Obligationenrecht

Doppelmäkelei


Um eine Schuldanerkennung zu entkräften, genügt es nicht, dass der Schuldner seine Einreden bloss geltend macht, er muss diese vielmehr glaubhaft machen (Art. 82 Abs. 1 SchKG; E. 2).


Der Anspruch auf Mäklerlohn setzt die Rechtsgültigkeit des vermittelten Geschäfts voraus (E. 3.1).


Dem Mäkler ist es verboten, sich von beiden Seiten Lohn versprechen zu lassen, wenn dies entweder dem Mäklervertrag oder Treu und Glauben widerspricht. Der Mäkler handelt wider Treu und Glauben, wenn er neben einem Auftrag der einen Partei auch noch einen Auftrag der Gegenpartei annimmt und der Auftraggeber den Preis für das zu vermittelnde Geschäft nicht zum voraus festlegt, sondern vom Mäkler erwartet, einen möglichst vorteilhaften Preis zu erzielen (Art. 415 OR; E. 3.2).



Sachverhalt

A. Mit Urteil vom 24. August 2006 erteilte die Bezirksgerichtspräsidentin von I. dem Gesuchskläger in der gegen die Gesuchsbeklagte eingeleiteten Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes I. die provisorische Rechtsöffnung für eine Forderung von CHF 10'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 12. Mai 2005 und verpflichtete die Gesuchsbeklagte, dem Gesuchskläger die Zahlungsbefehlskosten von CHF 70.-- zu bezahlen. Zudem auferlegte sie der Gesuchsbeklagten die Gerichtsgebühr von CHF 140.-- und verurteilte die Gesuchbeklagte, dem Gesuchskläger eine Parteientschädigung von CHF 1'646.80 (inkl. Spesen und Mwst. von CHF 116.30) zu bezahlen.


B. Dagegen erklärte die Gesuchsbeklagte mit Schreiben vom 28. August 2006 Appellation. In ihrer Appellationsbegründung vom 23. Oktober 2006 begehrte sie, es sei das Urteil der Bezirksgerichtspräsidentin I. vom 24. August 2006 aufzuheben und das Gesuch des Appellaten um Gewährung der provisorischen Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. xxx für eine Forderung von CHF 10'000.-- nebst Zins seit dem 12. Mai 2005 abzuweisen; es sei die Zahlungsverpflichtung der Appellantin von CHF 70.-- für die Zahlungsbefehlskosten des Appellaten aufzuheben; unter o/e-Kostenfolge zu Lasten des Appellaten sowohl in Bezug auf das vorinstanzliche als auch das vorliegende Verfahren.


C. In seiner Appellationsantwort vom 27. November 2006 beantragte der Appellat, es sei die Appellation vollumfänglich abzuweisen; unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Appellantin.


D. Zur heutigen Verhandlung erscheinen die Appellantin mit ihrer Rechtsvertreterin und der Rechtsvertreter des Appellaten. Die Parteien halten an ihren Anträgen fest.



Erwägungen

1. ( … )


2. Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen (Art. 82 Abs. 1 SchKG). Eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG liegt vor, wenn daraus der vorbehalts- und bedingungslose Wille des Betriebenen hervorgeht, dem Betreibenden eine bestimmte oder leicht bestimmbare Geldsumme zu zahlen. Dabei kann sich die Schuldanerkennung auch aus einer Gesamtheit von Urkunden ergeben, sofern die notwendigen Elemente daraus hervorgehen (BGE 132 III 480 E. 4.1).


Verfügt der Gläubiger über eine Schuldanerkennung, so muss der Richter gemäss Art. 82 Abs. 2 SchKG die provisorische Rechtsöffnung aussprechen, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche diese entkräften, sofort glaubhaft macht. Um eine Schuldanerkennung zu entkräften und somit die Rechtsöffnung zu verhindern, muss der Schuldner nach der "Basler Praxis" seine Einreden bloss geltend machen. Nach der basellandschaftlichen Praxis hingegen hat der Betriebene seine Einreden entsprechend dem Wortlaut von Art. 82 SchKG auch glaubhaft zu machen (Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft [heute: Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Abt. Zivil- und Strafrecht] vom 13. September 1988, in: Zeitschrift für Schweizerisches Mietrecht, 1989, S. 31 f.). Die Glaubhaftmachung verlangt dabei nicht, dass der Richter vom Vorhandensein einer Tatsache voll überzeugt ist. Es genügt vielmehr, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, auch wenn noch für möglich erachtet wird, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (BGer. 5P.486/2002 vom 31. Januar 2003 E. 3; BGer. 5P.155/2002 vom 23. Mai 2002 E. 2b).


3. Die zwischen der Appellantin und dem Appellaten abgeschlossene Vereinbarung vom 20. Januar 2005 stellt einen Mäklervertrag dar. Dieser ist ein zweiseitiger Vertrag und kann als solcher grundsätzlich einen Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG darstellen (vgl. BGer. 5P.69/2004 vom 14. April 2004 E. 2).


