Berufliche Vorsorge

Kürzung einer Austrittsleistung um den versicherungstechnischen Fehlbetrag im Rahmen einer Teilliquidation


Ansprüche im Liquidations- bzw. Teilliquidations- im Gegensatz zum Freizügigkeitsfall (E. 2).


Verfahren und Voraussetzungen der Teilliquidation (E. 3).


Im Kontext einer Teilliquidation ist von einer tatsächlichen Vermutung dafür auszugehen, dass die Kündigung eines Arbeitsnehmers/einer Arbeitnehmerin aus betrieblichen bzw. wirtschaftlichen Gründen erfolgt (E. 4-5).


Zulässigkeit des vorsorglichen Abzugs eines versicherungstechnischen Fehlbetrags (E. 6).



Sachverhalt

Der Kläger war von 1982 bis 30. Juni 2006 bei seiner ehemaligen Arbeitgeberin angestellt. Mit Austrittsbeleg vom 30. Juni 2006 berechnete die Vorsorgestiftung die Austrittsleistung per 30. Juni 2006 und teilte dem Kläger mit, dass diese wegen einer Teilliquidation per Ende 2006 vorsorglich um 8 % gekürzt worden sei. Daraufhin erhob der Kläger mit Schreiben vom 24. Oktober 2006 Klage auf Bezahlung der vollen Austrittsleistung. Im Wesentlichen wurde im Rahmen der Begründung und Replik begründet, dass die Kürzung unzulässig sei, da dem Kläger nicht aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt worden sei, dieser vielmehr von sich aus gekündigt habe. Der Kläger habe zwischen zwei Stellenangeboten wählen können, wovon eines von seiner ehemaligen Arbeitgeberin vorgelegen habe. Im Zeitpunkt der Kündigung sei sicher gewesen, dass die ehemalige Arbeitgeberin "nicht geschlossen" werde. Der Kläger falle daher nicht unter die Bestimmungen der Teilliquidation. Die beklagte Vorsorgestiftung hielt in Klagantwort und Duplik dagegen, dass der Kläger aufgrund der unklaren Zukunft eine neue Anstellung gesucht und gefunden habe. Insbesondere hätten keine persönlichen Differenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestanden. Der Kläger müsse daher darlegen, inwiefern er auch ohne Restrukturierung seiner ehemaligen Arbeitgeberin den Betrieb verlassen hätte. Da die Kündigung des Klägers einen wirtschaftlichen Hintergrund gehabt habe, sei er zu den Personen zu zählen, die im Rahmen einer Teilliquidation ausgeschieden seien. Die Kürzung der Austrittsleistung um den versicherungstechnischen Fehlbetrag sei daher zulässig gewesen. Die Bilanz per Ende 2006 habe schliesslich eine Unterdeckung aufgezeigt, welche eine definitive Kürzung um lediglich 1,96 % erfordert hätte.



Erwägungen

1. (…)


2. Im vorliegenden Fall ist die Höhe der Austrittsleistung des Klägers strittig. Im Austrittsbeleg vom 5. April 2006 berechnete die Beklagte per 30. Juni 2006 eine Austrittsleistung von Fr. 391'321.55 zu Gunsten des Klägers. Mit Datum vom 6. Juli 2006 berechnete die Beklagte die Austrittsleistung per 30. Juni 2006 erneut und stellte einen Austrittsbeleg über einen Betrag von Fr. 360'015.85.-- aus. Vorsorglich wurde wegen einer Teilliquidation per Ende 2006 die Austrittsleistung um 8 % gekürzt.


2.1 Einleitend sei erwähnt, dass die vorliegend zu entscheidende Frage darauf basiert, dass die Freizügigkeit und die Teilliquidation verschieden geregelt werden: Im Freizügigkeitsfall hat der Versicherte Anspruch auf die Austrittsleistung gemäss FZG; diese Leistung umfasst keinen Anteil an den freien Mitteln der Vorsorgeeinrichtung, darf aber dafür wegen eines versicherungstechnischen Fehlbetrages nicht gekürzt werden. Bei einer Teilliquidation hat der Versicherte Anspruch auf einen Anteil an den freien Mitteln, muss dagegen aber eine allfällige Kürzung seiner Austrittsleistung wegen einer Unterdeckung der Vorsorgeeinrichtung hinnehmen, wobei das minimale BVG-Altersguthaben nicht geschmälert werden darf (vgl. zur Gleichbehandlung von Teilliquidation und Freizügigkeit: Mitteilung des Bundesamtes für Sozialversicherung [BSV] über die berufliche Vorsorge Nr. 82 Rz. 476).


