Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Kompetenzstücke im Konkurs


Der Gemeinschuldner weiss bei der Unterzeichnung des Konkursinventars, ob ein Vermögensstück als Kompetenzgegenstand anerkannt worden ist oder nicht; in diesem Zeitpunkt beginnt daher grundsätzlich auch die Beschwerdefrist zu laufen. Wenn er im Zeitpunkt der Anerkennung des Konkursinventars verzichtete, die Freigabe eines Fahrzeuges zu verlangen, hat er in dieser Hinsicht das Beschwerderecht verwirkt. Da das gesamte Vermögen des Schuldners von der Konkurseröffnung an als Ganzes dem Vollstreckungsbeschlag unterliegt, erübrigt sich ein weiterer Pfändungsakt (Art. 224 SchKG; E. 2).



Erwägungen

1. ( … )


2.1 Nach der Konkurseröffnung wird über das zur Konkursmasse gehörende Vermögen ein Inventar aufgenommen (Art. 221 SchKG). Der Zweck des Inventars liegt darin, sich einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Schuldners zu verschaffen, das Vermögen zu sichern und eine Grundlage für den Entscheid bezüglich des weiteren Verfahrens (Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven, summarisches oder ordentliches Verfahren) zu schaffen (Lustenberger, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel 1998, N 6 zu Art. 221 SchKG). Im Inventar werden sämtliche Vermögenswerte mit dem Schätzwert aufgenommen. Selbst Kompetenzgut ist vorzumerken, jedoch auszuscheiden und dem Schuldner zur freien Verfügung zu überlassen. Das abgeschlossene Inventar wird dem Konkursiten vorgelegt; er muss sich zu dessen Vollständigkeit und Richtigkeit äussern und seine Erklärung darüber im Inventar unterzeichnen (Art. 221-228 SchKG; Art. 25-39 KOV; Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl., Bern 2003, Rz 11 zu § 44).


2.2 Der Beschwerdeführer rügt, er habe bei der Aufnahme des Inventars das Fahrzeug Volvo V 40 1.9 D als Kompetenzgut angemeldet. Es sei ihm nie mitgeteilt worden, ob er das Fahrzeug als Kompetenzstück erhalten werde oder nicht. Mit Schreiben vom 24. Juli 2007 sei ihm nun mitgeteilt worden, dass das Fahrzeug am 3. August 2007 zur Verwertung gelange. Das Konkursamt W. räumt in seiner Vernehmlassung ein, dass der Schuldner bei der Einvernahme ausgesagt habe, er sei auf ein Fahrzeug aufgrund der Kundenbesuche angewiesen. Die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs kann dem vorgelegten Inventar, welches am 7. Juni 2007 unter Mitwirkung der Leiterin des Konkursamtes W. und im Beisein des Gemeinschuldners aufgenommen wurde, entnehmen, dass in der Abteilung „bewegliche Sachen" lediglich das Büromaterial sowie das Fahrzeug Volvo V 40 1.9 D aufgenommen wurden. Im Protokoll der Einvernahme, das anlässlich der Inventaraufnahme durch die Konkursbeamtin erstellt wurde, findet sich die Anmerkung, dass der genannten Büroeinrichtung Kompetenzqualität zukomme. Der fragliche Personenwagen hingegen wurde nicht als Kompetenzstück ausgeschieden. In der Folge anerkannte der Gemeinschuldner am 6. Juli 2007 das Inventar als vollständig und richtig (Art. 29 Abs. 3 und 4 KOV). Bei dieser (vorbehaltlosen) Erklärung ist der Schuldner und heutige Beschwerdeführer zu behaften. Sofern ein Gemeinschuldner der Auffassung ist, es sei ein bestimmtes Vermögensstück zu Unrecht zur Konkursmasse gezogen worden, so hat er sich rechtzeitig dagegen zur Wehr zu setzen. Er kann mithin nicht erst Wochen nach der Inventaraufnahme ein Freigabebegehren an die Konkursverwaltung richten. Der Beschwerdeführer weiss bei der Unterzeichnung des Inventars, ob ein Vermögensstück als Kompetenzgegenstand anerkannt worden ist oder nicht; in diesem Zeitpunkt beginnt daher grundsätzlich auch die Beschwerdefrist zu laufen (vgl. BGE 106 III 77 mit weiteren Nachweisen). Dass es sich im vorliegenden Fall anders verhalten hätte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist aufgrund der Akten nicht erstellt. Aus diesen ergibt sich vielmehr, dass der Beschwerdeführer erstmals mit Eingabe vom 23. August 2007 beim Betreibungsamt W. um Entlassung des im Konkursinventar angeführten Personenwagens aus dem Konkursbeschlag nachsuchte. Wenn er im Zeitpunkt der Anerkennung des Konkursinventars verzichtete, die Freigabe des Fahrzeuges zu verlangen, so hat er in dieser Hinsicht das Beschwerderecht verwirkt. Zumal das gesamte Vermögen des Schuldners von der Konkurseröffnung an als Ganzes dem Vollstreckungsbeschlag unterliegt, erübrigt sich auch ein weiterer Pfändungsakt. Im Übrigen kann der Beschwerdeführer auch nichts zu seinen Gunsten ableiten, dass das Konkursamt W. ihm das Fahrzeug nach der Aufnahme im Inventar vorerst zum weiteren Gebrauch überliess. Die Aufforderung vom 24. Juli 2007, dass das Fahrzeug der Konkursverwaltung nun zu übergeben sei, löst mithin keine neue Beschwerdefrist aus, sondern ist als blosse Mitteilung nicht beschwerdefähig. Im Ergebnis kommt die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs daher zum Schluss, dass dem Konkursamt W. im Rahmen des gerügten Sachverhalts weder ein Verfahrensfehler unterlaufen ist noch liegt eine Unterlassung einer gebotenen Vollstreckungshandlung vor. Auf die Beschwerde kann daher nicht eingetreten werden. Die Frage, ob dem Personenwagen des Beschwerdeführers Kompetenzqualität zukommt, erübrigt sich nach dem Vorstehenden.


5.-6. ( … )


Entscheid der AB SchKG vom 25. September 2007 i.S. L. (200 07 713/LIA)



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