Umweltverträglichkeitsprüfung bei Erweiterungsbau

Getrennte Anlagen sind einer Gesamt-UVP zu unterstellen, wenn sie in zeitlicher, örtlicher und funktioneller Hinsicht zusammenhängen und dann (zusammen) die UVP-Pflicht erfüllen (E. 4 und 5).


Voraussetzung für die Annahme eines funktionellen Zusammenhangs beim Bau getrennter Anlagen ist, dass die Bauherrschaften der verschiedenen Anlagen eine organisatorische Einheit bilden (E. 6).


Für die Annahme der Erweiterung einer Anlage, die gegebenenfalls der UVP-Pflicht unterliegt, wird ein örtlicher und funktioneller Zusammenhang zwischen dem Neubau-Projekt und der bestehenden Anlage vorausgesetzt. Eine Änderung am bestehenden Bau (z.B. ein An- oder Aufbau) ist nicht notwendig (Art. 9 Abs. 1 USG i.V. m. Art. 2 Abs. 1 UVPV; E. 7.1 und 7.2).


Ist eine Gesamt-UVP vorzunehmen, so genügt das Durchführen von zwei UVP (für jedes Projekt einzeln) nicht, da die Auswirkungen der Gesamtanlage aufzuzeigen bzw. zu prüfen sind (E. 7.3 und 8)



Sachverhalt

Der Einwohnerrat Pratteln hat am 25. April 2005 die Quartierplanvorschriften "Geschäftshaus IKEA", inklusive Option Freizeit/Kino, beschlossen. Geplant ist neben dem bestehenden "Einrichtungshaus IKEA" ein Geschäftshaus für verschiedene Fremdnutzungen, das sowohl Verkaufs-, Ausstellungs- und Lagerflächen als auch Büroräume mit Variante Multiplexkino umfassen soll, zu errichten. Das Konzept beinhaltet einen grossflächigen zweigeschossigen Bereich mit Läden und Verkaufslager sowie Parking auf dem Dach und den Untergeschossen. Im südlichen Teil schliesst ein 4-geschossiger Bürotrakt an, welcher als Option zur Nutzung für Freizeit/Kino vorgesehen ist. Das Geschäftshaus wird primär über die bestehende Zufahrtsstrasse via Salinenstrasse erschlossen. Zusätzlich erfolgt die Erschliessung über einen projektierten Kreisel (Ecke Grüssenweg/Direktzufahrt) sowie die neue unterirdische Zu- und Ausfahrt der Einstellhalle ab bzw. zur Salinenstrasse. Während der Auflagefrist sind diverse Einsprachen, unter anderem des Verkehrs-Clubs Schweiz (VCS), eingegangen, über die anlässlich der gesetzlich vorgeschriebenen Verständigungsverhandlungen mit den Einsprechern keine Einigung erzielt werden konnte. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 unterbreitete der Gemeinderat Pratteln die oben genannte Quartierplanung zur regierungsrätlichen Genehmigung und ersuchte um Abweisung der unerledigten Einsprachen. Mit Beschluss vom 14. März 2006 (RRB Nr. 360) wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft (Regierungsrat) die Einsprachen ab und genehmigte die Quartierplanvorschriften "Geschäftshaus IKEA" im Sinne der Erwägungen mit Ausnahme der Option "Freizeit/Kino. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorliegend zu beurteilende Anlage sei nicht zusammen mit dem Quartierplan (QP) Media-Markt zu beurteilen, da ein funktionaler Zusammenhang fehle. Dies gelte auch für die Beurteilung in Bezug auf das bestehende Einrichtungshaus IKEA. Das Geschäftshaus, welches gemäss Planungsbericht klar für verschiedene Fremdnutzungen bestimmt sei, stelle offensichtlich keine Erweiterung des bestehenden Einrichtungshauses dar. Zudem sei sowohl über das Einrichtungshaus IKEA als auch über das Geschäftshaus IKEA je eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt worden, wobei für das Geschäftshaus die vom Einrichtungshaus stammenden Auswirkungen auf die Umwelt in der Ausgangslage des Geschäftshauses berücksichtigt worden seien. Mit Eingabe vom 27. März 2006 erhob der VCS, vertreten durch Martin Pestalozzi, Advokat in Rüti (ZH), Beschwerde beim Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht (Kantonsgericht), und beantragte u.a., es sei der Beschluss des Regierungsrates aufzuheben, soweit damit die Einsprache des Beschwerdeführers abgewiesen worden sei und die Quartierplanvorschriften "Geschäftshaus IKEA" genehmigt worden seien. Die Genehmigung der Quartierplanvorschriften sei zu verweigern und es sei die Sache zur Durchführung einer umfassenden UVP für die IKEA-Gesamtanlage (Geschäftshaus und Einrichtungshaus) zurückzuweisen. Es sei festzustellen, dass in diese UVP auch der mit dem IKEA-Geschäftshaus funktionell zusammenhängende Quartierplan "Media Markt" und der Quartierplan "Gewerbeareal - Grüssen 4" einzubeziehen seien.



