Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Echtheit der Schuldanerkennung


Im System der provisorischen Rechtsöffnung besteht die Vermutung, dass die in der vom Gläubiger vorgelegte Urkunde aufgeführten Tatsachen der Wahrheit entsprechen und dass die angebrachten Unterschriften echt sind. Um den Richter zu überzeugen, muss der Betriebene mit Urkunden oder anderen sofort verfügbaren Beweismitteln nachweisen, dass eine Fälschung der Unterschrift wahrscheinlicher ist als deren Authentizität (Art. 82 Abs. 1 und Abs. 2 SchKG; E. 3.2).



Sachverhalt

Mit Zahlungsbefehl Nr. 20900713 des Betreibungsamtes A. vom 20. Januar 2009 betrieb P. H. I. P. auf die Rückzahlung eines Darlehens im Umfang von CHF 65'630.00 nebst Zins von 5 % seit dem 20. Januar 2009 (CHF 273.46 Verzugszins Januar 2009) plus CHF 250.00 Verzugsschaden, wobei er sich als Grundlage auf einen schriftlichen Darlehensvertrag stützte. Dagegen erhob I. P. fristgerecht Rechtsvorschlag. In der Folge ersuchte P. H. vor dem Bezirksgericht A. um provisorische Rechtsöffnung für einen Betrag von CHF 38'000.00 nebst Zins von 5 % seit dem 20. Januar 2009. Mit Urteil des Bezirksgerichtspräsidiums A. vom 27. Mai 2009 wurde das Begehren des Klägers um provisorische Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. 20900713 des Betreibungsamtes A. abgewiesen und dieser dazu verurteilt, die Gerichtsgebühr von CHF 200.00 zu tragen und der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 807.00 zu bezahlen.


Gegen dieses Urteil erklärte P. H. mit Eingabe vom 28. Mai 2009 die Appellation.


Mit Verfügung des Kantonsgerichts vom 5. Juni 2009 wurde das mündliche Verfahren angeordnet.



Erwägungen

1. ( … )


2.1 - 2.3 ( … )


3.1 Nach Art. 82 Abs. 1 SchKG kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen, wenn die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung beruht. Eine solche Schuldanerkennung muss unter anderem den Willen des Schuldners beinhalten, dem Gläubiger ohne Vorbehalte und bedingungslos einen bestimmten oder leicht bestimmbaren Betrag zu bezahlen (BGE 122 III 125 E. 2). Gemäss Abs. 2 von Art. 82 SchKG spricht der Richter die provisorische Rechtsöffnung aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht. Es sind alle Einwendungen und Einreden zu hören, welche zivilrechtlich von Bedeutung sind. Der Begriff des Glaubhaftmachens bedeutet weniger als beweisen, aber mehr als behaupten. Das Glaubhaftmachen muss nicht durch Urkunden geschehen, es sind alle Beweismittel zulässig, die im summarischen Verfahren abgenommen werden können (Daniel Staehelin, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel 1998, N 84, 87, 89 zu Art. 82 SchKG, mit zahlreichen Hinweisen). Der provisorische Rechtsöffnungsrichter würdigt nur die Beweiskraft der vom Gläubiger vorgelegten Urkunde, seine formelle Natur - und nicht die Gültigkeit der Forderung an sich - und anerkennt ihre Vollstreckbarkeit, wenn der Schuldner seine Einwendungen nicht sofort glaubhaft macht (BGE 132 III 142 E. 4.1.1 = Pra 2006 Nr. 133 S. 918 E. 4.1.1).


3.2 Wenn der Betriebene die Echtheit der Unterschriften (…) bestreitet, so muss er die Fälschung glaubhaft machen. Tatsächlich kommt die vom Gläubiger vorgelegte Urkunde in dem vom Gesetzgeber gewollten System der provisorischen Rechtsöffnung zumindest dann, wenn sie nicht von vornherein verdächtig erscheint, was der Richter von Amtes wegen prüft, in den Genuss der (tatsächlichen) Vermutung, dass die in ihr aufgeführten Tatsachen der Wahrheit entsprechen und dass die angebrachten Unterschriften echt sind. Der Richter spricht die provisorische Rechtsöffnung aus, wenn die Fälschung nicht unverzüglich glaubhaft gemacht wird. Wenn der Richter die Glaubhaftmachung zu beurteilen hat, muss er aufgrund objektiver Anhaltspunkte den Eindruck haben, dass sich der geltend gemachte Sachverhalt verwirklicht hat, ohne dass er dabei die Möglichkeit ausschliessen muss, dass sich die Verhältnisse anders gestaltet haben könnten. Um den Richter zu überzeugen, kann sich der Betriebene nicht damit begnügen, die Echtheit der Unterschrift zu bestreiten; er muss mit Urkunden oder anderen sofort verfügbaren Beweismitteln nachweisen, dass eine Fälschung der Unterschrift wahrscheinlicher ist als deren Authentizität (BGE 132 III 143 E. 4.1.2 = Pra 2006 Nr. 133 S. 919 E. 4.1.2, mit Hinweisen).


