Steuern und Abgaben

Verletzung des Kostendeckungsprinzips bei Kanalisationsanschlussbeitrag


Die den Einwohnergemeinden in einem Sachbereich zustehende kommunale Autonomie darf nur im Rahmen des kantonalen Rechts ausgeübt werden. Die Gemeinden sind zum Erlass von Reglementen im Bereich der Erhebung von Vorteilsbeiträgen für den Anschluss an die Anlagen der Abwasserbeseitigung autonom (Art. 50 Abs. 1 BV, § 45 Abs. 1 KV, § 36 RBG, § 13 aGschG BL, E. 3.1 - 3.3).


Im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben obliegt die Ausgestaltung der Abgaberegelungen den Kantonen und Gemeinden (Art. 60a GSchG, E. 4.1).


Definition von Kanalisationsanschlussbeitrag. Beiträge müssen den Prinzipien der Kostendeckung und der Äquivalenz entsprechen (E. 4.2).


Das Äquivalenzprinzip stellt die abgaberechtliche Ausgestaltung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes dar (E. 4.3).


Nach dem Kostendeckungsprinzip soll der Ertrag der Beiträge die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht oder nur geringfügig übersteigen. Eine Schwäche des Kostendeckungsprinzips liegt darin, dass die Bestimmung des "Verwaltungszweiges", auf dessen Gesamtkosten es ankommt, nicht immer klar ist. Die Aufwendungen für Kanalisation und Abwasserreinigungsanlagen dürfen dem gleichen Verwaltungszweig zugerechnet werden (E. 4.4).


Üblicherweise sind die einmaligen Leistungen zur Deckung der Erstellungskosten oder - anders genannt - der Investitionskosten (inklusive Amortisation und Reserven) bestimmt, während die periodischen Gebühren, welche häufig in eine Grundgebühr und in einen verbrauchsabhängigen Teil aufgegliedert sind, primär die Betriebs- und Unterhaltskosten decken sollen (E. 4.5).


Mit den einmaligen Abgaben sind die Erstellungskosten und mit den Gebühren die Unterhalts- und die Betriebsaufwendungen zu begleichen. Demzufolge ist auch das Kostendeckungsprinzip innerhalb des Bereichs "Erstellungskosten" einerseits und des Bereichs "Unterhalts- und Betriebsaufwendungen" andererseits zu beachten (E. 5.1-5.3).


Würde das Kostendeckungsprinzip auf den gesamten Verwaltungszweig Abwasser angewendet, so wäre auch eine starke Querfinanzierung zwischen den Bereichen Gebühren und Beiträge möglich. Einzig das Äquivalenzprinzip könnte die Querfinanzierung in einem gewissen Rahmen halten (E. 5.4).


Die entsprechenden Erstellungs- und damit Investitionskosten sind bei der Frage, ob das Kostendeckungsprinzip beim Kanalisationsanschlussbeitrag gewahrt ist oder nicht, den entsprechenden Beitragseinnahmen gegenüber zu stellen (E. 5.5).


Der Wiederbeschaffungswert auf der Ausgabenseite ist den Anschlussbeiträgen auf der Einnahmenseite gegenüberzustellen. Unter dem Wiederbeschaffungswert wird der Betrag verstanden, der für ein funktions- und wertgleiches betriebliches Vermögensobjekt zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgewendet werden müsste. Der Wiederbeschaffungswert entspricht somit der Investition, die heute notwendig wäre, um die bestehenden Abwasseranlagen in ihrer heutigen Grösse von Grund auf neu zu erstellen (E. 6.1).


Sind die Einnahmen durch die Anschlussbeiträge unter Berücksichtigung des vorhandenen Eigenkapitals (welches durch die Anschlussbeiträge geäufnet wurde) weit höher als die aufgrund des Wiederbeschaffungswertes errechneten Rückstellungen (inkl. der Berücksichtigung von künftigen Anlagen, die z.B. im Rahmen des GEP notwendig sind), so ist das Kostendeckungsprinzip ohne weiteres verletzt (E. 6.2).