Erwägungen

1. (…)


2. (…)


3. (…)


4.1 Der Beschwerdeführer hält eine Gesamt-UVP für erforderlich, die sowohl die Projekte "Geschäftshaus IKEA", "Media Markt" sowie "Grüssen 4" umfasst, weil ein enger funktioneller Zusammenhang zwischen diesen Anlagen bestehe. Sollte dies vom Gericht verneint werden, so verlangt der Beschwerdeführer eine Gesamt-UVP, welche das "Einrichtungshaus IKEA" sowie das "Geschäftshaus IKEA" umfasst, da es sich um eine Erweiterung der Anlage "Einrichtungshaus IKEA" handle. Die Beschwerdegegner wenden dagegen im Wesentlichen ein, dass der funktionelle Zusammenhang zwischen den Projekten "Geschäftshaus IKEA", "Media Markt" und "Grüssen 4" fehle, da die Bauherren nicht zusammengearbeitet hätten und auch eine gemeinsame Organisation oder gemeinsame Ziele fehlen würden. Dies habe das Kantonsgericht, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht im Entscheid "Media Markt" (KGE VV vom 5. April 2006, 820 05 482) bereits entschieden. Es liege auch keine Erweiterung des Einrichtungshauses vor, da das geplante Geschäftshaus fremdgenutzt werden solle.


4.2 Die der UVP unterstehenden Anlagen werden in der UVPV bezeichnet. Gemäss Art. 9 Abs. 1 USG i.V.m. Art. 1 UVPV unterliegen der UVP Anlagen, die im Anhang der UVPV aufgeführt sind. Das USG sowie die UVPV beschränken die UVP somit auf das einzelne Projekt. Hauptkriterium dabei ist der Anlagetyp, wie dies aus dem Anhang zur UVPV hervorgeht, in dem insgesamt 73 unterschiedliche Anlagetypen umschrieben werden, die einer UVP unterliegen. Die UVPV bezeichnet im vorliegenden Zusammenhang im Anhang Parkhäuser und -plätze für mehr als 300 Motorwagen (Nr. 11.4) sowie Einkaufszentren mit mehr als 5000 m 2 (Nr. 80.5) als UVP-pflichtige Anlagen. Vorliegend wurde für das Projekt "Geschäftshaus IKEA" sowohl aufgrund der geplanten Parkierungsanlage (390 Parkplätze) als auch wegen der geplanten Verkaufs- bzw. Ausstellungsfläche (über 6'000 m 2 ) eine UVP durchgeführt. Umstritten ist vorweg, ob nicht einerseits eine Gesamt-UVP zusammen mit den Projekten "Media Markt" und "Grüssen 4" oder andererseits eine UVP zusammen mit dem "Einrichtungshaus IKEA" hätte durchgeführt werden sollen.