2.2 Im Rahmen der Freizügigkeit d.h. soweit Versicherte die Vorsorgeeinrichtung verlassen, bevor ein Vorsorgefall (Erreichen der Altersgrenze, Tod oder Invalidität) eintritt, besteht ein Anspruch auf eine Austrittsleistung (Art. 2 FZG). Die Vorsorgestiftung bestimmt in ihrem Reglement die Höhe der Austrittsleistung; diese muss mindestens so hoch sein wie die nach Art. 15 ff. FZG berechnete Austrittsleistung.


2.3.1 Bei der Teil- oder Gesamtliquidation der Vorsorgeeinrichtung besteht neben dem Anspruch auf die Austrittsleistung ein individueller oder kollektiver Anspruch auf freie Mittel (Art. 23 Abs. 1 FZG, Art. 27g Abs. 1 BVV 2).


Andererseits dürfen die Vorsorgeeinrichtungen bei der Berechnung der Austrittsleistung einen allfälligen versicherungstechnischen Fehlbetrag abziehen (Art. 19 FZG). Der anteilsmässige Abzug ist zulässig, sofern dadurch nicht das Altersguthaben (gemäss Art. 15 BVG) geschmälert wird (Art. 53d Abs. 3 BVG) und erfolgt individuell bei der Austrittsleistung (Art. 27g Abs. 3 BVV 2). Der versicherungstechnische Fehlbetrag ist nach Art. 44 BVV 2 zu ermitteln (Art. 27g Abs. 3 BVV 2). Gemäss Art. 44 Abs. 1 BVV 2 besteht eine Unterdeckung, wenn am Bilanzstichtag das für die berufliche Vorsorge berechnete versicherungstechnisch notwendige Vorsorgekapital nicht durch das dafür verfügbare Vorsorgevermögen gedeckt ist (vgl. Anhang zu BVV 2 über die Ermittlung der Unterdeckung; vgl. auch Isabelle Vetter-Schreiber, Berufliche Vorsorge, Kommentar, Zürich 2005, S. 382).


2.3.2 Im Gesamtzusammenhang ist darauf zu verweisen, dass gemäss Art. 65c BVG (in Kraft seit dem 1. Januar 2005) eine zeitlich begrenzte Unterdeckung und damit eine zeitlich begrenzte Abweichung vom Grundsatz der jederzeitigen Sicherheit zulässig ist, wenn sichergestellt ist, dass die Leistungen im Rahmen des Gesetzes bei Fälligkeit erbracht werden können (lit. a dieser Bestimmung). Konkret setzt eine zeitlich begrenzte Unterdeckung zunächst eine genügende Liquidität voraus. Ist ernsthaft und konkret mit einer künftigen Gesamt- oder Teilliquidität zu rechnen, sind alle Vorkehrungen zu treffen (vgl. zu den Massnahmen Art. 65d BVG), damit eine Unterdeckung vermieden werden kann. Der vollen Deckung der Verpflichtungen kommt gegenüber der gesetzlichen Möglichkeit, ein versicherungstechnisches Defizit im Falle einer Liquidation mitzugeben, prioritäre Bedeutung zu (Vetter-Schreiber, a.a.O., S. 224 f.).


Die Frage nach einer eventuellen Verantwortlichkeit für die eingetretene Unterdeckung ist zu trennen von den Bedingungen der Teilliquidation. Die Verantwortlichkeitsfragen werden regelmässig später in einem separaten Prozess abgeklärt, was in der Regel erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Ein Teilliquidationsverfahren sollte demgegenüber im Interesse der betroffenen Destinatäre zügig abgewickelt werden (vgl. Vetter-Schreiber, a.a.O., S. 188, mit Hinweis auf ein Urteil der Eidgenössischen BVG-Beschwerdekommission vom 5. März 2002, in: SVR 2003, BVG, Nr. 4 E. 2; vgl. dazu auch Erwägung 3.2 dieses Entscheides).


