegati della Confederazione, la legge sulla responsabilità non è sussidiaria rispetto alla legge federale sulla procedura penale (consid. 2b).

- Nell'ambito della responsabilità dello Stato, un danno è considerato illecito se l'attività ufficiale del funzionario viola principi o divieti dell'ordinamento giuridico che servono alla protezione del bene giuridico leso (consid. 3). Nella fattispecie l'informazione obiettiva e non prevenuta fornita in occasione di una conferenza per i media non appare come una violazione di un dovere di servizio (consid. 3b).




Zusammenfassung des Sachverhalts:

A. Im Jahre 1996 eröffnete die Bundesanwaltschaft (BA) gegen A. und X. ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren. Gegenstand dieses Verfahrens bildeten namentlich Ungereimtheiten, die sich im Zusammenhang mit den Projekten «B.» und «D.» ereignet haben sollen. Die Anklageerhebung erfolgte im Jahre 1998. Mit Urteil des Bundesstrafgerichts vom 29. Oktober 1999 wurde X. von allen Anklagevorwürfen (mehrfacher Betrug, eventuell im einen oder andern Fall nur Teilnahme an der Veruntreuung bzw. ungetreuen Amtsführung durch A., mehrfaches Bestechen) freigesprochen. Es wurde ihm eine Genugtuungssumme von 10'000.- CHF zugesprochen.

Vorgängig bzw. parallel dazu wurde gegen A. und X. eine militärgerichtliche Untersuchung geführt, welche das Projekt C. betraf. Das Militärappellationsgericht 2A sprach X. von sämtlichen gegen ihn erhobenen Vorwürfen (Ungehorsam gegen militärische und behördliche Massnahmen, Urkundenfälschung) mit Urteil vom 5. Juli 2000 frei. Es sprach ihm eine Genugtuung von 5'000.- CHF zu.

B. Mit Schreiben vom 7. Juli 2000 gelangte Rechtsanwalt Dr. S. im Auftrag von X. und unter Hinweis auf das freisprechende Urteil des Bundesstrafgerichts vom 29. Oktober 1999 mit einer Schadenersatzforderung von 10 Mio. CHF an das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD). Dabei machte er im Wesentlichen geltend, die Bundesbehörden hätten im Zusammenhang mit dem Projekt «D.» gegenüber seinem Mandanten zu Unrecht Verfahren eröffnet und Zwangsmassnahmen angeordnet. Insbesondere sei X. als Hauptaktionär der Firma X. & Partner AG ein enormer Schaden zugefügt worden. Er habe die Firma inzwischen verkauft, wobei der Erlös weit geringer ausgefallen sei, als dies ohne die jahrelange Beeinträchtigung durch die Strafverfahren der Fall gewesen wäre. Der eingetretene Schaden sei nach dem Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz [VG], SR 170.32) zu ersetzen. Die Ersatzforderung wurde vorsorglich und zur Wahrung der Verjährungsfrist angemeldet.

C. Am 7. Mai 2003 wandte sich in der gleichen Sache Fürsprecher H. an das EFD. Er bezog sich auf die früher gewechselte Korrespondenz, verwies auf die Medienkonferenz des früheren Bundesanwaltes, der seines Erachtens gegen Art. 102quater des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege (BStP, SR 312.0) verstossen habe, und beantragte, X. sei Gelegenheit zu geben zur Substanziierung des erlittenen Schadens. Im Übrigen erwarte er für den Fall, dass das EFD nach wie vor nicht zu einer konferenziellen Erörterung der Sache bereit sei, eine formelle Ablehnung des Schadenersatzanspruches.

