07-04 Auslegung des Begriffs "Umbauten" im Vorteilsbeitragsrecht

Der Begriff der "Umbauten" ist im Bereich des Vorteilsbeitragsrechts relativ weit auszulegen. Als "Umbauten" sind diejenigen Erhöhungen der Versicherungssumme zu bezeichnen, die auf baulichen Massnahmen beruhen (E. 5.2).



Aus dem Sachverhalt:

A. und B. sind Gesamteigentümer bzw. Gesamteigentümerin der Parzelle Nr. 2652, Grundbuch Duggingen. Mit Nachschätzung der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung vom 11. Juli 2007 wurde ihre Liegenschaft auf Fr. 1'410'000.00 geschätzt. Die Gebäudeversicherung teilte daraufhin der Einwohnergemeinde Duggingen mit, dass ein Mehrwert durch Investitionen von Fr. 78'000.00 entstanden sei. Gestützt auf diese Mitteilung stellte die Gemeinde A. und B. mit Verfügungen vom 31. Juli 2007 einen Wasseranschlussbeitrag von Fr. 1'392.65 sowie einen Kanalisationsanschlussbeitrag von Fr. 3'357.10 in Rechnung. Mit Eingabe vom 10. August 2007 erhoben A. und B. gegen die Verfügungen der Gemeinde vom 31. Juli 2007 Beschwerde beim Steuer- und Enteignungsgericht, Abteilung Enteignungsgericht (nachfolgend: Steuer- und Enteignungsgericht). Sie stellen den Antrag, die Beitragsverfügungen seien vollumfänglich aufzuheben. Zur Begründung machen die Beschwerdeführenden geltend, dass der von der Gebäudeversicherung festgestellte Mehrwert durch Investitionen auf Sanierungen, nicht jedoch auf Um- oder Erweiterungsbauten zurückzuführen ist. Die reglementarischen Voraussetzungen der Beitragserhebung seien deshalb vorliegend nicht erfüllt.



Aus den Erwägungen:

5. Um- oder Erweiterungsbauten als Voraussetzung der Beitragserhebung


5.1 Nach § 27 Abs. 2 WR sowie § 23 Abs. 2 AR sind Anschlussbeiträge geschuldet, wenn sich der Gebäudeversicherungswert zufolge Um- oder Erweiterungsbauten erhöht. Gemäss den jeweiligen Tarifordnungen beträgt der Wasseranschlussbeitrag 2% und der Kanalisationsanschlussbeitrag 4% des erhöhten Gebäudeversicherungswerts, wobei ein Freibetrag von jeweils Fr. 10'000.00 gewährt wird. Voraussetzung der Beitragserhebung ist somit, dass eine Erhöhung des Gebäudeversicherungswerts vorliegt, die auf einen Um- oder Erweiterungsbau zurückzuführen ist.


5.2 Wie die Beschwerdeführenden zu Recht feststellen, können für den Gebäudeunterhalt respektive für Arbeiten, die das Gebäude und seine Einrichtungen im gleichwertigen Zustand erhalten, nach den vorliegend anwendbaren Reglementen keine zusätzlichen Anschlussbeiträge erhoben werden. Solche Arbeiten fallen nicht unter den Begriff "Umbauten", auch wenn sie auf die Gebäudeschätzung einen Einfluss ausüben können (vgl. AGVE 1975, S. 618, E. 2). Zu prüfen ist deshalb, ob es sich bei den Sanierungen, welche die Beschwerdeführenden in den Jahren 1998 bis 2007 vorgenommen haben, um "Umbauten" im Sinne des kommunalen Rechts oder um Unterhaltsarbeiten handelte.