3. Die Durchführung einer Teil- oder Gesamtliquidation richtet sich nach den Art. 53b-53d BVG (Art. 23 Abs. 2 FZG).


Präzisierend ist darauf zu verweisen, dass vorliegend - wie in Erwägung 2.1 aufgezeigt - die Voraussetzungen und Bedingungen interessieren, unter denen eine Teilliquidation anzunehmen ist. Ob diese nun in der Rechtsprechung oder Literatur im Zusammenhang mit der Verteilung von freien Mittel oder der Beteiligung am Fehlbetrag diskutiert werden, ist nicht von Belang. Mit anderen Worten gelten Ausführungen in der Literatur wie auch die Rechtsprechung zu der Verteilung der freien Mittel ohne Weiteres auch für die Beteiligung am Fehlbetrag soweit sie die Voraussetzungen der Teilliquidation betreffen.


3.1 Seit dem 1. Januar 2005 gilt gemäss Art. 53b BVG, dass die Vorsorgeeinrichtungen in ihren Reglementen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Teilliquidation regeln. Die Voraussetzungen sind vermutungsweise unter anderem erfüllt, wenn eine erhebliche Verminderung der Belegschaft erfolgt (Art. 53b Abs. 1 lit. a BVG). Je nach Situation der Vorsorgeeinrichtungen und der angeschlossenen Unternehmen können die Voraussetzungen für die Durchführung einer Teilliquidation im Teilliquidationsreglement konkretisiert werden.


Nach dem neuen Recht wird die Teilliquidation durch die Vorsorgeeinrichtung grundsätzlich autonom, ohne Mitwirkung der Aufsichtsbehörde beschlossen und durchgeführt. Die Destinatäre haben allerdings das Recht, die Voraussetzungen, das Verfahren und den Verteilungsplan bei der zuständigen Aufsichtsbehörde überprüfen zu lassen (vgl. dazu Art. 53d Abs. 6 BVG). Die Aufsichtsbehörde wird somit nur dann involviert, wenn die Destinatäre die Überprüfung verlangen.


3.2 Soweit der Kläger demnach rügt, die Beklagte sei durch eine Senkung des technischen Zinssatzes in eine selbstverschuldete Unterdeckung geraten, welche nun im Rahmen einer Teilliquidation auf die austretenden Versicherten abgewälzt werde, betrifft dies eine Voraussetzung der Teilliquidation und muss demnach bei der Aufsichtsbehörde gerügt werden. Falls von dieser Rüge allfällige Verantwortlichkeitsfragen erfasst sein sollten, sind diese - wie bereits in Erwägung 2.3.2 ausgeführt - in einem separaten Zivilprozess zu stellen (vgl. Vetter-Schreiber, a.a.O., S. 188, mit Hinweis auf ein Urteil der Eidgenössischen BVG-Beschwerdekommission vom 5. März 2002, in: SVR 2003, BVG, Nr. 4 E. 2). Im vorliegenden Verfahren wird die Höhe der Austrittsleistung nur insoweit überprüft, als sie mit der Frage zusammenhängt, ob ein Fall einer Freizügigkeit oder einer Teilliquidation vorliegt.


3.3 Aus dem Teilliquidationsreglement der Vorsorgestiftung ergeben sich betreffend die Voraussetzungen für eine Teilliquidation keine Besonderheiten (vgl. Auszug aus dem Teilliquidationsreglement zur Prüfung eingereicht, Beilage 9 zur Klagebeantwortung vom 24. Januar 2007). Danach haben - im Falle einer Teilliquidation - die aus der Stiftung austretenden versicherten Personen einen Anspruch auf freie Mittel bzw. haben sie sich an einem versicherungstechnischen Fehlbetrag zu beteiligen, wenn sich unter anderem durch eine erhebliche Verminderung der Belegschaft des Unternehmens der Bestand der Aktivversicherten innerhalb eines Jahres bei einem ursprünglichen Bestand von über 100 Aktivversicherten um 10 % oder mehr verringert und die Vorsorgekapitalien der Aktivversicherten durch Austritte bei einem ursprünglichen Bestand von über 100 Aktivversicherten um 10 % oder mehr abnehmen.