Ein für die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben zu berücksichtigender Zeithorizont von 20 Jahren sowohl für die Zukunft als für die Vergangenheit ist gerechtfertigt (E. 7).


Ausführungen zur Lebensdauer der Kanalisationsleitungen und zum Laufmeterpreis (E. 8).


Bezüglich der zu berücksichtigenden Ausgaben darf die Finanzierung der Investitionen für die Umsetzung des GEP für die Beurteilung der Kostendeckung herangezogen werden (E. 9.1).


Die beitragsfinanzierten Investitionen für Neuanlagen sind zu berücksichtigen, nicht hingegen die Investitionen zur Werterhaltung. Zudem ist die Bauteuerung zu beachten (E. 9.2).


Bei den Einnahmen ist das Eigenkapital zu berücksichtigen. Die Verzinsung des Eigenkapitals ist sachgerecht (E. 10).


Ausführungen zu den Einnahmen durch die Anschlussbeiträge und Berechnung derselben (E. 11).


Tabellarische Gegenüberstellung der Ausgaben und Einnahmen (E. 12).


Die zu erwartenden Einnahmen übersteigen bei Weitem die zu erwartenden relevanten Ausgaben. Das Kostendeckungsprinzip ist somit offensichtlich verletzt (E. 13).


Auch aus der Tatsache, dass die laufende Rechnung rote Zahlen schreiben würde, wenn die Zinsen aus dem Eigenkapital nicht in die laufende Rechnung fliessen würden, wird ersichtlich, dass die Werterhaltungskosten mittels Vorteilsbeiträge bzw. mittels Zinsen des Eigenkapitals, welches durch die Abwasserbeiträge geäufnet wurde, quer finanziert werden. Eine derartige Quersubventionierung führt für sich alleine bereits zu einer Verletzung des Kostendeckungsprinzips (E. 14).


Da das Kostendeckungsprinzip nicht eingehalten ist, kann offen bleiben, ob die angefochtene Rechnung auch das Äquivalenzprinzip verletzt (E. 15).


Eine Parteientschädigung kann nur in Fällen ausgesprochen werden, in denen die (obsiegende) Partei einen Anwalt bzw. eine Anwältin beigezogen hat. Prozessiert ein Anwalt in eigener Sache, kann ihm keine Parteientschädigung zugesprochen werden (E. 16.1 und 16.2, § 21 Abs. 1 VPO; E. 16).



