Strassen und Verkehr

Anordnung einer Kontrollfahrt


Bei der Überprüfung der Anordnung einer Kontrollfahrt gilt der Grundsatz der richterlichen Rechtsanwendung von Amtes wegen (§ 16 Abs. 2 VPO; E. 2)


Das rechtliche Gehör umfasst den - vorliegend relevanten - Anspruch auf vorgängige Anhörung, was bedeutet, dass der Betroffene das Recht haben muss, sich zur Sache zu äussern und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Vorliegend wurde der Eindruck erweckt, Einwände gegen die Kontrollfahrt seien aussichtslos. Damit liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor (E. 3)


Bestehen Bedenken über die Eignung eines Fahrzeugführers, so kann zur Abklärung der notwendigen Massnahme eine Kontrollfahrt angeordnet werden. Das Nichtbestehen der Kontrollfahrt hat zwingend den Entzug des Führerausweises zur Folge (E. 4.1).


Eine Kontrollfahrt kann nicht ausschliesslich aufgrund des Alters angeordnet werden. Hingegen genügt es, wenn ein älterer Fahrzeuglenker durch Fahrfehler auffällig geworden ist (E. 4.2).


Wo der natur der Sache nach ein direkter Beweis nicht geführt werden kann, muss es genügen, dass mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit von einem bestimmten Hergang der Ereignisse ausgegangen werden kann (E. 5.1).


Vorliegend ergeben sich keine Vorfälle, die Bedenken über die Eignung des Beschwerdeführers als Fahrzeuglenker erwecken und damit Anlass für eine Kontrollfahrt bilden könnten (E. 5.2 und 5.3).



Sachverhalt

Am 4. Mai 2008 erstattete Feldweibel (Fw) W. einen Bericht zu Handen der Polizei Basel-Landschaft, Hauptabteilung Verkehrssicherheit, Administrativmassnahmen (Polizei Basel-Landschaft), wonach die Fahrfähigkeit von H. W., geboren 1921, zu überprüfen sei. Dieser sei schon mehrmals den Anwohnern und dem Bericht erstattenden Polizeibeamten durch eine gefährliche und unsichere Fahrweise aufgefallen. Daraufhin teilte die Polizei Basel-Landschaft H. W. im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs mit, dass sie - gestützt auf den Polizeibericht vom 4. Mai 2008 - seine weitere Zulassung zum motorisierten Verkehr von einer Kontrollfahrt abhängig mache. Falls er nicht innert 10 Tagen Stellung nehme, werde die Anordnung der Kontrollfahrt gleichwohl verfügt. H. W. wurde darauf hingewiesen, dass die Kontrollfahrt nicht wiederholt werden könne und dass im Falle des Nichtbestehens zur Wiedererlangung einer Fahrberechtigung die Erteilung eines Lernfahrausweises zu beantragen und die Führerprüfung zu bestehen sei. Nachdem sich H. W. am 14. Mai 2008 schriftlich zur Absolvierung einer Kontrollfahrt bereit erklärt hatte, ordnete die Polizei Basel-Landschaft mit Verfügung vom 21. Mai 2008 eine Kontrollfahrt an. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft (Regierungsrat) mit Beschluss vom 12. August 2008 ab, worauf H. W. ans Kantonsgericht gelangte.



Erwägungen

1. (Eintreten).


2. § 16 Abs. 2 VPO statuiert den Grundsatz der richterlichen Rechtsanwendung von Amtes wegen. Das Gericht ist somit verpflichtet, auf den festgestellten Sachverhalt den richtigen Rechtssatz anzuwenden. Dies bedeutet, dass es einerseits überprüfen muss, ob es zu Verfahrensfehlern gekommen ist und andererseits, ob das richtige Recht inhaltlich richtig angewendet worden ist, d.h. die an sich gültigen, zutreffenden Rechtssätze richtig ausgelegt, konkretisiert und auf den Sachverhalt bezogen worden sind (vgl. René Rhinow/ Heinrich Koller/Christina Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel und Frankfurt am Main 1996, Rz 1034 ff.). Gemäss § 12 Abs. 1 VPO hat das Gericht von Amtes wegen die für den Entscheid wesentlichen Tatsachen festzustellen. Es ist jedoch nicht verpflichtet, von sich aus über die tatsächlichen Vorbringen der Parteien hinaus den Sachverhalt vollständig neu zu erforschen. Es kann sich somit in der Regel damit begnügen, die Stichhaltigkeit der Vorbringen zu überprüfen. Der Untersuchungsgrundsatz bringt es daher mit sich, dass das Gericht den ihm vorgelegten Sachverhalt berichtigen oder ergänzen kann. Es muss ihn aber nicht weiter erforschen, wenn keine besonderen Umstände dies nahe legen (Rhinow/Koller/Kiss, a.a.O., Rz. 1300; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage, Zürich 1998, Rz. 268 ff.).