5. Gemäss Art. 8 USG werden Einwirkungen sowohl einzeln als auch gesamthaft und nach ihrem Zusammenwirken beurteilt. Diese Bestimmung bezieht sich auf sämtliche umweltrelevanten Vorhaben, unabhängig davon, ob sie einer UVP unterliegen oder nicht. Das Kantonsgericht hat dazu in einer Zwischenverfügung vom 10. Januar 2006 im Verfahren betreffend "Media Markt" festgehalten, dass eine UVP für alle Teile einer Gesamtanlage durchzuführen sei, wenn ihr ein Teil eines Vorhabens unterliege. Ein Projekt, das zwar selbst nicht UVP-pflichtig sei, jedoch zu einer anderen, allenfalls UVP-pflichtigen Anlage in einem engen Zusammenhang stehe, sei daher in die Prüfung einzubeziehen. Gleiches gelte für den Einbezug von Teilvorhaben, die zwar nicht gleichzeitig, aber doch in relativ rasch aufeinander folgenden Etappen verwirklicht würden. Auch hier stelle sich die Frage nach deren Einbezug in die Prüfung, und zwar nicht beschränkt auf einzelne Teilvorhaben, sondern für die Gesamtanlage. Diese Auffassung entspricht sowohl der herrschenden Lehre (vgl. Heribert Rausch/Peter M. Keller, Art. 8 USG, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Auflage, Zürich 2004, Rz. 8 und 24; Dies., a.a.O., Art. 9 USG, Rz. 35a; Beatrice Wagner Pfeifer, Umweltrecht I, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2002, S. 157 f.; Hänni, a.a.O., S. 374 f.; Heinz Aemisseger, Die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Praxis des Bundesgerichts, in: URP 2004, S. 404 ff.), als auch der bundesgerichtlichen Praxis (vgl. BGE 124 II 82 E. 7a, 118 lb 79 f. E. 2b).


5.1 Unter gewissen Bedingungen müssen somit mehrere voneinander getrennte Anlagen als eine einheitliche Anlage beurteilt und einer UVP unterzogen werden. Dies ist einmal dann der Fall, wenn Anlagen wie beispielsweise Flugplatzanlagen eine grössere Einheit bilden und somit jedes Einzelprojekt einer UVP unterliegt, wenn die gesamte Anlage UVP-pflichtig ist (BGE 124 II 75 E. 7a) oder wenn ein Projekt, welches zwar selbst nicht UVP-pflichtig ist, jedoch Teil einer anderen UVP-pflichtigen Anlage darstellt (vgl. Rausch/Keller, a.a.O. Art. 9 USG, Rz. 35a). Ferner rechtfertigt sich unter Umständen die Durchführung einer UVP, wenn zwei Anlagen, welche einzeln beurteilt zwar nicht UVP-pflichtig sind, jedoch zusammen den Schwellenwert überschreiten und sich funktionell ergänzen, indem sie beispielsweise dem gleichen Benützerkreis dienen (vgl. Rausch/Keller, a.a.O., Art. 9 USG, Rz. 35a). Hinsichtlich besonderer Anlagen wie Parkplätze ist diesbezüglich die Rechtsprechung relativ streng. Das Bundesgericht verneint beispielsweise einen funktionellen Zusammenhang und somit den Einheitscharakter der Projekte, selbst wenn diese in einem engen Perimeter geplant wurden, wenn es an einer Zusammenarbeit zwischen den Bauherren fehlt und diese weder aufeinander abgestimmt handeln noch eine gemeinsame Organisation oder gemeinsame Ziele haben (Aemisseger, a.a.O., S. 405). Die Bestimmung von Art. 8 USG bezieht sich auf sämtliche Vorhaben, die in zeitlicher, örtlicher und sachlicher Hinsicht zusammenhängen (BGE 124 II 82 E. 7a; Rausch/Keller, a.a.O., Art. 8 USG, Rz. 8).


