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 Bund Verwaltungspraxis der Bundesbehörden

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VPB 69.54

(Entscheid des Bundesrates vom 22. Dezember 2004 [exe 2004.2187])


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
 
Sachverhalt
I (.)
Sachverhalt A.
Sachverhalt D.
 
Erwägungen
II .
Erwägung 1.
Erwägung 2.a.
Erwägung b.
Erwägung c.
Erwägung 3.a.
Erwägung b.
Erwägung c.
 

Beschwerde gegen eine Administrativuntersuchung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements.

- Die Eröffnung einer Administrativuntersuchung und ein Informationsschreiben über die Sach- und Rechtslage sind keine Verfügungen nach VwVG (E. 2).

- Kann eine Administrativuntersuchung (wie vorliegend) keine Rechte der Beschwerdeführer verletzen, so ist auf deren Beschwerde auch unter Berücksichtigung von Art. 13 EMRK nicht einzutreten (E. 3).


Recours contre une enquête administrative menée par le Département fédéral de justice et police.

- L'ouverture d'une enquête administrative et l'envoi d'une lettre d'information concernant les faits et la qualification juridique de ceux-ci ne constituent pas des décisions au sens de la PA (consid. 2).

- Lorsqu'une enquête administrative ne peut violer aucun droit du recourant, comme c'est le cas en l'occurrence, un recours contre celle-ci est irrecevable, ce même en vertu de l'art. 13 CEDH (consid. 3).


Ricorso contro un'inchiesta amministrativa del Dipartimento federale di giustizia e polizia.

- L'apertura di un'inchiesta amministrativa e una lettera informativa relativa alla situazione di fatto e di diritto non sono decisioni ai sensi della PA (consid. 2).

- Siccome un'inchiesta amministrativa (come nella fattispecie) non può violare nessun diritto del ricorrente, non bisogna entrare nel merito del suo ricorso anche in considerazione dell'art. 13 CEDU (consid. 3).




I.

A. Mit Urteil vom 22. Mai 1979 befand das Bundesstrafgericht Swami Omkarananda, Josef Meichtry und weitere Personen, welche der Anhängerschaft von Swami Omkarananda und dem Divine Light Zentrum (…), angehörten, des Bombenanschlags vom 8. Oktober 1975 auf die Liegenschaften des damaligen Regierungsrates und Polizeidirektors Jakob Stucki und von Rechtsanwalt Dr. Willy Hauser schuldig. Das Gericht qualifizierte die Straftaten als versuchten Mord und sprach zum Teil langjährige Zuchthausstrafen aus. Beschwerden an den ausserordentlichen Kassationshof blieben ohne Erfolg. Das Strafverfahren und einzelne Vorgänge im Zusammenhang mit der Strafuntersuchung blieben in der Folge umstritten. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragte im Jahre 1999 alt Bundesgerichtspräsident Jean-François Egli mit der Durchführung einer Administrativuntersuchung. Dieser schloss seinen Bericht im September 2000 ab (vgl. zum Ganzen die Sachverhaltsschilderung in BGE 129 I 249). (…)

D. Mit Eingabe vom 16. Mai 2004 erhoben Swami Omkarananda, das Divine Light Zentrum (…), das Divine Light Zentrum Deutschland e. V. und E. gegen das EJPD «Verwaltungs- und Rechtsverweigerungsbeschwerde» beim Bundesrat. (…). Die Eingabe richtet sich «gegen das anlässlich der Administrativuntersuchung anstelle eines konventionskonformen Verfahrens praktizierte verfügungsfreie Verwaltungshandeln», «gegen die Verfügung des EJPD vom 30. März 1999 betreffend Durchführung einer Administrativuntersuchung» und «gegen die auf Telefonate und Eingaben der Betroffenen hin ergangene Nicht-Verfügung des EJPD vom 11. Mai 1999, mit welcher den Betroffenen sämtliche Partei- und Mitwirkungsrechte aus Art. 6 EMRK, das Recht auf Erlass einer Verfügung und jeder wirksame Rechtsschutz im Sinne von Art. 13 EMRK verweigert wurden.» (…)

II.

1. (…)

2.a. Das Beschwerdeverfahren nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) ist im 3. und 4. Abschnitt dieses Gesetzes geregelt. Der einleitende Art. 44 VwVG stellt fest: «Die Verfügung unterliegt der Beschwerde.» Anfechtungsobjekt ist damit offensichtlich die Verfügung. Dass ein Anfechtungsobjekt in Form einer Verfügung vorliegt, ist nach der Praxis des Bundesrates denn auch eine der Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Sachentscheides über die Beschwerde und von Amtes wegen zu prüfen (VPB 64.17 E. 1.3). Als Verfügungen gelten nach der Legaldefinition von Art. 5 Abs. 1 VwVG auf öffentliches Recht des Bundes gestützte Anordnungen im Einzelfall, welche Rechte oder Pflichten begründen, ändern oder aufheben, welche darüber eine Feststellung treffen oder welche Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten abweisen oder auf solche Begehren nicht eintreten. Die Kritik der Beschwerdeführer richtet sich gegen die Anordnung der Administrativuntersuchung sowie die Art und Weise, wie sie durchgeführt wurde. Es stellt sich damit die Eintretensfrage, ob im Rahmen der Administrativuntersuchung Verfügungen ergangen sind oder hätten ergehen müssen.

b. Die Beschwerdeführer machen geltend, ihre Eingabe richte sich auch gegen Verfügungen, nämlich zum einen gegen den Entscheid des EJPD vom 30. März 1999 auf Durchführung einer Administrativuntersuchung und zum anderen gegen die «Nicht-Verfügung des EJPD vom 11. Mai 1999», in welcher den Beschwerdeführern die Verfahrensrechte verweigert worden seien.

