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VPB 70.98

Entscheid PRK 2006-005 der Eidgenössischen Personalrekurskommission vom 25. Juli 2006 in Sachen X.


Regeste Deutsch
Résumé Français
Regesto Italiano
Sachverhalt
Sachverhalt A.
Sachverhalt B.
Sachverhalt C.
Sachverhalt D.
Sachverhalt E. und F.
Sachverhalt G.
Sachverhalt H.
Sachverhalt I.
Sachverhalt J.

Erwägungen
Erwägung 1.a. und b.
Erwägung c.
Erwägung 2.
Erwägung a.
Erwägung b.
Erwägung c.
Erwägung d.
Erwägung e.
Erwägung 3.
Erwägung 4.
Erwägung a.
Erwägung b.
Erwägung 5.

PRK2006-005

Invalidität. Änderung des Beschäftigungsgrades. Vertragsänderung. Lohnfortzahlung.

Art. 36 Abs. 1 PVO-ETH

- Rentenentscheide von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) und der Invalidenversicherung (IV) bezüglich Feststellung von Teilinvalidität wirken sich nicht automatisch auf den Umfang des vertraglich vereinbarten Arbeitspensums aus. Stattdessen hat eine Reduktion des Beschäftigungsgrades als eigentliche Vertragsänderung schriftlich zu erfolgen und kann bei mangelndem Einverständnis der Arbeitnehmerin nur auf dem Wege der Kündigung durchgesetzt werden (E. 2c).

- Bei der in Art. 36 Abs. 1 PVO-ETH statuierten Lohnfortzahlungspflicht bei Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit handelt es sich um ein Zeitminimum und nicht ein Lohnminimum. Auch die Arbeitnehmerin, die noch zu einem reduzierten Prozentsatz arbeitet, hat bloss während längstens 730 Tagen Anspruch auf Lohnfortzahlung (E. 2d). Im Sinne eines Verbotes der Überentschädigung werden Leistungen der Versicherungen, welche Angestellte während der Dauer der Lohnfortzahlungspflicht erhalten hat, auf die Lohnzahlungen angerechnet (E. 4).


Invalidité. Modification du taux d'occupation. Modification du contrat. Droit au maintien du salaire.

Art. 36 al. 1 OPers-EPF.

- Les décisions d'octroi d'une rente de la Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents (CNA) et de l'assurance-invalidité (AI) relatives à la constatation d'une invalidité partielle ne se répercutent pas automatiquement sur le taux d'activité convenu dans le contrat. Une réduction du taux d'occupation étant une modification du contrat, elle doit être effectuée par écrit et ne peut être imposée, en cas de défaut d'accord de l'employée, que par la voie de la résiliation (consid. 2c).

- L'art. 36 al. 1 OPers-EPF relatif à l'obligation de verser le salaire en cas d'incapacité de travail par suite de maladie représente un minimum de durée et non un salaire minimum. L'employée qui travaille encore à temps partiel n'a également droit au versement de son salaire que pendant 730 jours au maximum (consid. 2d). Au sens de l'interdiction d'une surindemnisation, les prestations des assurances que l'employée a reçues pendant toute la durée du droit au salaire seront imputées sur son salaire (consid. 4).


Invalidità. Modifica del grado di occupazione. Modifica del contratto. Diritto al mantenimento del salario.

Art. 36 Abs. 1 OPers-SPF

- Decisioni sulle rendite dell'Istituto nazionale svizzero di assicurazione contro gli infortuni (INSAI) e dell'assicurazione contro l'invalidità (AI) in merito alla determinazione di un'invalidità parziale non hanno automaticamente effetto sulla misura del grado di occupazione stabilito per contratto. Una riduzione del grado di occupazione deve avvenire in forma scritta, come una vera e propria modifica contrattuale e, in caso di mancato consenso della lavoratrice, può essere ottenuta solo attraverso la disdetta (cons. 2c).

- L'obbligo di versare il salario statuito dall'art. 36 cpv. 1 OPers-SPF in caso di incapacità lavorativa dovuta a malattia, si tratta di un minimo in tempo e non in denaro. Anche la dipendente che lavora ancora ad una percentuale ridotta ha diritto al versamento del salario al massimo per 730 giorni (consid. 2d). Per rispettare il divieto di un'indennità eccessiva, le prestazioni delle assicurazioni versate ai dipendenti durante il periodo di obbligo di versamento del salario sono computate sul salario (consid. 4).




