Strafrecht

Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte


Das Heilmittelgesetz unterscheidet bei den Strafbestimmungen je nach Schwere der Widerhandlung zwischen Vergehen und Übertretungen. Als Vergehen sind solche Widerhandlungen aufgeführt, welche die Gesundheit von Menschen gefährden. So wird bestraft, wer die Gesundheit von Menschen gefährdet, indem er oder sie vorsätzlich Heilmittel abgibt, ohne dazu berechtigt zu sein, sofern keine schwerere strafbare Handlung nach dem Strafgesetzbuch oder dem Betäubungsmittelgesetz vorliegt. Mit dem Verkauf von Arzneimittel der Abgabekategorie C, deren Abgabe grundsätzlich auf Apotheken beschränkt ist, wird die Gesundheit von Menschen weder konkret noch abstrakt (vorsätzlich) gefährdet, weil diese Produkte dazu nicht geeignet sind (Art. 86 Abs. 1 lit. c HMG Art. 87 Abs. 1 lit. f HMG; E. 2).


Mit im Vergleich zum Grundtatbestand von Art. 87 Abs. 1 lit. f HMG höherer Strafe ist bedroht, wer gewerbsmässig handelt. Begriff der Gewerbsmässigkeit. Tatbestand der Gewerbsmässigkeit nicht erfüllt, da der Anteil des Deliktsbetrages an den sonstigen Einnahmen deutlich zu gering ist (Art. 87 Abs. 2 HMG; E. 4).


Akkusationsprinzip im Zusammenhang mit der Einziehung von Vermögenswerten. Da es bei der Anordnung einer Vermögenseinziehung um eine rechtliche Würdigung des Sachverhaltes geht, nämlich ob die Anordnung dieser Massnahme geboten ist, kann das Akkusationsprinzip nicht verletzt sein. Konkrete Bestimmung der Ersatzforderung nach dem Nettoprinzip (Art. 71 Abs. 1 StGB; E. 5).



Sachverhalt

A. Mit Strafbefehl vom 7. Juni 2006 erklärte das Statthalteramt Liestal K. N. des mehrfachen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz des Bundes schuldig und verurteilte diesen zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von drei Tagen sowie zu einer bedingt löschbaren Busse von CHF 20'000.00 bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zur Tragung der Verfahrenskosten. Die Begründung des Strafbefehls lautete im Wesentlichen wie folgt:


Seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21) am 1. Januar 2002 ist die Abgabe von Heilmitteln, welche durch die Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, der Abgabekategorie C (Abgabe nach Fachberatung durch Medizinalpersonen) zugeordnet werden, durch Drogerien grundsätzlich nicht mehr gestattet. Bis dahin erlaubte im Kanton Basel-Landschaft das Reglement über die Abgabe von Heilmitteln der Verkaufskategorie C durch Drogerien vom 31. Januar 1980 (sog. Positivliste C) die Abgabe einzelner Substanzen der Liste C durch Drogerien. Dieses Reglement wurde im Jahre 2002 aufgehoben. Durch die Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion des Kantons Basel-Landschaft (VSD; ab 1. Januar 2008 Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion) wurde im gleichen Jahr festgelegt, dass die noch vorhandenen Präparate der Positivliste C bis Ende Februar 2005 ausverkauft werden dürfen. Demnach ist es den Drogerien des Kantons Basel-Landschaft seit Beginn des Jahres 2002 nicht mehr gestattet, Präparate, welche in der Abgabekategorie C aufgeführt sind, zu verkaufen. Einzige Ausnahme bildeten wie erwähnt bis Ende Februar 2005 die auf der kantonalen Positivliste aufgeführten Heilmittel. In diversen Schreiben der VSD wurden die Drogerien des Kantons Basel-Landschaft seit dem Jahre 2002 auf diesen Umstand aufmerksam gemacht.


