Zivilrecht

Auswirkung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf den Unterhaltsanspruch des Berechtigten


Gemäss Art. 129 Abs. 1 ZGB kann eine Unterhaltsrente bei erheblicher und dauernder Veränderung der Verhältnisse herabgesetzt, aufgehoben oder für eine bestimmte Zeit eingestellt werden. Art. 129 ZGB ist auch die Bestimmung, nach der nach dem Willen des Gesetzgebers der Einfluss der Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch die Unterhaltsberechtigte auf den Unterhaltsanspruch beurteilt werden soll. Auf die Rechtsprechung zum alten Scheidungsrecht kann unter neuem Recht nicht unbesehen abgestellt und nur noch bedingt angeknüpft werden. Die Differenzierung in den Rechtsfolgen, insbesondere die neue Möglichkeit der Sistierung, wirkt sich auf die Beurteilung der Voraussetzungen aus. Ferner knüpft die neue Rechtslage nicht mehr an das Rechtsmissbrauchsverbot an (Art. 129 Abs.1 ZGB; E. 3).


Die Abänderung eines Scheidungsurteils setzt voraus, dass die erhebliche und dauernde Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse unvorhersehbar gewesen ist. Die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit der Änderung im Scheidungszeitpunkt wird in Art. 129 Abs 1 ZGB zwar nicht erwähnt, ergibt sich indessen aus der Praxis zum alten Scheidungsrecht sowie daraus, dass das neue Recht diesbezüglich keine Änderung herbeiführen wollte. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Vorhersehbarkeit der Veränderung an, sondern darauf, ob der Unterhaltsbeitrag mit Blick auf diese vorhersehbare Veränderung festgelegt wurde (Art. 129 Abs.1 ZGB; E. 4).



Erwägungen

1. ( … )


2. Der Kläger und heutige Appellant hält dafür, dass der Unterhaltsbeitrag, den er laut gerichtlich genehmigter Vereinbarung über die Scheidungsfolgen an seine frühere Ehefrau zu leisten habe, ab September 2006 zu sistieren sei. Wie vor erster Instanz begründet er seinen Antrag im Wesentlichen damit, dass auf Seiten der Beklagten bzw. Appellatin ein gefestigtes Konkubinat im Sinne von Lehre und Rechtsprechung vorliege. Gestützt auf dieses Konkubinat sei er berechtigt, eine Sistierung seiner nachehelichen Unterhaltspflicht zu verlangen. Die Vorinstanz klärte im angefochtenen Urteil zunächst ab, ob die Beklagte mit ihrem Partner in einem gefestigten Konkubinat lebe. Es stellte dazu vorab auf die bundesgerichtliche Definition des Konkubinats ab, wonach als Konkubinat eine auf längere Zeit, wenn nicht auf Dauer angelegte umfassende Lebensgemeinschaft von zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts mit grundsätzlich Ausschliesslichkeitscharakter gelte, die sowohl eine geistig-seelische, als auch eine körperliche und eine wirtschaftliche Komponente aufweise. Es erwog sodann, die Beweislast für das Vorliegen eines qualifizierten Konkubinats trage der unterhaltsverpflichtete Kläger, da die Beklagte noch keine fünf Jahre mit ihrem Partner zusammen lebe. Die Beklagte würde unbestrittenermassen seit Herbst 2004 mit ihrem Partner zusammen im gemeinsamen Haus leben. Nach den Aussagen des Partners, der als Zeuge angehört wurde, hätten er und die Beklagte im Herbst 2006 ihr 5-jähriges Beziehungsjubiläum gefeiert. Unter Würdigung weiterer Zeugenaussagen kam das Bezirksgericht A. zum Schluss, dass aufgrund des Vorliegens einer geistig-seelischen, einer wirtschaftlichen sowie einer körperlichen Gemeinschaft, welche unbestritten sei, das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Beklagten und ihrem Partner zu bejahen sei. Im Weiteren prüfte die Vorinstanz, ob sich die Verhältnisse seit der Scheidung verändert hätten bzw. der Zeitablauf im Falle eines Konkubinats für die Annahme veränderter Verhältnisse ausreichen würde. Es hielt vorab fest, der Kläger habe nicht beweisen können, dass das Vorliegen des Konkubinats in der Scheidungsvereinbarung unberücksichtigt geblieben sei. Im Weiteren gelangte das Bezirksgericht zum Ergebnis, dass der reine Zeitablauf nicht ausreiche, um im Falle eines Konkubinats bereits von veränderten Verhältnissen auszugehen, welche zu einer Änderung eines Scheidungsurteils berechtigen würde. Es bliebe dem Kläger die Möglichkeit zu beweisen, dass sich das Konkubinat im massgeblichen Zeitraum qualitativ verändert habe. Dass also im Zeitpunkt der Scheidung lediglich ein einfaches Konkubinat bestanden habe, welches sich zu einem eheähnlichen Verhältnis weiter entwickelt habe und aufgrund dessen wesentlich veränderte Verhältnisse vorliegen würden. Dies sei dem Kläger allerdings nicht gelungen. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass der Kläger keine erhebliche und dauerhafte Veränderung der Verhältnisse habe beweisen können, welche ihn zu einer Sistierung der Unterhaltsbeiträge an die Beklagte berechtigen würde.