Sachverhalt

Die Ehegatten R. X. und U. X.-Y. sind Eigentümer der Liegenschaft Nr. Z., Grundbuch B. Im Jahre 2001 liessen sie darauf ein Wohnhaus erstellen. Gemäss Endschätzung der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung vom 23. Juni 2003 wies das Haus einen Brandlagerwert von Fr. 161'400.-- und einen Gebäudeversicherungswert von Fr. 1'498'952.-- aus. Mit Verfügung vom 30. Juni 2003 stellte die Einwohnergemeinde B. (Gemeinde) den Ehegatten X. unter anderem einen Wasseranschlussbeitrag von Fr. 23'023.90 und einen Kanalisationsanschlussbeitrag von Fr. 64'514.90 in Rechnung. Gegen diese Verfügung erhoben die Ehegatten X., vertreten durch R. X., Advokat in Birsfelden, Beschwerde beim Steuer- und Enteignungsgericht, Abteilung Enteignungsgericht (Enteignungsgericht). Sie stellten unter anderem den Antrag, es seien die Wasser- und Kanalisationsanschlussbeiträge aufzuheben und an die Beschwerdegegnerin (Gemeinde) zur Neufestsetzung zurückzuweisen. Das Enteignungsgericht hiess mit Urteil vom 17. Februar 2006 die Beschwerde im Sinne der Erwägungen teilweise gut. Die angefochtene Verfügung wurde sowohl bezüglich des Wasser- als auch bezüglich des Kanalisationsanschlussbeitrages aufgehoben und die Streitsache zur Neuberechnung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen. Betreffend den Wasseranschlussbeitrag wurde die Sache nur insofern zurückgewiesen, als eine Neuberechnung des Beitrages nach Abzug der Kosten für Energiesparmassnahmen zu erfolgen habe. Die Verletzung des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips wurde bezüglich des Wasseranschlussbeitrages im Urteil verneint. Betreffend den Kanalisationsanschlussbeitrag wurde die Beschwerde vollumfänglich gutgeheissen. Die Gemeinde wurde angewiesen, sowohl die Beitragsbemessung für die Kanalisationsanschlussbeiträge neu festzusetzen als auch eine Beitragsreduktion in der Höhe der anerkannten Energiesparmassnahmen vorzunehmen. Die Einwohnergemeinde B., vertreten durch Dr. M. B., Advokat in Liestal, erhob gegen das Urteil des Enteignungsgerichts beim Kantonsgericht, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht (Kantonsgericht), Beschwerde und beantragte, Ziffer 1 des angefochtenen Urteils sei teilweise aufzuheben, nämlich soweit sie im Sinne der Erwägungen verpflichtet werde, den strittigen Kanalisationsanschlussbeitrag auf der Grundlage eines reduzierten Beitragssatzes neu zu bemessen. Zudem sei Ziffer 3 des angefochtenen Urteils aufzuheben; alles o/e-Kostenfolge. Aus der Beschwerdebegründung wird deutlich, dass sich die Beschwerde nur noch gegen die von der Vorinstanz auferlegte Verpflichtung, den Kanalisationsanschlussbeitrag aufgrund einer neuen Beitragsbemessung neu festzulegen, richtet. Die Ehegatten X. stellten die Rechtsbegehren, es sei unter o/e-Kostenfolge nicht auf die Beschwerde einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen. Das Enteignungsgericht beantragte auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventualiter diese abzuweisen; des Weiteren sei der Verfahrensantrag auf Einholung eines gerichtlichen Gutachtens über die Vollkosten der Kanalisationserneuerung abzuweisen. Das Kantonsgericht liess eine Expertise insbesondere über Fragen des konkreten Wiederbeschaffungswertes in der Gemeinde B., der Lebensdauer der Anlage sowie der mutmasslichen baulichen Entwicklung in der Gemeinde in den nächsten Jahren erstellen. Am 18. Januar 2008 reichte der beauftrage Experte, U. A., E. AG, Ingenieure und Planer, einen Vorabzug und am 11. Februar 2008 den unveränderten Vorabzug als definitiven Expertenbericht ein.



Erwägungen

1. - 2.6. (…)


3.1. Bei der Behandlung einer Autonomiebeschwerde ist als Erstes zu prüfen, ob die Gemeinde im Sachbereich, welcher Gegenstand der Beschwerde bildet, autonom ist. Dabei ist hier festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Beschwerde nur noch der von der Gemeinde gegenüber den privaten Beschwerdeführern erhobene Kanalisationsanschlussbeitrag strittig ist, sofern diesbezüglich von der Vorinstanz die Verletzung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips moniert wird. Alle übrigen vor der Vorinstanz noch strittigen Punkte bilden nicht mehr Gegenstand der vorliegenden Beschwerde.


3.2. Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Auch unter dem Geltungsbereich der neuen Bundesverfassung bleibt es Sache der Kantone zu bestimmen, ob und in welchem Umfang den Gemeinden Autonomie eingeräumt wird (Ulrich Häfelin/Walter Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. Aufl., Zürich 2001, Rz 976). Anzuknüpfen ist folglich am Begriff der Autonomie gemäss bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts. Danach ist eine Gemeinde in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt (BGE 128 I 7; 126 I 133 E. 2 S. 136; 124 I 223 E. 2b S. 226 f.; 122 I 279 E. 8b S. 290 mit Hinweisen). Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung des kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus (BGE 128 I 7 ff., 124 I 223 E. 2b S. 227 mit Hinweisen). Die den Einwohnergemeinden in einem Sachbereich zustehende kommunale Autonomie darf nur im Rahmen des kantonalen Rechts ausgeübt werden (vgl. VGE vom 23. Oktober 1996 Nr. 110, 95/183).


