Rechtspflege

Kostenentscheid bei gerichtlichem Vergleich


Der Zielsetzung des gerichtlichen Vergleiches - die Beendigung des Rechtsstreites durch gegenseitiges Entgegenkommen - muss auch beim Kostenentscheid Rechnung getragen werden. So kann beispielsweise auf den "Vergleichserfolg" abgestellt werden, indem das Vergleichsergebnis in Bezug gesetzt wird zu den ursprünglichen Rechtsbegehren der Parteien, um auf diese Weise nach Obsiegen und Unterliegen differenzieren zu können. Lässt sich der Vergleichserfolg nicht oder nur unzureichend substantiieren, hat das Kantonsgericht eine angemessene Gewichtung vorzunehmen und gestützt darauf den Kostenentscheid zu fällen (E. 4.2).



Sachverhalt

Mit Beschluss vom 29. August 2006 genehmigte der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft die Beschlüsse des Einwohnerrates Binningen vom 31. Januar 2005 betreffend "…die Mutation zum Teilzonenplan und zum Teilzonenreglement 'Weihermatten', die Mutation 'Schlossgasse/Birsig' zum Bau- und Strassenlinienplan 'Untere Schlossgasse' und die Mutation 'Denkmalschutzzone' zum Zonenplan Siedlung (…)." Die Einsprache der G. AG wies er ab, soweit er darauf eintrat. Dagegen erhob diese Beschwerde beim Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht (Kantonsgericht).


Anlässlich der Parteiverhandlung vom 8. August 2007 schlossen die Parteien einen Vergleich ab. Darin erklärte sich die Einwohnergemeinde Binningen bereit, das Ausmass der strittigen Zonenplanung zu reduzieren und nur insoweit Planänderungen vorzunehmen, als dies zur Bewilligung des Baugesuchs "Einstellhalle" erforderlich ist. Sie räumte zudem ein, dass eine Begrünung der Einstellhallenwand in Richtung Birsig vorgesehen sei und dass sie die Möglichkeit einer Verlegung des Abluftkamins in südlicher bzw. westlicher Richtung wohlwollend prüfen werde. Im Gegenzug rückte die G. AG von den in ihrer Beschwerde eingenommenen Positionen ab und zog ihre Beschwerde - soweit sie gegen die Mutation "Denkmalschutzzone" zum Zonenplan Siedlung gerichtet war - zurück.


Nachdem beide Parteien ihre in der Vereinbarung vom 8. August 2007 eingegangenen Verpflichtungen erfüllt haben, kann das Beschwerdeverfahren antragsgemäss abgeschrieben werden. Den Entscheid betreffend die Verlegung der ordentlichen und ausserordentlichen Kosten haben die Parteien in Ziffer 6 ihrer Vereinbarung dem Kantonsgericht überlassen.



Erwägungen

1. und 2. (Sachverhaltsdarstellung)


3.1 (…) In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass die Verfahrenskosten gemäss § 20 Abs. 3 VPO grundsätzlich der unterliegenden Partei auferlegt werden. Zudem kann gemäss § 21 Abs. 1 VPO der ganz oder teilweise obsiegenden Partei zulasten der Gegenpartei für den Beizug eines Anwalts eine angemessene Parteientschädigung zugesprochen werden. Erfolgt ein Rückzug der Beschwerde, werden die aufgelaufenen ordentlichen und ausserordentlichen Kosten üblicherweise der beschwerdeführenden Partei überbunden (Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage, Zürich 1998, N 683). Diese Regel findet ihre innere Rechtfertigung im Umstand, dass der Rückzug zumeist Folge der Einsicht in die Nichtaufrechterhaltbarkeit des eigenen Rechtsstandpunktes ist.


3.2 Die G. AG gelangt in ihrer Eingabe vom 7. Dezember 2007 implizit zum Schluss, dass der Vollzug der Vereinbarung vom 8. August 2007 mit ihrem Obsiegen gleichzusetzen sei, weshalb die Kosten des vorliegenden Verfahrens vollumfänglich der Einwohnergemeinde überbunden werden müssten. Mit Schreiben vom 15. Januar 2008 hält die Einwohnergemeinde diesem Antrag entgegen, dass es allgemein anerkannter schweizerischer Gerichtspraxis entspreche, dass die ordentlichen Kosten bei gerichtlichen Vergleichen hälftig aufgeteilt und die ausserordentlichen Kosten wettgeschlagen werden. Im vorliegenden Fall bestehe keine Veranlassung, von dieser bewährten Regel abzuweichen. Der Regierungsrat schliesst sich in seiner Stellungnahme vom 18. Januar 2008 der Ansicht der Einwohnergemeinde im Grundsatz an. Er hält ergänzend fest, dass die Argumentation der Glanzmann AG, wonach ihre Position in der Vereinbarung vom 8. August 2007 voll und ganz übernommen werde, fragwürdig erscheine. So werde beispielsweise der Standort der Autoeinstellhalle, trotz vehementer Opposition der Glanzmann AG, durch den gerichtlichen Vergleich nicht verändert.