3.1 Die Appellantin wendet zunächst ein, der Zusammenarbeitsvertrag zwischen ihr und der A. GmbH vom 20. Januar 2005 sei wegen Grundlagenirrtums gemäss Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR unverbindlich. Der Mäklerlohn sei deshalb nicht verdient.


Ein Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat (Art. 23 OR). Ein wesentlicher Irrtum ist der so genannte Grundlagenirrtum. Auf einen solchen kann sich die Partei berufen, die sich über einen bestimmten Sachverhalt geirrt hat, der für sie notwendige Vertragsgrundlage war, und den sie zudem nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachten durfte (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR). Neben der subjektiven Wesentlichkeit ist damit erforderlich, dass der zu Grunde gelegte Sachverhalt auch objektiv, vom Standpunkt oder nach den Anforderungen des loyalen Geschäftsverkehrs, als notwendige Grundlage des Vertrages erscheint (BGer. 4C.13/2005 vom 13. Juni 2005 E. 2.1).


Mit dem Zusammenarbeitsvertrag vom 20. Januar 2005 verpflichtete sich die Appellantin gegenüber der A. GmbH, ihren bestehenden und zukünftigen Kundenstamm über das Anti-Aging-Therapie-Angebot der Letzteren zu unterrichten. Ziel der A. GmbH war es, so im Vertragsgebiet als Anti-Aging-Spezialistin bekannt zu werden und ihren Kundenstamm zu optimieren. Mit E-Mail vom 21. Februar 2005 teilte die Appellantin der A. GmbH sinngemäss mit, ihr sei klar geworden, dass sie nicht die richtige Partnerin für sie sei. Ihr Wissen über die Wachstumshormone reiche nicht aus, um ihre Kunden genügend zu informieren und damit ihr Interesse daran zu wecken. Die Meisten, die sie anspreche, wüssten mehr darüber, als sie selber je gehört habe. Die Appellantin verkannte somit einen wesentlichen Umstand, nämlich die fachliche Qualifikation ihrer eigenen Person zum Verkauf des Produktes. Die Appellantin bat in der erwähnten E-Mail die A. GmbH um Entlassung aus dem Zusammenarbeitsvertrag. Da die Appellantin diesen Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass ihre fachliche Qualifikation zum Verkauf der fraglichen Produkte nicht ausreicht, und die A. GmbH die Divergenz der Vorstellungen der Appellantin hätte erkennen können, könnten sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht die Anforderungen eines Grundlagenirrtums gemäss Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR durchaus erfüllt sein. Die A. GmbH war gemäss E-Mail vom 22. Februar 2005 bereit, die Geltendmachung des Willensmangels zu akzeptieren. Die Appellantin berief sich innert Frist auf den Willensmangel (Art. 31 OR). Würde man einen solchen Grundlagenirrtum annehmen, so wäre der Zusammenarbeitsvertrag ex tunc rechtlich ungültig.


Die Unverbindlichkeit des Zusammenarbeitsvertrags hätte zur Folge, dass der Appellat keinen Mäklerlohn beanspruchen kann. Denn der Anspruch auf Mäklerlohn setzt die Rechtsgültigkeit des vermittelten Geschäfts voraus (BGE 87 II 137 E. 7d; BGE 131 III 268 E. 5.1.4; Caterina Ammann, Basler Kommentar, N. 4 zu Art. 413 OR). Dem Einwand der Appellantin, der Mäklerlohn sei bereits wegen Willensmangels des Zusammenarbeitsvertrags nicht geschuldet, kann daher nicht a priori widersprochen werden, wenngleich - wie die nachstehenden Erwägungen zeigen - das Vorliegen eines wesentlichen Grundlagenirrtums letztlich offen gelassen werden kann.


3.2 Selbst wenn davon auszugehen wäre, der Einwand der Appellantin, der Zusammenarbeitsvertrag sei zufolge Grundlagenirrtums ungültig, erweise sich als unbegründet, könnte dem Appellaten nicht ohne Weiteres provisorische Rechtsöffnung erteilt werden. Es wäre vielmehr zu prüfen, ob die Appellantin mit ihrer weiteren Einrede, der Mäklerlohn sei zufolge unzulässiger Doppelmäkelei verwirkt, durchdringe.


Gemäss der am 20. Januar 2005 zwischen der Appellantin und dem Appellaten abgeschlossenen Vereinbarung hat der Appellat der Appellantin die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Anti-Aging-Medizin mit der A. GmbH zu vermitteln. Dafür schuldet die Appellantin dem Appellaten eine Kommissionszahlung von CHF 10'000.--. Aus der E-Mail, welche die A. GmbH am 22. Februar 2005 der Appellantin sandte, ergibt sich, dass sich der Appellat auch von der A. GmbH ein Honorar von CHF 10'000.-- für den Zusammenarbeitsvertrag versprechen liess. Dass sich der Appellat von der A. GmbH einen Mäklerlohn bezahlen liess, geht ferner aus der Bestätigung vom 23. August 2006 der A. GmbH hervor. Demnach ist davon auszugehen, dass der Appellat als Doppelmäkler tätig war.