3.3. Die Gemeinden sind gemäss § 45 Abs. 1 KV im Rahmen von Verfassung und Gesetz befugt, sich selbst zu organisieren, ihre Behördenmitglieder sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu wählen oder anzustellen, ihre eigenen Aufgaben nach freiem Ermessen zu erfüllen und ihre öffentlichen Sachen selbständig zu verwalten. Gemäss § 3 des Gesetzes über die Organisation und die Verwaltung der Gemeinden vom 28. Mai 1970 unterstehen die Gemeinden der Aufsicht des Kantons (Abs. 1). In Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden beschränkt sich die Aufsicht des Kantons auf die Rechtskontrolle mit dem Zweck, Rechtsverletzungen, Rechtsverzögerungen und Willkürentscheide der Gemeindeorgane zu verhüten (Abs. 2). Dem eigenen Wirkungskreis gleichgestellt ist derjenige Teil des übertragenen Wirkungskreises, bei dem das kantonale Recht den Gemeinden eine erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt (Abs. 3). § 36 RBG statuiert, dass die Gemeinden Erschliessungsreglemente erlassen, in denen insbesondere die Art und die Funktion der Erschliessungsanlagen, die Trägerschaft, die Eigentumsverhältnisse, die Finanzierung und der Unterhalt geregelt werden. Gestützt auf § 13 aGSchG BL (bzw. § 13 des revidierten GSchG BL, welcher am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist) sind die Gemeinden zum Erlass von Reglementen im Bereich der Erhebung von Vorteilsbeiträgen für den Anschluss an die Anlagen der Abwasserbeseitigung autonom (vgl. dazu auch VGE vom 23. Oktober 1996 Nr. 110, 95/183). § 90 ff. EntG enthält Grundsätze zur Erhebung von Vorteilsbeiträgen. Zu prüfen ist folglich vorliegendenfalls, ob die Gemeinde durch die in ihren Autonomiebereich fallende Beitragsverfügung kantonales Recht oder Bundesrecht verletzt hat. Die angefochtene Verfügung wurde gemäss § 57 Abs. 1 lit. a des Kanalisationsregelements der Gemeinde B. vom 4. März 1994 (Kanalisationsreglement) erlassen. § 57 Abs. 1 lit. a des Kanalisationsreglements besagt, dass zur Deckung der Kosten des öffentlichen Kanalisationsunternehmens von den Liegenschaftseigentümern bei Neubauten als einmaliger Beitrag 4% erhoben werden dürfen. Der Beitrag wird auf der mit dem Baukostenindex multiplizierten Gebäudeversicherungssumme berechnet. Die Indexziffer wird von der kantonalen Gebäudeversicherungsanstalt bestimmt. Von den Beschwerdegegnern wird geltend gemacht, dass die angefochtene Verfügung das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip verletze.


4.1. Gemäss Art. 60a GSchG sind die Kosten für Bau, Betrieb, Unterhalt, Sanierung und Ersatz der öffentlichen Abwasseranlagen durch Gebühren oder andere Abgaben den Verursachern zu überbinden. Im Rahmen dieser bundesrechtlichen Vorgabe obliegt die Ausgestaltung der Abgaberegelungen den Kantonen und Gemeinden. Neben periodischen Benützungsgebühren wird vom Grundeigentümer vielfach ein einmaliger Anschlussbeitrag (Vorzugslast) oder eine einmalige Anschlussgebühr erhoben; diese letztere kann auch zusätzlich zu bereits entrichteten Erschliessungsbeiträgen erhoben werden (Urteil des Bundesgerichts vom 28. August 2003, 2P.45/2003, E. 5.1).


