10-04 Periodische Abwassergebühr

Der Frischwasserbezug ist ein verursachergerechtes Bemessungskriterium für die Erhebung von periodischen Abwassergebühren. (E. 5)


Der Nachweis, dass erhebliche bezogene Frischwassermengen nicht in die Kanalisation gelangt sind, obliegt dem Gebührenschuldner. Misslingt dieser Nachweis, hat der Gebührenschuldner die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. (E. 6)



Aus dem Sachverhalt:

Mit Verfügung vom 23. Oktober 2009 stellte die Einwohnergemeinde Aesch A.____ unter anderem eine Abwassergebühr in der Höhe von Fr. 34.45, basierend auf einem Wasserverbrauch von 16 m3 im Jahr 2009, in Rechnung. (…) Am 20. November 2009 erhob A.____ gegen die Verfügung der Einwohnergemeinde Aesch vom 23. Oktober 2009 Einsprache beim Gemeinderat der Einwohnergemeinde Aesch, wobei er sinngemäss beantragt, er sei von der Abwassergebühr zu befreien, da er das Haus nicht bewohne und somit auch kein Abwasser verursache. Mit Entscheid vom 8. Dezember 2009 wies der Gemeinderat der Einwohnergemeinde Aesch die Einsprache von A.____ ab mit der Begründung, dass das gültige Abwasserreglement keine Abzugsmöglichkeiten für das Bewässern eines privaten Gartens vorsehe. Mit Eingabe vom 15. Dezember 2009 erhob A.____ gegen den Einspracheentscheid vom 8. Dezember 2009 Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 leitete die Bau- und Umweltschutzdirektion des Kantons Basel-Landschaft, Rechtsabteilung, die eingereichte Beschwerde zuständigkeitshalber an das Steuer- und Enteignungsgericht, Abteilung Enteignungsgericht (nachfolgend Enteignungsgericht) weiter.



Aus den Erwägungen:

5. (…)


5.2 Im Bereich des Gewässerschutzes statuiert Art. 3a des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer vom 24. Januar 1991 (GSchG) das Verursacherprinzip. In Art. 60a GSchG wird das Prinzip bezüglich der Finanzierung der Abwasseranlagen präzisiert. Danach sind bei der Ausgestaltung der Abgaben die Art und Menge des erzeugten Abwassers zu berücksichtigen. Mit dem Verursacherprinzip soll erreicht werden, dass die Kosten, welche der öffentlichen Hand aus der Abwasserbeseitigung entstehen, demjenigen auferlegt werden, welcher die betreffenden Massnahmen verursacht. Übereinstimmend hält § 13 Abs. 1 kGSchG fest, dass sich die von den Gemeinden auf die Abwasserlieferanten überwälzten Gebühren nach der Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Abwassers zu richten haben. Das kGSchG konkretisiert in § 13 Abs. 2, dass sich diese Menge grundsätzlich nach dem Wasserverbrauch richtet.


5.3 Das Verursacherprinzip strebt prinzipiell Vollkostendeckung an (vgl. Beatrice Wagner Pfeiffer, Umweltrecht I, 2. Auflage, Zürich 2002, S. 41 f.; siehe auch Alain Griffel, Die Grundprinzipien des schweizerischen Umweltschutzrechts, Zürich 2001, N 336) und begründet damit eine Begrenzung der erhobenen Abgaben nach unten. Dagegen stellt das Kostendeckungsprinzip die Begrenzung der Abgaben nach oben dar. Das Verursacherprinzip befasst sich mit der Zuordnung der Kosten, orientiert sich also nicht primär am Wert der für die Abgabe erhaltenen Gegenleistung. Gleichwohl führt die verursachergerechte Abgabenbemessung zu weitgehend ähnlichen Ergebnissen wie das Äquivalenzprinzip und genügt damit den Anforderungen der Rechtsgleichheit (vgl. Peter Karlen, Die Erhebung von Abwasserabgaben aus rechtlicher Sicht, in: URP 1999, S. 550; Urteil des Enteignungsgerichts vom 14. November 2002 [650 01 14] E. 9, Urteil des Enteignungsgerichts vom 21. März 2002 [650 99 41] E. 7b/dd).