Zusammenfassung des Sachverhalts:

A. X. arbeitete als administrative Sekretärin beim Departement Z. der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) und führte das Sekretariat von Professor T. Ihr Beschäftigungsgrad betrug gemäss Arbeitsvertrag 100%. Am 4. Dezember 1998 erlitt sie einen Unfall, welcher in der Folge ihre Arbeitsfähigkeit massgeblich beeinflusste. Vom 29. Juli 2003 an war X. während der Dauer eines knappen Jahres zu 100% nicht arbeitsfähig; seit dem 5. Juli 2004 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses betrug die Arbeitsunfähigkeit nach ihren eigenen Angaben 80%. Der Grad der Arbeitsunfähigkeit war jedenfalls während eines längeren Zeitraums schwankend. X. erhält seit dem 1. Juni 2004 eine monatliche Rente von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) von Fr. (...). Seit dem 1. September 2003 erhält sie zusätzlich eine Rente von der Invalidenversicherung (IV) von Fr. (...).

Mit Schreiben bzw. Verfügung vom 2. März 2005 teilte die ETHZ X. mit, gestützt auf die Rentenbescheide der SUVA und der IV-Stelle und nachdem die Arbeitnehmerin aufgrund eines Arztzeugnisses ohnehin nur zu 20% tätig sei, werde der Beschäftigungsgrad ihres Arbeitsvertrages rückwirkend per 1. Februar 2005 auf 50% reduziert. Gleichzeitig forderte die ETHZ X. zur Wiederaufnahme ihrer Arbeit zu 50% ab 7. März 2005 auf.

B. Mit Eingabe vom 14. März 2005 erhob X. vorsorglich gegen das Schreiben bzw. die Verfügung der ETHZ vom 2. März 2005 Beschwerde bei der ETH-Beschwerdekommission. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, die rückwirkende Reduktion des Beschäftigungsgrades und die Aufforderung zur Arbeitsaufnahme zu 50% seien in mehrfacher Hinsicht nicht zulässig. Gegen den IV-Entscheid habe sie rechtzeitig Beschwerde eingereicht. Ferner bescheinige ihr Dr. K. bis auf weiteres eine Arbeitsunfähigkeit von 80%. Schliesslich werde der Invaliditätsgrad bei der IV aufgrund eines Einkommensvergleichs festgelegt; dieser sei nicht mit der aktuellen konkreten Arbeitsunfähigkeit identisch. Zudem habe sich die 100% Lohnfortzahlungspflicht bis zum 27. Juli 2005 verlängert.

C. (...)

D. Unter Beilage der einseitig durch die Arbeitgeberin unterzeichneten Vertragsänderung forderte die ETHZ X. mit Schreiben vom 20. April 2005 letztmals auf, ihre Arbeitsleistung von 50% ab 27. April 2005 zu erbringen. Ferner erfolge gemäss Art. 36 Abs. 1 der Verordnung vom 15. März 2001 des ETH-Rates über das Personal im Bereich der Eidgenössischen Technischen Hochschulen ( PVO-ETH, SR 172.220.113) die Lohnfortzahlung unter Anrechnung von Versicherungsleistungen, was durch Verrechnung geltend gemacht werde. Als vorsorgliche Massnahme würde die ETHZ den Lohn des Monats April 2005 in der Höhe der effektiv geleisteten Arbeitszeit (20%) ausbezahlen; X. könne sich dazu im Rahmen des rechtlichen Gehörs äussern.

E. und F. (...)

G. Am 25. Oktober 2005 teilte X. der ETH-Beschwerdekommission mit, sie habe die Beschwerde gegen den IV-Einspracheentscheid beim Sozialversicherungsgericht zurückgezogen, jedoch sei für den vorliegenden Prozess nach wie vor von einer Arbeitsfähigkeit von 20% auszugehen. Ferner bemängelte sie diverse Lohnabrechnungen. Die ETHZ sah sich durch den Beschwerderückzug darin bestätigt, dass X. zu 50% arbeitsfähig war. Sie gestand in ihrer Eingabe vom 31. Oktober 2005 zu, dass die beanstandeten Lohnabrechnungen nicht nachvollziehbar waren und kündigte ferner an, dass sie gegen X. ein Kündigungsverfahren einleiten werde.

