08-02 Anpassung der Reglemente der Gemeinden des Laufentals an das Basellandschaftliche Recht

Dem Ingress eines Erlasses kommen keine Rechtswirkungen zu und der Verweis auf bernisches Recht sowie die unterlassene Anpassung des Ingresses führen nicht zum Dahinfallen des Reglements (E. 3.4).


Die im Wasserreglement der Gemeinde Röschenz vorgesehene Bemessung des Anschlussbeitrags anhand des Gebäudeversicherungswerts ist mit dem Basellandschaftlichen Recht vereinbar. Die entsprechende Reglementsbestimmung bedarf somit keiner Anpassung an das Basellandschaftliche Recht (E. 3.6).


Investitionen für Energiesparmassnahmen, welche über das gesetzliche Minimum hinausgehen, sind von der Beitragspflicht auszunehmen. Die Art und Weise der Ermittlung der abzugsfähigen Investitionen liegt im Ermessen der Gemeinde (E.6).



Aus dem Sachverhalt:

A. und B. sind Gesamteigentümer bzw. Gesamteigentümerin der Parzelle Nr. 905, Grundbuch Röschenz. Im Jahr 2006 errichteten sie darauf ein Wohnhaus mit einem Brandlagerwert gemäss Endschätzung der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung (BGV) vom 17. Januar 2007 von Fr. 183'500.00. Ausgehend von einem Gebäudeversicherungswert von Fr. 1'693'705.00 stellte die Einwohnergemeinde Röschenz A. mit Verfügung vom 23. April 2007 einen Wasseranschlussbeitrag von Fr. 33'874.10 zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung. Als Rechtsgrundlage der Verfügung diente das Wasserreglement aus dem Jahr 1975, welches unter dem bernischen Recht erlassen wurde und sich gemäss Ingress auf bernisches Recht stützt. Mit Eingabe vom 19. Mai 2007 erhoben A. und B. gegen die Verfügung der Gemeinde vom 23. April 2007 Beschwerde beim Steuer- und Enteignungsgericht, Abteilung Enteignungsgericht (nachfolgend Steuer- und Enteignungsgericht) mit dem Begehren, die Beitragsverfügung sei aufzuheben. Sie machen unter anderem geltend, das Wasserreglement der Gemeinde Röschenz stelle keine gültige gesetzliche Grundlage dar, da es unter bernischem Recht erlassen worden sei und sich gemäss Ingress auf bernisches Recht stütze.



Aus den Erwägungen:

3. Gesetzliche Grundlage


3.1 Öffentliche Abgaben bedürfen einer formell-gesetzlichen Grundlage, welche den Kreis der Abgabepflichtigen sowie den Gegenstand und die Bemessung der Abgabe in den Grundzügen regelt (vgl. BGE 123 I 248 E. 2).


3.2 Vorliegend hat die Gemeinde ihre Verfügung vom 23. April 2007 gestützt auf Art. 53 des Wasserversorgungsreglements der Gemeinde Röschenz (WR) vom 26. Juni 1975 in Verbindung mit Art. 1 des Wassertarifs vom 26. Juni 1975 erhoben. Danach wird für den Anschluss einer Liegenschaft an die Wasserversorgungsanlagen eine Anschlussgebühr von 2 % des Gebäudeversicherungswerts erhoben. Das Wasserversorgungsreglement der Gemeinde Röschenz wurde gestützt auf bernisches Recht, unter anderem das Wassernutzungsgesetz vom 3. Dezember 1950 sowie das Baugesetz vom 7. Juni 1970, erlassen. Am 1. Januar 1994 schloss sich der bernische Amtsbezirk Laufen dem Kanton Basel-Landschaft an und seit diesem Zeitpunkt ist die Gemeinde Röschenz Teil des Kantons Basel-Landschaft.


Die Beschwerdeführenden machen geltend, das Wasserversorgungsreglement der Gemeinde Röschenz stelle keine gültige gesetzliche Grundlage dar, da es sich auf Gesetze und Verordnungen des Kantons Bern stütze und damit dem basellandschaftlichen Recht widerspreche.


