07-03 Parteientschädigung im Verfahren der formellen Enteignung

Die Anerkennung einer Sachleistung zusätzlich zur Geldleistung durch die Enteignerin kommt einem Obsiegen gleich, sodass vom Grundsatz der Tragung der Parteikosten durch die Enteignerin oder den Enteigner nicht abgewichen werden kann (E. 3.1).


Aus dem Sachverhalt:


Mit Beschluss vom 12. Dezember 2005 wies der Gemeinderat Röschenz die von A. und B. eingereichten Einsprachen betreffend das Strassenbauprojekt "Verbesserung des Einlenkers in die Gasse" ab. Das Strassenprojekt sieht unter anderem die Abtretung von 4 m 2 Land, das sich im Eigentum von A. und B. befindet, zu Fr. 400.00 pro m 2 vor. Gleichentags informierte der Gemeinderat gestützt auf § 42 Abs. 3 des Gesetzes über die Enteignung (EntG) vom 19. Juni 1950 die Präsidentin des Steuer- und Enteignungsgerichts, Abteilung Enteignungsgericht (nachfolgend Steuer- und Enteignungsgericht) über den Abschluss des Plangenehmigungsverfahrens vor der Gemeinde. Im Rahmen des in der Folge eingeleiteten Verfahrens der Entschädigung teilten A. und B. (nachfolgend Kläger), vertreten durch Dr. Fredy Veit, Advokat in Liestal, mit, dass sie sich mit der Gemeinde (nachfolgend Beklagte) einigen konnten. Sie stellen den Antrag, das Verfahren als gegenstandslos abzuschreiben und über die ordentlichen sowie ausserordentlichen Kosten zu befinden und reichen diesbezüglich die Honorarnote ihres Vertreters ein.


Aus den Erwägungen:


1.
Das vorliegende Verfahren ist zufolge Vergleichs als gegenstandslos abzuschreiben. Zu entscheiden ist noch die Frage der Kosten.


(…)


3.
In § 71 Abs. 2 EntG ist als Grundsatz geregelt, dass die Enteignerin oder der Enteigner die Parteientschädigung für den Beizug einer Anwältin oder eines Anwalts trägt. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Enteigner oder die Enteignerin im Verfahren der formellen Enteignung gegenüber den Privaten in einer überlegenen Position ist und insbesondere Art und Ablauf des Eingriffs alleine bestimmt (vgl. Vorlage an den Landrat [2006/262] betreffend effizientes Verfahren vor Steuer- und Enteignungsgericht, S. 4). Die Beklagte tritt im vorliegenden Entschädigungsverfahren als Enteignerin im Sinne von §§ 47 ff. EntG auf und hat den Klägern somit grundsätzlich eine Parteientschädigung zu entrichten. Zu beachten gilt, dass die Kostenregelung gemäss § 71 Abs. 2 EntG auch in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das Verfahren ohne Sachurteil abgeschlossen wird, zur Anwendung gelangt.


3.1 Seit dem 1. Juli 2007 sieht das Gesetz eine Ausnahme vor vom Prinzip, dass die Parteikosten stets vom Gemeinwesen zu tragen sind. So kann von der Zusprechung einer Parteientschädigung ausnahmsweise ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn die enteignete Partei nicht oder nur teilweise obsiegt (§ 71 Abs. 2 Satz 2 EntG). Mit dieser Bestimmung räumt der Gesetzgeber der Abteilung Enteignungsgericht ein Ermessen ein, im Einzelfall vom Grundsatz der Tragung der Parteikosten durch die Enteignerin oder den Enteigner abzuweichen (vgl. Vorlage an den Landrat [2006/262] betreffend effizientes Verfahren vor Steuer- und Enteignungsgericht, S. 4). Voraussetzung ist, dass die enteignete Partei nicht oder nur teilweise obsiegt hat, wobei auch in diesen Fällen nur ausnahmsweise ganz oder teilweise von einer Parteientschädigung abgesehen werden kann. Vorliegend haben sich die Kläger gegen die ihres Erachtens zu tiefe Entschädigung von Fr. 400.00 pro m 2 zur Wehr gesetzt. In der Folge einigten sich die Parteien darauf, dass die Entschädigung zwar unverändert belassen, den Klägern jedoch zusätzlich das Recht zum Halten von zwei Parkplätzen auf öffentlichem Grund eingeräumt wird. Somit erscheint vorliegend ein Abweichen vom Grundsatz der Parteientschädigung zulasten der Enteignerin nicht angezeigt. Der Anspruch der Kläger auf eine Parteientschädigung nach § 71 Abs. 2 EntG ist dementsprechend zu bejahen.


4.
Gemäss § 2 der Tarifordnung für die Anwältinnen und Anwälte vom 17. November 2003 ist in Enteignungsprozessen die Berechnung nach dem Zeitaufwand anwendbar. Das Honorar beträgt 180-350 Franken pro Stunde, je nach Schwierigkeit und Bedeutung der Sache (§ 3 Abs. 1). Der Vertreter der Kläger macht einen Aufwand von 17 Stunden 50 Minuten a Fr. 250.00 geltend. Zu prüfen ist, ob dieser Aufwand als angemessen im Sinne von § 21 Abs. 1 VPO anzusehen ist.


4.1 Im vorliegenden Verfahren vor Steuer- und Enteignungsgericht ging es im Wesentlichen um die Höhe der Entschädigung für 4 m 2 Land, wobei diesbezüglich keine komplexen rechtlichen Fragen oder Bewertungsfragen, welche einen grossen Zeitaufwand erfordert hätten, zur Diskussion standen. Auch der Aktenumfang im Entschädigungsverfahren ist als gering zu bezeichnen. Unter den Titeln "tatsächliche und rechtliche Abklärungen" und "Aktenstudium" gemäss Honorarnote vom 26. Juni 2007 kann somit kein nennenswerter Aufwand verbucht werden. Hinzu kommt, dass sich als einzige Eingabe des Vertreters der Kläger das Schreiben vom 26. Juni 2007, mit welchem die zwischen den Parteien geschlossene zweiseitige Vereinbarung sowie die Honorarnote eingereicht wurden, bei den Akten befindet. Ein allfälliger Aufwand im Verfahren vor dem Regierungsrat kann im Übrigen nicht im vorliegenden Verfahren geltend gemacht werden. Gestützt auf diese Überlegungen wird vorliegend ein Aufwand von 5 Stunden als angemessen erachtet.


4.2 Gemäss § 3 Abs. 1 der Tarifordnung ist für den Stundenansatz des Anwaltshonorars auf die Schwierigkeit der Streitsache abzustellen. Bei Streifenenteignungen handelt es sich nach der Praxis des Steuer- und Enteignungsgerichts in der Regel nicht um komplizierte Fälle. Beim vorliegenden Verfahren handelt es sich um einen Standardfall, der zudem in einem Verfahrensstadium erledigt wurde, in dem noch keine schwierigen Rechtsfragen zu klären waren. Das Honorar ist dementsprechend auf Fr. 210.00 pro Stunde festzusetzen. Den Klägern wird somit ein Honorar von Fr. 1'050.00 zuzüglich Auslagen von Fr. 391.40 sowie 7.6% Mehrwertsteuer, insgesamt also Fr. 1'550.95 zugesprochen.


Entscheid Nr. 600 06 13 vom 27. August 2007



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