3.4 In der Literatur wird durch Stauffer ausgeführt, dass die Grundlage für die Regelung betreffend die Verteilung von Überschüssen (bzw. Fehlbeträgen, beides im Falle einer Teilliquidation) sich an der Frage orientiert, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen oder unternehmerischen Gründen erfolgt und nicht auf einen individuellen Kündigungsentscheid zurückzuführen ist. Damit wird zwischen den Interessen des Arbeitgebers, die geschäftlichen Aktivitäten nach den wirtschaftlichen Verhältnissen zu richten, und dem Interesse des Versicherten, bei einem unfreiwilligen Stellenabbau von allfällig vorhandenen freien Vorsorgekapitalien zu profitieren (bzw. allfällige Fehlbeträge tragen zu müssen), abgewogen. Freiwillige Austritte sind bei einer Teilliquidation jedoch nicht zu beachten (vgl. Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich 2005, N 1142 und N 1147).


3.5 Bereits gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts unter der Herrschaft des früheren Rechts waren freiwillige Austritte einzelner Beschäftigter eines Betriebs indessen für eine Teilliquidation grundsätzlich irrelevant. Schied ein einzelner Arbeitnehmer im damaligen Zeitpunkt unter normalen Umständen aus den Diensten des Arbeitgebers und der Vorsorgeeinrichtung aus, so standen ihm die gesetzlich und statutarisch vorgesehenen Leistungen zu. Er konnte jedoch keinen Anspruch auf einen Teil des reglementarisch nicht gebundenen freien Stiftungsvermögens erheben; diesbezüglich bestanden seitens der Destinatäre lediglich "Anwartschaften minderer Verbindlichkeit", die auf Erwartungen der Destinatäre auf künftige Ermessensleistungen beruhten, falls sie dannzumal noch zum Kreis der Destinatäre gehörten. Mit dem Ausscheiden aus der Stifterfirma gingen regelmässig auch diese Erwartungen auf solche Ermessensleistungen unter. Die freiwillige Kündigung auch eines erheblichen Teils der Belegschaft konnte daher nicht Anlass sein, eine Teilliquidation des Stiftungsvermögens anzuordnen (BGE 128 II 394 E. 5.5 S. 401 f. mit Hinweisen). Anders verhielt es sich nur, wenn sich Mitarbeiter wegen sich abzeichnender wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgeberbetriebs aus berechtigter Angst um ihren Arbeitsplatz frühzeitig um eine neue Stelle bemühten. Gingen entsprechende Kündigungen auf dasselbe wirtschaftliche Ereignis zurück, das Anlass für die Teilliquidation gab, so waren nach dem Gleichbehandlungsgebot solche Austritte im Rahmen des Verteilungsplans ebenfalls zu erfassen (Urteil des Bundesgerichts vom 26. Juni 2003 2A.48/03 E. 2.2, in: SVR 2003 BVG Nr. 26, mit Hinweis auf Urteil des EVG vom 30. Juni 1998, 2A.76/1997, E. 3c/bb).


An dieser Rechtslage hat das Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes nichts geändert. Dieses Gesetz verpflichtet - so das Bundesgericht weiter - nur dann zur Verteilung freier Stiftungsmittel (bzw. zur Beteiligung am Fehlbetrag), wenn Mitarbeiter - ausgelöst durch Ereignisse auf Betriebs- oder Unternehmensebene und nicht durch Kündigungen aus individuellen Gründen - unfreiwillig aus einer Vorsorgeeinrichtung ausscheiden müssen (vgl. dazu Entscheid des EVG vom 26. Juni 2003 2A.48/2003 mit weiteren Hinweisen). Auch die 1. BVG-Revision mit Inkrafttreten der massgeblichen Artikel am 1. Januar 2005 haben an dieser Rechtslage nichts geändert.


3.6 In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, dass im Falle einer (Teil)-Liquidation einer Vorsorgeeinrichtung aus Gründen der Rechtsgleichheit nicht nur die in jenem Moment bei der Stifterfirma beschäftigten Arbeitnehmer in den Verteilplan miteinzubeziehen sind, sondern auch jene, die bei umfassender Betrachtungsweise aufgrund derselben Veränderung schon zuvor ihren Arbeitsplatz verloren haben. Die verschiedenen Personalreduktionen können aber nur dann als einheitlicher, eine Teilliquidation auslösender Vorgang verstanden werden, wen sie miteinander in Zusammenhang stehen (vgl. Vetter-Schreiber, a.a.O., S. 179 mit weiteren Hinweisen). Der Einbezug von Personal, das zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung nicht mehr bei der Stifterfirma beschäftigt ist, entspricht dem Grundsatz, dass das Stiftungsvermögen demjenigen Personal folgt, für das es geäufnet wurde; ansonsten würde das verbleibende Personal vom Personalabbau profitieren und somit gegen die Vorschriften der Gleichbehandlung der Destinatäre verstossen (vgl. Vetter-Schreiber, a.a.O., S. 189 f).