H. Mit Urteil vom 15. Dezember 2005 entschied die ETH-Beschwerdekommission, die Beschwerde von X. abzuweisen. Sie stützte sich dabei im Wesentlichen auf die beiden rechtskräftigen Entscheidungen von SUVA und IV, welche beide eine Arbeitsunfähigkeit von 50% belegten. Eine Arbeitsleistung im Umfang von 20% sei für die Arbeitgeberin zu wenig effizient, da die Führung eines Sekretariats bei diesem Pensum offensichtlich nicht möglich sei. Deshalb seien sowohl die Reduktion des Pensums als auch die Aufforderung zur Arbeitsaufnahme rechtmässig. Weiter handle es sich nicht um eine Änderungskündigung. Selbst wenn es sich um eine solche handeln würde, wäre die entsprechende Verfügung nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar und mit der Beschwerde angefochten. Der Termin für die Änderung des Beschäftigungsgrades sei jedoch nachvollziehbar, in dem es sich um das Monatsende nach Rechtskraft der IV-Verfügung handle. Eine allfällige Gehörsverweigerung sei durch die umfassende Kognitionsbefugnis der Rechtsmittelinstanz geheilt worden. Dem Anspruch auf Lohnfortzahlung während 730 Tagen nach Art. 36 Abs. 1 PVO-ETH sei die ETHZ nachgekommen, da die Lohnfortzahlungspflicht nur dann volle 730 Tage dauere, wenn nicht vorher die Erwerbsfähigkeit wieder erlangt oder die dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt werde. Der von X. geltend gemachte Einwand, die erbrachte Arbeitsleistung von 20% sei auf die Dauer der Lohnfortzahlungspflicht anzurechnen, wurde abgelehnt und angesichts der bisher von X. gegenteilig vertretenen Ansicht wenn nicht als rechtsmissbräuchlich, so doch als widersprüchlich betrachtet.

I. Gegen diesen Entscheid der ETH-Beschwerdekommission (nachfolgend: Vorinstanz) liess X. (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 31. Januar 2006 Beschwerde bei der Eidgenössischen Personalrekurskommission (PRK) einreichen und insbesondere die Aufhebung des angefochtenen Entscheides beantragen. Zudem sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin bei der Beschwerdegegnerin nach wie vor in einem Beschäftigungsgrad von 100% angestellt sei und dass die Beschwerdeführerin ab 1. März 2005 (und schon zuvor ab 6. Juli 2004) bis auf weiteres zu 80% arbeitsunfähig sei. Schliesslich sei festzustellen, dass der Lohnfortzahlungsanspruch der Beschwerdeführerin bis mindestens 12. Oktober 2005 bestehe und entsprechend sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, Lohnfortzahlung bis mindestens 12. Oktober 2005 (basierend auf einem Beschäftigungsgrad von 100% und einer Arbeitsunfähigkeit von 80%) zu leisten. (...)

J. In ihrer Stellungnahme vom 21. Februar 2006 beantragt die ETHZ, die Anträge der Beschwerdeführerin seien vollumfänglich abzuweisen und das Urteil der ETH-Beschwerdekommission vom 15. Dezember 2005 sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführerin zu bestätigen. Was den Sachverhalt anbelangt, bringt die ETHZ ergänzende Ausführungen zu den an die Beschwerdeführerin erfolgten Lohnzahlungen vor und reicht weitere Belege ein. Weiter weist sie darauf hin, dass sie gegenüber der Beschwerdeführerin SUVA-Rentenleistungen im Umfang von CHF 24'576.- bzw. CHF 24'604.- zurückfordere, welche diese unrechtmässig neben dem 100%igen Lohn bezogen habe. Weiter weist die ETHZ darauf hin, dass sie der Beschwerdeführerin nach Einräumen des rechtlichen Gehörs mit Verfügung vom 24. November 2005 auf den 31. Mai 2006 gekündigt hat. (...)

Die Vorinstanz verzichtete mit Schreiben vom 27. Februar 2006 auf eine Vernehmlassung.

(...)