Der Angeschuldigte ist Geschäftsführer der F. AG, welche ein Einzelhandelsgeschäften für Drogerie-, Parfümerie- und Reformhauswaren an der Hauptstrasse in M. betreibt. Am 30. August 2004 fand in der F. AG eine Inspektion durch den Kantonsapotheker statt, bei welcher festgestellt und beanstandet wurde, dass diverse Produkte der Abgabekategorie C zum Verkauf standen. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2004 stellte die VSD gegenüber dem Angeschuldigten bzw. der F. AG das grundsätzliche Verbot der Abgabe von Präparaten der Abgabekategorie C nochmals fest. Am 24. August 2005 wurde durch den Kantonsapotheker in den Räumlichkeiten der F. AG eine Nachinspektion vorgenommen. Dabei wurde festgestellt, dass folgende Heilmittel vorrätig waren und verkauft wurden:

* Diese Liste C-Präparate wurden bereits bei der Inspektion am 30. August 2004 festgestellt und ausdrücklich im Inspektionsprotokoll festgehalten.


Sämtliche Produkte sind in der Abgabekategorie C aufgeführt und durften in der Drogerie seit dem Jahre 2002 nicht mehr abgegeben werden. Dies zumal auch keines der Präparate auf der Positivliste aufgeführt war. Gemäss eigenen Aussagen handelte der Angeschuldigte bewusst der Abgaberegelung zuwider, indem er als verantwortlicher Geschäftsführer Heilmittel der Abgabekategorie C, welche im Fernsehen beworben werden oder zu Behebung akuter Probleme dienen, gewerbsmässig in der F. AG verkaufte. Damit verstiess der Angeschuldigte zudem mehrfach gegen die Verfügung der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion vom 1. Dezember 2004, in der ihm unter Hinweis auf Art. 292 StGB die Abgabe von Heilmitteln der Kategorie C ab dem 1. März 2005 ausdrücklich untersagt wurde.


Aufgrund des Umstandes, dass lediglich bekannte, umworbene und damit entsprechend umsatzstarke Produkte über einen langen Zeitraum hinweg abgegeben wurden, ist von einer gewerbsmässigen Tatbegehung mit entsprechender Umsatzhöhe auszugehen. In Anwendung von Art. 87 Abs. 2 HMG kann demnach eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten verknüpft mit einer Busse in der Höhe von bis zu CHF 100'000.00 ausgesprochen werden. Straferhöhend wirkt sich zudem aus, dass der Angeschuldigte über Jahre und trotz mehrmaliger Aufforderung, den Verkauf einzustellen, Heilmittel der Abgabekategorie C abgab, womit sein Verschulden schwer wiegt.


B. Gegen diesen Strafbefehl erhob der Angeschuldigte mit Schreiben vom 16. Juni 2006 Einsprache. Mit Urteil vom 30. Januar 2007 erklärte die Strafgerichtspräsidentin K. N. in teilweiser Abänderung des Strafbefehls des Bezirksstatthalteramtes Liestal vom 7. Juni 2006 des mehrfachen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz des Bundes schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von CHF 400.00.


C. Mit Schreiben vom 9. März 2007 erklärte die Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen das Urteil des Strafgerichtspräsidiums vom 30. Januar 2007 die Appellation.



Erwägungen

1. ( … )