6.1 Im erwähnten Entscheid "Media Markt" vom 5. April 2006 (KGE VV vom 5. April 2006, 820 05 482) hat das Kantonsgericht festgehalten, es sei weitgehend unbestritten, dass die geplanten Vorhaben "Media Markt", "Geschäftshaus IKEA" und "Grüssen 4" zeitlich sowie örtlich miteinander verbunden seien. Die geplanten Projekte würden in unmittelbarer Nähe inmitten des Gewerbegebietes "Grüssen" liegen und die entsprechenden Quartierpläne seien vom Einwohnerrat am 25. April 2005 ("Media Markt" sowie "Geschäftshaus IKEA") bzw. am 30. Mai 2005 ("Grüssen 4") verabschiedet worden. Der zeitliche sowie örtliche Zusammenhang sei folglich gegeben. In E. 4d hat das Kantonsgericht zusammenfassend folgende Elemente als wesentlich für die Beurteilung eines funktionellen Zusammenhangs aufgeführt:


"Unmittelbare Nachbarschaft von Einkaufs- und Fachzentren, gleicher oder ähnlicher Benützerkreis, kurze Gehdistanzen zwischen den zu errichtenden Anlagen, gemeinsame Zu- und Wegfahrten bzw. gemeinsame Erschliessung, gemeinsame Parkraumbewirtschaftungskonzepte bzw. gemeinsames Parkleitsystem, unbeschränkte Benutzungsmöglichkeiten des Parkings unabhängig der Ladenbenützung oder enge Zusammenarbeit der Bauträgerschaft."


Das Kantonsgericht kam bei der Prüfung dieser Kriterien zum Schluss, dass ein betrieblicher bzw. organisatorischer Zusammenhang zwischen den Vorhaben "Media Markt", "Geschäftshaus IKEA" und "Grüssen 4" nicht ersichtlich sei. Die Planung des Projekts "Media Markt" sei nicht in Koordination mit anderen Firmen vorgenommen worden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers müsse indes, um einen funktionellen Zusammenhang zu begründen, ein betrieblicher Zusammenhang gegeben sein. Das Kantonsgericht vertritt die Auffassung, wonach ein funktioneller Zusammenhang erst dann angenommen werden könne, wenn die Bauherrschaften eine organisatorische Einheit bilden, nach einem gemeinsamen Plan bzw. nach aufeinander abgestimmten Planungen handeln oder gemeinsame Ziele verfolgen würden. Sei dies nicht der Fall, so würden andere, auf einen funktionellen Zusammenhang hindeutende Umstände keine Rolle spielen. Da vorliegend die Projekte von verschiedenen, voneinander unabhängigen Bauherrschaften eingereicht worden seien, welche keine gemeinsamen Ziele verfolgen würden bzw. nicht nach einem gemeinsamen Plan bzw. nach aufeinander abgestimmten Planungen gehandelt hätten, sei folglich der funktionelle Zusammenhang zu verneinen.


6.2 Das Kantonsgericht hält an dieser Auffassung fest und sieht folglich auch im vorliegenden Verfahren keinen Grund, eine Gesamt-UVP zu verlangen, welche die Projekte "Geschäftshaus IKEA", "Media Markt" und "Grüssen 4" umfasst. Daran ändert auch die in der Beschwerde vorgebrachte Kritik nichts. Der Beschwerdeführer bringt diesbezüglich im Wesentlichen vor, für die Auslegung des Anlagenbegriffs im Sinne von Art. 9 Abs. 1 USG müssten objektiv-sachliche und nicht subjektiv-persönliche Kriterien im Vordergrund stehen. Entgegen dieser Auffassung ist das Kantonsgericht der Meinung, dass es sich beim Kriterium der Zusammenarbeit der Bauherrschaften oder betreffend deren gemeinsamer Organisation sehr wohl um ein objektiv-sachliches Kriterium handelt. Abgesehen davon kann die Frage, ob ein Kriterium nun objektiv-sachlich oder subjektiv-persönlich sei, nicht entscheidend sein. Zu Recht weist im Übrigen der Regierungsrat daraufhin, dass mit der vom Gericht vertretenen Auffassung auch ganz praktische Schwierigkeiten umgangen werden können. So liegt es am Gesuchsteller, die erforderlichen Angaben und Informationen der geplanten Anlage für den Umweltverträglichkeitsbericht zu liefern. Hier sind nun tatsächlich Schwierigkeiten denkbar, die sich daraus ergeben können, dass Projektierende nicht zusammen arbeiten und sich die notwendigen Informationen nicht liefern wollen.


