Strafrecht

Unlauterer Wettbewerb / Preisbekanntgabepflicht


Die Bestimmungen über die irreführende Preisbekanntgabe gelten auch für die Preisbekanntgabe in der Werbung. Für bezifferte Hinweise auf Preisreduktionen gilt die Pflicht zur Preisbekanntgabe und zur Spezifizierung. Davon ausgenommen sind Hinweise auf mehrere Produkte, verschiedene Produkte, Produktegruppen oder Sortimente, soweit für sie der gleiche Reduktionssatz gilt. (Art. 16 Abs. 1 UWG, Art. 17 UWG, Art. 24 Abs. 1 lit. b UWG, Art. 1 PBV, Art. 2 Abs. 1 lit. d PBV, Art. 15-18 PBV; E. 3).


Auslegung des Begriffs "Reduktionssatz". Im Bereich von Treibstoffpreisen umfasst der Begriff "Reduktionssatz" auch einen in Franken und Rappen angegebenen "Reduktionsbetrag". Dies führt dazu, dass die Angabe eines Reduktionsbetrags von 3 Rappen pro Liter auf Benzin und Diesel auch ohne Preisbekanntgabe zulässig ist (Art. 1-3 UGW, Art. 24 Abs. 1 lit. b UWG, Art. 1 PBV, Art. 13 PBV, Art. 17 PBV; E. 4, E. 5.1, 5.3 und 5.4).



Sachverhalt

Mit Strafbefehl des Bezirksstatthalteramtes A. vom 2. Juni 2008 wurde X. der mehrfachen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) schuldig erklärt und zur Bezahlung einer Busse in der Höhe von CHF 2'500.00, bei Nichtbezahlen der Busse zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen, verurteilt; dies in Anwendung von Art. 24 Abs. 1 lit. b UWG (in Verbindung mit Art. 17 und 20 der Preisbekanntgabeverordnung [PBV]), Art. 36 StGB, Art. 49 Abs. 1 StGB und Art. 106 StGB. Zu Begründung wurde ausgeführt, der Angeschuldigte sei als Vorsitzender der Geschäftsleitung der Z. AG verantwortlich für die Werbeinserate, in welcher dafür geworben worden sei, dass für bestimmte Zeit an allen Tankstellen der Z. AG gegen Abgabe eines Gutscheins Benzin und Diesel für 3 Rappen weniger pro Liter bezogen werden könne. Mit diesen Inseraten habe er insofern gegen die Preisbekanntgabeverordnung verstossen, als er im Rahmen einer Werbung bezifferte Hinweise auf Preisreduktionen geliefert, jedoch den tatsächlich zu bezahlenden Preis pflichtwidrig nicht bekannt gegeben habe. Gegen den Strafbefehl erhob X. mit Schreiben vom 16. Juni 2008 Einsprache und beantragte, er sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Vorinstanz freizusprechen. Mit Schreiben vom 14. Juli 2008 stellte die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft den Antrag auf eine dem Strafbefehl entsprechende Verurteilung. Mit Urteil der Strafgerichtspräsidentin vom 24. November 2008 bestätigte die Strafgerichtspräsidentin den Strafbefehl des Bezirksstatthalteramtes vom 2. Juni 2008. Gegen dieses Urteil erhob X. mit Eingabe vom 4. Dezember 2008 die Appellation und beantragte, das angefochtene Urteil sei vollumfänglich aufzuheben und er sei von der Anschuldigung der mehrfachen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Vorinstanz freizusprechen. Die Staatsanwaltschaft schloss mit Eingabe vom 6. März 2009 auf vollumfängliche Abweisung der Appellation.