3. Vorab stellt sich die Frage, ob dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör rechtsgenüglich gewährt wurde.


3.1 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert dem Einzelnen, in allen Verfahren staatlicher Einzelfallentscheidungen mitzuwirken, soweit der in Frage stehende Hoheitsakt ihn belasten könnte (BGE 127 I 56 E. 2b, 127 I 215 f. E. 3a; Müller Jörg Paul, Grundrechte in der Schweiz, Bern 1999, S. 509 f.). Die Garantie des rechtlichen Gehörs hat für das rechtsstaatliche Verfahren eine zentrale Bedeutung und wird von Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet (siehe dazu auch René Rhinow, Grundzüge des Schweizerischen Verfassungsrechts, Basel 2003, Rz. 2737 ff.; Michel Hottelier, Les garanties de procédure, in: Thürer/Aubert/Müller, Verfassungsrecht der Schweiz, Zürich 2001, § 51, Rz. 10 ff.). Zum gefestigten Bestand des rechtlichen Gehörs zählen in Rechtsprechung und Lehre (Überblick Müller J.P., a.a.O., S. 509 ff.; Georg Müller, Art. 4 aBV, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Basel/Bern/Zürich 1987, Rz. 98 ff.; Michele Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 202 ff.): die Ansprüche auf vorgängige Äusserung und Anhörung , der Anspruch auf Berücksichtigung der Vorbringen , der Anspruch auf Teilnahme am Beweisverfahren unter Einschluss des Rechts, Beweisanträge zu stellen, das Recht auf Akteneinsicht und das Recht auf einen begründeten Entscheid (KGE VV vom 5. September 2007, 810 06 199, E. 9.1). Im vorliegenden Fall ist insbesondere der Anspruch auf vorgängige Anhörung relevant.


3.2 Zum rechtlichen Gehör gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 131 II 494 E. 3.2, 132 V 368 E. 3.1, 127 I 56 E. 2b, 126 I 21 E. 2a, 124 I 241 E. 2, 123 I 66 E. 2a, 120 V 360 E. 1a). Das Recht auf vorgängige Äusserung und Anhörung ("Anspruch auf rechtliches Gehör i.e.S."; siehe Müller J.P., a.a.O., S. 520) weist einen engen Bezug zur Menschenwürde auf (Lorenz Kneubühler, Gehörsverletzung und Heilung, ZBl 1998, S. 99). Der Mensch ist nicht nur als Objekt, sondern auch als Subjekt staatlicher Verfahren ernst zu nehmen; es soll nicht über ihn "verfügt" werden, sondern er ist in den ihn betreffenden Entscheidprozess einzubeziehen mit der Möglichkeit, seine Sicht, Argumente und Widersprüche frühzeitig äussern zu können (Müller J.P., a.a.O., S. 510; Rhinow/Koller/Kiss, a.a.O., Rz. 288). Der Anspruch auf vorgängige Äusserung und Anhörung verkörpert somit in seinen Ausprägungen die Vorstellung des mündigen Menschen, der den Behörden als ein ebenbürtiger und geachteter Gesprächspartner gegenübertritt (Thomas Cottier, Der Anspruch auf rechtliches Gehör, recht 1984, S. 2). Die beteiligte Privatperson soll im Hinblick auf ihre persönliche Eigenwürde nicht ohne vorherige Anhörung rechtlich belastet werden (statt vieler BGE 117 Ia 262 E. 4b). Es geht mithin um ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht des Verfahrensbeteiligten. Das Recht auf vorgängige Äusserung dient im Weiteren als Mittel zur Sachverhaltsaufklärung. Der Bürger soll vor Erlass einer Verfügung oder eines Urteils angehört werden, damit die Sachlage möglichst optimal aufgeklärt, das heisst die Entscheidgrundlage möglichst umfassend bereit gestellt werden kann (Kölz/Häner, a.a.O., Rz. 325). Indem das rechtliche Gehör sowohl ein Mittel zur Sachverhaltsaufklärung als auch ein Instrument zur Mitwirkung am Prozess der Entscheidfindung darstellt, verwirklicht es zwei verschiedene, aber miteinander verbundene Funktionen (vgl. Albertini, a.a.O., S. 123 ff. und S. 261 f.; KGE VV vom 5. September 2007, 810 06 199, E. 9.2).