4.2. Bei den strittigen Kanalisationsanschlussbeiträgen handelt es sich um Grundeigentümerbeiträge. Beiträge, Gebühren und Ersatzabgaben sind Kausalabgaben. Rechtsprechung und Lehre bezeichnen die Grundeigentümerbeiträge als Vorzugslasten, d.h. als Abgaben, die als Beiträge an die Kosten einer öffentlichen Erschliessungseinrichtung jenen Personen auferlegt werden, deren Grundstücke durch die Einrichtung im Wert zunehmen, so dass ein gewisser Ausgleich in Form eines Kostenbeitrages als gerechtfertigt erscheint. Die Abgabe wird somit als Ausgleich jenen Personen auferlegt, denen aus einer öffentlichen Einrichtung ein wirtschaftlicher Sondervorteil erwächst (BGE 102 Ia 47 E. 1; VGE vom 28. Mai 1986 i.S. EWG P. E. 1, in: BLVGE 1986 S. 86 f.; vgl. Max Imboden/René Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Auflage, Basel und Stuttgart 1976, Nr. 111 B I, mit Hinweisen; Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. vollständig überarbeitete Auflage, Zürich/Basel/Genf 2006, Rz 2647; Alexander Ruch, Die Bedeutung des Sondervorteils im Recht der Erschliessungsbeiträge, in: ZBl 1996 S. 529 ff, S. 531 f.). Beiträge müssen - wie die Gebühren auch - den Prinzipien der Kostendeckung und der Äquivalenz entsprechen (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz 2652).


4.3. Das Äquivalenzprinzip stellt die abgaberechtliche Ausgestaltung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes dar. Es bestimmt, dass ein Vorteilsbeitrag nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen halten muss. Der Wert der Leistung bemisst sich nach dem Nutzen, den sie dem Pflichtigen bringt, oder nach dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme im Verhältnis zum gesamten Aufwand des betreffenden Verwaltungszweigs, wobei schematische, auf Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrungen beruhende Massstäbe angelegt werden dürfen (BGE 109 Ib 314 E. 5b; 118 Ib 352 E. 5; 120 Ia 174 E. 2a; 122 I 289 E. 6c; Adrian Hungerbühler, Grundsätze des Kausalabgabenrechts, in: ZBl 10/2003 S. 523; Häfelin/Müller/uhlmann, a.a.O., Rz. 2655).


4.4. Nach dem Kostendeckungsprinzip soll der Ertrag der Beiträge die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht oder nur geringfügig übersteigen (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 27. Februar 2007, 2P.286.2006, E. 4.1; BGE 126 I 188 E. 3a/aa; BGE 124 I 20 E. 6c; BGE 103 Ia 88 E. 5b; VGE Nr. 162 vom 12. September 2001 i.S. EWG Z., publiziert in: BLVGE 2001 S. 107 E. 4.b), was eine gewisse Schematisierung oder Pauschalisierung der Abgabe nicht ausschliesst (BGE 120 Ia 174 E. 2a; Hans W. Stutz, Schweizerisches Abwasserrecht, Dissertation, in: Schriftenreihe zum Umweltrecht, 2008, S. 192 [zit. Stutz, Dissertation]; Peter Karlen, Die Erhebung von Abwasserabgaben aus rechtlicher Sicht, in: URP 1996 S. 557). Zum Gesamtaufwand sind nicht nur die laufenden Ausgaben des betreffenden Verwaltungszweigs, sondern auch angemessene Rückstellungen, Abschreibungen und Reserven hinzuzurechnen (Hungerbühler, a.a.O., S. 524; BGE 124 I 11 E. 6c S. 20 mit Hinweisen; vgl. auch Regierungsratsbeschluss des Kantons Zürich vom 8. April 2008 i. S. Stadt X). Bei Abschlussgebühren und -beiträgen, wo die Kosten für den Bau und die Amortisation der Leitungen und Anlagen in der Regel über eine längere Zeit und oft ungleichmässig anfallen, muss sich die Überprüfung des Kostendeckungsprinzips auf eine entsprechend lange Zeitdauer erstrecken (Urteil des Bundesgerichts vom 30. November 1995, 2P.231/1993, E. 3d; Hungerbühler, a.a.O., S. 520). Eine Schwäche des Kostendeckungsprinzips liegt darin, dass die Bestimmung des "Verwaltungszweiges", auf dessen Gesamtkosten es ankommt, nicht immer klar ist. Der Verwaltungszweig umfasst die "sachlich zusammengehörenden Verwaltungsaufgaben". Bei der Erschliessung von Bauland bzw. den entsprechenden kommunalen Versorgungseinrichtungen werden die einzelnen Bereiche (Strasse, Trinkwasser, Abwasser, Energie, Abfallentsorgung) für das Kostendeckungsprinzip als gesonderte Verwaltungszweige betrachtet. Die Aufwendungen für Kanalisation und Abwasserreinigungsanlagen dürfen dem gleichen Verwaltungszweig zugerechnet werden (Hungerbühler, a.a.O., S. 520 f.). Anders wird das Kostendeckungsprinzip bei Beiträgen von Ulrich Häfelin, Georg Müller und Felix Uhlmann in ihrem Lehrbuch des Allgemeinen Verwaltungsrechts definiert. Sie führen aus, dass der Gesamtertrag der Beiträge die den Sondervorteil schaffenden Aufwendungen des Gemeinwesens nicht übersteigen dürfe (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz 2653). Nicht enthalten ist in dieser Definition der Bezug zum "betroffenen Verwaltungszweig".