c. Bei diesen angefochtenen Amtshandlungen handelt es sich nicht um Verfügungen nach VwVG. Dem blossen Entscheid, eine Administrativuntersuchung durchzuführen, lässt sich keinerlei rechtsgestaltende oder feststellende Wirkung im Sinne von Art. 5 VwVG entnehmen. Das Gleiche gilt für die angebliche «Nicht-Verfügung des EJPD vom 11. Mai 1999». Bei dieser handelt es sich offenbar um den Brief des EJPD von besagtem Datum, worin auf diverse, von den Beschwerdeführern gegenüber der Administrativuntersuchung geäusserte, Kritik eingegangen und dargelegt wird, dass es nicht möglich sei, ihnen Parteirechte einzuräumen. Der Brief ist nichts anderes, als eine Information über die Sach- und Rechtslage aus Sicht des EJPD; ein Eingriff in Rechte oder Pflichten der Beschwerdeführer kann auch darin nicht gesehen werden. Dem entspricht auch das Verhalten der Beschwerdeführer, welche die zu Gebote stehenden Rechtsmittel damals wohl ergriffen hätten, wenn es sich tatsächlich um Verfügungen gehandelt hätte. Ist damit keine Verfügung ersichtlich, gegen welche sich die vorliegende Beschwerde richten könnte, ist auf diese mangels Anfechtungsobjekt nicht einzutreten.

3.a. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, ein solcherart begründetes Nichteintreten verletze Art. 13 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101). Nach dieser Bestimmung hat jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben.

b. Das Bundesgericht hat gestützt auf Art. 13 EMRK in Einzelfällen anerkannt, dass zum Zwecke eines hinreichenden Grundrechtsschutzes im Anschluss an gewisse Realakte ein Anspruch auf ein entsprechendes Feststellungsurteil geltend gemacht werden könne. Ein Feststellungsanspruch kann nach dieser Praxis im Bereiche des Bundesverwaltungsrechts allenfalls aus Art. 25 VwVG abgeleitet werden und ist, soweit das entsprechende Verfahrensrecht dies nicht ausdrücklich vorsieht, in verfassungs- und konventionskonformer Auslegung anzuerkennen (in gleicher Weise kann ein Interesse auf gerichtliche Feststellung aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK abgeleitet werden). Wenn das Rechtsschutzbedürfnis es gebietet, kann gemäss dem Bundesgericht eine Rechtswegmöglichkeit selbst dann bestehen, wenn keine förmliche Verfügung vorliegt, etwa dann, wenn eine Behörde den Erlass einer Verfügung zu Unrecht verweigert oder verzögert oder wenn der Staat durch verfügungsfreies Handeln (Realakte) in Grundrechte eingegriffen hat (vgl. zu alldem BGE 128 I 167 E. 4.5).

c. Eine Administrativuntersuchung richtet sich nicht gegen bestimmte Personen, sondern sie dient der Abklärung von verwaltungsinternen Vorgängen (vgl. Ziff. 11 ff. der bundesrätlichen Richtlinien über Administrativuntersuchungen, BBl 1981 III 1041 bzw. die seit 1. Januar 2002 geltende Regelung in Art. 97 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 [BPV], SR 172.220.111.3). Dies bedeutet nicht, dass von einer Administrativuntersuchung keine Personen in ihren Rechten und Pflichten berührt sein können. Wer für den Bund an den zu prüfenden Vorgängen beteiligt war, kann von der Untersuchung betroffen sein, und es stehen ihm dementsprechend gewisse Verfahrensrechte zu (vgl. dazu Bernhard Ehrenzeller [Hrsg.], Administrativuntersuchungen in der öffentlichen Verwaltung, St. Gallen 1999, S. 41 ff. und nunmehr Art. 97 Abs. 5 BPV mit ausdrücklicher Verweisung auf das VwVG). Im vorliegenden Fall könnte man die auf Seiten des Bundes an der Strafuntersuchung beteiligten Personen (namentlich der Bundesanwaltschaft) als Betroffene im genannten Sinn bezeichnen. Das Verhalten dieser Personen war Gegenstand der Administrativuntersuchung und diese waren es auch, welche allenfalls gestützt auf die Ergebnisse personalrechtliche Konsequenzen oder gar ein Strafverfahren zu gewärtigen hatten. Hingegen konnte das Verhalten der Beschwerdeführer und vor allem auch die Frage, ob das von diesen kritisierte Strafurteil richtig war oder nicht, in keiner Weise Gegenstand der Untersuchung sein, die von ihrer Natur her allein verwaltungsinterne Vorgänge abklären kann und soll. Die Beschwerdeführer waren damit durch die Administrativuntersuchung nicht in eigenen rechtlichen Interessen betroffen, was im Übrigen auch vom Bundesgericht (…; BGE 129 I 249 E. 2) festgestellt wurde. Wenn das Bundesgericht dort einem der Beschwerdeführer Akteneinsicht in die Ergebnisse der Administrativuntersuchung gewährte, so lag der Grund dafür denn auch nicht in einer festgestellten Verletzung von Rechten durch die Administrativuntersuchung, sondern vielmehr im Interesse des Beschwerdeführers «an der Akteneinsicht im Hinblick auf und zur Vorbereitung von Verfahren zur Erlangung eines Ausgleichs (…), sei es im Sinne einer Entschädigung oder Genugtuung, einer Rehabilitation oder gar einer Revision des Strafurteils». Kann die Administrativuntersuchung unter diesen Umständen zum Vornherein keine Rechte der Beschwerdeführer verletzen, so ist auf die Beschwerde auch unter Berücksichtigung von Art. 13 EMRK nicht einzutreten.





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