Aus diesen Ausführungen kann der Schluss gezogen werden, dass das rechtliche Gehör auch dann verletzt wird, wenn dieses zwar eingeräumt wird, für die entscheidende Behörde aber bereits klar ist, wie der Entscheid ausfällt, die Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs demnach ohne Einfluss auf den Entscheid bleibt und bloss einen formellen Leerlauf darstellt.


3.3 Dem Beschwerdeführer wurde mit Formularschreiben vom 7. Mai 2008 unter dem Titel "Rechtliches Gehör" mitgeteilt, dass man sich veranlasst sehe, aufgrund des Berichts des Polizeistützpunktes Liestal vom 4. Mai 2008 die weitere Zulassung des Beschwerdeführers als Autolenker von einer Kontrollfahrt abhängig zu machen. Werde diese nicht absolviert oder nicht bestanden, erfolge der Führerausweisentzug. Sollte der Betroffene den Führerausweis abgeben, könne er das mit der beiliegenden Verzichtserklärung tun und die Sache sei erledigt. Wenn der Betroffene bereit sei, die Kontrollfahrt zu absolvieren, so könne er dies mit beiliegender Zustimmungserklärung kund tun. Falls keine Stellungnahme eingehe, werde die Kontrollfahrt verfügt.


Für einen juristischen Laien ergibt sich aus diesem Schreiben, dass er entweder der Kontrollfahrt zustimmen oder den Führerschein abgeben kann. Verzichtet er auf beides, wird die Kontrollfahrt dennoch verfügt. Dass man seine allfälligen Einwände zuerst noch prüfen und erst dann gegebenenfalls die Kontrollfahrt verfügen würde, ist nicht offenkundig. Das Schreiben erweckt jedenfalls den Eindruck, Einwände gegen die Kontrollfahrt seien aussichtslos und der Entscheid, dass eine solche erfolgen müsse, sei bereits gefallen. Damit erscheint das weitere Vorgehen der Behörde nicht entscheidoffen, sondern eben bereits entschieden. Daraus folgt aber, dass die Gewährung des rechtlichen Gehörs ihres Sinnes entleert ist und zum blossen Leerlauf degradiert wird. Damit liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.


Der Regierungsrat hat in seinem Entscheid auch nicht dargelegt, dass eine allfällige Verletzung des rechtlichen Gehörs geheilt worden wäre. Ob vorliegend eine "Heilung" im Verfahren vor dem Regierungsrat überhaupt möglich gewesen wäre, braucht deshalb nicht weiter abgeklärt zu werden (vgl. zu den Voraussetzungen zur "Heilung" des rechtlichen Gehörs die ausführlichen Erwägungen in KGE VV, 810 06 199, E. 9.3 - 9.5). Im Übrigen kann in der vorliegenden Streitsache auch vor dem Kantonsgericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht geheilt werden, da das Kantonsgericht in der hier strittigen Angelegenheit keine Überprüfung der Angemessenheit vornehmen kann (§ 45 Abs. 1 lit. c VPO, dazu unten E. 4.3).


