Strafrecht

Strafenkombination nach Art. 42 Abs. 4 StGB


Bei der Strafenkombination nach Art. 42 Abs. 4 StGB liegt das Hauptgewicht auf der bedingten Freiheitsstrafe, während der unbedingten Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Sie kommt in Betracht, wenn man dem Täter den bedingten Vollzug der Freiheitsstrafe gewähren, ihm aber dennoch in gewissen Fällen mit der Auferlegung einer zu bezahlenden Geldstrafe oder Busse einen spürbaren Denkzettel verabreichen möchte. Die Strafenkombination soll nicht etwa zu einer Straferhöhung führen oder eine zusätzliche Strafe ermöglichen. Sie erlaubt lediglich innerhalb der schuldangemessenen Strafe eine täter- und tatangemessene Sanktion, wobei die an sich verwirkte Freiheitsstrafe und die damit verbundene Geldstrafe bzw. Busse in ihrer Summe schuldangemessen sein müssen. In der Praxis ist nicht geklärt, was unter einer untergeordneten Bedeutung der unbedingten Verbindungsgeldstrafe zu verstehen ist. Das Bundesgericht liefert diesbezüglich keine Anhaltspunkte, abgesehen davon, dass eine unbedingte Verbindungsgeldstrafe in der Höhe eines Viertels der schuldangemessenen Gesamtstrafe nicht mehr als untergeordnet bezeichnet werden kann (Art. 42 Abs. 4 StGB; E. 3.1 und 4.4).



Sachverhalt

Mit Urteil des Strafgerichts Basel-Landschaft vom 5. Januar 2006 wurde L.S. der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern schuldig erklärt und zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft von insgesamt 16 Tagen; dies in Anwendung von Art. 187 Ziff. 1 aStGB, Art. 68 Ziff. 1 aStGB sowie Art. 69 aStGB.


Gegen dieses Urteil erklärte der Angeklagte mit Schreiben vom 19. Januar 2006 die Appellation; diese bezog sich ausschliesslich auf die Strafzumessung.


Mit Urteil vom 13. Februar 2007 erklärte das Kantonsgericht Basel-Landschaft in teilweiser Gutheissung der Appellation des Angeklagten L. S. der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 18 Monaten - bei einer Probezeit von zwei Jahren und unter Anrechnung der vom 28. Oktober 2004 bis zum 12. November 2004 ausgestandenen Untersuchungshaft von 16 Tagen - sowie zu einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen à CHF 130.--; dies in Anwendung von Art. 187 Ziff. 1 StGB, Art. 49 Abs. 1 StGB, Art. 42 Abs. 1 und Abs. 4 (in Verbindung mit Art. 34 Abs. 1 und Abs. 2) StGB sowie Art. 51 StGB.


Daraufhin erhob die Staatsanwaltschaft mit Datum vom 13. April 2007 Beschwerde in Strafsachen, worauf das Bundesgericht mit Urteil vom 12. November 2007 (6B_103/2007) das Urteil des Kantonsgerichts aufhob und die Sache zur neuen Entscheidung an dieses zurückwies.



Erwägungen

1. ( … )


2. ( … )


3.1 Das Bundesgericht führte zur Begründung seines Urteils vom 12. November 2007 (BGE 6B_103/2007) im Wesentlichen aus, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei, bestünden vorliegend keine ganz erheblichen Bedenken an dessen Legalbewährung, so dass der teilweise Vollzug der Freiheitsstrafe für die Erhöhung der Bewährungsaussichten nicht unumgänglich erscheine. Vielmehr sei entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft im zu beurteilenden Fall die Gewährung des bedingten Strafvollzugs - allenfalls in Kombination mit einer Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse - spezialpräventiv ausreichend. Allerdings habe bei der Strafenkombination nach Art. 42 Abs. 4 StGB das Hauptgewicht auf der bedingten Freiheitsstrafe zu liegen, während der unbedingten Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse nur untergeordnete Bedeutung zukomme. Mit der Verhängung einer unbedingten Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen bzw. eines Viertels der schuldangemessenen Gesamtstrafe habe das Kantonsgericht jedoch der Verbindungsstrafe einen zu gewichtigen Stellenwert eingeräumt und damit Art. 42 Abs. 4 StGB unrichtig angewendet. Bei der Neubeurteilung habe das Kantonsgericht zu prüfen, ob es dem Verschulden entspreche, den Angeklagten zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 24 Monaten zu verurteilen, oder ob es angemessener erscheine, in Anwendung von Art. 42 Abs. 4 StGB eine Freiheitsstrafe von weniger als 24 Monaten, verbunden mit einer (untergeordneten) unbedingten Geldstrafe oder Busse auszusprechen, wobei es sich insgesamt um die dem Verschulden entsprechende Sanktion handeln müsse.


3.2 - 3.3 ( … )


4.1 - 4.2 ( … )


4.3 ( … ) In Gesamtwürdigung der ausgeführten Umstände geht das Kantonsgericht von einem schweren Verschulden des Angeklagten aus und erachtet diesem Verschulden entsprechend in Bestätigung des angefochtenen Urteils der Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren - wenngleich am oberen Rand liegend - als grundsätzlich angemessen. ( … )


( … ) Nachdem im vorliegenden Fall der Angeklagte über einen guten Leumund verfügt und zum ersten Mal straffällig geworden ist, er nebst der Stiefenkelin keine weiteren Kinder missbraucht hat und es als glaubhaft erscheint, dass die Übergriffe in ihrer Gesamtheit eine einmalige Sache im Leben des Angeklagten darstellen, sind keine Anzeichen ersichtlich, welche die Vermutung der günstigen Prognose widerlegen würden, weshalb der bedingte Strafvollzug zu gewähren ist. Die Probezeit ist dabei auf zwei Jahre festzusetzen (vgl. Art. 44 Abs. 1 StGB).