Damit hält das Kantonsgericht an seiner im Entscheid "Media Markt" getroffenen Auffassung fest, dass auch im vorliegenden Verfahren keine Gesamt-UVP, welche die Projekte "Geschäftshaus IKEA", "Media Markt" und "Grüssen 4" umfasst, anzuordnen ist.


7. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, das neue Projekt "Geschäftshaus IKEA" solle als wesentliche Erweiterung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 UVPV des bereits bestehenden Möbelmarktes IKEA verstanden werden.


7.1 Gemäss Art. 9 Abs. 1 USG besteht eine UVP-Pflicht u.a. bei einer Änderung einer bestehenden Anlage. Die Umweltverträglichkeit einer neuen Anlage wird zwar anlässlich ihres Baus, aber hauptsächlich im Hinblick auf ihre betrieblichen Auswirkungen geprüft. Es ist deshalb nur konsequent, Änderungen nach Abs. 1 als bauliche oder betriebliche Änderung zu verstehen (Rausch/Keller, a.a.O., Art. 9 USG, Rz. 43). Gemäss Art. 2 Abs. 1 UVPV unterliegen Änderungen bestehender Anlagen der Prüfung, wenn die Änderung wesentliche Umbauten, Erweiterungen oder Betriebsänderungen betrifft (lit. a) und über die Änderung im Verfahren entschieden wird, das bei neuen Anlagen für die Prüfung massgeblich ist (lit. b). Umstritten ist vorliegend, ob das Projekt "Geschäftshaus IKEA" als wesentliche Erweiterung des bestehenden "Einrichtungshauses IKEA" zu qualifizieren ist. Somit geht es - anders als bei der Beurteilung, ob eine Gesamt-UVP mit den Projekten "Geschäftshaus IKEA", "Media Markt" und "Grüssen 4" vorzunehmen sei - vorliegend nicht um die Überprüfung eines Zusammenhangs im Sinne von Art. 8 USG. Mit dieser Bestimmung bzw. der dazu entwickelten Rechtsprechung soll sichergestellt werden, dass zwar formell unabhängige Bauvorhaben, die aber zeitlich, örtlich und funktionell eng zusammenhängen, als Gesamtanlage einer UVP-Pflicht unterstellt werden. Im Gegensatz dazu ist vorliegend die Frage zu beantworten, ob eine wesentliche Erweiterungen einer bestehenden Anlage gemäss Art. 9 USG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 UVPV zu bejahen ist. Zur Beantwortung dieser Frage erscheint es angebracht, den örtlichen und funktionellen Zusammenhang zwischen der bestehenden Anlage und dem neuen Projekt zu prüfen und im Falle der Bejahung dieses Zusammenhanges von einer Erweiterung auszugehen. Ein zeitlicher Zusammenhang braucht für die Frage der Erweiterung der bestehenden Anlage naturgemäss nicht vorzuliegen.


7.2 Zu prüfen gilt es demnach, ob vorliegend von einer wesentlichen Erweiterung einer bestehenden Anlage (Einrichtungshaus IKEA) auszugehen ist. Bezüglich des örtlichen Zusammenhangs kann festgehalten werden, dass dieser ohne weiteres zu bejahen ist, liegen doch die Parzellen des bestehenden Einrichtungshauses und des projektierten Geschäftshauses direkt nebeneinander. Demzufolge ist im Folgenden zu prüfen, ob ein funktioneller Zusammenhang zwischen dem "Einrichtungshaus IKEA" und dem "Geschäftshaus IKEA" zu bejahen ist.