2. Das Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21) unterscheidet bei den Strafbestimmungen je nach Schwere der Widerhandlung zwischen Vergehen (Art. 86 HMG) und Übertretungen (Art. 87 HMG). Als Vergehen sind solche Widerhandlungen aufgeführt, welche die Gesundheit von Menschen gefährden. So wird gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. c HMG bestraft, wer die Gesundheit von Menschen gefährdet, indem er oder sie vorsätzlich Heilmittel abgibt, ohne dazu berechtigt zu sein, sofern keine schwerere strafbare Handlung nach dem Strafgesetzbuch oder dem Betäubungsmittelgesetz vorliegt. Der Angeklagte hat mit dem Verkauf der von ihm geführten Arzneimittel der Abgabekategorie C, deren Abgabe grundsätzlich auf Apotheken beschränkt ist, die Gesundheit von Menschen weder konkret noch abstrakt (vorsätzlich) gefährdet, weil diese Produkte dazu nicht geeignet waren (vgl. Schreiben des Kantonsapothekers vom 2. November 2005). Eine Übertretung nach Art. 87 Abs. 1 lit. f HMG begeht, wer einen Tatbestand nach Art. 86 Abs. 1 HMG erfüllt, ohne dass dadurch die Gesundheit von Menschen gefährdet wird. Der Angeklagte hat in der Zeit von Januar 2002 bis zum 24. August 2005 in der F. AG als Drogist und damit ohne dazu berechtigt zu sein, diverse Präparate der Abgabekategorie C verkauft. Der Angeklagte hat die Gesundheit von Menschen damit nicht konkret gefährdet. Folglich hat er sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand des Art. 87 Abs. 1 lit. f HMG i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. c HMG in mehrfacher Weise erfüllt. Der Angeklagte wurde durch die Strafgerichtspräsidentin denn auch in Anwendung der letztgenannten Strafbestimmungen verurteilt, wobei den Übertretungen, die vor dem 30. Januar 2004 begangen wurden, aufgrund des Eintritts der Verjährung keine Folge gegeben wurde. Im Weiteren wurde der Angeklagte des mehrfachen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung schuldig erklärt, da er in Kenntnis der Verfügung der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion vom 1. Dezember 2004 in der F. AG von diesem Zeitpunkt an weiterhin Präparate der Abgabekategorie C verkaufte und dabei den Tatbestand des Art. 292 StGB in mehrfacher Weise erfüllte. Im Rahmen der heutigen Parteibefragung bestreitet der Angeklagte den Sachverhalt, der dem Urteil der Vorinstanz zugrunde gelegt wurde, grundsätzlich nicht. Auch die Anklagebehörde legt ihrer Appellation den nämlichen Sachverhalt zu Grunde. Sie hält in Abweichung von der rechtlichen Würdigung durch die Vorinstanz dafür, dass das Strafgerichtspräsidium die spezialgesetzliche Verjährungsfrist von fünf Jahren gemäss Art. 87 Abs. 5 HMG nicht beachtet habe. Im Weiteren beantragt die Anklagebehörde, dass von einer gewerbsmässigen Deliktsbegehung auszugehen und auf eine Ersatzforderung in der Höhe des illegalen Gewinns zu entscheiden sei. Schliesslich sei der Umstand der fehlenden Gesundheitsgefährdung bereits durch die Anwendung von Art. 87 HMG erschöpfend berücksichtigt und dürfe bei der Strafzumessung nicht nochmals strafmildernd angerechnet werden. Da der Angeklagte das Urteil der Strafgerichtspräsidentin vom 30. Januar 2007 nicht angefochten hat, ist sein heutiger Antrag, es sei gemäss Art. 87 Abs. 6 HMG auf eine Bestrafung zu verzichten, da ein besonders leichter Fall vorliege, unbeachtlich. Es steht für das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, zudem ausser Frage, dass die derzeitig geltenden Strafnormen anzuwenden sind und die Bestrebungen einer künftigen Revision der Bestimmungen über die Selbstmedikation im Heilmittelgesetz, insbesondere der Aufhebung der Abgabekategorie C, im Sinne einer Vorwirkung nicht zu beachten sind. Eine Vorwirkung ist aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich unzulässig und würde dem Legalitätsprinzip widersprechen. Es ist im Übrigen nicht vorherzusehen, ob und wann eine entsprechende Novelle in Kraft treten wird.


3. ( … )


4.1 Mit im Vergleich zum Grundtatbestand von Art. 87 Abs. 1 lit. f HMG höherer Strafe ist nach Art. 87 Abs. 2 HMG bedroht, wer gewerbsmässig handelt. Im Strafbefehl vom 7. Juni 2006 führte das Statthalteramt Liestal noch aus, aufgrund des Umstandes, dass lediglich bekannte, umworbene und damit entsprechend umsatzstarke Produkte über einen langen Zeitraum hinweg abgegeben worden seien, sei von einer gewerbsmässigen Tatbegehung mit entsprechender Umsatzhöhe auszugehen. Die Vorinstanz hingegen erwog im angefochtenen Urteil, ein gewerbsmässiger Verkauf von C-Produkten, d.h. ein Verkauf im Rahmen der gewerbsmässigen Tätigkeit, sei nicht zwingend mit einem gewerbsmässigen Verstoss gegen das HMG gleichzusetzen. Dass der Angeklagte im Rahmen der gewerbsmässigen Tätigkeit Präparate der Abgabekategorie C verkauft habe, sei nicht bestritten. Dennoch habe der Angeklagte diesen Verkauf nicht nach der Art eines Berufes betrieben, zumal betreffend des mit dem Verkauf von solchen Präparaten erzielten Gewinns im Vergleich zum Gesamtumsatz des Betriebes nicht von einem namhaften Beitrag ausgegangen werden könne. Demzufolge liege nicht ein Fall der gewerbsmässigen Deliktsbegehung, sondern lediglich mehrfache Deliktsbegehung vor.