4. Im Sozialversicherungsrecht gilt - wie im öffentlichen Recht allgemein - der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Frei ist die Beweiswürdigung vor allem darin, dass sie nicht an bestimmte starre Beweisregeln gebunden ist, die den Richterinnen und Richtern genau vorschreiben, wie ein gültiger Beweis zu Stande kommt und welchen Beweiswert die einzelnen Beweismittel im Verhältnis zueinander haben. Tatsächliche Vermutungen können sich in allen Bereichen der Rechtsanwendung ergeben, namentlich auch im öffentlichen Recht. Es handelt sich dabei um Wahrscheinlichkeitsfolgerungen, die auf Grund der Lebenserfahrung gezogen werden. Als Problem der Beweiswürdigung berührt die tatsächliche Vermutung weder die Beweislast noch die das Verwaltungsverfahren beherrschende Untersuchungsmaxime. Spricht die tatsächliche Vermutung gegen die Darlegung einer versicherten Person, so ist es ihre Sache, selbst wenn sie nicht zur Mitwirkung verpflichtet ist, die Vermutung durch den Gegenbeweis bzw. durch erhebliche Zweifel umzustürzen (vgl. dazu BGE 130 II 482 E. 3.2 mit weiteren Hinweisen).


Im Kontext einer Teilliquidation ist - in Würdigung der dargelegten Rechtslage, Literatur und Rechtsprechung - von einer tatsächlichen Vermutung dafür auszugehen, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin aus betrieblichen bzw. wirtschaftlichen Gründen erfolgt. Der Kläger hat demnach die Gründe bzw. Sachumstände aufzuzeigen, die es als überzeugend (nachvollziehbar) erscheinen lassen, dass er ohne wirtschaftlichen Druck und Notwendigkeit seine Anstellung gekündigt hat, also derart freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausgetreten ist, dass die Kündigung nicht mehr auf dasselbe wirtschaftliche Ereignis zurückgeführt werden kann. Diesfalls würde er unter die Bestimmungen der Freizügigkeit fallen und müsste sich nicht am Fehlbetrag beteiligen.


5.1 Im Rahmen der Beweiswürdigung ist im vorliegenden Fall darauf zu verweisen, dass es bei der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers bereits in den Jahren 2003/2004 infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu einem erheblichen Personalabbau kam (2003: - 14 %, 2004: - 11 %, vgl. Duplik Rz. 12). Dieser erfüllte bei der Vorsorgestiftung der ehemaligen Arbeitgeberin den Tatbestand einer Teilliquidation per 31. Dezember 2004 (Verfügung des Amtes für Stiftungen und berufliche Vorsorge vom 28. Juli 2006). Es kam sodann zu weiteren Entlassungen auf Ende des Jahres 2005 (2005: - 3 %, vgl. Duplik Rz. 12) und im Jahre 2006 nach der Übernahme der ehemaligen Arbeitgeberin im März 2006 und auf Ende 2006 (2006: -33 %, vgl. Duplik Rz. 12). Der Kläger und seine ehemalige Arbeitgeberin unterzeichneten - nachdem er seit 1982 bei der ehemaligen Arbeitgeberin beschäftigt gewesen war - am 31. Januar 2006 einen als "Zusatz zum Arbeitsvertrag" bezeichneten, bis 31. Dezember 2006 befristeten Arbeitsvertrag. Dieser befristete Arbeitsvertrag erging unbestrittenermassen im Zuge der geplanten Schliessung der ehemaligen Arbeitgeberin (vgl. Präambel des "Zusatz zum Arbeitsvertrag" vom 31. Januar 2006). Dabei erhielt der Kläger die Sicherheit einer Anstellung bis Ende 2006. Die ehemalige Arbeitgeberin verpflichtete sich somit vertraglich, ihn als Arbeitnehmer zu behalten und nicht zu entlassen wie andere Mitarbeiter. Damit wurde zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger als Arbeitnehmer bis zur Liquidation weiter arbeiten sollte. Um ihn andererseits nicht allzu sehr zu binden, erhielt er ein Kündigungsrecht unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten. Der Sinn dieser Vereinbarung kann nur vor dem Hintergrund der geplanten Schliessung der Firma gesehen werden. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses, die durchaus auch im Interesse der Arbeitgeberin stand, muss daher als aufgeschobene Kündigung aufgefasst werden. Anfang des Jahres 2006 war die ehemalige Arbeitgeberin "vor dem Aus" und die Sicherheit der Arbeitsstelle des Klägers muss als prekär bezeichnet werden.