In der Folge holte das EFD bei den betroffenen Dienststellen Vernehmlassungen ein. Die BA bestritt in ihrer Stellungnahme vom 16. Juni 2003 die geltend gemachte Schadenersatzforderung in jeder Hinsicht vollumfänglich. Sie hielt insbesondere fest, dass ein Freispruch die vorausgegangene Eröffnung und Durchführung einer Strafuntersuchung nicht zu einem widerrechtlichen Vorgang im Sinne des Verantwortlichkeitsgesetzes mache. Aus Sicht der Militärjustiz wies der Oberauditor in seinem Schreiben vom 17. Juni 2003 darauf hin, dass das Urteil des Militärappellationsgerichtes 2A einschliesslich des Entschädigungspunktes in Rechtskraft erwachsen sei. Die Rechtsabteilung des Generalsekretariats des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) schloss sich in ihrem Schreiben vom 19. Juni 2003 der Vernehmlassung des Oberauditors im Wesentlichen an. Mit Eingabe vom 8. August 2003 äusserte sich der Vertreter von X. zu diesen Stellungnahmen und benützte die Gelegenheit zur ergänzenden Begründung seines Schadenersatzbegehrens. Dabei verzichtete er ausdrücklich darauf, aus dem Verhalten der Militärjustizbehörden Schadenersatzansprüche nach dem Verantwortlichkeitsgesetz abzuleiten. Hingegen wurden dem ehemaligen Bundesanwalt zur Hauptsache drei Handlungen vorgeworfen, die eine für X. nachteilige Medienpräsenz bewirkt haben und daher eine Verantwortlichkeit des Bundes nach dem Verantwortlichkeitsgesetz begründen sollen, nämlich die Hausdurchsuchung bei X. und Partner AG, die Falschmeldung eines Teilgeständnisses im Vorfeld der Entlassung von X. aus der Untersuchungshaft sowie die Medienorientierung durch BA und Militärjustiz vom (…). X. machte weiter geltend, durch die Handlungen der BA sei seine Firma aus einer vielversprechenden Geschäftsentwicklung herausgerissen und in eine schwere Krise gestürzt worden. (…) Unter Zugrundelegung eines weiteren marktkonformen Wachstums der Firma wurde der eingetretene Schaden auf maximal 44 Mio. CHF beziffert.

D. Das EFD wies das Schadenersatzbegehren vom 7. Juli 2000 bzw. 7. Mai 2003 mit Verfügung vom 13. Oktober 2003 ab und auferlegte X. die Verfahrenskosten in Höhe von 2'500.- CHF. In der Begründung seiner Verfügung untersuchte das EFD vorab das Verhältnis zwischen strafprozessualen Entschädigungsnormen und Staatshaftung. Es hob dabei die Subsidiarität des Verantwortlichkeitsgesetzes hervor und gelangte zum Schluss, das Schadenersatzbegehren für unrechtmässig zugefügte Nachteile nach Art. 122 Abs. 1 BStP könne entsprechend nicht im Staatshaftungsverfahren «nachgeholt» werden. Des Weiteren erachtete das EFD die Ansprüche von X. als verwirkt. Spätestens nach Vorliegen der Jahresrechnung (der X. und Partner AG) 1996 habe X. die Existenz des behaupteten Schadens sowie dessen Beschaffenheit und wesentlichen Merkmale gekannt und wäre in der Lage gewesen, sein Begehren zu veranlassen und zu begründen. Demzufolge sei die Verwirkung spätestens ein Jahr später, mithin anfangs 1998, eingetreten. Das am 7. Juli 2000 erhobene Schadenersatzbegehren müsse daher auch wegen Anspruchsverwirkung abgewiesen werden. Ebenso erübrige sich die Einholung einer unabhängigen Expertise zur Bewertung der Firma X. und Partner AG.

E. Gegen die Verfügung des EFD vom 13. Oktober 2003 lässt X. (Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 14. November 2003 bei der Eidgenössischen Rekurskommission für die Staatshaftung (HRK) Beschwerde führen mit dem Antrag, X. aus Staatshaftung Schadenersatz in gerichtlich zu bestimmender, 1 Mio. CHF übersteigender Höhe zuzuerkennen. Eventuell sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zur Ermittlung des Schadensbetrages gemäss den vor der Vorinstanz gestellten Beweisanträgen an das EFD zurückzuweisen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer verlange nicht Schadenersatz wegen Untersuchungshandlungen, die sich erst im Nachhinein (wegen Freispruchs) als ungerechtfertigt erwiesen hätten, sondern sein Vorwurf gehe dahin, dass der frühere Bundesanwalt Amtspflichtverletzungen begangen habe, die weder durch den Untersuchungszweck geboten waren, noch sonst irgendwie rechtfertigend begründbar wären, mithin also rechtswidrig gewesen seien. In solchen Fällen erachte auch das EFD die einschlägigen Normen des Verantwortlichkeitsgesetzes als anwendbar. Vorliegend gehe es genau um solche Tatbestände, die in der Eingabe vom 8. August 2003 namhaft gemacht worden seien und an denen vollumfänglich festgehalten werde. Davon, dass das Bundesstrafgericht das Verhalten des Bundesanwaltes abschliessend beurteilt habe, könne nicht die Rede sein. Die dem Bundesanwalt in der Eingabe vom 8. August 2003 vorgeworfenen zwei Amtspflichtverletzungen hätten weder den Ermittlungen gedient, noch seien sie vom Untersuchungszweck her geboten gewesen. Die Ansprüche des Beschwerdeführers seien schliesslich auch nicht verwirkt. Im Falle a priori rechtswidriger Amtspflichtverletzungen im Rahmen eines gegen den Betroffenen geführten Strafverfahrens dürfe die Verwirkungsfrist erst zu laufen beginnen, wenn er nach erfolgtem Freispruch wiederum über seine volle Handlungsfreiheit verfüge.