4.2 In der Appellation vom 9. März 2007 schliesst sich die Bundesanwaltschaft den Ausführungen des Bezirksstatthalteramtes vom 13. September 2006 zur Frage der Gewerbsmässigkeit an. Entgegen den Erwägungen des Strafpräsidiums sei vorliegend von einer gewerbsmässigen Deliktsbegehung auszugehen. Im Rahmen des heutigen Parteivortrages ergänzt der Vertreter der Anklagebehörde, der Beschuldigte habe während Jahren und trotz zahlreicher Abmahnungen durch die Behörden wissentlich und willentlich gegen die einschlägigen Bestimmungen des HMG verstossen. Es liege eine aussergewöhnlich lange Deliktszeit und ein glasklarer deliktischer Wille vor. Der Beschuldigte habe diese Verstösse auch damit begründet, dass es ihm dabei weniger um den Verkauf der entsprechenden Präparate als vielmehr um die weiteren Käufe gegangen sei, welche ein Kunde oder eine Kundin erfahrungsgemäss tätige. Für den Beschuldigten sei es also um weitaus mehr als die ermittelten, mutmasslich erwiesenen Gewinne gegangen. Die Staatsanwaltschaft wiederum erachtet die Überlegungen des Strafgerichts zur Qualifikation der Gewerbsmässigkeit für vertretbar. Insbesondere weil der Angeschuldigte den Verkauf der Produkte nicht „aktiv" gefördert habe sowie der Umsatz/Gewinn bescheiden geblieben sei. Gleichfalls hält der Angeklagte in der Appellationsantwort vom 27. September 2007 dafür, dass die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz zutreffend seien. Gewerbsmässigkeit sei schon aufgrund des angenommenen Umsatzes aus dem Verkauf der verbotenen Heilmittel von 2 - 3 % des Jahresumsatzes zu verneinen. Es bleibe festzuhalten, dass diese Annahmen aufgrund von Schätzungen des Angeschuldigten vorgenommen worden seien. Es bestehe kein Anlass, an der Glaubwürdigkeit der Angaben des sich selbst belastenden Angeschuldigten, der immer mit offenen Karten gespielt habe, zu zweifeln.


4.3 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung geht für die Umschreibung der Gewerbsmässigkeit vom Begriff des berufsmässigen Handelns aus. Der Täter handelt berufsmässig, wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufs ausübt. Diese abstrakte Umschreibung kann nur Richtlinienfunktion haben. Eine quasi „nebenberufliche" deliktische Tätigkeit kann genügen. Wesentlich ist, dass sich der Täter, wie aus den gesamten Umständen geschlossen werden muss, darauf eingerichtet hat, durch deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen; dann ist die erforderliche soziale Gefährlichkeit gegeben. Es ist zudem notwendig, dass der Täter die Tat bereits mehrfach begangen hat, dass er in der Absicht handelte, ein Erwerbseinkommen zu erlangen, und dass aufgrund seiner Taten geschlossen werden muss, er sei zu einer Vielzahl von unter die fraglichen Tatbestände fallenden Taten bereit gewesen (vgl. BGE 123 IV 113 E. 2c). Gewerbsmässigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn sich der Täter derart auf regelmässige Einnahmen verlässt, dass ein eigentlicher „Austieg" kaum mehr möglich ist.