3.1 Gemäss Art. 129 Abs. 1 ZGB kann eine Unterhaltsrente bei erheblicher und dauernder Veränderung der Verhältnisse herabgesetzt, aufgehoben oder für eine bestimmte Zeit eingestellt werden. Abänderbar im Sinne von Art. 129 ZGB sind sowohl gerichtlich festgesetzte als auch von den Parteien vereinbarte - und alsdann gerichtlich genehmigte (Art. 140 ZGB) - Renten. Art. 129 ZGB ist auch die Bestimmung, nach der nach dem Willen des Gesetzgebers der Einfluss der Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch die Unterhaltsberechtigte auf den Unterhaltsanspruch beurteilt werden soll (vgl. AmtlBull StR 1996, S. 763). In ständiger Rechtsprechung hatte das Bundesgericht in analoger Anwendung von Art. 153 Abs. 1 aZGB, welcher den Wegfall der im Scheidungsurteil festgesetzten Rentenverpflichtung im Fall der Wiederverheiratung des Rentenberechtigten vorsah, erkannt, bei einer stabilen, engen, wirtschaftlich ähnliche Vorteile wie die Ehe bietenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft des rentenberechtigten Ehegatten erscheine ein Bestehen auf dem Unterhaltsbeitrag grundsätzlich als rechtsmissbräuchlich (BGE 104 II 152). Hatte das Konkubinat im Zeitpunkt der Anhebung der Abänderungsklage fünf Jahre gedauert, so wurde im Sinne einer Tatsachenvermutung angenommen, dass die Voraussetzungen für einen Verlust des Rentenanspruchs erfüllt seien (BGE 109 II 188). Eine umfassende und damit qualifizierte Lebensgemeinschaft, welche zum Erlöschen der Unterhaltspflicht entsprechend Art. 153 aZGB führte, wurde in ständiger Rechtsprechung dann angenommen, wenn die Intensität der Beziehung vermuten liess, die Partner seien bereit, sich wie in einer Ehe gegenseitig zu unterstützen. Aus welchen Gründen das Paar keine Heirat in Erwägung zog, ob nun aus wirtschaftlichen Erwägungen oder aus anderen Gründen, war nicht relevant, ebenso wenig, ob überhaupt die Möglichkeit gegenseitiger wirtschaftlicher Unterstützung bestand. Schliesslich vermochte die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auch bei der Wiederverheiratung nichts am Verlust der Unterhaltsrente zu ändern. Es war grundsätzlich Sache des Unterhaltsschuldners, die Eheähnlichkeit der Beziehung und die Unterstützungsbereitschaft nachzuweisen. Im Streitfall hatte er Tatsachen darzutun, aus denen sich eine auf längere Zeit, wenn nicht auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft von zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts mit Ausschliesslichkeitscharakter, die sowohl eine geistig-seelische, als auch eine körperliche und eine wirtschaftliche Komponente aufweist und auch etwa als Wohn-, Tisch- und Bettgemeinschaft bezeichnet wird, ergab. Konnte eine im Zeitpunkt der Abänderungsklage mindestens fünfjährige Partnerschaft nachgewiesen werden, so wurde die besondere innere Verbundenheit und die faktische, mit der Ehe vergleichbare Beistandsbereitschaft der Partner vermutet, was zu einer entsprechenden Umkehr der Beweislast führte. Die unterhaltsberechtigte Beklagte konnte nun allenfalls ihrerseits den Gegenbeweis antreten, das Konkubinat sei nicht so eng und stabil, dass eine eheähnliche Unterstützungsbereitschaft angenommen werden könnte. Gerade mit Blick auf die Analogie zu Art. 153 aZGB hatte das Bundesgericht ausnahmslos vertreten, eine qualifizierte nichteheliche Lebensgemeinschaft müsse stets zur definitiven Aufhebung der Unterhaltsrente führen. Eine Sistierung war damit ausgeschlossen, weshalb dieser Lösungsweg insgesamt als zu unflexibel kritisiert wurde.