4.1 Der G. AG ist zunächst entgegen zu halten, dass sie ihre Beschwerde vom 11. September 2006 in der Streitsache "Mutation 'Denkmalschutzzone' zum Zonenplan Siedlung" vorbehaltlos zurückgezogen hat. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hätte sie die Kosten des vorliegenden Verfahrens somit zumindest im entsprechenden Umfange zu tragen.


Im Vordergrund steht nun aber, dass die Parteien in rubrizierter Angelegenheit am 8. August 2007 vor dem Kantonsgericht eine Vereinbarung, mithin einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen haben. Darin hat sich die Einwohnergemeinde bereit erklärt, das Ausmass der strittigen Zonenplanung zu reduzieren und nur insoweit Planänderungen vorzunehmen, als dies zur Bewilligung des Baugesuchs "Einstellhalle" erforderlich ist. Sie hat zudem eingeräumt, dass eine Begrünung der Einstellhallenwand in Richtung Birsig vorgesehen sei und dass sie die Möglichkeit einer Verlegung des Abluftkamins in südlicher bzw. westlicher Richtung wohlwollend prüfen werde. Im Gegensatz dazu ist die G. AG nicht nur von ihren, in der Beschwerde vom 11. September 2006 eingenommenen Positionen abgerückt, sondern hat in der Streitsache betreffend die Mutation "Denkmalschutzzone" zum Zonenplan Siedlung ihre Opposition sogar vollumfänglich aufgegeben.


4.2 Ein Vergleich stellt eine durch gegenseitige Zugeständnisse zustande gekommene vertragliche Beseitigung eines Streites oder einer Ungewissheit über ein bestehendes Rechtsverhältnis dar. Wird er vor dem Kantonsgericht abgeschlossen, bringen die Parteien damit


überdies zum Ausdruck, dass sie auf eine autoritative Beantwortung der strittigen Fragen verzichten (vgl. August Mächler, Vertrag und Verwaltungsrechtspflege, Zürich/Basel/Genf 2005, § 11 N 1 und 15). Im Gegensatz zu denjenigen Fällen, in welchen das Verfahren nicht durch eine Erklärung beziehungsweise das Handeln einer Partei beendet wird, darf die Verlegung der Kosten im Falle eines gerichtlichen Vergleiches in der Regel somit nicht aufgrund einer Beurteilung der hypothetischen Prozessaussichten erfolgen. Der Zielsetzung des Vergleiches, die Beendigung des Rechtsstreites durch gegenseitiges Entgegenkommen, muss vielmehr auch beim Kostenentscheid Rechnung getragen werden. So kann beispielsweise auf den "Vergleichserfolg" abgestellt werden, indem das Vergleichsergebnis in Bezug gesetzt wird zu den ursprünglichen Rechtsbegehren der Parteien, um auf diese Weise nach Obsiegen und Unterliegen differenzieren zu können (vgl. Heinrich Weibel/Magdalena Rutz, Gerichtspraxis zur basellandschaftlichen Zivilprozessordnung, 4. Auflage, S. 226). Lässt sich der Vergleichserfolg nicht oder nur unzureichend substantiieren, hat das Kantonsgericht eine angemessene Gewichtung vorzunehmen und gestützt darauf den Kostenentscheid zu fällen.


5. Aufgrund des Umstandes, dass im vorliegenden Fall verschiedene Zonenplanänderungen im Streit lagen, ist es dem Kantonsgericht unmöglich, den Vergleichserfolg in masslicher Hinsicht zu bewerten. Angesichts der verschiedenen, von den Parteien in der Vereinbarung vom 8. August 2007 gegenseitig gemachten Zugeständnisse erscheint es dem Kantonsgericht aber sachgerecht, den Parteien die Verfahrenskosten hälftig zu überbinden und die ausserordentlichen Kosten wettzuschlagen. Da den kantonalen Behörden und der Einwohnergemeinde gemäss § 20 Abs. 3 VPO keine Verfahrenskosten auferlegt werden dürfen, geht deren Hälfte zu Lasten der Gerichtskasse.


KGE VV vom 16.04.2008 i.S. G. AG (810 06 300)/SOA



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