4.4 Das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, hält dafür, dass der Tatbestand der Gewerbsmässigkeit im Sinne der vorstehenden Umschreibung im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist. Ausgangspunkt für diese Beurteilung bilden die quantitativen Berechnungen der Vorinstanz zum Jahresumsatz, welchen der Angeklagte mit der unerlaubten Abgabe der Heilmittel der Abgabekategorie C erzielte. Das Strafgericht bezifferte den Jahresumsatz der F. AG aus dem Verkauf der verbotenen Präparate auf einen Betrag von rund CHF 15'800.00 was einem Prozentsatz von circa 2,25 % des Gesamtjahresumsatzes entsprechen würde. Für die Ermittlung des mit dem Verkauf der entsprechenden Produkte erzielten Gewinnes zog die Vorinstanz sodann die Ankaufspreise dieser Präparate ab, welche auf etwa 60 % veranschlagt wurden. Im Ergebnis würde der Jahresgewinn der F. AG auf maximal CHF 6'300.00 geschätzt. Selbst wenn das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, heute auf die vorgenannte Gewinnkalkulation abstellen würde, welche der Angeklagte anlässlich der heutigen Befragung bestreiten lässt, steht ausser Frage, dass der Anteil des Deliktsbetrages an den sonstigen Einnahmen deutlich zu gering ist, um den Tatbestand der Gewerbsmässigkeit als erfüllt zu betrachten. Der Angeklagte hat mit dem Verkauf der Abgabe der Heilmittel der Abgabekategorie C zwar einen Gewinn realisiert, allerdings zielte seine Absicht nie darauf hin, mit diesem Gewinn einen namhaften Beitrag an die Kosten seines Betriebes zu erzielen. Der Angeklagte beabsichtigte vielmehr, seiner Kundschaft Produkte, die im Fernsehen regelmässig beworben wurden, auf Verlangen zugänglich zu machen. Dem Angeklagten missfiel, dass er zwar als Fachperson anerkannt, es ihm als Drogist aber verwehrt war, entsprechende Produkte der Kategorie C abzugeben. Das Handeln des Angeklagten ist mithin von „standespolitischen" Motiven getragen, was eine Qualifikation gemäss Art. 87 Abs. 2 HMG ohnehin als fraglich erscheinen lassen würde.


5.1 Im Weiteren beantragt die Bundesanwaltschaft mit der Appellation vom 9. März 2007, dass der Angeklagte zu einer Ersatzforderung nach richterlichem Ermessen, mindestens aber in der Höhe von CHF 23'100.00 zu verurteilen sei. Das Strafgerichtspräsidium habe erwogen, dass der mit der Abgabe von Arzneimitteln der Liste C jährlich erzielte Gewinn CHF 6'300.00 betragen habe. In Anwendung von Art. 70 f. StGB sei daher auf eine Ersatzforderung in der Höhe des illegalen Gewinns zu entscheiden. Die Staatsanwaltschaft schliesst sich in der Vernehmlassung vom 9. August 2007 diesem Antrag an. Der Appellat hingegen lässt in seiner Appellationsantwort vom 27. September 2007 entgegnen, die Staatsanwaltschaft Basel-Land habe als Anklagebehörde keine Gewinneinziehung / Ersatzforderung beantragt, weshalb die Vorinstanz zu Recht hierüber nicht entschieden habe bzw. ohne Verletzung des Akkusationsprinzips gar nicht hätte entscheiden können. Das Akkusationsprinzip verbiete die nachträgliche Berücksichtigung dieses nun neu von der Bundesanwaltschaft geltend gemachten Anklagepunktes.