3.2 Auf die vorgenannte Rechtsprechung zum alten Scheidungsrecht kann unter neuem Recht nicht unbesehen abgestellt und nur noch bedingt angeknüpft werden. Die Differenzierung in den Rechtsfolgen, insbesondere die neue Möglichkeit der Sistierung, wirkt sich auf die Beurteilung der Voraussetzungen aus. Ferner knüpft die neue Rechtslage nicht mehr an das Rechtsmissbrauchsverbot an, sondern ist eingebettet in den neuen Art. 129 ZGB. Anstatt die Analogie zur Wiederverheiratung zu ziehen, sind nach dem Willen des Gesetzgebers die Umstände im Rahmen des Art. 129 Abs. 1 ZGB zu prüfen. Die Rechtsprechung ist sowohl mit dem neuen unterhaltsrechtlichen Umfeld im neuen Scheidungsrecht wie auch mit dem Wortlaut und der Systematik des Art. 129 Abs. 1 ZGB in Einklang zu bringen (vgl. dazu Büchler/Stegmann, Der Einfluss der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf den nachehelichen Unterhaltsanspruch, in: FamPra 2004, S. 229). Zur Kernfrage nach der geforderten Stabilität, insbesondere der Bedeutung der Dauer der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im neuen Recht gehen die Meinungen in Rechtsprechung und Lehre auseinander. Das Bundesgericht scheint die unter altem Recht begründete Praxis, wonach ein fünfjähriges Konkubinat zur Aufhebung der Rente führe, auch unter neuem Recht weiterzuführen. Eine Flexibilisierung wurde allerdings insofern eingeführt, als für die weniger als fünf Jahre dauernden Konkubinatsverhältnisse die Rente unter Umständen vorderhand sistiert werden kann. So hielt das Bundesgericht etwa in BGE 5C.296/2001 fest, der Gesetzgeber habe mit der Einführung der Sistierungsmöglichkeit den Gerichten einen grösseren Gestaltungsspielraum bei der Regelung der Folgen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft für den Bestand von Unterhaltsrenten einräumen und damit eine grössere Flexibilität gegenüber der bisherigen Praxis erreichen wollen. Das entscheidende Kriterium sei nicht (mehr) der Rechtsmissbrauch, sondern dasjenige der Qualität der Beziehung unter den Konkubinatspartnern. Für den Wegfall des Unterhaltsanspruches komme es wesentlich darauf an, ob der Unterhaltsberechtigte mit dem neuen Partner eine so enge Lebensgemeinschaft bilde, dass dieser bereit sei, ihm Beistand und Unterstützung zu leisten wie es Art. 159 Abs. 3 ZGB von einem Ehegatten fordere (vgl. BGE 5P.35/2002, publ. in: FamPra 2002 S. 807; 5P.135/2005; vgl. auch Fasel/Weiss, Auswirkungen des Konkubinats auf (nach-)eheliche Unterhaltsansprüche, in: AJP 2007, S. 13 ff.). In der rechtswissenschaftlichen Literatur zeigt sich ein breites Meinungsspektrum bezüglich der Frage, ob die Sistierung unter den gleichen Voraussetzungen wie früher die Aufhebung zu erfolgen hat oder ob sie unter Umständen auch schon vorher möglich ist. Im Einklang mit der Rechtsprechung wird überwiegend davon ausgegangen, dass es alleine auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen nicht ankommen kann (vgl. dazu nachfolgend Erw. 3.3). Bezüglich der daran anschliessenden Frage, nach welcher Dauer der nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine Überprüfung der Rente nach Art. 129 Abs. 1 ZGB gerechtfertigt ist, gehen dagegen die Meinungen auseinander. Ein grosser Teil der Lehre geht davon aus, dass das Kriterium des qualifizierten Konkubinats im neuen Recht keinen Platz mehr hat, wobei freilich nicht jedes nichteheliche Zusammenleben von der ersten Stunde an zu einer Sistierung oder Aufhebung der Scheidungsrente führen kann. Generell zeigt sich, dass die Dauer der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch bei der Frage der Sistierungsmöglichkeit weiterhin eine zentrale Rolle einnimmt, indem sie Rückschlüsse auf die Stabilität der Verhältnisse zulässt, obschon die klare Praxis des alten Rechts aufgegeben worden ist (vgl. die einzelnen Nachweise bei Büchler/Stegmann, a.a.O, S. 234).