Erwägungen

1. ( … )


2. ( … )


3. Für Waren, die dem Konsumenten zum Kauf angeboten werden, ist der tatsächlich zu bezahlende Preis bekanntzugeben, soweit der Bundesrat keine Ausnahmen dazu vorsieht (Art. 16 Abs. 1 UWG). Die Bekanntgabe von Preisen oder Preisreduktionen in der Werbung richtet sich nach den vom Bundesrat zu erlassenden Bestimmungen (Art. 17 UWG). Diesem Rechtssetzungsauftrag ist der Bundesrat mit der PBV nachgekommen. Sinn und Zweck der Verordnung ist gemäss Art. 1 PBV, dass Preise klar und miteinander vergleichbar sind und irreführende Preisangaben verhindert werden. Die Verordnung gilt unter anderem für die an Konsumenten gerichtete Werbung für sämtliche Waren und Dienstleistungen (Art. 2 Abs. 1 lit. d PBV). Bezifferte Hinweise auf Preisreduktionen werden laut Art. 17 Abs. 1 PBV wie die Bekanntgabe weiterer Preise neben dem tatsächlich zu bezahlenden Preis beurteilt. Für solche Hinweise gilt gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 1 PBV die Pflicht zur Preisbekanntgabe sowie zur Spezifizierung im Sinne der Preisbekanntgabeverordnung. Davon ausgenommen sind allerdings Hinweise auf mehrere Produkte, verschiedene Produkte, Produktegruppen oder Sortimente, soweit für sie der gleiche Reduktionssatz gilt (Art. 17 Abs. 2 Satz 2 PBV). Die Bestimmungen über die irreführende Preisbekanntgabe (Art. 16-18 PBV) gelten auch für die Preisbekanntgabe in der Werbung (Art. 15 PBV). Wer vorsätzlich den Vorschriften über die Preisbekanntgabe in der Werbung zuwiderhandelt, wird gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. b UWG mit Busse bis zu CHF 20'000.00 bestraft.


4. Die zur Beurteilung stehenden Werbeinserate geben eine Ermässigung des Verkaufspreises von Benzin und Diesel in Höhe von 3 Rappen pro Liter bekannt. Es handelt sich somit zweifellos um einen Hinweis auf eine Preisreduktion. Dieser ist zudem beziffert, da er das genaue Ausmass der Reduktion in Rappen nennt. Es liegt demnach ein bezifferter Hinweis auf Preisreduktionen im Sinne des Art. 17 PBV vor. Dagegen ist fraglich und im Folgenden zu prüfen, ob die Preisreduktion von 3 Rappen pro Liter einen Reduktionssatz im Sinne des Art. 17 Abs. 2 Satz 2 PBV darstellt. Das Strafgericht kam zum Schluss, in diesem Kontext müsse zwischen Reduktionssatz und Reduktionsbetrag unterschieden werden. Dabei stützte es sich offenbar massgeblich auf ein Merkblatt des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) "Reduktionssatz und Reduktionsbetrag" (http://www.seco.admin.ch ? Themen ? Spezialthemen ? Preisbekanntgabe ? Konsumententipps). In diesem wird ausgefhrt, bei einem einheitlichen für verschiedene Produktegruppen gewährten Reduktionsbetrag ändere sich die jeweilige prozentuale Vergünstigung stets. Der Konsument wisse damit nie, wie gross die ihm zustehende Vergünstigung pro Artikel genau sei, sofern der Detailpreis der einzelnen Produkte nicht angegeben sei. Aus diesem Grund gelte die Ausnahme von Art. 17 Abs. 2 Satz 2 PBV nur bei gleichem Reduktionssatz. Das Strafgericht geht somit - in Übereinstimmung mit dem SECO - davon aus, dass mit einem "gleichen Reduktionssatz" nur die identische proportionale Ermässigung für sämtliche erfassten Produkte gemeint ist.