F. In seiner Vernehmlassung vom 19. Januar 2004 schliesst das EFD auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, das vom Beschwerdeführer gerügte, angeblich schädigende Verhalten des Bundesanwaltes sei bereits vom Bundesstrafgericht beurteilt worden. Daraus ergebe sich, dass das Bundesstrafgericht das Verhalten des Bundesanwaltes nicht als amtspflichtwidrig, sondern lediglich als im Nachhinein ungerechtfertigt erachtet habe. Im Übrigen werde daran festgehalten, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüche ohnehin verwirkt wären. Im Sinne eines Eventualstandpunktes vertritt das EFD schliesslich die Auffassung, das Schadenersatzbegehren wäre auch bei einlässlicher Beurteilung abzuweisen. In diesem Zusammenhang verweist das EFD auf eine Stellungnahme der BA vom 16. Januar 2004, die es seiner Vernehmlassung beilegt.

G. Am 5. Mai 2004 führte die HRK in Anwesenheit der Parteien bzw. ihrer Vertreter eine mündliche und öffentliche Verhandlung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) durch, anlässlich derer die Parteivertreter ihre jeweiligen Rechtsbegehren bestätigten.

Aus den Erwägungen:

1.a., b. und c. (…)

2. Rechtsgrundlage einer allfälligen Schadenersatzpflicht des Bundes ist Art. 3 Abs. 1 VG, wonach der Bund für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt, ohne Rücksicht auf das Verschulden des Beamten haftet.

a. Vorweg gilt es vorliegend die Frage zu prüfen, ob und allenfalls inwiefern es dem Beschwerdeführer aus Gründen der Subsidiarität verwehrt ist, seine Ansprüche auf das Verantwortlichkeitsgesetz des Bundes abzustützen. Denn bei Tatbeständen, die unter die Haftpflichtbestimmungen anderer Erlasse fallen, richtet sich die Haftung des Bundes nach jenen besonderen Bestimmungen (Art. 3 Abs. 2 VG). Das Verantwortlichkeitsgesetz steht entsprechend im Verhältnis des übrigen Haftpflichtrechts auf dem Boden der exklusiven Gesetzeskonkurrenz. Das heisst, dass bei Zusammentreffen mehrerer Haftungsgründe in der Person eines Haftpflichtigen die Spezialgesetzgebung nicht bloss vorgeht, sondern das Verantwortlichkeitsgesetz ausschliesst, dieses also subsidiär gilt (BGE 115 II 243).