Nach dem Gesagten müsste die Angelegenheit grundsätzlich zur Gewährung des rechtlichen Gehörs an die verfügende Behörde zurückgewiesen werden. Wie sich nachfolgend zeigen wird, ist aber die Angelegenheit auch materiell gutzuheissen, weshalb sich eine Rückweisung erübrigt.


4. Materiell umstritten ist vorliegend, ob zu Recht die Durchführung einer Kontrollfahrt angeordnet worden ist. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass keine substantiierten Gründe vorliegen, die die Anordnung einer Kontrollfahrt rechtfertigen würden.


4.1 Nach Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG dürfen Führerausweise nicht erteilt werden, wenn der Bewerber nicht über eine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, die zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen ausreicht. Bestehen Bedenken über die Eignung eines Führers, so ist er einer neuen Prüfung zu unterwerfen (Art. 14 Abs. 3 SVG). Die VZV sieht vor, dass über 70-jährige Ausweisinhaber sich alle zwei Jahre einer vertrauensärztlichen Kontrolluntersuchung unterziehen müssen (Art. 27 Abs. 1 lit. b VZV). Bestehen Bedenken über die Eignung eines Fahrzeugführers, so kann zur Abklärung der notwendigen Massnahme eine Kontrollfahrt angeordnet werden (Art. 29 Abs. 1 VZV). Besteht die betroffene Person die Kontrollfahrt nicht, wird der Führerausweis entzogen (Art. 29 Abs. 2 lit. a VZV); die Kontrollfahrt kann nicht wiederholt werden (Art. 29 Abs. 3 VZV). Danach hat das Nichtbestehen der Kontrollfahrt zwingend den Entzug des Führerausweises zur Folge. Die zuständige Behörde hat in einem solchen Fall keinen Ermessenspielraum mehr, welche Massnahme sie aufgrund der (nichtbestandenen) Kontrollfahrt für angemessen hält.


4.2 Art. 29 Abs. 1 VZV macht "Bedenken über die Eignung" zum Anlass für die Anordnung einer Kontrollfahrt. Das darf allerdings nicht dahin missverstanden werden, dass sich mit einer Kontrollfahrt die Fahreignung erschöpfend abklären liesse. Die Kontrollfahrt dient vielmehr der Abklärung, ob die betroffene Person über die erforderlichen Kenntnisse der Verkehrsregeln verfügt und ein Motorfahrzeug sicher zu führen versteht (vgl. Art. 44 Abs. 1 VZV). Anlass zur Anordnung einer Kontrollfahrt geben in erster Linie Vorfälle, welche Zweifel am fahrerischen Können wecken. Bei einem älteren, auffälligen Lenker lässt sich mit der Kontrollfahrt namentlich abklären, ob seine Fahrtechnik den Anforderungen des heutigen Verkehrs (noch) genügt (zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts vom 15. März 2007, 6A.3/2007, E. 2.1). Die Kontrollfahrt dient demnach als Mittel der Sachverhaltsfeststellung (René Schaffhauser, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band III: Die Administrativmassnahmen, Bern 1995, Rz. 2664 ff.). Aufgabe der Kontrollfahrt ist es, die Eignung des Fahrzeugführers oder der Fahrzeugführerin abzuklären. Sie ist vor allem in solchen Fällen anzuordnen, in denen die ärztliche Untersuchung keinen definitiven Aufschluss über die Eignung des Fahrzeugführers oder der Fahrzeugführerin gibt. Die Kontrollfahrt dient mithin der Verkehrssicherheit und entspricht im Ergebnis einer abgekürzten, vereinfachten praktischen Fahrprüfung. Darüber hinaus geht es um die Feststellung, welche Massnahmen gegebenenfalls erforderlich sind. Fehlt der betroffenen Person die Eignung zum sicheren Führen eines Fahrzeuges, ist es in ihrem und im Interesse der anderen Verkehrsteilnehmer vorteilhafter, wenn ihr der Führerschein entzogen wird, bevor es allenfalls zu einem schweren Verkehrsunfall kommt. Ist dagegen die Eignung zu bejahen, kann ihr die Kontrollfahrt gegebenenfalls Erkenntnisse vermitteln, die für die weitere Teilnahme am Strassenverkehr hilfreich sein können (BGE 127 II 131 f. E. 3c). Die Kontrollfahrt ist somit ein geeignetes Mittel zur Überprüfung der Fahrtechnik, wenn an der Eignung eines Fahrzeugführers oder einer Fahrzeugführerin Zweifel entstanden sind, die indessen noch nicht für einen Entzug des Führerausweises ausreichen. Auch ist nicht erforderlich, dass die betroffene Person eine Widerhandlung im Strassenverkehr begangen hat (Hans Giger, Strassenverkehrsgesetz, 7. Auflage, Zürich 2008, S. 84). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung besteht keine Vermutung, wonach sich ältere Personen grundsätzlich nicht mehr als Fahrzeugführer eignen. Deshalb kann eine Kontrollfahrt nicht ausschliesslich aufgrund des Alters angeordnet werden. Hingegen genügt es im Wesentlichen, wenn ein älterer Fahrzeuglenker durch Fahrfehler auffällig geworden ist (Entscheide des Bundesgerichts vom 2. Mai 2007, 1C_47/2007, E. 3.1; vom 9. Januar 2008, 1C_422/2007, E. 3.1) oder Vorfälle stattgefunden haben, welche Zweifel am fahrerischen Können wecken (Entscheid des Bundesgerichts vom 15. März 2007, 6A.3/2007, E. 2.2).