5.2 Das Akkusationsprinzip verteilt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Aufgaben zwischen den Untersuchungs- bzw. Anklagebehörden einerseits und den Gerichten andererseits. Der Anklageschrift kommt eine doppelte Bedeutung zu. Zum einen dient sie der Bestimmung des Prozessgegenstandes (Umgrenzungsfunktion), zum anderen vermittelt sie dem Angeklagten die für die Durchführung des Verfahrens und die Verteidigung notwendigen Informationen (Informationsfunktion), wobei die beiden Funktionen von gleichwertiger Bedeutung sind (BGE 120 IV 348 E. 2c). Der Anklagegrundsatz wird zur Hauptsache konkretisiert durch die formellen Anforderungen, welche das kantonale Verfahrensrecht an die Anklageschrift stellt (vgl. § 25 StPO). Seine verfassungsrechtliche Grundlage findet der Grundsatz in Art. 32 Abs. 2 BV. Danach hat jede Person Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen. Ferner räumt auch Art. 6 Ziff. 3 lit. a EMRK einen Anspruch darauf ein, in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigungen in Kenntnis gesetzt zu werden. Dadurch soll der Angeklagte vor Überraschung und Überrumpelung geschützt und ihm eine effektive Verteidigung ermöglicht werden (vgl. BGE 126 I 19 E. 2a mit Hinweisen). Der eingeklagte Lebensvorgang muss mit dem zur Verhandlung und Beurteilung stehenden übereinstimmen, identisch sein (Gebot der Tatidentität). Auch im Rechtsmittelverfahren kann die Anklagebehörde entscheiden, welcher Sachverhalt zum Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gemacht werden soll. Nicht gebunden ist das Gericht an die in der Anklage enthaltene beweismässige oder rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes. Es muss vielmehr freisprechen, wenn die Beweise fehlen, oder das Delikt anders würdigen, wenn es die Rechtsauffassung der Anklage nicht teilt. Die letztere Möglichkeit setzt allerdings voraus, dass die Anklage auch die Tatbestandsmerkmale des anderen Delikts erfasst. Dabei sind aber die Grundsätze des rechtlichen Gehörs zu beachten. Selbstverständlich ist das Gericht auch in der Bemessung der Strafe oder der Ausfällung einer Massnahme frei. Es kann den Strafantrag des Anklägers unter- oder überschreiten (vgl. Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Basel 2005, § 50 N 7 und 11 f. mit Hinweisen).


5.3 Das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, vermag durch die Anordnung einer Vermögenseinziehung keinen Verstoss gegen das Akkusationsprinzip im vorgenannten Sinne zu erkennen. Laut Art. 70 Abs. 1 StGB verfügt das Gericht ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine strafbare Handlung erlangt worden sind. Die Einziehung setzt eine strafbare Handlung voraus, ist aber auch zulässig, wenn die Straftat wegen eines Verfahrenshindernisses oder wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung nicht verfolgt werden kann, weil der Beschuldigte z.B. mit Bezug auf die Straftat unzurechnungsfähig war oder einem Rechtsirrtum unterlag, oder weil ein gültiger Strafantrag fehlt (vgl. Hauser/Schweri/Hartmann, a.a.O., § 93 N 1). Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe. Sinn und Zweck dieser Bestimmungen ist es, zu verhindern, dass der Täter im Genuss eines durch eine strafbare Handlung erlangten Vermögensvorteils bleibt; strafbares Verhalten soll sich nicht lohnen (vgl. BGE 125 IV 4 mit weiteren Nachweisen). Die Vermögenseinziehung fällt gemäss ihrer systematischen Einordnung im Gesetz unter die sachlichen Massnahmen ohne repressiven Charakter. Die Ausgleichseinziehung erfolgt lediglich zur Wiederherstellung der gerechten Ordnung; im Unterschied zur Strafe soll damit eine Zufügung eines Übels bzw. einer sozialen Missbilligung in der Regel nicht verbunden werden (vgl. Baumann, Basler Kommentar, 2. Auflage, N 7 zu Art. 70/71 StGB mit weiteren Hinweisen). Zumal es bei der Anordnung einer Vermögenseinziehung um eine rechtliche Würdigung des Sachverhaltes geht, nämlich ob die Anordnung dieser Massnahme geboten ist, kann das Akkusationsprinzip nicht verletzt sein. Die entsprechenden Ausführungen des Angeklagten in der Appellationsantwort vom 27. September 2007 erweisen sich somit als unzutreffend.