b. Als spezialgesetzliche Haftungsbestimmung ist vorliegend Art. 122 in Verbindung mit Art. 176 BStP heranzuziehen. Nach Art. 122 Abs. 1 BStP ist dem Beschuldigten, gegen den die Untersuchung eingestellt wird, auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten. Als «andere Nachteile» im Sinne von Art. 122 BStP gelten insbesondere die dem Beschuldigten entstandenen Verteidigungskosten, wenn der Beizug des Verteidigers zulässig war - was bei einem gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren gemäss Art. 35 Abs. 1 BStP zu jedem Zeitpunkt der Fall ist - und wenn die Kosten unmittelbar durch das Verfahren bedingt und aus Vorkehren entstanden sind, die sich bei sorgfältiger Interessenwahrung als geboten erweisen oder doch in guten Treuen verantworten lassen. Die Entschädigung kann neben dem Ersatz des Schadens auch eine Geldsumme als Genugtuung umfassen (Urteil der Anklagekammer des Bundesgerichts vom 17. Juni 2003 [8G.60/2003], E. 1). Die Entschädigung kann verweigert werden, wenn der Beschuldigte die Untersuchungshandlungen durch ein verwerfliches oder leichtfertiges Benehmen verschuldet oder erschwert hat. Art. 176 BStP hält seinerseits fest, dass im Falle der Freisprechung das Bundesstrafgericht über die Entschädigung an den freigesprochenen Angeklagten gemäss den Grundsätzen des Art. 122 Abs. 1 BStP zu entscheiden hat. Nachdem der Beschwerdeführer bereits im Verfahren vor dem EFD ausdrücklich darauf verzichtet hat, aus dem Verhalten der Militärjustizbehörden Schadenersatzansprüche nach dem Verantwortlichkeitsgesetz abzuleiten, können die entsprechenden Bestimmungen (Art. 117 und Art. 151) des Militärstrafprozesses vom 23. März 1979 (MStP, SR 322.1) demgegenüber ausser Betracht bleiben.

In seinem Urteil vom 29. Oktober 1999 hat das Bundesstrafgericht X. eine Genugtuungssumme von 10'000.- CHF zu Lasten der Bundesgerichtskasse zugesprochen, und zwar einerseits wegen der erlittenen Untersuchungshaft und andererseits deswegen, weil die gegen ihn erhobenen Vorwürfe - die sich im Nachhinein als ungerechtfertigt erwiesen haben - Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in den Medien bildeten und dadurch eine eigentliche öffentliche Anprangerung erfolgte. Damit wurde dem Antrag des damaligen Verteidigers von X. entsprochen, der in der Hauptverhandlung vor dem Bundesstrafgericht die Zusprechung einer Genugtuung für das gesamte Untersuchungs- und Strafverfahren, insbesondere 24 Tage Untersuchungshaft, beantragt hatte. Das Gericht stützte sich dabei auf Art. 49 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht [OR], SR 220) und berücksichtigte als Bemessungsfaktoren, entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung, vor allem die Art und die Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen. Die X. zugesprochene Summe war Ausgleich für die widerrechtliche Verletzung von dessen Persönlichkeit durch das Untersuchungs- und Strafverfahren. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung zu Art. 122 BStP kann eine immaterielle Unbill, die zu einer Genugtuung führt, nur gegeben sein, wenn die fraglichen Untersuchungshandlungen eine gewisse Schwere erreichen und durch sie in nicht unerheblicher Weise in die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten eingegriffen worden ist. Ein solcher Eingriff liegt namentlich in Untersuchungshandlungen, die durch die Art und Weise ihrer Ausführung einem grösseren Personenkreis bekannt werden, insbesondere einem solchen, in dem der zu Unrecht Beschuldigte verkehrt, denn dieser wird unter solchen Umständen nach dem Erfahrungssatz, dass immer etwas «hängen bleibt», moralisch geschädigt (Urteil des Bundesgerichts 1P.91/2003 vom 8. September 2003, E. 2.3 mit Hinweisen). Dass das Bundesstrafgericht mit dem Befund über das von X. im Bundesstrafverfahren gestellte Genugtuungsbegehren hinaus auch verbindlich über allfällige Schadenersatzansprüche wegen amtspflichtwidrigen Vorgehens (implizit) entschieden hätte, trifft nicht zu. Eine solche Betrachtungsweise trüge dem Umstand nicht Rechnung, dass es für X. im Strafprozess in erster Linie darum ging, sich gegen die strafrechtliche Anklage und das seitens der Eidgenossenschaft ihm gegenüber gestellte Schadenersatzbegehren zur Wehr zu setzen. Vor allem jedoch ist zu beachten, dass unter einer ungerechtfertigten Haft entsprechend der bundesgerichtlichen Praxis zu Art. 122 BStP jene Fälle zu verstehen sind, in denen die Haft unter Beachtung der gesetzlichen Formen und Verfahrensvorschriften angeordnet wurde, diese sich aber im Nachhinein tatsächlich als ungerechtfertigt erweist (BGE 117 IV 218 E. 4b). In diesem Zusammenhang wird in der Beschwerde mit Recht darauf hingewiesen, dass gerade nicht Schadenersatz verlangt werde wegen Untersuchungshandlungen, die sich im Nachhinein (wegen Freispruchs) als ungerechtfertigt erwiesen, sondern der Vorwurf des Beschwerdeführers dahin gehe, dass der frühere Bundesanwalt Amtspflichtverletzungen begangen habe, die weder durch den Untersuchungszweck geboten gewesen seien, noch sonst irgendwie rechtfertigend begründbar wären, mithin also rechtswidrig gewesen seien. Insofern hat das Verantwortlichkeitsgesetz gemäss Rechtsprechung nicht als gegenüber der Haftungsnorm von Art. 122 BStP subsidiär zurückzutreten. Denn während sich das BStP mit Ansprüchen aus Schäden, die aus ungerechtfertigten Tathandlungen resultieren, auseinandersetzt, haftet die Eidgenossenschaft nach dem Verantwortlichkeitsgesetz bei Schäden, die ihren Ursprung in widerrechtlichen Handlungen finden (BGE 117 IV 218 E. 4c mit weiteren Hinweisen). Der Hinweis in der Vernehmlassung des EFD auf ein unveröffentlichtes Urteil der Anklagekammer des Bundesgerichts vom 9. September 2003 (8G.122/2002) vermag an dieser veröffentlichten Rechtsprechung nichts zu ändern. Ein Anwendungsfall von Art. 3 Abs. 2 VG liegt demnach nicht vor. Entsprechend wird in der nachfolgenden Erwägung die Begründetheit der vom Beschwerdeführer gestützt auf das Verantwortlichkeitsgesetz geltend gemachten Ansprüche zu prüfen sein.