5.2 Es ist in der Folge aber zu prüfen, ob auch die durch den Kläger ausgesprochene Kündigung vom 29. März 2006 im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Unsicherheit stand. Auch wenn sich die Situation im Zeitpunkt der Kündigung durch die Übernahme der ehemaligen Arbeitgeberin entspannt hat, der Kläger infolge der in Aussicht gestellten Weiterbeschäftigung auch die Möglichkeit gehabt hätte, in der Firma in einer anderen Position weiter zu arbeiten, so kann im vorliegenden Zusammenhang nicht von einer freiwilligen Kündigung ausgegangen werden. Bereits die Befristung des Arbeitsverhältnisses hat eine Verunsicherung beim vorher langjährig angestellten Kläger herbeiführen müssen. Auch die Zusicherung einer Vertragsverlängerung vom 21. März 2006 kurz vor der Kündigung vom 29. März 2006 hat an dieser Verunsicherung nichts ändern können. Bereits vorher hat der Kläger eine neue Stelle gesucht und am 24. März 2006 sodann auch den Arbeitsvertrag mit seinem neuen Arbeitgeber unterzeichnet. Der Zusammenhang der Kündigung des Klägers mit dem auch zur Teilliquidation führenden wirtschaftlichen Ereignis ist somit ausgewiesen, womit die tatsächliche Vermutung - dass die im Kontext der wirtschaftlichen Situation ergangene Kündigung mit dieser zusammenhängt - nicht aufgehoben wurde. Der Austritt des Klägers ist damit im Rahmen der Teilliquidation abzuwickeln. Es sind keine Gründe ersichtlich, die dafür sprechen würden, ihn im Gegensatz zu den von der Arbeitgeberseite in dieser Zeit gekündigten Arbeitnehmern zu privilegieren. Aus Gründen der Rechtsgleichheit kann der Kläger nicht aus der "Schicksalsgemeinschaft" ausgeschieden werden und hat demnach den Verlust mitzutragen. Der Abzug von der Austrittsleistung infolge Teilliquidation ist demnach im vorliegenden Fall gerechtfertigt.


6.1 Im Weiteren kommt das Gericht dazu, dass es zulässig ist, bei Arbeitnehmern, die zwar unter die Teilliquidation fallen aber vor deren Durchführung aus der Vorsorgeeinrichtung ausscheiden, den Abzug vorsorglich vorzunehmen. Soweit die Voraussetzungen für den Abzug gegeben sind, muss die Vorsorgeeinrichtung die Möglichkeit haben, den Abzug auch provisorisch vorzunehmen. Das private Interesse an der sofortigen Bezahlung der insgesamt zustehenden Austrittsleistung ist dabei nicht so hoch zu gewichten wie das durch die Vorsorgestiftung vertretene als öffentlich zu wertende Interesse der Wahrung des Bestandes des notwendigen Vorsorgekapitals, welches bei einer allfälligen Uneinbringlichkeit einer Rückforderung gefährdet wäre.


6.2 Die Anerkennung der Möglichkeit eines provisorischen Abzuges hat zur Folge, dass den Versicherten auf der anderen Seite in verfahrensrechtlicher Hinsicht das Rechtsschutzinteresse über den vollen provisorisch vorgenommenen Abzugsbetrag zugebilligt werden muss. Damit kann schliesslich an dieser Stelle festgehalten werden, dass auf die Klage vollumfänglich eingetreten werden muss. Im vorliegenden Verfahren ist die Klage demnach auch vollumfänglich abzuweisen.


7. (Kosten)


KGE SV vom 14. November 2007 i.S. P. (735 06 279/305)



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