Aus den Erwägungen:

1.a. und b. (Formelles)

c. (Kognition)

2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Dauer und Umfang der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bei Krankheit oder Unfall gemäss Art. 36 PVO-ETH. Strittig ist zum einen, ob sich die Lohnfortzahlungspflicht mit Erlass von Rentenverfügungen durch SUVA oder IV wegen Teilinvalidität automatisch auf den Umfang der Restarbeitsfähigkeit reduziert (nachfolgend: b), ob die von der ETHZ mitgeteilte Pensumsreduktion sonst gültig (nachfolgend: c) und ob die Regelung von Art. 36 PVO-ETH ein Zeit- oder ein Lohnminimum darstellt (nachfolgend: d).

a. Art. 36 PVO-ETH, der Art. 324a des Bundesgesetzes vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht, OR, SR 220) entspricht, enthält eine Ausnahme zu den Regeln des Allgemeinen Teils des Obligationenrechts. Kann der Arbeitnehmer seine Leistung unverschuldet nicht erbringen, würde die Pflicht, sie zu erbringen, nämlich nach Art. 119 Abs. 1 OR erlöschen, und der Arbeitnehmer würde nach Art. 119 Abs. 2 OR auch seinen Anspruch auf die noch nicht erfüllte Gegenleistung, also den Lohnanspruch, verlieren. Die zitierte Bestimmung macht nun insofern eine Ausnahme, als im dort statuierten Umfang der Anspruch des Arbeitnehmers auf Lohn erhalten bleibt, obwohl seine Leistung nach wie vor unmöglich ist (Art. 119 Abs. 3 OR; Thomas Geiser, Fragen im Zusammenhang mit der Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit, Aktuelle Juristische Praxis [AJP] 2003 323; Stephan Ragg, Die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers im System der obligatorischen Unfallversicherung, Bern 1997, S. 26 f.; Ullin Streiff/Adrian von Kaenel, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar, 6. Aufl., Zürich 2006, N. 5 zu Art. 324a OR; Frank Vischer, Der Arbeitsvertrag, 3.Aufl., Basel 2005, S. 127). Es stellt sich die Frage, wie lange die Lohnfortzahlungspflicht, d. h. die Abweichung von Art. 119 Abs. 2 OR dauert.

Eine erste Schranke ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 36 Abs. 1 PVO-ETH, der festhält, dass der Anspruch bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit dauert. Diese Begrenzung ist in Parallelvorschriften, so in Art. 324a OR, in Art. 56 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV, SR 172.220.111.3) sowie in den Gesamtarbeitsverträgen der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und der Post nicht enthalten, doch versteht sie sich von selbst. Sie spielt aber im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle.

b. Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass der Wortlaut der Vorschrift die von der Vorinstanz behauptete weitere Schranke «oder bis zum Entscheid über die definitive Arbeitsunfähigkeit» nicht enthält. Die Frage stellt sich, ob hier eine Lücke in der gesetzlichen Regelung vorliegt, welche die PRK schliessen darf.

Im Bereich des öffentlichen Rechts liegt eine vom Gericht zu schliessende Lücke vor, wenn die Regelung nach den dem Gesetz selber zugrunde liegenden Wertungen und Zielsetzungen als unvollständig und daher ergänzungsbedürftig erachtet werden muss (BGE 102 Ib 225 f. E. 2; vgl. auch Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des allgemeinen Verwaltungsrechts, 4. Aufl., Zürich 2002, Rz. 246, mit Hinweisen; René A. Rhinow/Beat Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel und Frankfurt a.M. 1990, S. 72 f; Pierre Moor, Droit Administratif, Band I, 2. Aufl., Bern 1994, S. 154 ff.). Nach einer anderen Umschreibung liegt eine Lücke dann vor, wenn das Schweigen des Gesetzes seinem Sinn und Zweck entgegensteht (Henri Deschenaux, Le titre préliminaire du CC, in Traité de droit privé suisse, Bd. II, 1, S. 93).