3. Im Bereich der Staatshaftung gilt eine Schadenszufügung dann als widerrechtlich, wenn die amtliche Tätigkeit des Beamten gegen Gebote oder Verbote der Rechtsordnung verstösst, die dem Schutz des verletzten Rechtsgutes dienen (BGE 118 Ib 476 E. 2b, BGE 116 Ib 195 E. 2a, BGE 107 Ib 164 E. 3a). Soweit es um eine Verletzung absoluter Rechte geht, ergibt sich die Rechtswidrigkeit grundsätzlich auch ohne dass eine Ordnungswidrigkeit oder Amts- oder Dienstpflichtverletzung vorliegt. Geht es wie im vorliegenden Fall um reine Vermögensschäden, ist die Frage der Amtspflichtverletzung dagegen zentral (BGE 123 II 582 E. 4d/cc).

a. Zur Begründung seiner Schadenersatzforderung wirft der Beschwerdeführer dem früheren Bundesanwalt Amtspflichtverletzungen vor, die weder durch den Untersuchungszweck geboten gewesen seien, noch sonst irgendwie rechtfertigend begründbar wären, mithin also rechtswidrig gewesen seien. Da es insofern weder um Rechtsakte noch um formelle Verfügungen, sondern um reine Tathandlungen geht, ist einerseits Art. 12 VG, der die Überprüfung rechtskräftiger Verfügungen in einem Verantwortlichkeitsverfahren ausschliesst, im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang. Andererseits ist nicht wie bei Rechtsakten, die sich später als unrichtig erweisen, eine wesentliche (qualifizierte) Verletzung einer Amtspflicht erforderlich (BGE 123 II 582 E. 4d/dd). Eine (einfache) Amtspflichtverletzung ist dann anzunehmen, wenn im Rahmen der Ausübung einer staatlichen Tätigkeit die nach den Umständen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten wird (Gross, Schweizerisches Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Bern 2001., S. 235).

b. Wird das dem damaligen Bundesanwalt vom Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten anhand der von den Parteien eingereichten Unterlagen näher in Betracht gezogen, so lässt sich eine haftungsbegründende Amtspflichtverletzung nicht erstellen.