3.3 Gemäss § 6 des Vertrages über die Aufnahme des bernischen Amtsbezirks Laufen und seiner Gemeinden in den Kanton Basel-Landschaft (Laufentalvertrag, SGS 101) gilt mit Inkrafttreten des Vertrags am 1. Januar 1994 für Volk und Gebiet des Bezirks Laufen die Rechtsordnung des Kantons Basel-Landschaft. Gesetze und Verordnungen des Kantons Bern sind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anwendbar. Zum kommunalen Recht ist in § 9 Abs. 1 Laufentalvertrag geregelt, dass die Gemeindereglemente in Kraft bleiben, soweit sie dem Recht des Kantons Basel-Landschaft nicht widersprechen. Seit dem Kantonswechsel sind diejenigen Bestimmungen eines Reglements, die mit dem basellandschaftlichen Recht nicht vereinbar sind, somit ausser Kraft. Diejenigen Reglementsbestimmungen, welche dem basellandschaftlichen Recht nicht widersprechen, bleiben in Kraft und sind weiterhin anwendbar. Gemäss § 9 Abs. 2 Laufentalvertrag nehmen die Gemeinden innerhalb von 10 Jahren seit Inkrafttreten des Vertrags die Anpassungen an das basellandschaftliche Recht vor. Da die mit dem basellandschaftlichen Recht übereinstimmenden Vorschriften keiner Überarbeitung bedürfen, kann sich diese Frist einzig auf die dem basellandschaftlichen Recht widersprechenden Reglementsbestimmungen beziehen. Einzig bezüglich dieser Bestimmungen waren die Gemeindereglemente bis zum 1. Januar 2004 zu überarbeiten und an das Recht des Kantons Basel-Landschaft anzupassen (vgl. Vorlage des Regierungsrats an den Landrat vom 8. Februar 1983 betreffend Aufnahme des Laufentals, S. 42).


3.4 Die Beschwerdeführenden machen zu Recht geltend, dass der Ingress des Wasserversorgungsreglements, wonach sich das Reglement auf bernische Gesetze und Verordnungen stützt, dem basellandschaftlichen Recht widerspricht. Der Ingress hätte somit von der Gemeinde gemäss § 9 Abs. 2 Laufentalvertrag angepasst werden müssen. Da dem Ingress eines Erlasses keinerlei Rechtswirkungen zukommen, führt der unzulässige Verweis auf bernisches Recht und die unterlassene Anpassung des Ingresses entgegen der Argumentation der Beschwerdeführenden nicht zum Dahinfallen des Reglements (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Landschaft [Nr. 124] vom 1. Juli 1998, E. 4f). Seit dem Kantonswechsel muss sich das Wasserversorgungsreglement der Gemeinde Röschenz jedoch auf basellandschaftliches Recht stützen können, wobei diese Frage gemäss § 9 Abs. 1 Laufentalvertrag für die einzelnen Reglementsbestimmungen jeweils gesondert zu prüfen ist. Nachfolgend ist somit zu prüfen, ob die vorliegend zur Anwendung gelangten Bestimmungen des Wasserversorgungsreglements mit dem basellandschaftlichen Recht vereinbar sind.


(…)


3.6 Vorliegend hat die Gemeinde den Wasseranschlussbeitrag gestützt auf Art. 53 WR in Verbindung mit Art. 1 Wassertarif erhoben. Danach wird für den Anschluss einer Liegenschaft an die Wasserversorgungsanlagen eine Anschlussgebühr von 2 % des Gebäudeversicherungswerts erhoben. Es stellt sich die Frage, ob diese Bestimmung mit dem basellandschaftlichen Recht vereinbar ist. Gemäss § 13 der basellandschaftlichen Verordnung über die Wasserversorgung sowie die Nutzung und den Schutz des Grundwassers (SGS 455.11) vom 13. Januar 1998 können die Gemeinden die Kosten für den Anschluss von Liegenschaften an die öffentliche Wasserversorgung in Form von Anschlussbeiträgen auf die Liegenschaftseigentümer und Liegenschaftseigentümerinnen überwälzen. Die Erhebung von einmaligen Anschlussbeiträgen ist somit im basellandschaftlichen Recht ausdrücklich vorgesehen. In den Materialien zum Laufentalvertrag wird denn auch darauf hingewiesen, dass die meisten Abgabearten des bernischen Rechts, namentlich die Vorteilsbeiträge der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer, auch im basellandschaftlichen Recht vorgesehen sind und es diesbezüglich grundsätzlich keiner Anpassungen bedürfe (vgl. Vorlage des Regierungsrats an den Landrat vom 8. Februar 1983 betreffend Aufnahme des Laufentals, S. 126). Die Frage, wie die einmaligen Beiträge zu bemessen sind, ist im kantonalen Recht nicht geregelt. Die Bemessungsmethode kann von den Gemeinden im Rahmen ihrer Autonomie bestimmt werden. Eine mögliche Methode stellt die Bemessung der Anschlussbeiträge nach dem Gebäudeversicherungswert dar, welche nach ständiger Praxis des Bundesgerichts zulässig ist (vgl. BGE 2P.53/2007 E. 2.2). Die in Art. 53 WR in Verbindung mit Art. 1 Wassertarif enthaltene Regelung steht somit nicht in Widerspruch zum basellandschaftlichen Recht und ist gemäss § 9 Abs. 1 Laufentalvertrag nach wie vor in Kraft.


Gestützt auf diese Erwägungen ist das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage zu bejahen, zumal in Art. 53 WR der Kreis der Abgabepflichtigen sowie der Gegenstand der Abgabe und die Bemessung des Beitrags in den Grundzügen geregelt sind.


(…)


6. Energiesparmassnahmen


Die Beschwerdeführenden rügen, bei der Bemessung des Wasseranschlussbeitrags anhand des Gebäudeversicherungswerts seien Investitionen einbezogen worden, welche energiesparenden Charakter aufweisen. Diese Kosten dürften bei der Bemessung des Wasseranschlussbeitrags nicht berücksichtigt werden.