In erster Linie gilt es, sich umzusehen, welche Lösungen der Gesetzgeber in vergleichbaren Normen oder die Sozialpartner in entsprechenden Bestimmungen von Gesamtarbeitsverträgen getroffen haben. Die Bundespersonalverordnung erwähnt in Art. 56 keine entsprechende Begrenzung. Hingegen ergibt sich aus Art. 58 BPV, dass die Lohnfortzahlungspflicht selbst dann besteht, wenn der Arbeitnehmer Leistungen der Militärversicherung, der SUVA oder einer anderen obligatorischen Unfallversicherung bezieht, ebenso solche der IV. Denn Art. 58 BPV befasst sich mit der Frage der Anrechenbarkeit solcher Leistungen auf die Höhe des auszurichtenden Lohnes, setzt also voraus, dass Sozialversicherungsleistungen erfolgen. Art. 324a OR erwähnt ebenfalls keine entsprechende Schranke, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Lohnfortzahlungsfristen im Privatrecht massiv kürzer sind als jene nach den entsprechenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, so dass es bereits aus diesem Grund selten zur Konstellation kommt, dass der Entscheid der Sozialversicherungen über die Invalidität noch während der in Art. 324a OR statuierten Frist gefällt wird. Dennoch ist in der Literatur anerkannt, dass Leistungen aus den Sozialversicherungen auf die Lohnfortzahlung nach Art. 324a OR anzurechnen sind (Streiff/von Kaenel, a.a.O., N. 13; Geiser, a.a.O., S. 323 ff. mit zahlreichen Hinweisen; vgl. auch Art. 19 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrecht [ATSG], SR 830.1). Eine abweichende Regelung enthält das Privatrecht in Art. 324b OR für Leistungen aus der obligatorischen Taggeldversicherung; hier besteht unter den im Artikel genannten Voraussetzungen keine Lohnfortzahlungspflicht; diese Konstellation spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Eine ähnliche Bestimmung wie das Bundespersonalrecht enthält Ziff. 137 des Gesamtarbeitsvertrages (GAV) der SBB[1]; auch hier werden Taggeld- und Rentenleistungen von in- und ausländischen Sozialversicherungen auf den Lohnanspruch angerechnet. Die gleiche Regelung enthält auch Ziff. 371 des GAV Post[2]. Somit ist festzuhalten, dass vergleichbare Regelungen nicht davon ausgehen, dass die Lohnfortzahlungspflicht erlischt, wenn eine Sozialversicherung dem Arbeitnehmer eine Rente wegen voller oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit zuspricht.

Eine solche Lösung steht auch im Einklang mit dem Ziel der Bestimmungen über die Lohnfortzahlungspflicht, den Arbeitnehmer so zu stellen, wie wenn er in der beschränkten Zeit im vereinbarten Umfang voll gearbeitet hätte (Geiser, a.a.O., Rz 2.21). Es lässt sich nicht rechtfertigen, dass derjenige Arbeitnehmer, über dessen Arbeitsunfähigkeit die Sozialversicherung früher entscheidet, schlechter gestellt sein soll als derjenige, bei dem der entsprechende Entscheid später gefällt wird. Einer Überentschädigung wird mit den Bestimmungen zur Anrechnung von Sozialversicherungsleistungen entgegengetreten.

Demzufolge kommt die PRK zum Schluss, dass die Verordnungsbestimmung auch ohne die von der Beschwerdegegnerin behauptete zweite Begrenzung den Wertungen und Zielvorstellungen des Verordnungsgebers entspricht und somit keine Lücke vorliegt. Demnach hatten die Rentenentscheide von SUVA und IV keine automatische Beendigung der Lohnfortzahlungspflicht im Umfang der festgestellten Arbeitsunfähigkeit zur Folge.

c. Die Vorinstanz leitet die Reduktion ihrer Lohnfortzahlungspflicht auch daraus ab, dass die Rentenentscheide «automatisch» eine Reduktion des Beschäftigungsgrades zur Folge hätten; nach ihrer Auffassung beendet der Rentenentscheid nicht nur die Lohnfortzahlungspflicht, sondern wirkt sich unmittelbar auf den Umfang des Pensums aus. Die Beschwerdeführerin hingegen ist der Auffassung, dass eine entsprechende Änderung wie jede Änderung des Arbeitsvertrages lediglich einvernehmlich hätte erfolgen können. Unumstritten ist, dass im Arbeitsvertrag vom 29. September 2001 ein Pensum von 100% vereinbart wurde und dass eine einvernehmliche Vertragsänderung im Sinne einer Reduktion auf 50% nicht zustande gekommen ist.

Der Wortlaut des Arbeitsvertrags der Beschwerdeführerin erwähnt die Frage, ob die ETHZ die erfolgte Pensumsreduktion einseitig vornehmen darf, nicht ausdrücklich. Ziff. 13 bestimmt einzig, dass Änderungen im Arbeitsbereich oder des Arbeitsortes sowie der organisatorischen Eingliederung im Zusammenhang mit einer Reorganisation durch die ETHZ ohne Kündigung des Arbeitsvertrages vorgenommen werden können und nimmt damit die Regelung von Art. 25 Abs. 3 BPV auf. Bei der Reduktion des Pensums handelt es sich aber um keine der erwähnten Änderungen. Im Übrigen verweist der Vertrag in Ziff. 15 auf das Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG, SR 172.220.1) und die PVO-ETH.

