05-02 Nichteintreten wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist

Die auf kantonaler Ebene in § 96 Abs. 2 EntG verankerte Beschwerdefrist gegen die Beitragsverfügung ist eine gesetzliche Frist, die nicht erstreckt werden kann. Im Versäumnisfall tritt die Behörde auf die Eingabe nicht ein (E. 2).


Im Verfahren vor dem Steuer- und Enteignungsgericht sind die erwachsenden Kosten in der Regel der unterliegenden Partei aufzuerlegen (§ 20 Abs. 1 VPO in Verbindung mit § 96 Abs. 3 EntG). In Fällen, in denen die Streitfrage materiell nicht behandelt wird, weil es an einer prozessualen Voraussetzung fehlt, ist diejenige Person als unterliegend zu betrachten, deren prozessuale Stellung vom Entscheid betroffen wird (E. 5).



Aus dem Sachverhalt:

Die Beschwerde der Ehegatten A. und B. im vorliegenden Verfahren vor Steuer- und Enteignungsgericht, Abteilung Enteignungsgericht (nachfolgend Steuer- und Enteignungsgericht) ist am 12. Juli 2003 der Post übergeben worden und richtet sich gegen die Beitragsverfügung der Gemeinde Grellingen vom 19. Juni 2003 betreffend Erschliessung X.-weg (Parzelle Nr. a) und Y.-weg West (Parzelle Nr. c) für die Parzelle Nr. b. Die angefochtene Verfügung ist mit der Rechtsmittelbelehrung versehen, dass gegen sie innert einer Frist von 10 Tagen seit der Zustellung beim Kantonalen Enteignungsgericht Beschwerde erhoben werden könne. Die Beschwerdeführenden stellen das Rechtsbegehren, die Beitragsverfügung vom 19. Juni 2003 sei aufzuheben. Nachdem die Beschwerdegegnerin anfänglich die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde beantragt hat, beantragt sie an der Hauptverhandlung auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, weil die Beschwerdefrist nicht eingehalten worden sei.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Die Beschwerdefrist gegen Beitragsverfügungen beträgt gestützt auf § 36 Abs. 1 des Strassenreglements der Gemeinde Grellingen vom 29. Oktober 1997 (StrR, vom Regierungsrat mit Entscheid Nr. 869 am 28. April 1998 genehmigt) 10 Tage. Diese Frist stimmt mit § 96 Abs. 2 des Gesetzes über die Enteignung vom 19. Juni 1950 (EntG, SGS 410) überein. § 36 Abs. 2 StrR bestimmt zudem, dass auf der Beitragsverfügung auf dieses Rechtsmittel hinzuweisen ist, was vorliegend korrekterweise geschehen ist. Bei der Frist von § 36 Abs. 1 StrR handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht erstreckt werden kann, und im Versäumnisfall tritt die Behörde auf die Eingabe nicht ein (§ 5 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz vom 13. Juni 1988 [VwVG, SGS 175]).


3. Die Beschwerdegegnerin hat dem Gericht auf Anfrage hin am 5. Januar 2005 schriftlich mitgeteilt, dass sie die angefochtenen Beitragsverfügungen eingeschrieben, aber ohne Rückschein verschickt habe. Dem am 6. Januar 2005 nachgereichten postalischen Zustellungsnachweis kann entnommen werden, dass die LSI-Sendung Nr. 103499, adressiert an die Ehegatten A. und B., am 21. Juni 2003 von den Adressaten in Empfang genommen worden ist.


Beide Schreiben, inklusive Kopie des postalischen Zustellungsnachweises hat das Gericht dem Vertreter der Beschwerdeführenden am 20. Januar 2005 per Fax und per A-Post zugeschickt.


4. Die Beschwerdeführenden haben an der heutigen Hauptverhandlung in Kenntnis der Schreiben vom 5. und 6. Januar 2005 der Beschwerdegegnerin weder geltend gemacht, dass ihnen die Beitragsverfügung vom 19. Juni 2003 nicht richtig eröffnet worden sei, noch dass sie in irgend einer rechtlich relevanten Form an der rechtzeitigen Einreichung einer Beschwerde gegen die Verfügung verhindert gewesen seien.


Mit der Zustellung der Postsendung am 21. Juni 2003 an eine empfangsberechtigte Person ist die Beitragsverfügung richtig eröffnet worden. Die Rechtsmittelfrist hat gestützt auf § 46 Abs. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes vom 22. Februar  2001 (GoG, SGS 170) am darauf folgenden Tag, dem 22. Juni 2003 zu laufen begonnen. Die Frist ist eingehalten, wenn die schriftliche Eingabe spätestens am letzten Tag der Frist der schweizerischen Post übergeben wird (§ 46 Abs. 3 GoG). Im vorliegenden Fall ist der letzte Tag der Frist der 1. Juli 2003. Die Postaufgabe der Beschwerde am 12. Juli 2004 ist somit verspätet erfolgt, wobei die Beschwerdefrist nicht um wenige Tage, sondern um nahezu zwei Wochen überschritten worden ist.


Die Beschwerdeführenden haben den Nachweis der unverschuldeten Verhinderung an der fristgerechten Beschwerdeerhebung nicht erbringen können. Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten.


5. Für das Verfahren vor dem Steuer- und Enteignungsgericht gelten sinngemäss die Bestimmungen des Verfahrens vor dem Kantonsgericht, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht (§ 96 Abs. 3 EntG). Gemäss § 20 Abs. 1 der Verwaltungsprozessordnung vom 16. Dezember 1993 (VPO, SGS 271) i.V.m. § 96 Abs. 3 EntG sind die erwachsenden Kosten in der Regel der unterliegenden Partei aufzuerlegen. In Fällen, in denen die Streitfrage materiell nicht behandelt wird, weil es wie im zu beurteilenden Fall an einer prozessualen Voraussetzung fehlt, ist diejenige Person als unterliegend zu betrachten, deren prozessuale Stellung vom Entscheid betroffen wird. Vorliegend sind dies die Beschwerdeführenden, wird doch auf ihre Beschwerde nicht eingetreten, weshalb ihnen die Verfahrenskosten aufzuerlegen sind (Urs Peter Cavelti/Thomas Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen - dargestellt an den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, 2. Aufl., St. Gallen 2003, N 769). Die ausserordentlichen Kosten werden wettgeschlagen.


Entscheid Nr. 650 03 93 / 650 03 94 vom 24. Januar 2005



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