Ausdehnung der Pfandhaft auf Mieterträge; Zinsensperre. Übertragung der Verwaltung während der Zinsensperre an Dritte

Die Anzeige der Zinsensperre an die Mieter und den Pfandeigentümer darf schon vor der förmlichen Zustellung des Zahlungsbefehle an den Schuldner erfolgen (Art. 152 Abs. 2 SchKG, Art. 91 Abs. 2 und Art. 92 VZG; E. 2)


Den Entscheid, ob und gegebenenfalls wem die Pflichten und Befugnisse während der Zinsensperre übertragen werden sollen, hat das Betreibungsamt nach pflichtgemässem Ermessen zu treffen. Das Mandat des Dritten ist während der Zinsensperre einstweilen auf die in Art. 94 Abs. 1 VZG umschriebenen Massnahmen beschränkt (Art. 94 VZG; E. 3).



Erwägungen

1. ( … )


2.1 Der Beschwerdeführer rügt, dass die Anzeige des Betreibungsamtes B. betreffend Einzug der Mietzinsen rechtswidrig sei. Es sei ihm bislang nichts über eine Grundpfandbetreibung der Bank J. B. bekannt und es sei ihm kein Zahlungsbefehl zugestellt worden. Fraglich und durch die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs zu prüfen ist, ob die Anzeige der Zinsensperre an den Pfandeigentümer vor Zustellung der entsprechenden Zahlungsbefehle zulässig ist.


2.2 Gemäss Art. 806 Abs. 1 ZGB erstreckt sich, falls das verpfändete Grundstück vermietet oder verpachtet ist, die Pfandhaft auch auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen, die seit Anhebung der Betreibung auf Verwertung des Grundpfandes bis zur Verwertung auflaufen Art. 91 Abs. 1 VZG besagt, dass, falls der betreibende Pfandgläubiger die Ausdehnung der Pfandhaft auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen verlangt, das Betreibungsamt sofort nach Empfang des Betreibungsbegehrens feststellt, ob und welche Miet- oder Pachtverträge auf dem Grundstück bestehen, und die Mieter oder Pächter unter Hinweis auf die Gefahr der Doppelzahlung unverzüglich anweist, die von nun an fällig werdenden Zinse an das Betreibungsamt zu bezahlen. Gleichzeitig mit dem Erlass der Anzeigen an die Mieter ist dem Pfandeigentümer laut Art. 92 Abs. 1 VZG anzuzeigen, dass die von nun an fällig werdenden Miet- und Pachtzinse infolge der gegen ihn angehobenen Betreibung auf Grundpfandverwertung durch das Betreibungsamt eingezogen werden und dass ihm daher bei Straffolge nicht mehr gestattet sei, Zahlungen für diese Zinsforderungen entgegenzunehmen oder Rechtsgeschäfte über sie abzuschliessen. Im vorliegenden Falle verlangte die betreibende Gläubigerin in den Betreibungsbegehren, dass die Pfandhaft auf die Mietzinse erstreckt werde. Das Betreibungsamt B. zeigte dies durch Mitteilung der Zinsensperre vom 21. Dezember 2005 den betroffenen Mietern an. Bereits am 15. Dezember 2006 wurde die Anzeige der Zinsensperre an den Schuldner ausgestellt. Die Zustellung der Zahlungsbefehle an den Beschwerdeführer erfolgte laut Bescheinigung am 10. Januar 2006 in Basel. Es ist mithin zutreffend, dass dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Anzeige der Mietzinssperre noch kein Zahlungsbefehl zugestellt worden war. Die entsprechenden Zahlungsbefehle durfte ihm indessen während den Betreibungsferien - sieben Tage vor und sieben Tage nach Weihnachten - nicht zugestellt werden. Allerdings hält Art. 91 Abs. 2 VZG fest, dass die Anzeige der Zinsensperre auch während der Betreibungsferien zu erlassen ist, sofern der Zahlungsbefehl schon vor Beginn der Ferien erlassen worden ist. In casu wurden die Zahlungsbefehle am 9. Dezember 2005 ausgestellt. Die Anzeigen der Mietzinssperre an die Mieter erfolgte am 22. Dezember 2005 mithin nach Ausstellung der Zahlungsbefehle und erweist sich somit als zulässig. Gleiches hat nach dem Dafürhalten der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs auch für die Mitteilung an den Schuldner bzw. Pfandeigentümer zu gelten, selbst wenn dies in Art. 92 VZG nicht ausdrücklich wiederholt wird, zumal die nämliche Bestimmung die gleichzeitige Anzeige ausdrücklich vorschreibt. Das Vorgehen des Betreibungsamtes B. erweist sich als rechtmässig und die Rüge des Beschwerdeführers ist folglich unbegründet.