5.1 Die Verordnung ist (wie ein Gesetz) in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie den ihr zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode auszulegen. Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis. Diese soll das Gericht allerdings nicht nach den subjektiven Wertvorstellungen der Richter ermitteln, sondern nach den Vorgaben von Gesetz- und Verordnungsgeber. Die Auslegung ist zwar nicht entscheidend historisch zu orientieren, im Grundsatz aber dennoch auf die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers und die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten, da sich die Zweckbezogenheit des rechtsstaatlichen Normverständnisses nicht aus sich selbst begründen lässt, sondern aus den Absichten des Verordnungsgebers abzuleiten ist. Diese gilt es mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln. Die Auslegung der Verordnung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut allein die Rechtsnorm darstellt, sondern erst die an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Verordnung. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis mit Blick auf die ratio legis. Dabei befolgt die Gerichtspraxis einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Materialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben (BGE 134 II 308 E. 5.2 S. 311 mit weiteren Nachweisen).


5.2 ( … )


5.3 Mit der teleologischen Auslegung wird nach dem rechtspolitischen Zweck einer Norm gefragt. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die Art. 1, 2 und 3 lit. b UWG zu verweisen, wonach dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten (Art. 1 UWG), wobei als unlauter und widerrechtlich jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren gilt, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst (Art. 2 UWG). Insbesondere handelt unlauter, wer über seine Waren oder deren Preise unrichtige oder irreführende Angaben macht (Art. 3 lit. b UWG). Die Preisbekanntgabeverordnung stützt sich auf das UWG und beruht daher auf den selben Grundsätzen. Ihr Zweck ist, dass Preise klar und miteinander vergleichbar sind und irreführende Preisangaben verhindert werden (Art. 1 PBV).


Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich in zwei Punkten wesentlich vom typischen Sachverhalt, den Gesetz- und Verordnungsgeber beim Erlass des UWG und der PBV vor Augen hatten. Erstens handelt es sich bei Treibstoffen um eine Ware, die laufend hohen Preisschwankungen ausgesetzt ist. Im Verlauf der letzten zwölf Monate bewegten sich die monatlichen Durchschnittspreise zwischen CHF 1.34 (Januar 2009) und CHF 1.97 (Juli 2008) für einen Liter "Bleifrei 95" sowie zwischen CHF 1.51 (März 2009) und CHF 2.28 (Juli 2008) für einen Liter Diesel (Beilage Nr. 14 zur Appellationsbegründung). Die Treibstoffpreise werden massgeblich durch die Rohölpreise auf dem Weltmarkt sowie den Wechselkurs USD/CHF bestimmt (Beilage Nr. 15 zur Appellationsbegründung). Diese beiden Werte unterliegen einem ständigen Wandel. Aus diesem Grund werden die Konsumentenpreise fortlaufend den Einkaufspreisen angepasst, weshalb sie sich unter Umständen täglich oder gar stündlich ändern können. Dies hat zur Folge, dass es den Treibstoffverkäufern nicht möglich ist, im Rahmen von Werbeinseraten in der Presse den tatsächlich zu bezahlenden Preis bekanntzugeben, wie es die Art. 13 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 PBV fordern, da die entsprechende Vorlaufzeit viel zu lange wäre. Eine Werbung mit bezifferten Preisreduktionen ist demnach nur im Rahmen von Art. 17 Abs. 2 Satz 2 PBV möglich, d.h. soweit ein einheitlicher Reduktionssatz für verschiedene Produkte angewendet wird.


Zweitens werden die Treibstoffe von den Konsumenten sehr häufig gekauft, denn der durchschnittliche Konsument tankt ein bis mehrere Male pro Monat. Ausserdem lässt die mediale Aufmerksamkeit, die den Preisen von Benzin und Diesel zuteil wird, auf eine überdurchschnittliche Preissensibilität der Konsumenten schliessen. Infolgedessen kann beim Durchschnittskonsumenten, auf dessen Optik es insoweit ankommt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4P.321/2006 vom 15. Mai 2007, E. 3.2.1), von einem hohen Bekanntheitsgrad der Treibstoffpreise ausgegangen werden. Dazu gesellt sich der Umstand, dass die Treibstoffpreise bei jeder Tankstelle sowohl auf grossen Tafeln als auch bei den einzelnen Zapfsäulen für jedermann gut sichtbar auf höchst transparente Weise angeschrieben sind. Es ist mit anderen Worten anzunehmen, dass der Adressat der Werbung ohnehin ziemlich genau weiss, wie viel ein Liter Benzin oder Diesel gerade kostet.