aa. Mit Bezug auf die Medienkonferenz vom x.x.1996 ist dabei vorweg festzuhalten, dass die Berufung des Beschwerdeführers auf Art. 102quater BStP zur Begründung einer Unrechtmässigkeit an der Sache vorbei geht. Rechtliche Grundlage für die Informationstätigkeit der Öffentlichkeit durch die - im Jahre 1996 noch der Bundesverwaltung angegliederten - Strafverfolgungsbehörden des Bundes stellt nicht das BStP, sondern das (alte) Bundesgesetz vom 19. September 1978 über die Organisation und die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung (VwOG, AS 1979 114; ersetzt auf den 1. Oktober 1997 durch das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 [RVOG], SR 172.010) dar. Art. 8 VwOG führte diesbezüglich aus, der Bundesrat habe dafür zu sorgen, dass die Öffentlichkeit über die Arbeit der Bundesverwaltung durch einen Informationsdienst dauernd orientiert wird, soweit ein allgemeines Interesse daran besteht und dadurch keine wesentlichen schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Interessen verletzt werden. Dass die Information der Öffentlichkeit mitunter eine heikle Gratwanderung darstellt zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an Information und jenem der Betroffenen am Schutz ihrer Persönlichkeit hat sich auch im vorliegenden Fall gezeigt. Im Vorgehen des damaligen Bundesanwaltes kann bei objektiver Betrachtungsweise und aus der Sicht des damaligen Standes der Untersuchung indes weder mit Bezug auf den Zeitpunkt noch hinsichtlich der Durchführung der Medienkonferenz eine Verletzung seiner Amtspflicht erblickt werden. Das grosse Öffentlichkeitsinteresse liess eine Information mittels Medienkonferenz im damaligen Zeitpunkt als unausweichlich erscheinen. Es gab überdies Druck aus den Reihen der Bundesverwaltung. So kritisierte der damalige Vorsteher des Eidgenössischen Militärdepartements (EMD) die Informationspolitik seines neu übernommenen Departements und jene der BA als gelinde gesagt verhalten. Auch soll die Pressekonferenz schliesslich auf Anweisung und damit mit Bewilligung des Vorstehers des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) stattgefunden haben (vgl. Stellungnahme der Bundesanwaltschaft vom 16. Januar 2004, S. 2). In seinem Urteil vom 29. Oktober 1999 hält das Bundesstrafgericht bei der Strafzumessung für A. zwar fest, insbesondere die Medienkonferenz vom x.x.1996 und deren Verarbeitung habe zu einer gravierenden Vorverurteilung A. mit einer Quasi-Strafwirkung geführt. Dessen ungeachtet erhält man bei einer Visionierung der Kassette mit der Medienkonferenz nicht den Eindruck, der Bundesanwalt habe völlig unsachlich und voreingenommen orientiert. Er hat über den bisherigen Verlauf der Ermittlungen im Sinne eines Zwischenstandes informiert und am Schluss der Konferenz ausdrücklich erklärt, es liege ihm fern, mit diesen vorläufigen Erkenntnissen eine Vorverurteilung der Beschuldigten auszusprechen. Auch im Rahmen der Publizität, die sich vor und nach der Medienkonferenz entwickelte, kann dem Bundesanwalt keine Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden. So wurde der Name der Firma X. und Partner AG aufgrund von Recherchen der Medien und nicht aufgrund von Informationen des EMD oder der BA schon am x.x.1996 in der «Sonntagszeitung» erwähnt. Die Firma X. und Partner selbst wandte sich am Tage darauf, d. h. drei Wochen vor der Medienkonferenz, mit einer Pressemitteilung an die Medien. Auch das Urteil der Anklagekammer des Bundesgerichts vom x.x.1996, mit dem die Haftentlassung von X. auf den x.x.1996 angeordnet wurde, machte die Firma X. und Partner ebenfalls noch vor der Medienkonferenz selber publik. In diesem Urteil wurde u. a. festgehalten, dass X. bereits anlässlich seiner ersten Befragung zugegeben habe, dem Hauptbeschuldigten A. ungefähr 60'000.- CHF bezahlt zu haben, und es wurde das Erfordernis des genügenden Tatverdachts des Bestechens nach Art. 288 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0) bejaht. Zu erwähnen sind auch die Interviews und die Pressekonferenzen, die X. vor der Medienkonferenz vom x.x.1996 veranstaltete und die jeweils an den Folgetagen Niederschlag in teils gross aufgemachten und mit Fotos von X. versehenen Presseberichten fanden. Daraus ergibt sich, dass die Strafsache des Beschwerdeführers nicht durch die Ausführungen des Bundesanwaltes anlässlich der Medienkonferenz vom x.x.1996 «in die Welt gesetzt» bzw. «aufgebauscht» wurde.