4.3 Bei der Frage, ob eine Kontrollfahrt anzuordnen ist, verfügt die Verwaltungsbehörde über einen erheblichen Ermessensspielraum (BGE 127 II 130 f. E. 3a; KGE VV vom 4. Februar 2009, 810 08 262, E. 5.1; vom 27. Oktober 2004, 2004/328, E. 1c). Da ein allfälliges Nichtbestehen der Kontrollfahrt tief in den Persönlichkeitsbereich der betroffenen Person eingreift, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine genaue Abklärung der persönlichen Verhältnisse in jedem Fall und von Amtes wegen vorzunehmen. Das Ausmass der notwendigen behördlichen Nachforschungen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und liegt im pflichtgemässen Ermessen der Verwaltungsbehörde (BGE 127 II 125 E. 3b). In Anbetracht des Ermessensspielraumes der Verwaltungsbehörde ist zu beachten, dass die Kognition des Kantonsgerichts gemäss § 45 lit. a und b VPO grundsätzlich auf Rechtsverletzungen einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens und die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts beschränkt ist. Demgegenüber ist die Angemessenheitsüberprüfung gemäss § 45 Abs. 1 lit. c VPO von wenigen, hier nicht weiter interessierenden Ausnahmefällen abgesehen, ausgeschlossen.


5.1 Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind (Kölz/Häner, a.a.O., Rz. 289; Rhinow/Koller/Kiss, a.a.O., Rz. 913). Verlangt wird im Grundsatz der volle Beweis. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Wo der Natur der Sache nach ein direkter Beweis nicht geführt werden kann, muss es wie im Sozialversicherungsrecht genügen, dass mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit von einem bestimmten Hergang der Ereignisse ausgegangen werden kann (grundlegend BGE 107 II 272 E. 1b; KGE VV vom 9. Mai 2007, 2006/344, E. 3; vom 29. November 2006, 2005/276, E. 4). Nach dem Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gilt ein Beweis als erbracht, wenn für die Richtigkeit der Sachbehauptung nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht massgeblich in Betracht fallen (BGE 130 III 325 E. 3.3). Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhaltes genügt den Beweisanforderungen jedoch nicht. Das Gericht hat vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die es von allen möglichen Geschehensabläufen als die Wahrscheinlichste würdigt (BGE 115 V 142 E. 8b mit zahlreichen weiteren Hinweisen). Für den Verwaltungsprozess kann demnach festgehalten werden, dass ein voller Beweis zu erbringen ist, sofern das Gericht dies als möglich erachtet. Das Gericht muss mithin nach objektiven Gesichtspunkten von der Verwirklichung einer Tatsache überzeugt sein (Rhinow/Koller/Kiss, a.a.O., Rz 913; zum Ganzen auch KGE VV vom 4. Februar 2009, 810 08 262, E. 5.1; vom 9. Mai 2007, 2006/344, E. 3).