Vor diesem Hintergrund erscheint die Argumentation der Vorinstanz (siehe E. 4 hiervor) unzutreffend. Zwar ist richtig, dass bei einem einheitlichen Reduktionsbetrag in Franken und Rappen die prozentuale Vergünstigung der jeweiligen Produkte variieren kann. Dieser Umstand ist jedoch nichts anderes als die zwingende Konsequenz dieses Modells. In gleicher Weise lässt sich sagen, dass bei einer einheitlichen prozentualen Reduktion die jeweilige Vergünstigung in Franken und Rappen variiert. Des Weiteren mag zutreffen, dass ein Prozentbetrag den Konsumenten hilft, einen Überblick zu erhalten, wenn ein ganzes Sortiment verbilligt wird. Unter den gegebenen Umständen des vorliegenden Falles ist dies jedoch klarerweise nicht notwendig, denn von der Reduktion betroffen sind nur drei Produkte, deren gegenwärtiger Preis zudem, wie erwähnt, den Konsumenten ohnehin bereits bekannt ist. Die Angabe eines Reduktionsbetrags stellt in diesem Kontext somit nicht nur keine Täuschung dar, sondern erscheint gegenüber der Angabe eines Prozentsatzes sogar als deutlich zweckmässigere Variante der Preisbekanntgabe. Der Konsument, der eine Tankstelle erreicht, kann so nämlich mit einer einfachen Subtraktion den von ihm zu bezahlenden Preis pro Liter Benzin oder Diesel ermitteln, was bei einem Prozentsatz viel schwieriger und wohl nur mit Hilfe eines Taschenrechners überhaupt möglich wäre. Auch die Vergleichbarkeit der Preise wird durch einen festen Reduktionsbetrag ohne weiteres gewährleistet, wohingegen eine prozentuale Reduktion einen Preisvergleich stark erschweren würde. Aus dieser Perspektive ist somit nicht ersichtlich, wie das Verhalten des Appellanten eine Irreführung der Konsumenten bewirken sollte. Ganz im Gegenteil führen die beiden Werbeinserate dazu, dass der Konsument den regulären Preis auf klare, einfache und transparente Weise mit dem verbilligten Preis vergleichen kann.


Das vom Appellanten gewählte Vorgehen wird damit dem Anliegen der Preisbekanntgabeverordnung, wonach Preise klar und miteinander vergleichbar sein und irreführende Preisangaben verhindert werden sollen (Art. 1 PBV), viel besser gerecht als die Angabe eines prozentualen Reduktionssatzes. Die am Zweck der Rechtsnorm orientierte Auslegung des Begriffs "Reduktionssatz" gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 2 PBV ergibt somit, dass darin - jedenfalls im Bereich von Treibstoffpreisen - auch ein in Franken und Rappen angegebener "Reduktionsbetrag" eingeschlossen ist.


( … )


5.4 Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die vom Appellanten beworbene Preisreduktion von 3 Rappen pro Liter auf Benzin und Diesel als Verwendung eines gleichen Reduktionssatzes für mehrere Produkte im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Satz 2 PBV zu qualifizieren ist. Demzufolge hat der Appellant nicht den Vorschriften über die Preisbekanntgabe in der Werbung gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. b UWG zuwidergehandelt. Er ist deshalb in Gutheissung der Appellation von Schuld und Strafe freizusprechen.


KGE ZS vom 2. Juni 2009 i.S. Staatsanwaltschaft BL gegen W. E. (100 08 1211/SUB)



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