Auch dem BPG und der BPV lässt sich nichts dazu entnehmen, wie sich Teilinvalidität auf den Arbeitsvertrag auswirkt. Ebenso enthält die PVO-ETH keine entsprechende Bestimmung, dies im Gegensatz beispielsweise zu Ziff. 140 des GAV SBB oder zu Ziff. 373 des GAV Post. Nach der ersten Bestimmung wird der Arbeitsvertrag auf Ende der Anspruchsfrist auf Lohnfortzahlung angepasst, wenn innert der Anspruchsfrist mangelnde medizinische Tauglichkeit festgestellt wird, jedoch die berufliche Reintegration bei der SBB möglich oder absehbar ist. Nach der zweiten Bestimmung erfolgt die Reduktion des Beschäftigungsgrades mit dem Beginn der Rentenzahlungen, wobei die Lohnfortzahlungspflicht dadurch nicht betroffen ist.

Hingegen regelt Art. 17 PVO-ETH, welcher die Regelung von Art. 30 BPV aufnimmt, ganz allgemein Vertragsänderungen und ist somit mangels anderer Bestimmungen auch auf eine Pensumsreduktion anwendbar. Aufgrund dieser Bestimmung muss eine Reduktion des Pensums somit als Vertragsänderung schriftlich erfolgen. Stimmt die Mitarbeiterin nicht zu, kann die Änderung nur auf dem Wege der Kündigung nach Art. 12 BPG vorgenommen werden. Es ist nicht umstritten, dass zwischen der ETHZ und der Beschwerdeführerin keine schriftliche Einigung über die Pensumsreduktion zu Stande kam. Ebenso ist nicht umstritten, dass während der Dauer einer allfälligen Lohnfortzahlungspflicht keine Kündigung erfolgte. Diese wurde erst auf den 31. Mai 2006 ausgesprochen und nach Rückzug der entsprechenden Beschwerde auch auf dieses Datum hin rechtskräftig. Demzufolge gilt für die Dauer der Lohnfortzahlung nach wie vor der Arbeitsvertrag vom 29. September 2001 mit einem Pensum von 100%.

d. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei der in Art. 36 PVO-ETH festgelegten Bezugsdauer von 730 Tagen um ein Zeit- oder um ein Lohnminimum handelt. Ist ein Zeitminimum statuiert, so hat auch der Arbeitnehmer, der noch zu einem reduzierten Prozentsatz arbeitet, bloss während der genannten Tage Anspruch auf den Lohn. Handelt es sich demgegenüber um ein Lohnminimum, so besteht sein Anspruch weiter, bis dass der erhaltene Lohn einem vollen Salär für die beschränkte Zeit entspricht (Geiser, a.a.O., Rz 2.29). Umstritten ist die Auslegung dieser Bestimmung.

Der Wortlaut der Bestimmung spricht davon, dass der Anspruch «längstens» während 730 Tagen «und» in der Höhe von «höchstens» 100% des vollen Lohnes bestehe. Er enthält somit klar eine doppelte Einschränkung, nämlich hinsichtlich der maximalen Zeitdauer und hinsichtlich der maximalen Geldsumme. Ginge man von der Auffassung der Beschwerdeführerin aus, dass sich bei teilweiser Arbeitsfähigkeit die Lohnfortzahlungsfrist verlängert, müsste man vom Wortlaut der Bestimmung abweichen. Nach der Praxis des Bundesgerichts ist die rechtsanwendende Behörde in der Regel an den klaren und unzweideutigen Wortlaut einer Bestimmung gebunden, doch sind Abweichungen von einem klaren Wortlaut zulässig oder sogar geboten, wenn triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass dieser nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben. Vom Wortlaut kann ferner abgewichen werden, wenn die wörtliche Auslegung zu einem Ergebnis führt, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann (BGE 131 III 314, 316 E. 2.2; BGE 124 III 266, 268 E. 4 und dort zitierte Entscheide).