5.4 Nachdem das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, die Ausgleichseinziehung als möglich und angebracht beurteilt hat, ist nunmehr der Umfang des unrechtmässigen Vorteils zu bestimmen. Dabei steht ausser Frage, dass eine Ersatzforderung gemäss Art. 71 StGB festzusetzen ist, da die der Naturaleinziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden sind. Das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, hat somit eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe anzuordnen. Der Hauptzweck der Ersatzforderung besteht darin, zu verhindern, dass derjenige begünstigt wird, dem es gelingt das durch die Straftat erlangte zu veräussern oder zu verbrauchen, bevor es beschlagnahmt werden kann. Als unrechtmässiger Vorteil kommt im Sinne einer allgemeinen Umschreibung jeder geldwerte bzw. wirtschaftliche Vorteil in Frage. Heftig umstritten ist, ob der unrechtmässige Vorteil nach dem Nettoprinzip, d.h. unter Abzug von allfälligen Aufwandpositionen, oder dem Bruttoprinzip zu berechnen ist. In der neueren Literatur setzt sich eine differenzierende Betrachtungsweise durch, wonach bei generell verbotenen Handlungsweisen tendenziell das Bruttoprinzip, bei an sich rechtmässigen, nur in seiner konkreten Ausrichtung rechtswidrigen Verhalten das Nettoprinzip gelten solle. Das Bundesgericht hat bis zu BGE 123 IV 70 (illegal ausgestopfte Tiere) zur Anwendung des Bruttoprinzips tendiert. Im wegleitenden Entscheid BGE 124 I 6 hat es jedoch betreffend den Verkauf von nicht IKS-registrierten Heilmitteln die von der Vorinstanz angeordnete Abschöpfung nach dem Bruttoprinzip als verfassungswidrig abgelehnt. Nach Auffassung des Kantonsgerichts, Abteilung Zivil- und Strafrecht, ist der vorliegende Fall mit dem dem vorgenannten BGE zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar, zumal eine Abschöpfung des gesamten Bruttoerlöses unter dem im Einziehungsrecht allgemein geltenden Grundsatz der Verhältnismässigkeit ohnehin eine übermässige Härte darstellen würde (vgl. dazu Baumann, a.a.O., N 50 zu Art. 70/71). Der einzuziehende Vermögensvorteil ist also nach dem Nettoprinzip zu berechnen, das heisst es wären grundsätzlich die Kosten des Geschäftsbetriebs wie Steuern, Mieten, Löhne und Sozialleistungen von den Einnahmen, die durch die Straftat erzielt wurden, abzuziehen. Da der Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte nur mit unverhältnissmässigem Aufwand zu ermitteln wäre, hat das Kantonsgericht, Abteilung Zivil- und Strafrecht, den massgeblichen Betrag in Anwendung von Art. 70 Abs. 5 StGB zu schätzen. Grundlage für eine entsprechende Bezifferung bildet der durch die Vorinstanz ermittelte Anteil aus dem Verkauf der Heilmittel der Abgabekategorie C am gesamten Jahresumsatz der F. AG. Dieser Anteil von abgerundet 2 % gilt es von dem während der massgeblichen Deliktszeit erzielten Einkommen des Angeklagten abzuschöpfen. Auf eine zusätzliche Berücksichtigung des Geschäftsgewinns kann verzichtet werden, zumal durch die Abschöpfung des Lohnanteils dem Gebot der Verhältnismässigkeit genüge getan wird. Der entsprechende Lohn beläuft sich laut Angaben des Betroffenen auf monatlich rund CHF 6'500.00 netto inklusive Anteil 13. Monatslohn. Es ist somit von einem durchschnittlichen monatlichen Betreffnis von rund CHF 130.00 auszugehen (2 % von CHF 6'500.00), welches dem Angeklagten durch die rechtswidrige Tätigkeit zugefallen ist. Als massgeblicher deliktischer Zeitrahmen wurde hievor eine Periode von 44 Monaten ermittelt (1. Januar 2002 bis 24. August 2005). Es resultiert nach dem Vorstehenden eine abgerundete Summe von CHF 5'500.00 (44 Monate à CHF 130.00), die als unrechtmässiger Vorteil einzuziehen ist. Der Angeklagte ist somit in Anwendung von Art. 71 Abs. 1 StGB zur Bezahlung von CHF 5'500.00 als Ersatzforderung an den Staat zu verurteilen.


6. Strafzumessung ( … )


7. Kosten ( … )


KGE ZS vom 8. Januar 2008 i.S. Staatsanwaltschaft und Bundesanwaltschaft gegen M. (100 07 504/LIA)



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