Wie oben in E. 7.1 ausgeführt, kann zur Prüfung dieser Frage auf die Rechtsprechung betreffend den funktionellen Zusammenhang zwischen zwei Anlagen zurückgegriffen werden. Aus dem Quartierplanreglement und dem Planungsbericht betreffend die Quartierplanung "Geschäftshaus IKEA" kann entnommen werden, dass die Einstellhalle des Geschäftshauses mit der Einstellhalle des Einrichtungshauses unterirdisch verbunden wird. Anlässlich des Augenscheins sowie der Parteiverhandlung wurde dies vom Rechtsvertreter der IKEA Immobilien AG bestritten. Allerdings ist im Quartierplanreglement auf S. 5 ausdrücklich aufgeführt, dass durch die unterirdische Verbindung mit der Einstellhalle des Einrichtungshauses die neue Ausfahrt auch von Kunden des Einrichtungshauses genutzt werden könne. Im Planungsbericht vom 12. Oktober 2004 wird unter dem Titel "Konzept und Ziele" folgendes ausgeführt: "Die IKEA betreibt in unmittelbarer Nachbarschaft an die zu überbauende Parzelle bereits ein Einrichtungshaus. Die geplante Überbauung sieht in der Basisvariante ein Geschäftshaus mit Verkaufs- (Nonfood) und Büroflächen vor. Zur Nutzung von Synergien sollen Kunden angesprochen werden, die dem Käuferpotential des bereits bestehenden Einrichtungshauses der IKEA entsprechen. Dadurch werden deutlich weniger Neukunden als bei einer unabhängigen Zielgruppe erwartet und bisherige Kunden profitieren vom erweiterten Angebot."


Damit ergibt sich folgendes Bild: Das geplante Geschäftshaus soll in unmittelbarer Nachbarschaft zum bestehenden Einrichtungshaus erstellt werden. Die in Frage stehenden Angebote sowohl des bestehenden Einrichtungshauses wie auch des geplanten Geschäftshauses - abgesehen von den Büroräumlichkeiten - richten sich an Endverbraucher und zwar hauptsächlich im Nonfood-Bereich. Die beiden Parkhäuser verfügen über gemeinsame Zu- und Wegfahrten. Wie sich bereits im Verfahren Media Markt gezeigt hat, sind die Parkhäuser der Einkaufszentren im Gewerbegebiet "Grüssen" über ein gemeinsames Parkleitsystem miteinander verbunden. An dieses Parkleitsystem wird auch das Projekt "Geschäftshaus IKEA" angeschlossen. Daraus ergibt sich eine gemeinsame Nutzung der Parkierungsanlagen. Im Übrigen besteht keine eigentliche Parkraumbewirtschaftung, so dass jeder Kunde, unabhängig davon in welchem Geschäft er seine Einkäufe tätigt, die vorhandenen Parkplätze auf dem Areal "Grüssen" benützen kann. Ausserdem handelt es sich bei beiden Bauvorhaben um die gleiche Bauherrschaft, nämlich den IKEA-Konzern, und damit zweifellos um eine aufeinander abgestimmte Planung.


Damit ergibt sich, dass der IKEA-Konzern durch das projektierte Geschäftshaus Synergien schaffen will, die auch den Kunden des bestehenden Einrichtungshauses und damit der IKEA selbst zu Gute kommen. Dies stellt eine Erweiterung der bestehenden Anlage im Sinne von Art. 2 Abs. 1 UVPV dar. Ebenfalls bestätigt wird diese Auffassung dadurch, dass die Bauherrschaft bei der IKEA Immobilien AG liegt. Diese hat bereits das Einrichtungshaus errichtet und dann an die IKEA AG zur Fremdnutzung übergeben. Ebenso soll jetzt das Geschäftshaus einer Fremdnutzung - wenn auch nicht der IKEA AG - zugeführt werden. Vergrössert aber eine Bauherrschaft ihr Vermietungspotential an einem Ort durch den Bau von weiterem Mietraum, so stellt dies ebenfalls eine Erweiterung der bestehenden Anlage dar. Auch der Titel von Art. 2 UVPV ("Änderungen bestehender Anlagen") impliziert nicht, dass an der bestehenden Anlage selbst etwas geändert werden müsse, also beispielsweise ein An- oder Aufbau vorliegen müsse. Denn zweifellos müsste auch dann von einer Erweiterung der Anlage gesprochen werden, wenn das Einrichtungshaus IKEA im projektierten Neubau eine Vergrösserung ihres eigenen Angebots planen würde, unabhängig davon, ob der Neubau nun direkt an die bestehende Anlage anschliessen würde oder nicht. Dies zeigt, dass eine Änderung der Anlage, insbesondere eine Erweiterung, sehr wohl auch ohne direkten An- oder Aufbau durchgeführt werden kann. Ist nun aber - obwohl der IKEA-Konzern das neue Geschäftshaus nicht selbst nutzen will - von einem funktionellen Zusammenhang auszugehen, so ist eine Erweiterung der Anlage anzunehmen. Dies umso mehr, wenn berücksichtigt wird, dass sich im vorliegenden Streitfall Fragen des Umweltschutzes stellen. Die anzuwendenden Bestimmungen sollen dem Umweltschutz dienen. Sinn und Zweck der UVP-Pflicht ist es, die Auswirkungen auf die Umwelt zu beurteilen und emissionsbegrenzende Massnahmen anordnen zu können. Da kann es nicht auf die Frage ankommen, ob nun ein An- oder Aufbau stattfindet oder ob der Neubau auf der angrenzenden Nachbarparzelle ausgeführt wird. Ansonsten würden Erweiterungen von bestehenden Anlagen durch Abparzellierungen und Bauten auf den Nachbargrundstücken allenfalls ohne oder zumindest ohne Gesamt-UVP ermöglicht. Im Übrigen ist an dieser Stelle auf den Entscheid "Freienbach" des Bundesgerichts hinzuweisen, wo neben einer Aufstockung des bestehenden Verkaufsgebäudes auch ein neues Gebäude mit Migros-Fachmarkt errichtet wurde. Offensichtlich wurde dabei sowohl die Aufstockung wie auch die Errichtung des Neubaus als Erweiterung der bestehenden Anlage betrachtet (BGE 131 II 103 ff.).