3.3 Fraglich ist im Weiteren, ob eine Unterstützung durch den nichtehelichen Partner tatsächlich möglich und gewährt werden muss, damit die nacheheliche Unterhaltspflicht sistiert werden kann. Das Bundesgericht geht davon aus, dass auch nach neuem Recht keine rein wirtschaftliche Betrachtung vorzunehmen, sondern weiterhin an die Qualität der nichtehelichen Lebensgemeinschaft anzuknüpfen und diese auch zu beweisen sei (vgl. BGE 5C.93/2006 und 5C.296/2001 mit weiteren Hinweisen). Die Lehre teilt mehrheitlich diese Meinung und verweist dabei auf die alte Rechtsprechung und die Absicht des Gesetzgebers. Ob die neue Gemeinschaft wirtschaftliche Sicherheit bietet, sei ohne Bedeutung; eine tatsächliche Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Unterhaltsberechtigten müsse nicht eingetreten sein (vgl.  etwa PraxKomm Scheidung/Schwenzer, N. 18 zu Art. 129). Vielmehr sei trotz des Wortlauts von Art. 129 Abs. 1 ZGB und der damit verbundenen systematischen Ungenauigkeit weiterhin die Eheähnlichkeit der nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft ausschlaggebend. Eine Ausnahme stellen Sutter/Freiburghaus dar, die nicht die Eheähnlichkeit der Lebensgemeinschaft beziehungsweise die Unterstützungsbereitschaft seitens des neuen Partners, sondern eine tatsächlich gewährte wirtschaftliche Unterstützung als massgeblich für die Sistierung der Unterhaltsrente ansehen (vgl. Sutter/Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich 1997, N. 26 und 34 zu Art. 129 ZGB). Zum einen wegen des systematischen Wechsels von der Analogie zum Tatbestand der Wiederverheiratung hin zum neuen Art. 129 ZGB und zum anderen wegen des Wortlauts der neuen Vorschrift, sei bei der Abänderung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs ausschliesslich auf die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen. Eine Sonderbehandlung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Rahmen von Art. 129 Abs. 1 ZGB sei nicht gerechtfertigt.