Die Abgrenzung zwischen blossen Unterhaltsarbeiten und Umbauten ist nicht immer eindeutig. Sie ist unter anderem danach zu treffen, ob der Arbeitsaufwand seiner Qualität nach denjenigen eines Umbaus erreicht (vgl. Erich Zimmerlin, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, Aarau 1985, N 2c zu § 150). Auf die steuerrechtliche Ausscheidung, die einen relativ weiten Unterhaltsbegriff kennt, kann im Beitragsverfahren nicht abgestellt werden. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Erhebung von nachträglichen Beiträgen bei Umbauten, welcher in der Gleichbehandlung der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer liegt. Es sollen Rechtsungleichheiten vermieden werden zwischen denjenigen, die von Anfang an ein aufwändiges Gebäude mit entsprechend hohem Versicherungswert erstellen und einen entsprechend höheren Beitrag bezahlen müssen und solchen, die ihr Gebäude erst später durch Verbesserungen auf denselben Ausbaustandard bringen (vgl. RRB vom 4. August 1987, in: ARGVP 1988, S. 172). Gestützt darauf sind als "Umbauten" im Sinn der Reglemente der Beschwerdegegnerin diejenigen Erhöhungen der Versicherungssumme zu bezeichnen, die auf baulichen Massnahmen beruhen. Das Bundesgericht hat dementsprechend eine relativ weite Auslegung des Begriffs "Umbauten" im Bereich der Vorteilsbeitragserhebung als vertretbar erachtet (vgl. BGE 2P.171/1996, E. 4b).


5.3 Gemäss der Mitteilung der Gebäudeversicherung an die Gemeinde vom 11. Juli 2007 ist anlässlich der gleichentags erfolgten Nachschätzung in der Liegenschaft der Beschwerdeführenden ein effektiver Mehrwert durch Investitionen zufolge Um-, Aus- oder Anbau von Fr. 78'000.00 festgestellt worden. Im Rahmen der Beitragserhebung dürfen die Gemeinden grundsätzlich auf die Qualifikation der Gebäudeversicherung, dass ein Mehrwert als durch Um-, Aus- oder Anbau bedingt ist, abstellen. Wird dieser Punkt von den Beitragspflichtigen jedoch ausdrücklich gerügt, so hat das Gericht zumindest summarisch zu prüfen, ob die Beurteilung durch die Gebäudeversicherung nachvollziehbar ist. Dies insbesondere deshalb, weil im Rahmen der Neuschätzung den versicherten Personen bzw. den Beitragspflichtigen nur die Versicherungssumme nach der Neuschätzung mittels Police ohne Rechtsmittelbelehrung mitgeteilt worden ist. Der Mehrwert durch Investitionen wurde als Integralbetrag nur der Gemeinde als Beschwerdegegnerin mitgeteilt. Für die Beschwerdeführenden war vorliegend nicht ersichtlich, auf welche baulichen Massnahmen oder sonstigen Faktoren (Teuerung etc.) der Mehrwert zurückzuführen ist. In diesen Fällen muss unabhängig von der Gebäudeversicherung beurteilt werden, ob ein Mehrwert durch Um- oder Erweiterungsbauten im Sinne des kommunalen Rechts bedingt ist.


5.4 Die Beschwerdeführenden haben nach eigenen Angaben in den Jahren 1998 bis 2007 für Renovationen an ihrer Liegenschaft rund Fr. 430'000.00 ausgegeben, davon allein in den letzten beiden Jahren über Fr. 200'000.00. Während ein Teil dieser Arbeiten durchaus als normaler Gebäudeunterhalt angesehen werden kann und im Rahmen der Beitragserhebung nicht berücksichtigt werden darf, fallen darunter auch bauliche Massnahmen, die über den üblichen Unterhalt hinausgehen. Dies trifft beispielsweise auf die umfangreichen Erneuerungsarbeiten der Küche, der Böden sowie des Dachs zu. Auch der Einbau einer Fussbodenheizung oder die Arbeiten im Zusammenhang mit dem neuen Sitzplatz fallen darunter. Diese baulichen Massnahmen, welche den Wert der Liegenschaft der Beschwerdeführenden erheblich erhöht haben, sind als "Umbauten" im Sinne der kommunalen Reglemente zu qualifizieren. Sie rechtfertigen die Annahme eines Mehrwerts von Fr. 78'000.00, den die Gebäudeversicherung als durch Umbau bedingt angenommen hat. Angesichts der Höhe der von den Beschwerdeführenden getätigten Investitionen ist dieser Mehrwert gar als eher tief zu bezeichnen.


Entscheid Nr. 650 07 137 vom 19. November 2007



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