Damit gelangt das Gericht zum Schluss, dass es sich bei der Gesamtanlage IKEA (also Einrichtungshaus und Geschäftshaus IKEA) um eine neue Anlage im Sinne von Art. 7 Abs. 7 USG handelt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus Art. 2 Abs. 4 Luftreinhalte-Verordnung (LRV) vom 16. Dezember 1985, da vorliegend unbestrittenermassen durch die Erweiterung und dem damit entstehenden zusätzlichen Verkehr mehr Emissionen entstehen (vgl. auch BGE 131 II 103 ff. E. 2, wo insbesondere umstritten war, ob die Erweiterung zu zusätzlichen Emissionen führe). Damit ist aber eine UVP über die Gesamtanlage durchzuführen.


7.3 Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegner ist nicht davon auszugehen, dass die Tatsache, dass für beide Projekte bereits eine UVP durchgeführt wurde, eine Gesamt-UVP als unnötig erscheinen lässt. Im Umweltverträglichkeitsbericht vom 10. Juli 2003, ergänzt am 24. März 2004, wird unter Ziff. 1.4.3 ausdrücklich ausgeführt, dass ergänzend zum bereits bestehenden Umweltverträglichkeitsbericht zum Einrichtungshaus IKEA ausschliesslich die Auswirkungen des neuen Geschäftshauses aufgezeigt werden. Auch wenn die Auswirkungen des Einrichtungshauses somit beim Beschrieb des Ausgangszustandes berücksichtigt sind, genügt dies den Anforderungen an eine Gesamt-UVP, welche eben die Auswirkungen der Gesamtanlage aufzeigen bzw. prüfen muss, nicht.


8. Nach dem Gesagten ist die vorliegende Beschwerde in dem Sinne gutzuheissen, dass der Regierungsratsbeschluss Nr. 360 vom 14. März 2006 aufgehoben und die Genehmigung der Quartierplanvorschriften "Geschäftshaus IKEA" verweigert wird. Es ist eine UVP durchzuführen, welche die Auswirkungen sowohl des "Geschäftshauses IKEA" als auch des "Einrichtungshauses IKEA" als Gesamtanlage prüft. Auf der Grundlage dieser Prüfung werden die für den Schutz der Umwelt erforderlichen Massnahmen festzulegen sein. Unter diesen Umständen erübrigt es sich im vorliegenden Verfahren, die festgelegten Emissionsbegrenzungsmassnahmen bzw. deren Verschärfung zu prüfen.


9. (…)


KGE VV vom 27.09.2006 i. S. VCS (810 06 112)/GFD



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