3.4 Der Appellant hält dafür, es sei aufgrund der belegten Umstände mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass ein gefestigtes Konkubinat vorliege. Die Appellatin und ihr Partner hätten im Herbst 2006 das 5-jährige Jubiläum ihrer Beziehung gefeiert; ihre Beziehung dauere somit seit Herbst 2001. Im Herbst 2004 seien die Appellatin und ihr Partner zusammengezogen. Sie hätten gemeinsam eine Liegenschaft erworben, deren Kauf nur durch ein Zusammenspiel der beidseitigen finanziellen Mittel möglich gewesen sei. Schliesslich seien die Appellatin und ihr Partner bei gemeinsamen Anlässen mit Dritten regelmässig als Paar aufgetreten und hätten auch zusammen Ferien verbracht. Der Appellant habe das Vorliegen eines bestrittenen Konkubinats immer nur anhand von äusseren Umständen und Indizien nachweisen können, was hier gelungen sei. Die Appellatin lässt den Sachverhalt bezüglich der Lebensgemeinschaft mit ihrem Partner heute im Wesentlichen nicht bestreiten. Die Verhandlungen über die Scheidungsmodalitäten hätten mehr als ein Jahr gedauert. Während der Dauer dieser Verhandlungen habe sie zusammen mit ihrem jetzigen Lebenspartner ein Einfamilienhaus erworben. Seit September 2004 würde sie zusammen mit ihrem Lebenspartner in diesem Einfamilienhaus wohnen. Dies sei bereits mit Schreiben vom 16. November 2004, also noch während der Dauer der Verhandlungen über die Scheidungskonvention, dem Appellanten mitgeteilt worden. Im Verfahren vor dem Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht ist grundsätzlich nicht mehr streitig, dass die Appellatin bereits seit geraumer Zeit einen Partner hat und mit diesem im Herbst 2004 das Zusammenleben in einer gemeinsamen Liegenschaft aufnahm. Die Schlussfolgerung des Appellanten, es handle sich bei dieser Partnerschaft um ein gefestigtes Konkubinat, wird von der Beklagten nach wie vor nicht geteilt. Vor dem Bezirksgericht A. liess die Appellatin noch ausführen, dem Kläger gelinge es nicht, die Voraussetzungen, welche für ein qualifiziertes Konkubinat vorhanden sein müssten, zu belegen. Sie würde mit ihrem Partner wirtschaftlich eine Wohngemeinschaft bilden, analog derjenigen, welche auch unter Geschwister oder gleichgeschlechtlichen Partnern stattfinden würde. Der Partner der Beklagten sei selbst zu Unterhaltsbeiträgen verpflichtet und wäre nicht Willens, noch in der Lage, der Beklagten Beistand und Unterstützung zu bieten. Unter Berücksichtigung der dargestellten Meinungsvielfalt in der Lehre sowie der noch nicht hinreichend gefestigten Praxis zur Qualifikation der eheähnlichen Gemeinschaft nach neuem Scheidungsrecht verzichtet das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, heute ausdrücklich darauf, die bestehende Lebensgemeinschaft zwischen der Appellatin und ihrem Lebenspartner abschliessend einzuordnen. Es kann mithin offen bleiben, ob im Zeitpunkt der Klageanhebung zwischen der Appellatin und ihrem Lebenspartner eine qualifizierte nichteheliche Lebensgemeinschaft bestand. Desgleichen kann offen gelassen werden, ob die tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen einer allfälligen nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu berücksichtigen sind. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, ist der Appellation nämlich aus anderem Grund kein Erfolg beschieden.


4.1 Die Abänderung eines Scheidungsurteils setzt voraus, dass die erhebliche und dauernde Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse unvorhersehbar gewesen ist. Die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit der Änderung im Scheidungszeitpunkt wird in Art. 129 Abs 1 ZGB zwar nicht erwähnt, ergibt sich indessen aus der Praxis zum alten Scheidungsrecht sowie daraus, dass das neue Recht diesbezüglich keine Änderung herbeiführen wollte (vgl. Botschaft Revision Scheidungsrecht, in: BBl 1996 I 119 ff.). Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Vorhersehbarkeit der Veränderung an, sondern darauf, ob der Unterhaltsbeitrag mit Blick auf diese vorhersehbare Veränderung festgelegt wurde (BGE 131 III 189 E. 2.7.4 mit Hinweisen). Im Sinne einer tatsächlichen Vermutung ist anzunehmen, dass vorhersehbare Veränderungen auch berücksichtigt wurden (vgl. Spycher/Gloor, Basler Kommentar, 3. Auflage, Basel 2006, N. 9 zu Art. 129 ZGB; FamKomm Scheidung/Schwenzer, N. 78 zu Art. 129 ZGB). Als vorhersehbar haben künftige Veränderungen zu gelten, die sich mit Bestimmtheit oder grosser Wahrscheinlichkeit verwirklichen werden (BGE 120 III 4 E. 5d). Es muss eine Prognose mit genügender Sicherheit gestellt werden können (BGE 118 II 229 E. 3a). Der Abänderung unterliegen nicht bloss durch Urteil festgelegte, sondern auch von den Parteien vereinbarte und anschliessend gerichtlich genehmigte Unterhaltsrenten.


