Einkommenspfändung bei veränderlichem Einkommen; Unpfändbarkeit von Gegenständen ohne genügenden Verwertungswert

Bei veränderlichem Einkommen des Schuldners hat das Betreibungsamt dessen Existenzminimum festzusetzen und den Leistungsschuldner anzuweisen, ihm alle diesen Betrag übersteigenden Einkünfte abzuliefern (Art. 93 SchKG; E. 2).


Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden (Art. 92 Abs. 2 SchKG; E. 3).



Erwägungen

1. ( … )


2. Die Gläubigerschaft beantragt in der Beschwerdeschrift vom 3. Mai 2006, die gegenüber der Schuldnerin verfügte Lohnpfändung des Betreibungsamtes B. sei auf monatlich CHF 400.00 festzulegen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin würden dies zulassen, zumal sie Schichtarbeit leiste, was ein höheres Einkommen und Nachtzulagen zur Folge habe. Die Beschwerdeführerin rügt somit lediglich die Ermittlung der Einkommensverhältnisse der Schuldnerin, während die Bestimmung des betreibungsrechtlichen Notbedarfs nicht beanstandet wird. Gemäss Art. 93 Abs. 1 SchKG kann Erwerbseinkommen so weit gepfändet werden, als es nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig ist. Bezieht der Schuldner einen regelmässigen Lohn, so wird eine feste Quote davon gepfändet. Anders, wenn sein Lohn bzw. sein Lohnersatz veränderlich ist, sei es, dass er in unregelmässiger Höhe oder nur sporadisch anfällt. Dies trifft unter anderem bei im Stundenlohn oder temporär Angestellten, bei Saisonangestellten oder bei Bezügern von Arbeitslosenentschädigung zu. In diesen Fällen hat das Betreibungsamt das Existenzminimum festzusetzen und weist den Leistungsschuldner an, ihm alle diesen Betrag übersteigenden Einkünfte des Schuldners abzuliefern. Das heisst, es wird eine Lohn- oder Lohnersatzpfändung des das Existenzminimum Übersteigenden angeordnet. Liegt das Einkommen bald über und bald unter dem Existenzminimum, so steht dem Schuldner ein Anspruch auf Ausgleich zu. So wird ein zeitweiliger Mindererwerb mit dem an sich pfändbaren Mehrerlös der folgenden Zeit ausgeglichen. Um die Ausgleichsansprüche bis zum Ablauf der Pfändungsdauer sicherzustellen, hat jede vorzeitige Auszahlung der Lohnüberschüsse an die Gläubiger zu unterbleiben. Andererseits ist dem Schuldner auf ziffernmässigen Nachweis eines seit Beginn der Lohnpfändung erlittenen derartigen Ausfalls hin schon während der Pfändungsdauer das zur Erreichung des Existenzminimums Fehlende aus den verfügbaren Überschüssen zurückzuerstatten (vgl. SchKG-Vonder Mühll, N 50 zu Art. 93 mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Falle lässt sich den Akten entnehmen, dass die Schuldnerin zurzeit Temporärarbeit für die H. AG in Basel leistet. Dabei erzielte sie im Januar 2006 einen Nettolohn von CHF 1'372.75, im Februar 2006 von CHF 3'537.30 sowie von CHF 2'693.90 im März 2006. Mit Schreiben vom 10. April 2006 bestätigte die Verleihfirma der Schuldnerin, dass der Einsatz bei der W. AG, Zweigniederlassung E., beendet sei. Man sei daran interessiert, ihr so rasch wie möglich weitere Angebote zu unterbreiten. Aus den besagten Unterlagen ergibt sich, dass das Einkommen der Schuldnerin stark schwankend ist und in unregelmässiger Höhe anfällt. Wie hievor ausgeführt, hat das Betreibungsamt in dieser Konstellation allein das Existenzminimum festzusetzen und eine Lohn- bzw. Lohnersatzpfändung des das Existenzminimum Übersteigenden anzuordnen. Diese Art der Pfändungsabwicklung bringt sowohl für die Schuldnerin als auch für das Betreibungsamt einen überdurchschnittlichen Aufwand mit sich, führt aber allein zu einer korrekten Lösung. Die Beschwerde der Gläubigerin ist mithin in diesem Punkt gutzuheissen und das Betreibungsamt B. daher anzuweisen, eine Lohn- bzw. Lohnersatzpfändung des das Existenzminimum Übersteigenden zu verfügen und nach Ablauf des Pfändungsjahres oder Eintritt eines anderen Beendigungsgrundes abzurechnen.


3. Im Weiteren moniert die Beschwerdeführerin, die Schuldnerin könne sich ein eigenes Auto leisten. Sie rügt folglich sinngemäss, dass das Fahrzeug der Schuldnerin nicht gepfändet worden sei. Das Betreibungsamt B. trägt in der Vernehmlassung vor, beim besagten Fahrzeug handle es sich um einen Fiat Punto mit einer Laufleistung von 200'000 Kilometern, welches der Schuldnerin überlassen worden sei, da die Kosten der Verwertung den voraussichtlichen Erlös übersteigen würden. Gemäss Art. 92 Abs. 2 SchKG dürfen Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, nicht gepfändet werden. Dieser Bestimmung kommt in der täglichen Praxis grosse Bedeutung zu und belässt dem Betreibungsbeamten einen erheblichen Ermessensspielraum, auch an sich entbehrliche Gegenstände von der Pfändung auszunehmen, weil sich nach seiner Meinung deren Verwertung nicht oder nur kaum lohnt, sie also keinen genügenden Gantwert aufweisen. Im vorliegenden Falle erscheint der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs die Einschätzung des Pfändungsbeamten als durchaus angemessen. Beim besagten Fahrzeug Fiat Punto handelt es sich um einen Kleinwagen, der eine ungewöhnlich hohe Anzahl gefahrener Kilometer aufweist. Der Überschuss eines entsprechenden Verwertungserlöses über die Kosten wäre so gering, dass sich eine Wegnahme des erwähnten Fahrzeuges nicht rechtfertigt. Die Rüge der Beschwerdeführerin geht somit fehl.


4. ( … )


Entscheid der AB SchKG vom 4. Juli 2006 i.S. B. (200 06 455/LIA)



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