Im vorliegenden Fall präsentiert sich die Situation so, dass der Appellant zur Geltendmachung seiner Forderung auf Beseitigung des Rechtsvorschlages als Rechtsöffnungstitel einen Darlehensvertrag vom 16. Januar 2008 über den Betrag von CHF 38'000.00 einreicht, welcher sowohl von der Beklagten als auch vom Kläger unterzeichnet ist. Wie vorgängig ausgeführt gilt die tatsächliche Vermutung, dass dieser Darlehensvertrag und die Unterschrift der Schuldnerin echt sind und es liegt an dieser, die Fälschung glaubhaft zu machen und damit die Vermutung umzustossen. Die Beklagte bestreitet nun, dass die Unterschrift auf dem Vertrag von ihr stammt und sie versucht, dies einerseits mittels Vergleich von Unterschriftenproben und andererseits durch eine Strafanzeige gegen den Kläger wegen Urkundenfälschung glaubhaft zu machen. Bezüglich letzterem ist allerdings unbestritten, dass auch der Gläubiger eine Strafanzeige gegen die Schuldnerin wegen Irreführung der Rechtspflege eingereicht hat, womit die Strafanzeige der Beklagten für sich genommen das Gericht nicht zu überzeugen vermag. Was den Unterschriftenvergleich anbelangt, ist das Kantonsgericht im Gegensatz zur Vorinstanz der Ansicht, dass sich die Unterschrift der Schuldnerin auf dem Darlehensvertrag optisch nicht offenkundig in mehrfacher Hinsicht von den Vergleichsunterschriften unterscheidet. Der einzige signifikante Unterschied besteht darin, dass die Unterschrift auf dem Darlehensvertrag mehr nach links geneigt ist, während die Vergleichsunterschriften mehr nach rechts neigen. Allein daraus vermag das Kantonsgericht jedoch noch keine Fälschung der Unterschrift abzuleiten. Dies gilt umso mehr, als sich die Unterschrift je nach Situation, in welcher sie geleistet wird, zumindest für einen Laien erheblich unterschiedlich darstellen kann, so z.B. auch dann, wenn sie einmal mit der linken und ein andermal mit der rechten Hand geleistet wird, wie dies der Appellant geltend macht. Da sich die Unterschrift der Schuldnerin auf dem Darlehensvertrag im Vergleich nicht so signifikant anders präsentiert, dass sie offensichtlich gefälscht erscheint, reicht in der Folge der Unterschriftenvergleich allein nicht aus, den Beweiswert der vorliegenden Urkunde zu entkräften. Abgesehen davon ist es unbestritten, dass von Seiten des Appellanten Geldbeträge an die Beklagte geflossen sind; dieser nennt zudem die Örtlichkeit und den Zeitpunkt der Entstehung der Urkunde, während die Beklagte zugegeben hat, zum fraglichen Zeitpunkt im betreffenden Hotel gewesen zu sein, was ebenfalls eher gegen die Unwahrheit der Ausführungen des Klägers spricht. Im Übrigen bleibt auch die weitere Behauptung der Beklagten, dass es mehrere gefälschte Darlehensverträge gebe, völlig unbegründet. Nachdem die Schuldnerin im Ergebnis nicht glaubhaft machen konnte, dass die Unterschrift auf dem Darlehensvertrag vom 16. Januar 2008 nicht von ihr stammt, ist in Gutheissung der Appellation das angefochtene Urteil aufzuheben, der Rechtsvorschlag zu beseitigen und dem Appellanten die provisorische Rechtsöffnung zu bewilligen. Die Beklagte hingegen ist mit ihren Einwendungen auf den Weg der Aberkennungsklage nach Art. 83 Abs. 2 SchKG zu verweisen.


4. ( … )


KGE ZS vom 1. September 2009 i. S. P. H. / I. P. (100 09 616 [A 83] / NEP)



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