4.2 Der Appellant vertritt die Ansicht, für ihn sei bei der einvernehmlichen Scheidung ebenso wenig vorhersehbar gewesen wie für ein im Streitfalle urteilendes Gericht, ob das Konkubinat andauere und im Sinne der Rechtsprechung gefestigt werde. Das Gericht hätte ihm im Urteil eine Konkubinatsklausel für ein zukünftiges, evtl. eintretendes Ereignis nicht zugestanden. Es sei im Übrigen nicht seine Aufgabe, zu beweisen, dass das Vorliegen des Konkubinats in der Scheidungsvereinbarung nicht berücksichtigt worden sei. Es wäre vielmehr Aufgabe der Appellatin gewesen, ihre anderslautende Behauptung zu beweisen, wonach das Konkubinat in der Scheidungsvereinbarung berücksichtigt worden sei und der Appellant auf dessen weitere Geltendmachung verzichtet habe. Der Wortlaut der Scheidungsvereinbarung lasse in keiner Weise auf einen Verzicht des Appellanten schliessen. Für einen endgültigen Verzicht auf die Konkubinatseinrede auf alle Zeiten müssten wegen der Tragweite dieses Entscheids aber eindeutige Formulierungen in der Vereinbarung selbst verlangt werden, welche hier nicht vorliegen würden. Die Appellatin entgegnet, das Konkubinat stelle keine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse dar. Es habe bereits lange vor Abschluss der Konvention und des Scheidungsurteils bestanden. Damit entfalle das Erfordernis der Veränderung der Verhältnisse. Auch die Qualität des Konkubinats habe sich in keiner Weise verändert. Das Verstreichen von Zeit stelle keine Veränderung der Verhältnisse dar. Keinesfalls wäre das Verstreichen von Zeit bei der Scheidung nicht vorhersehbar gewesen. Die Parteien hätten auch vor-ausgesehen, dass die Zeit verstreiche und deshalb eine Staffelung der Unterhaltsbeiträge für die Ehefrau, abhängig vom Zeitablauf, vorgesehen.


4.3 Die Vorinstanz hat sich im angefochtenen Urteil mit der Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit der Änderung im Scheidungszeitpunkt nicht explizit auseinander gesetzt. Sie hielt aber fest, der Kläger habe nicht beweisen können, dass das Vorliegen des Konkubinats in der Scheidungsvereinbarung unberücksichtigt geblieben sei. Damit ging das Bezirksgericht A. in seinem Urteil (stillschweigend) von der Vermutung aus, dass die Parteien die Lebensgemeinschaft zwischen der Appellatin und ihrem Partner bereits tatsächlich berücksichtigt haben resp. der Kläger diese Vermutung nicht widerlegen konnte. Das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, teilt diese Auffassung. Zum Einen war dem Kläger bzw. heutigen Appellanten im Zeitpunkt der Scheidung nicht nur das Bestehen einer Lebensgemeinschaft zwischen der Beklagten und ihrem Partner bekannt, sondern auch dessen Fortbestehen und die daraus resultierenden Folgen mit grosser Wahrscheinlichkeit abschätzbar. Wäre Letzteres nicht der Fall gewesen, hätten die Parteien bzw. deren Rechtsvertreter dieser Unsicherheit praxisgemäss mit einer sog. Konkubinatsklausel Rechnung getragen. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung über die Scheidungsfolgen vom 28. Juni / 1. Juli 2005 war ein zeitlich befristeter Unterhaltsbeitrag von CHF 2'000.00 gewollt, der bereits am 31. Dezember 2006 - mithin nach einem Jahr seit der Scheidung - auf CHF 1'000.00 reduziert und per 31. Dezember 2010 entfallen sollte. Die Ausgestaltung des nachehelichen Unterhaltsbeitrages in der Scheidungskonvention fusste auf einem Vorschlag des Appellanten in seinem Schreiben vom 16. März 2005. Zu diesem Zeitpunkt wohnten die Appellatin und ihr Lebenspartner bereits im gemeinsam erworbenen Einfamilienhaus. Die entsprechenden Unterlagen lagen dem Appellanten im Rahmen der Verhandlungen über die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen vor. In Ziffer 6 der Scheidungskonvention wurde sodann ausdrücklich festgehalten, dass die Ehefrau ihre Eigenversorgungskapazität zu steigern hat, so dass sie ab 2010 auf keinen Unterhaltsbeitrag mehr angewiesen ist. Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die bestehende nichteheliche Lebensgemeinschaft der Appellatin und die damit verbundenen finanziellen Folgen bei der Vereinbarung des Unterhaltsbeitrags mitberücksichtigt wurden und dem mutmasslichen Parteiwillen entsprach. Die entsprechende tatsächliche Vermutung hat der Appellant jedenfalls nicht zu widerlegen vermocht. Im Ergebnis ist die Appellation des Klägers daher vollumfänglich abzuweisen und das Urteil des Bezirksgerichts A. vom 27. September 2007 zu bestätigen.


5. ( … )


KGE ZS vom 26. Februar 2008 i.S. R. gegen R. (100 07 1119/LIA)



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