5.4 Das Verursacherprinzip erfordert - wie auch das Äquivalenzprinzip - keine exakte Kostenaufteilung, sondern erlaubt den Rückgriff auf pauschale Bezugsgrössen. Dies, da sich Art und Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Abwassers nur mit grossem Aufwand direkt messen lassen. Bei der Bemessung der periodischen Gebrauchsgebühren werden jedoch tendenziell höhere Anforderungen an die pauschalen, der Durchschnittserfahrung entsprechenden Kriterien gestellt als bei Grundgebühren oder einmaligen Abgaben (vgl. BGE vom 28. Januar 1998, in: URP 1998 S. 739 ff. E. 2b). So bilden die oftmals üblichen liegenschaftsbezogenen Bemessungskriterien (so z.B. die Parzellenfläche, das Gebäudevolumen, der Gebäudeversicherungswert) keinen tauglichen Massstab für Gebrauchsgebühren (Peter Karlen, a.a.O., S. 558 f., mit Hinweis auf BGE 125 I 1; vgl. auch Urteil des Berner Verwaltungsgerichts vom 11. Februar 2008, in: BVR 2008, S. 557 ff., insbesondere E. 5). Das in Art. 60a statuierte Verursacherprinzip schreibt indessen die Verwendung bestimmter Bemessungskriterien nicht vor, sondern überlässt die verursachergerechte Bemessung der Abwassergebühren der Konkretisierung durch Kanton und Gemeinden. § 13 Abs. 2 kGSchG bestimmt entsprechend, dass sich die Abwassergebrauchsgebühr nach dem Frischwasserbezug richtet. Abgesehen davon, dass das Bemessungskriterium des Frischwasserverberauchs gesetzlich vorgeschrieben ist, ist festzuhalten, dass es grundsätzlich in einem engen Zusammenhang mit der Abwassermenge steht und deshalb eine verursachergerechte Bemessung der Abwassergebühren erlaubt (Peter Karlen, a.a.O., S. 559 f.; noch unter dem Blickwinkel des Äquivalenzprinzips: VGE vom 29. April 1998 [Nr. 14.2] E. 3c). Der Wasserverbrauch stellt ein einfaches, sachbezogenes und der Durchschnittserfahrung entsprechendes Kriterium für die Bemessung der Abwassergebühren dar und entspricht somit im Rahmen der zulässigen Schematisierung dem Verursacherprinzip.


6.


6.1 Als Korrektiv zur schematischen Bemessung der Abwassergebühren nach dem Wasserverbrauch sieht § 13 Abs. 2 lit. a kGSchG vor, dass erhebliche Frischwassermengen, welche nachweislich nicht in die Schmutzwasserkanalisation eingeleitet werden, bei der Gebührenerhebung berücksichtigt werden müssen. Weist eine Wasserbezügerin oder ein Wasserbezüger nach, dass mehr als 20% oder mehr als 500 m3/Jahr der verbrauchten Wassermenge nicht in die Schmutz- oder Mischwasserkanalisation eingeleitet werden, ist diese Menge gemäss § 21 Abs. 1 der Kantonalen Gewässerschutzverordnung vom 13. Dezember 2005 (kGschV, SGS 782.11) bei der Gebührenerhebung in Abzug zu bringen.