bb. Der Beschwerdeführer kritisierte an der öffentlichen Verhandlung vom 5. Mai 2004 überdies in besonderem Masse die Aussagen des damaligen Bundesanwaltes im Anschluss an die offizielle Medienkonferenz gegenüber einzelnen Journalisten und beantragte die Edierung einer Kassette mit verschiedenen nationalen Tagesschausendungen beim Bundesstrafgericht. Gleichzeitig stellt er selber an der öffentlichen Verhandlung jedoch fest, der Bundesanwalt habe auch in diesen zusätzlichen Verlautbarungen weder den Namen des Beschwerdeführers noch den Begriff eines Teilgeständnisses erwähnt. Schon in der Beschwerde selber war diesen zusätzlichen Verlautbarungen keine zentrale Bedeutung beigemessen worden. Die Rekurskommission verzichtet deshalb im Rahmen einer antizipierten Beweiswürdigung darauf, diesen Beweisantrag abzunehmen, da er aus denselben Gründen wie bereits hievor in Bezug auf die Medienkonferenz (E. 3b/aa) ausgeführt, nicht geeignet erscheint, den Nachweis einer haftungsbegründenden Amtspflichtverletzung zu erbringen. Verantwortlich für das grosse Interesse der Medien und der Öffentlichkeit am Beschwerdeführer war weniger die Informationsveranstaltung vom x.x.1996, als die zahlreichen Presseberichte in den Tagen davor. An dieser Auffassung vermöchten auch weitere im Anschluss an die Pressekonferenz geäusserte Bemerkungen des Bundesanwaltes nichts zu ändern, zumal dieser nach eigenen Aussagen des Beschwerdeführers ohnehin in allgemeiner Form gehalten waren und nicht direkt auf seine Person bezogen werden konnten.

cc. Speziell einzugehen ist schliesslich noch auf die in der Eingabe vom 8. August 2003 enthaltene Aussage, verheerend für X. und seine Firma sei die im Vorfeld seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft durch den Bundesanwalt verbreitete Falschmeldung gewesen, er habe ein Teilgeständnis abgelegt. Diese Verlautbarung habe sowohl für die Familie als auch die Freunde, Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden von X. einen gewaltigen Schock bedeutet und eine erhebliche Verunsicherung ausgelöst, die nicht ohne Folgen geblieben sei. Aus den Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer verschiedentlich «unübliche Zahlungen» an A. anerkannt hat. So wird in der am x.x.1996 bei der Anklagekammer des Bundesgerichts eingereichten Haftbeschwerde auf S. 4 einerseits ausgeführt, X. habe in seiner ersten Einvernahme vor dem Bundesanwalt, die am x.x.1996 stattgefunden habe, die ihm vorgehaltenen Zahlungen eingeräumt und andererseits ausdrücklich erwähnt, dass die Zahlungen unüblich seien oder - wie die BA unterstelle - «sinngemäss Bestechungsgelder» seien. Bei diesen Aussagen handelt es sich zwar eher um Eingeständnisse oder Zugeständnisse als um ein Teilgeständnis im strafprozessualen Sinn, doch hat der Beschwerdeführer an der öffentlichen Verhandlung ohnehin ausdrücklich bestätigt, dass nicht der Bundesanwalt gegenüber den Medien oder der Anklagekammer des Bundesgerichts von einem Teilgeständnis X. gesprochen hat. Auch in diesem Zusammenhang ist jedenfalls eine Amtspflichtverletzung weder ersichtlich noch dargetan.

c. Fehlt es demnach an einer haftpflichtbegründenden Amtspflichtverletzung und damit an einer Rechtswidrigkeit nach Art. 3 Abs. 1 VG, so ist die Beschwerde bereits aus diesem Grund abzuweisen und kann die Frage offen gelassen werden, ob die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Staatshaftungsansprüche verwirkt wären.

4. Der Beschwerdeführer hat bei diesem Verfahrensausgang als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens (Spruch- und Schreibgebühren) zu tragen, wobei diese auf 7'000.- CHF festgelegt werden (Art. 63 Abs. 1 VwVG; Art. 1 der Verordnung vom 10. September 1969 über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren [VwKV], SR 172.041.0). Parteientschädigungen sind keine auszurichten (Art. 64 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG], SR 172.021; Art. 8 Abs. 5 VwKV).





Dokumente der HRK

 

 

 

Beginn des Dokuments