Ein Vergleich mit Art. 56 BPV zeigt, dass jene Bestimmung die beiden erwähnten Begrenzungen hinsichtlich maximaler Zeitdauer und maximaler Geldsumme nicht enthält. Der Artikel spricht bloss von 12 Monaten und nicht von «längstens» 12 Monaten. Ebenso wird vom vollen Lohn bzw. von 90 Prozent des Lohnes und nicht von «höchstens» dem vollen Lohn bzw. «höchstens» 90 Prozent des Lohnes gesprochen. Der Wortlaut von Art. 56 BPV ist somit bezüglich der hier diskutierten Problematik nicht vergleichbar. Zudem soll es sich dabei nach dem Gutachten von Geiser/Pärli um ein Zeitminimum handeln. Im GAV SBB wird ausdrücklich bestimmt: «Teilarbeitsleistungen verlängern die Anspruchsfrist nicht. Für die geleistete Arbeitszeit besteht auch im 2. Jahr der Arbeitsverhinderung Anspruch auf 100% des Lohnes.» (Ziff. 134 Abs. 5). Die SBB kennen somit die Regelung, welche sich ohne Abweichung aus Art. 36 PVO-ETH ergibt. Hingegen sprechen sich die Bestimmungen des GAV der Post nicht über die Frage aus und können nicht zur Auslegung beigezogen werden.

Was die entsprechende Regelung von Art. 324a OR anbelangt, kann offen gelassen werden, ob, wie Geiser/Pärli in ihrem Gutachten (S. 14 f.) ausführen, sich die herrschende Lehre für ein Lohnminimum ausspricht. Art. 324a OR und Art. 36 PVO-ETH unterscheiden sich nämlich grundlegend. Nach den privatrechtlichen Bestimmungen kommen bezüglich der Dauer der Lohnfortzahlung die von den kantonalen Gerichten entwickelten Skalen zur Anwendung (Brunner/Bühler/Waeber/Buchez, Kommentar zum Arbeitsvertragsrecht, Basel 2006, Rz 14; Vischer, a.a.O., N. 39 ff; Manfred Rehbinder, Schweizerisches Arbeitsrecht, 15. Aufl., Bern 2002, Rz 201). Diese statuieren massiv kürzere Fristen als sie in der PVO-ETH vorgesehen sind. Die Berner Skala[3] endet bei einer Frist von 10 Monaten, die Basler[4] bei 6 Monaten und die Zürcher[5] bei 46 Wochen, also bei 10,5 Monaten. Für die Beschwerdeführerin, welche ihre Stelle am 30. April 1991 angetreten hat - sich somit im 15. Anstellungsjahr befand - würde die Lohnfortzahlung somit nach der Zürcher Skala während 21 Wochen, nach der Berner Skala während 5 Monaten und nach der Basler Skala während 4 Monaten erfolgen. Angesichts der unterschiedlichen Dauer der Lohnfortzahlungspflicht nach den beiden Bestimmungen könnte Art. 36 PVO-ETH durchaus ein Zeitminimum statuieren, selbst wenn für Art. 324a OR von einem Lohnminimum auszugehen wäre.

Auch mit einem Zeitminimum käme die Bestimmung ihrem sozialpolitischen Zweck nach, Deckungslücken zu vermeiden, in welchen weder aufgrund der Lohnfortzahlungspflicht Lohn bezahlt wird noch Versicherungsleistungen erfolgen. Die Fristen sind nämlich so lange bemessen, dass solche Deckungslücken praktisch ausgeschlossen sind.

e. Zusammenfassend hält die PRK somit fest, dass die Lohnfortzahlungspflicht der ETHZ aufgrund von Art. 36 PVO-ETH auch dann auf maximal 730 Tage beschränkt ist, wenn die Mitarbeitende wie im vorliegenden Fall für ein Teilpensum arbeitsfähig war und ein Teilpensum weiterhin geleistet hat. Demzufolge hat die ETHZ der Beschwerdeführerin den Lohn während 730 Tagen ab Eintritt der Teilarbeitsunfähigkeit, d. h. bis zum 27. Juli 2005 zu bezahlen. Dieses Datum wird auch von der Beschwerdeführerin für den Fall, dass die PRK darauf erkennt, dass Art. 36 PVO-ETH ein Zeitminimum enthält, nicht bestritten.

Auf die weiteren in der Beschwerdeschrift geltend gemachten Eventualanträge muss nicht eingegangen werden, weil die PRK bezüglich Art. 36 PVO-ETH von einem Zeitminimum ausgeht.

3. (...)

4. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die ETHZ habe zu Unrecht die IV-Renten, welche die Beschwerdeführerin neben dem vollen Lohn bezogen hat, von den Lohnzahlungen in Abzug gebracht. Ebenso sei die Verrechnung von Lohnzahlungen mit den SUVA-Renten unzulässig. Es habe einerseits an der für eine Verrechnung erforderlichen Gegenseitigkeit gefehlt und andererseits sei mit der vollständigen Verrechnung des Novemberlohnes 2005 das Existenzminimum der Beschwerdeführerin verletzt worden. Auch die Rückforderung des Restbetrages durch die ETHZ im Betrag von CHF 11'430.80 sei unzulässig, weil die ETHZ gar nicht Gläubigerin dieser Forderung sei.

a. Sowohl im Schreiben vom 20. April 2005 als auch in jenem vom 24. November 2005 stützt die ETHZ ihren Anspruch auf das Verbot der Überentschädigung gemäss Art. 36 Abs. 1 PVO-ETH. Die Bestimmung hält ausdrücklich fest, dass Leistungen von Versicherungen, welche Mitarbeitende während der Dauer der Lohnfortzahlungspflicht erhalten, auf die Lohnfortzahlung angerechnet werden. Die Mitarbeitenden sollen so zwar nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn sie effektiv gearbeitet hätten. Entgegen dem Wortlaut der entsprechenden Schreiben der ETHZ handelt es sich demzufolge also beim vorgenommenen «Abzug» nicht um eine Verrechnung im Sinne der Art. 120 ff. OR, und die Vorschriften des Allgemeinen Teils des Obligationenrechts über die Verrechnung sowie auch Art. 323b Abs. 2 OR, welcher aufgrund von Art. 6 Abs. 2 BPG auch für öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse gilt, kommen somit nicht zur Anwendung. Entsprechend besteht keine betragsmässige Beschränkung der Anrechnung. Diese ist auch dann zulässig, wenn der ausbezahlte Lohn dadurch kleiner wird als das Existenzminimum, denn die Beschwerdeführerin hat ja statt der Lohnfortzahlung den Rentenbetrag erhalten und zur Deckung der Lebenshaltungskosten verwenden können. Die entsprechenden Einwände der Beschwerdeführerin sind somit abzulehnen. Ebenso geht der Einwand, es fehle für eine Verrechnung an der Gegenseitigkeit, schon deshalb ins Leere, weil die ETHZ nicht Rentenleistungen der SUVA oder IV zurückfordert, sondern einen Abzug an der Lohnforderung macht, deren Schuldnerin sie ist.

b. Was die Höhe der Abzüge anbelangt, ist diese in den Akten hinlänglich belegt. (...)

5. Demzufolge ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen. Bei ganzer oder teilweiser Gutheissung hat die Beschwerdeinstanz die Sache in der Regel in einem reformatorischen Entscheid selbst zu entscheiden (Art. 61 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG], SR 172.021). Nur ausnahmsweise weist sie die Beschwerde mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück. Letzteres kann sich vor allem dort rechtfertigen, wo der Sachverhalt ungenügend abgeklärt ist sowie wenn die Regelung des Rechtsverhältnisses besondere Sachkunde verlangt oder in den Ermessensbereich hineinragt (André Moser, in: Moser/Uebersax, Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen, Basel und Frankfurt am Main 1998, N. 3.86 ff.; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 233). Was die geltend gemachten Feststellungsbegehren anbelangt, ist die PRK ohne weiteres in der Lage, einen Entscheid zu treffen. Hingegen drängt sich aus prozessökonomischen Gründen für die Erstellung einer Lohnschlussabrechnung eine Rückweisung an die ETHZ auf. Die ETHZ kann eine solche mit verhältnismässig geringem Aufwand erstellen.

(...)



[1] Abrufbar unter: http://www.vslf.com/391.html (letzter Besuch am 31. Oktober 2006).
[2] Abrufbar unter: http:/www.gewerkschaftkom.ch/uploads/uploadedDocuments/733_Document.pdf, (letzter Besuch am 31. Oktober 2006).
[3] http://adminsrv3.admin.ch/bsvr/index.php3?JSB4=&LID=1&MID=1&content_file=vonfall.php3%3FLID%3D1%26MID%3D1%26VFTitleID%3D12 (letzter Besuch am 31. Oktober 2006).
[4] http://adminsrv3.admin.ch/bsvr/index.php3?JSB4=&LID=1&MID=1&content_file=vonfall.php3%3FLID%3D1%26MID%3D1%26VFTitleID%3D12 (letzter Besuch am 31. Oktober 2006).
[5] http://adminsrv3.admin.ch/bsvr/index.php3?JSB4=&LID=1&MID=1&content_file=vonfall.php3%3FLID%3D1%26MID%3D1%26VFTitleID%3D12 (letzter Besuch am 25. Oktober 2006).




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