(…)


6.3 Vorab ist festzustellen, wem der betreffende Nachweis obliegt. (…) Gemäss § 9 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Basel-Landschaft (VwVG, SGS 175) ermittelt die verfügende Behörde den Sachverhalt von Amtes wegen. § 12 Abs. 1 VPO bestimmt, dass das Gericht die für den Entscheid wesentlichen Tatsachen ebenfalls von Amtes wegen feststellt. Die Geltung des Untersuchungsprinzips führt dazu, dass bezüglich des rechtserheblichen Sachverhalts die verfügende Behörde bzw. das Gericht die Beweise erhebt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch im öffentlichen Prozess die Folge einer allfälligen Beweislosigkeit von einem Verfahrensbeteiligten zu tragen ist (vgl. René Rhinow/Beat Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, Nr. 88, B/I). Die Beweislast trägt dabei diejenige Person, die aus der unbewiesen gebliebenen Tatsache hätte Rechte ableiten können (Urteil des Enteignungsgerichts vom 30. Juni 2009 [650 08 46] E. 4.2; vgl. auch René Rhinow/Heinrich Koller, Christina Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel 1996, Rn 910).


Die Gemeinden haben die zu erhebenden Abwassergebühren nach dem Frischwasserverbrauch zu bemessen (§ 13 Abs. 2 kGSchG). Mit dem Nachweis des Wasserverbrauchs ist grundsätzlich auch die Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Abwassers nachgewiesen. Die Beschwerdegegnerin hat somit mit der unbestrittenen Ablesung des Wasserzählers den Nachweis für den Frischwasserbezug und somit auch für die Erhebung der Abwassergebühr gemäss § 13 Abs. 2 kGSchG erbracht.


Gemäss § 21 Abs. 1 lit. a kGSchV ist der Nachweis der anderweitigen Ableitung oder Versickerung des bezogenen Frischwassers vom Wasserbezüger (und Abwassergebührenschuldner) zu erbringen. Die in § 13 GSchG vorgesehene Schematisierung führt in Bezug auf die Befreiung oder Reduktion der Abwassergebühr folglich zu einer Umkehrung der Beweislast, welche in der KGSchV ausdrücklich festgehalten ist. Der Nachweis ist somit vom Beschwerdeführer zu erbringen. Er trägt nach dem soeben Ausgeführten die Beweislast und, daraus folgend, die Folgen einer allfälligen Beweislosigkeit.


6.4 Der Beschwerdeführer hat zugestanden, dass sein Grundstück, obwohl unbewohnt und renovationsbedürftig, an die Kanalisationsanlagen der Beschwerdegegnerin angeschlossen ist. Das Haus verfügt gemäss Angaben des Beschwerdeführers über einen Schüttstein sowie ein WC mit Lavabo. Der Beschwerdeführer hat seine Behauptung, das bezogene Frischwasser versickere ausschliesslich im Garten, nicht belegen können. Es erscheint indessen als wahrscheinlich, dass das bezogene Frischwasser zumindest zum Teil in die Kanalisation abgeleitet wird, z.B. beim Spülen einer Toilette, dem Reinigen oder Abspülen von Gartengeräten oder - wie von der Beschwerdegegnerin vorge-


bracht - bei Umbauarbeiten. Eine Situation analog derjenigen im Landwirtschaftsbereich, wo erhebliche Wassermengen nachweislich für die Bewässerung und die Tränkung von Tieren verwendet werden und demnach nicht in die Kanalisation gelangen, ist vorliegend jedenfalls nicht gegeben (vgl. Urteil des Enteignungsgerichts vom 30. Juni 2009 [650 08 46] E. 4.6). Daraus, dass das Haus zum Zeitpunkt der Gebührenbemessung unbewohnt war, kann der Beschwerdeführer ebenfalls nichts zu seinen Gunsten ableiten. Diese Tatsache hat sich bereits im niedrigen Wasserverbrauch und in der demzufolge niedrigen Abwassergebühr verwirklicht. Damit wird deutlich, dass der Beschwerdeführer keinen Nachweis für die anderweitige Ableitung des Abwassers hat erbringen können. (…) Die dargelegte Beweislosigkeit über die Art der Ableitung des bezogenen Frischwassers wirkt sich aufgrund von § 21 Abs. 1 lit. a kGSchV zulasten des Beschwerdeführers aus. Die Abwassergebühr ist deshalb zu Recht aufgrund des Wasserbezugs bemessen worden und in der geltend gemachten Höhe geschuldet.


Entscheid Nr. 650 09 132 vom 9. August 2010



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