6.1 Gemäss § 115 der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vom 17. Mai 1984 fördern Kanton und Gemeinden eine sichere, volkswirtschaftlich optimale und umweltgerechte Versorgung mit Energie sowie deren sparsame und wirtschaftliche Verwendung. Dementsprechend will das kantonale Energiegesetz (EnG, SGS 490) vom 4. Februar 1991, dass Energie sparsam, rationell und umweltschonend verwendet, ferner nicht erneuerbare Energie durch erneuerbare ersetzt und die Abhängigkeit von importierter Energie vermindert wird (§ 1 EnG). Zur Erreichung dieser Ziele kann der Kanton unter bestimmten Voraussetzungen Beiträge an Vorhaben zum Sparen von Energie und Ersetzen nicht erneuerbarer durch erneuerbare Energie gewähren (§ 16 Abs. 1 EnG). Nach ständiger Rechtsprechung des Steuer- und Enteignungsgerichts widerspricht die Erhebung von Vorteilsbeiträgen auf energiesparenden Investitionen den obgenannten Bestimmungen insofern, als es keinen Sinn macht, Subventionszahlungen mit öffentlichen Abgaben zu belasten. Die Erhebung von Abgaben auf Energiesparmassnahmen unterläuft zudem die Zielsetzungen des kantonalen Energiegesetzes, weshalb auch in Fällen, in denen keine Subventionen ausbezahlt werden, nach konstanter Rechtsprechung des Steuer- und Enteignungsgerichts eine Ermässigung der Vorteilsbeiträge bei energiesparenden Massnahmen zu gewähren ist (vgl. Urteil des Enteignungsgerichts vom 16. März 1995 (A 92/17 W, A 92/18 K), E. 1b). Nach ständiger Praxis des Steuer- und Enteignungsgerichts ist die Beitragsbefreiung für Energiesparmassnahmen sowohl bei Umbauten wie auch bei Neubauten zu gewähren (vgl. Urteil des Steuer- und Enteignungsgerichts [650 03 106] vom 17. Februar 2006, E. 9.1).


In beitragsrechtlicher Hinsicht sind diejenigen Aufwendungen für Energiesparmassnahmen von der Beitragspflicht auszunehmen, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen hinausgehen. Die Ermittlung dieser Aufwendungen liegt im Ermessen der Gemeinden, wobei die Art und Weise der Ermittlung zumindest in den Grundzügen zu regeln ist. Sie kann beispielsweise analog zu § 29 Abs. 2 bis des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern (Steuergesetz) vom 7. Februar 1974 respektive dem entsprechenden Merkblatt Energiesparmassnahmen der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft vorgenommen werden (vgl. Urteil des Enteignungsgerichts [A 92/17 W, A 92/18 K] vom 16. März 1995, E. 1c).


Vorliegend wiesen die Beschwerdeführenden sowohl in ihrer Eingabe als auch anlässlich des Augenscheins darauf hin, dass sie beim Bau ihrer Liegenschaft umweltschonende Technologien einsetzten und ihre Liegenschaft unter anderem eine spezielle Isolation, eine Pelletheizung sowie eine Solaranlage aufweise. Im Gegensatz zum Sachverhalt, wie er dem Urteil des Steuer- und Enteignungsgerichts 650 03 106 vom 17. Februar 2006 zugrunde lag, ist die Abzugsfähigkeit von Energiesparmassnahmen im Wasserversorgungsreglement der Gemeinde Röschenz nicht geregelt. Gestützt auf die obigen Erwägungen liegt darin ein Widerspruch zum übergeordneten Recht und die Gemeinde ist dazu verpflichtet, die über das gesetzliche Minimum hinausgehenden energiesparenden Investitionen von der Beitragspflicht auszunehmen. Die Beschwerdegegnerin hat ihr Reglement diesbezüglich anzupassen, wobei die Art und Weise, wie sie die abzugsfähigen Investitionen ermittelt, in ihrem Ermessen liegt. Das Steuer- und Enteignungsgericht kann diesbezüglich nicht in den Regelungsbereich der Gemeinde eingreifen. Ob und in welchem Umfang die Beschwerdeführenden vorliegend energiesparende Investitionen getätigt haben, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen, kann nicht gesagt werden. Der Sachverhalt ist diesbezüglich nicht genügend abgeklärt. Die Angelegenheit wird deshalb an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen zur ergänzenden Abklärung. Hat die Gemeinde Röschenz entschieden, wie sie die energiesparenden Investitionen künftig feststellen will, so hat sie den entsprechenden Abzug für Energiesparmassnahmen im Fall der Liegenschaft der Beschwerdeführenden vorzunehmen. Voraussetzung bildet selbstverständlich, dass tatsächlich Umweltschutzmassnahmen vorliegen, die über das gesetzlich ohnehin Vorgeschriebene hinausgehen.


Entscheid Nr. 650 07 103 vom 27. Februar 2008



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