( … )


4.4 Angesichts des schweren Verschuldens des Angeklagten und der Tatsache, dass es sich beim inkriminierten Delikt um die Verletzung eines hochwertigen Rechtsguts geht, erscheint dem Kantonsgericht jedoch die alleinige Verhängung einer bedingten Freiheitsstrafe als in der Sache nicht angemessen. Nach dem ab dem 1. Januar 2007 gültigen neuen Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches kann in solchen Fällen nach Art. 42 Abs. 4 StGB eine bedingte Strafe mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit einer Busse verbunden werden. Gemäss der neuen Praxis des Bundesgerichts erhöht die Strafenkombination ganz allgemein die Flexibilität des Gerichts bei der Auswahl der Strafart. Sie kommt in Betracht, wenn man dem Täter den bedingten Vollzug der Freiheitsstrafe gewähren, ihm aber dennoch in gewissen Fällen mit der Auferlegung einer zu bezahlenden Geldstrafe oder Busse einen spürbaren Denkzettel verabreichen möchte. Die Strafenkombination dient hier spezialpräventiven Zwecken. Das Hauptgewicht liegt auf der bedingten Freiheitsstrafe, während der unbedingten Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Diese soll nicht etwa zu einer Straferhöhung führen oder eine zusätzliche Strafe ermöglichen. Sie erlaubt lediglich innerhalb der schuldangemessenen Strafe eine täter- und tatangemessene Sanktion, wobei die an sich verwirkte Freiheitsstrafe und die damit verbundene Geldstrafe bzw. Busse in ihrer Summe schuldangemessen sein müssen (BGE 6B_103/2007 E. 4.5.2). Ein solcher Fall liegt nach Ansicht des Kantonsgerichts vor. Die Strafe muss für den Angeklagten einen spürbaren Denkzettel beinhalten, wobei aufgrund aller dem Kantonsgericht bekannten Umstände davon auszugehen ist, dass eine unbedingte Geldstrafe als Teil der Gesamtstrafe für den Angeklagten eine spürbarere Sanktion darstellt und eine grössere spezialpräventive Wirkung entfaltet als lediglich eine bedingte Freiheitsstrafe. Fraglich ist nur, was unter einer untergeordneten Bedeutung der unbedingten Verbindungsgeldstrafe zu verstehen ist. Das Bundesgericht liefert diesbezüglich keine Anhaltspunkte; abgesehen davon, dass eine unbedingte Verbindungsgeldstrafe in der Höhe eines Viertels der schuldangemessenen Gesamtstrafe - wie dies das Kantonsgericht in seinem Urteil vom 13. Februar 2007 erkannt hat - offenbar nicht mehr als untergeordnet bezeichnet werden kann. Somit erachtet es das Kantonsgericht vorliegend in Ausübung seines Ermessens und dem festgestellten schweren Verschulden entsprechend sowie den Ausführungen des Bundesgerichts bezüglich der untergeordneten Bedeutung der Verbindungsgeldstrafe folgend als geboten, zwei Monate und damit einen Zwölftel der schuldangemessenen Gesamtstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe in die Form der unbedingten Geldstrafe zu kleiden. Dies bedeutet, dass 60 Tage Freiheitsstrafe in 60 Tagessätze Geldstrafe umzuwandeln sind.


Nach Art. 34 Abs. 1 und Abs. 2 StGB bestimmt das Gericht die Zahl der Tagessätze nach dem Verschulden des Täters (maximal 360 Tagessätze) und die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils, namentlich nach Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstützungspflichten sowie nach dem Existenzminimum (maximal CHF 3'000.-- pro Tagessatz). Der Angeklagte erhält gemäss seinen Ausführungen vor dem Kantonsgericht eine monatliche Rente von CHF 5'300.-- und verfügt über ein Vermögen von ca. CHF 10'000.--, Schulden sind keine ausgewiesen und Unterhaltsbeiträge müssen keine geleistet werden. Hinsichtlich der Höhe des einzelnen Tagessatzes ist ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen von CHF 5'300.-- ein Pauschalabzug von 30 % vorzunehmen und dieser Zwischenbetrag (CHF 3'710.--) durch den Faktor 30 zu teilen, woraus sich ein aufgerundeter Tagessatz von CHF 130.-- ergibt. Nachdem keine weiteren Umstände (wie Schulden oder Vermögen) beachtlich sind, ist der berechnete Tagessatz in der Höhe von CHF 130.-- mit der Anzahl Tagessätze (60) zu multiplizieren, woraus eine unbedingte Geldstrafe von total CHF 7'800.-- resultiert.


Zusammenfassend ist somit der Angeklagte zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten, bei einer Probezeit von zwei Jahren und unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft von insgesamt 16 Tagen, sowie zu einer unbedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à CHF 130.-- (= CHF 7'800.--) zu verurteilen.


5. ( … )


6. ( … )


7. ( … )


KGE ZS vom 24. Juni 2008 i.S. Staatsanwaltschaft und F.S. gegen L.S. (100 06 579 [A 109]/NEP)



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