3.1 Im Weiteren beanstandet der Beschwerdeführer, dass das Betreibungsamt B. die Verwaltung der Liegenschaften an die H. V. AG übertragen habe. Die H. V. AG habe in der Vergangenheit überhöhte Rechnungen gestellt. Der Einzug der Mietzinsen könne durch das Betreibungsamt gemacht werden. Er beantrage daher, dass die angeordnete Liegenschaftsverwaltung durch die H. V. AG aufzuheben und den Mietern diesbezüglich Mitteilung zu machen sei.


3.2 Gemäss Art. 102 Abs. 3 SchKG hat das Betreibungsamt für die Verwaltung und Bewirtschaftung eines gepfändeten Grundstücks zu sorgen. Bei der Grundpfandbetreibung, wie sie hier zur Diskussion steht, gelangt diese Bestimmung (erst) nach Eingang des Verwertungsbegehrens - sinngemäss - zur Anwendung (Art. 155 Abs. 1 SchKG), es sei denn, der Betreibungsgläubiger habe gestützt auf Art. 806 ZGB eine Ausdehnung der Pfandhaft auf Mieterträge verlangt und das Betreibungsamt habe im Sinne von Art. 152 Abs. 2 SchKG eine entsprechende Mietzinssperre angeordnet. In diesem Fall hat das Amt alle zur Sicherung und zum Einzug der Mietzinse erforderlichen Massnahmen an Stelle des Schuldners bzw. Pfandeigentümers zu treffen (Art. 94 Abs. 1 VZG), wobei es diese Anordnungen in Anwendung von Art. 94 Abs. 2 VZG auf seine Verantwortung auch einem Dritten übertragen kann. Befugt, eine auf Art. 94 Abs. 2 VZG beruhende Verfügung anzufechten, ist unter anderem auch der Grundpfandschuldner (vgl. BGE 129 III 400 E. 1.3) Auf das Begehren des Beschwerdeführers ist deshalb ohne weiteres einzutreten.


3.3 Den Entscheid, ob und gegebenenfalls wem die sich aus Art. 152 Abs. 2 SchKG und Art. 94 Abs. 1 VZG ergebenden Pflichten und Befugnisse einem Dritten übertragen werden sollen, hat das Betreibungsamt nach pflichtgemässem Ermessen zu treffen. Das Betreibungsamt B. führt in der Vernehmlassung vom 16. Januar 2006 aus, dass in casu sieben Liegenschaften des Beschwerdeführers betroffen seien. In diesen Liegenschaften seien zirka 30 verschiedene Mietwohnungen vorhanden. Das Betreibungsamt B. sei nicht in der Lage, diese Liegenschaften selber zu verwalten. Man habe daher entschieden, die Verwaltung an einen Dritten zu übertragen und für diese Aufgabe die H. V. AG ausgewählt. Das Betreibungsamt B. habe in der Vergangenheit schon einige Male der H. V. AG die Verwaltung von Liegenschaften übertragen und diese habe ihre Aufgaben immer sehr gut und pflichtbewusst erfüllt. Es gebe keine Zweifel daran, dass die H. V. AG die jetzige Aufgabe genauso ausführen werde. Die Aufsichtsbehörde


über Schuldbetreibung und Konkurs erachtet die Begründung des Betreibungsamtes B., die H. V. AG mit den Massnahmen gemäss Art. 94 Abs. 1 VZG zu betrauen, als hinlänglich begründet. Soweit sich das Betreibungsamt B. allerdings in der Vernehmlassung auf Art. 16 Abs. 3 VZG abstützt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung erst zum Tragen kommen kann, wenn das Grundstück gepfändet worden ist. Die Pfändung setzt ihrerseits einen vollstreckbaren Zahlungsbefehl, d.h. voraus, dass der Schuldner sich zur Betreibung äussern konnte (Art. 88 und 89 SchKG). Das Mandat der H. V. AG ist folglich während der verhängten Zinsensperre einstweilen auf die in Art. 94 Abs. 1 VZG umschriebenen Massnahmen beschränkt. Die Entschädigung, die die H. V. AG für diese Massnahmen beansprucht, wird im Streitfalle von der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs festzusetzen sein. Im Ergebnis ist die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.


4. ( … )


Entscheid der AB SchKG vom 7. März 2006 i.S. C. (200 05 1248/LIA)



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