Zivilprozessrecht

Beschwer als Prozessvoraussetzung der Appellation


Das für jeden prozessualen Rechtsbehelf erforderliche Rechtsschutzinteresse wird als Voraussetzung eines Rechtsmittels Beschwer genannt. Fehlt sie, so hat dies ein Prozessurteil in Form eines Nichteintretensentscheids zur Folge. Für die Geltendmachung von Willensmängeln bei der Abgabe einer Parteierklärung steht nach hiesigem Prozessrecht das Rechtsmittelverfahren nicht zur Verfügung. Das Vertrauen in eine falsche Rechtsmittelbelehrung kann ein gesetzlich nicht gegebenes Rechtsmittel nicht schaffen (E. 2).



Sachverhalt

Anlässlich der Eheaudienz vor dem Bezirksgerichtspräsidenten Waldenburg am 26.06.2007 beantragte die Ehefrau die Zusprechung eines Unterhaltsbeitrages für sich und für die drei Kinder der Parteien von monatlich CHF 4'500.00 inkl. Kinderzulage. Der Ehemann bot einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von CHF 4'017.00 inkl. Kinderzulage an. Der Gerichtspräsident schlug einen 12 mal pro Jahr zu bezahlenden Unterhaltsbeitrag von CHF 4'300.00 inkl. Kinderzulage vor, was beide Parteivertreter mit einem "o.k." (richtig, in Ordnung) quittierten. Mit Ziffer 6 des mündlich eröffneten Urteils wurde der Ehemann schliesslich verpflichtet, der Ehefrau ab 01.08.2007 monatlich und im Voraus Unterhaltsbeiträge an die Ehefrau von CHF 2'050.00 und an die Kinder von je CHF 750.00 inkl. Kinderzulage zu bezahlen. Das Urteil wurde mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.


Mit Schreiben vom 29.06.2007 ersuchte der Ehemann den Bezirksgerichtspräsidenten Waldenburg um Berichtigung/Wiedererwägung von Ziffer 6 des Urteils vom 26.06.2007 und erklärte gleichzeitig schriftlich die Appellation gegen Ziffer 6 des Urteils vom 26.06.2007. Mit Verfügung vom 05.07.2007 trat der Bezirksgerichtspräsident Waldenburg auf das Gesuch um Berichtigung/Wiedererwägung nicht ein. Im Rahmen der Parteibefragung der Dreierkammer des Kantonsgerichts, Abteilung Zivil- und Strafrecht, bestätigt die Rechtsvertreterin des Appellanten, damals gestützt auf ihre falsche Berechnung mit dem vorgeschlagenen Unterhaltsbeitrag von gesamthaft CHF 4'300.00 pro Monat einverstanden gewesen zu sein, da dieser Vorschlag nicht weit vom Ergebnis ihrer Berechnung entfernt gewesen sei. Der Vertreter der Appellatin bestätigt ebenfalls, dass beide Parteien mit dem Vorschlag des Gerichtspräsidenten von monatlich CHF 4'300.00 an Unterhalt für Ehefrau und Kinder einverstanden gewesen seien.



Erwägungen

1. ( … )


2. Fraglich ist jedoch, ob der Appellant durch das angefochtene Urteil überhaupt beschwert ist. Das für jeden prozessualen Rechtsbehelf erforderliche Rechtsschutzinteresse wird als Voraussetzung eines Rechtsmittels Beschwer genannt. Die Beschwer ist Prozessvoraussetzung und daher von Amtes wegen zu prüfen. Fehlt sie, so hat dies ein Prozessurteil in Form eines Nichteintretensentscheids zur Folge (vgl. Vogel/Spühler/Gehri, Grundriss des Zivilprozessrechts, 8. Auflage, 2006, 13. Kapitel N 58ff.). Die Parteien haben sich im Rahmen des Eheschutzverfahrens vor 1. Instanz auf einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von total CHF 4'300.00 inkl. Kinderzulagen geeinigt (vgl. Protokoll des Bezirksgerichts Waldenburg vom 26.06.2007, S. 2 und 3) und der Vorderrichter hat anschliessend den Unterhaltsbeitrag in dieser Höhe festgesetzt (vgl. Urteil des Bezirksgerichtspräsidenten Waldenburg vom 26.06.2007). Ob dies als Vergleich oder als Urteil gestützt auf einen gemeinsamen Antrag der Parteien zu qualifizieren ist, kann für die Frage der Beschwer offen gelassen werden. Jedenfalls ist der Appellant durch das angefochtene Urteilsdispositiv nicht beschwert, weil es seinem damals geäusserten Willen entspricht. Für die Geltendmachung von Willensmängeln bei der Abgabe einer Parteierklärung steht nach hiesigem Prozessrecht das Rechtsmittelverfahren nicht zur Verfügung (vgl. Weibel/Rutz, Gerichtspraxis zur basellandschaftlichen ZPO, 4. Aufl., Liestal 1986, S. 128). Mangels eines Rechtsschutzinteresses ist auf die Appellation des Ehemannes somit nicht einzutreten. Daran ändert auch die Rechtsmittelbelehrung der Vorinstanz, wonach gegen das Urteil innert 3 Tagen appelliert werden könne, nichts, weil das Vertrauen in eine falsche Rechtsmittelbelehrung ein gesetzlich nicht gegebenes Rechtsmittel nicht schaffen kann (vgl. BGE 108 III 25 E. 3).


3. ( ... )


KGE ZS vom 04. September 2007 i.S. C.S. gegen K.S. (100 07 628/ZWH)



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