5.2 Im vorliegenden Fall hat Fw W. mit Bericht vom 4. Mai 2008 angegeben, gemäss Hinweisen von Anwohnern sowie eigenen Feststellungen solle beim Beschwerdeführer unbedingt dessen Fahrfähigkeit überprüft werden. Dieser sei schon mehrere Male durch seine gefährliche und unsichere Fahrweise im Dorf aufgefallen. Insbesondere würden im Quartier viele Familien mit Kleinkindern wohnen, welche durch die Fahrweise des Beschwerdeführers gefährdet seien.


Anlässlich der heutigen Befragung hat Fw W. im Wesentlichen ausgeführt, er habe den Beschwerdeführer bereits einige Male selbst beobachtet, wie er sehr langsam von Lupsingen nach Liestal unterwegs gewesen sei. Ausserdem fahre er im Dorf oft mitten auf der Strasse. Allerdings sei dort keine Mittellinie aufgemalt. Bei den von ihm beobachteten Situationen sei es nicht zu konkreten Gefährdungen gekommen. Des Weiteren sei er (die Auskunftsperson) verschiedentlich von anderen Personen auf die gefährliche Fahrweise des Beschwerdeführers angesprochen worden.


5.3 Vorweg kann festgehalten werden, dass unbestrittenermassen keine medizinischen Gründe für die Anordnung einer Kontrollfahrt bestehen. Der Beschwerdeführer hat eine Bescheinigung seines Hausarztes eingereicht, wonach sich seit der letzten vertrauensärztlichen Bestätigung der Fahrtauglichkeit im Jahre 2007 keine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes ergeben habe.


Wie oben dargelegt, können konkrete Vorfälle, insbesondere Unfälle, dokumentierte Verkehrsregelverletzungen oder Fahrfehler Anlass für eine Kontrollfahrt bilden. Vorliegend ergeben sich weder aus dem Bericht vom 4. Mai 2008 noch aus den Aussagen der Auskunftsperson konkrete Vorfälle, die Bedenken über die Eignung des Beschwerdeführers als Fahrzeuglenker erwecken und damit Anlass für eine Kontrollfahrt bilden könnten. Zudem ist fraglich, ob die von der Auskunftsperson beobachteten Umstände als Fahrfehler bezeichnet werden können. Jedenfalls wurden sie nicht nach Ort und Zeit dokumentiert. Noch weniger belegt sind die Angaben der Drittpersonen, die die Auskunftsperson weitergeleitet hat. Es ist somit darauf hinzuweisen, dass die zuständige Behörde im Falle solcher durchaus ernst zu nehmender Mitteilungen genauere Angaben zu erheben hat. Insbesondere ist in Erfahrung zu bringen, wodurch sich eine unsichere Fahrweise manifestiert hat, und es sind diesbezüglich möglichst genaue Ort- und Zeitangaben einzuholen.


In Bezug auf die vorhandenen Aussagen hätte der Beschwerdeführer das rechtliche Gehör - wenn es ihm denn auch korrekt gewährt worden wäre - gar nicht wahrnehmen können. Nur wenn ihm gegenüber konkrete, nach Ort und Zeit bestimmte Vorfälle mitgeteilt worden wären, hätte er allenfalls plausible Erklärungen für eine Auffälligkeit liefern können. Wenn einer betroffenen Person vorgehalten wird, sie sei wiederholt durch eine unsichere oder langsame Fahrweise aufgefallen, ohne dass diese erfährt, wann und wo dies gewesen sein soll, kann sie dazu nicht in effizienter Weise Stellung nehmen.


6. Nach dem Gesagten können die geltend gemachten Bedenken nicht als im Sinne der obigen Ausführungen (vgl. oben E. 5.1) genügend begründet angesehen werden, weshalb die Beschwerde gutzuheissen und der Beschluss des Regierungsrates vom 12. August 2008 aufzuheben ist.


7. (Kosten).


KGE VV vom 18. Februar 2009 i.S. H.W. (810 08 294/GFD)



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