Art. 415 OR verbietet dem Mäkler, sich von beiden Seiten Lohn versprechen zu lassen, wenn dies entweder dem Mäklervertrag oder Treu und Glauben widerspricht. Der Wortlaut dieser Bestimmung schliesst demnach nicht jede Doppelmäkelei kategorisch aus, sondern lässt sie innerhalb gewisser Schranken zu. Die Vereinbarung vom 20. Januar 2005 enthält keine Bestimmung, die der Doppelmäkelei entgegenstünde. Somit bleibt zu prüfen, ob das Verhalten des Appellaten Treu und Glauben widersprach (vgl. BGE 111 II 366 E. 1a).


Der Mäkler handelt wider Treu und Glauben, wenn er neben einem Auftrag der einen Partei auch noch einen Auftrag der Gegenpartei annimmt und es ihm dabei obliegt, für die Parteien mit ihren entgegen gesetzten Interessen möglichst günstige Vertragsbedingungen zu erzielen (BGE 111 II 366 E. 1b; BGE 35 II 63 E. 3). Unbedenklich ist die Doppeltätigkeit beim blossen Nachweismakler, da hier eine Interessenkollision nicht denkbar ist. Der Makler, der z.B. einen Vermieter und einen Mieter zusammenbringt, tut nichts anderes als seine Aufgabe und wahrt die Interessen beider Parteien. Das gleichzeitige Tätigwerden für beide Parteien verstösst nicht gegen Art. 415 OR, wenn beiden Parteien nur die Möglichkeit eines Vertragsschlusses nachgewiesen wird (Heinrich Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht, 8. Auflage, Bern 2006, S. 343). Anders verhält es sich jedoch beim Vermittlungsmakler. Bei der Vermittlungstätigkeit hat der Makler die Gegenpartei zum Abschluss zu bewegen oder gar einen Vertragsschluss vorzubereiten. Eine Kollision der Interessen des Auftraggebers mit denjenigen der Gegenpartei lässt sich dabei kaum vermeiden. Eine Unvereinbarkeit der Interessen ist unweigerlich dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber den Preis für das zu vermittelnde Geschäft nicht zum voraus festlegt, sondern vom Mäkler erwartet, einen möglichst vorteilhaften Preis zu erzielen. In einem solchen Fall darf der Vermittlungsmäkler nicht für die Gegenpartei tätig sein (Caterina Ammann, a.a.O., N. 4 zu Art. 415 OR).


Gemäss Vereinbarung vom 20. Januar 2005 hatte der Appellat als Vermittler der Appellantin die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Anti-Aging-Medizin mit der A. GmbH zu vermitteln. Beim Abschluss dieses Vertrags stand demnach bereits fest, mit wem die Appellantin den Zusammenarbeitsvertrag abschliessen soll. Der Appellat hatte somit nicht den Auftrag, Gelegenheit zum Abschluss eines Zusammenarbeitsvertrags nachzuweisen. Der Appellat war daher nicht als Nachweismäkler für die Appellantin tätig. Da er als Vermittler den Zusammenarbeitsvertrag zu vermitteln hatte, handelte er vielmehr als Vermittlungsmäkler. Der genannten Vereinbarung lässt sich der genaue Inhalt des Vermittlungsauftrages nicht entnehmen. Aufgabe des Rechtsöffnungsrichters ist jedoch nicht, diesen Vertrag vollständig auszulegen und die daraus abzuleitenden Rechtsfolgen zu eruieren. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die Appellantin die auszuhandelnden Bedingungen bereits zum voraus festlegte. Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, dass der Appellat als Vermittlungsmäkler bei der Aushandlung des Zusammenarbeitsvertrags gehalten war, möglichst vorteilhafte Bedingungen für die Appellantin zu erzielen. Bei der Verfolgung dieses Ziels befand sich der Appellat in einem Interessenkonflikt, da er auch für die Gegenpartei als Mäkler tätig war. Mit seiner Doppelmäklertätigkeit verstiess der Appellat deshalb gegen Treu und Glauben und kann folglich von der Appellantin keinen Lohn fordern. Die Einrede der Appellantin, der Mäklerlohn sei zufolge unzulässiger Doppelmäkelei verwirkt, erweist sich somit insgesamt als glaubhaft.


4. Dem Gesagten zufolge ergibt sich, dass sich die Appellation als begründet erweist. Das vorinstanzliche Urteil ist deshalb in Gutheissung der Appellation aufzuheben und das Rechtsöffnungsbegehren in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts I. abzuweisen.


5. ( … )


KGE ZS vom 16. Januar 2007 i.S. X gegen Y (100 06 928/STS)



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