4.5. Üblicherweise sind die einmaligen Leistungen zur Deckung der Erstellungskosten oder - anders genannt - der Investitionskosten (inklusive Amortisation und Reserven) bestimmt, während die periodischen Gebühren, welche häufig in eine Grundgebühr und in einen verbrauchsabhängigen Teil aufgegliedert sind, primär die Betriebs- und Unterhaltskosten decken sollen (Urteil des Bundesgerichts vom 28. August 2003, 2P.45/2003, E. 5.1; Karlen, a.a.O, S. 553; Hungerbühler, a.a.O., S. 524). Die Richtlinie über die Finanzierung der Abwasserentsorgung des VSA und des FES vom März 1994 enthält zum Zusammenspiel der verschiedenen Abgabearten und Bemessungskriterien ein Modell, welches die folgende mehrstufige Abgabenstruktur vorsieht: Die Mehrwertbeiträge decken die Kosten der abwassertechnischen Feinerschliessung vollständig. Die Anschlussgebühren dienen der Finanzierung der nicht bereits durch Mehrwertbeiträge und allfällige Subventionen gedeckten Wiederbeschaffungskosten der Abwasseranlagen. Durch die Grundgebühren sollen 30% - 50% der verbleibenden restlichen Kosten der Abwasserbeseitigung finanziert werden (siehe Karlen, a.a.O., S. 561). Hans W. Stutz führt in seiner Dissertation aus, dass die beim Kanalisationsanschluss oder der Schaffung der Möglichkeit des Anschlusses geschuldeten einmalig zu erhebenden Kausalabgaben zur Deckung der vom Gemeinwesen bereits in die öffentliche Abwasserentsorgungsinfrastruktur getätigten Investitionen beitragen würden. Kanalisationsanschlussgebühren würden eine Abgeltung für das Zurverfügungstellen bereits finanzierter öffentlicher Infrastruktur darstellen; auch Kanalisationsbeiträge würden der Finanzierung der geschaffenen öffentlichen Infrastruktur dienen. Hingegen würden die Benutzungsgebühren in erster Linie die laufenden und künftigen Kosten der Abwasserentsorgung decken. Hinsichtlich des Kostenumfangs seien nicht nur die Betriebskosten der öffentlichen Abwasseranlagen zu berücksichtigen, sondern auch die Kosten für die Werterhaltung der öffentlichen Kanalisation und der zentralen Abwasserreinigungsanlage (d.h. Unterhalts- und Sanierungskosten sowie Kosten für den Ersatz der Anlagen; siehe Stutz, Dissertation, a.a.O., S. 194).


5.1. Umstritten ist vorliegendenfalls, ob das Kostendeckungsprinzip für den gesamten Verwaltungszweig Abwasser gilt und damit das Kostendeckungsprinzip eingehalten ist, wenn die Einnahmen aus periodischen Gebühren und Anschlussbeiträgen zusammen die Kosten nicht übersteigen, die im Zusammenhang mit der Erstellung der Infrastruktur und der Betriebs- und Unterhaltskosten entstehen, oder ob das Kostendeckungsprinzip innerhalb der Erstellungskosten der Infrastruktur einerseits und innerhalb der Betriebs- und Unterhaltskosten andererseits eingehalten werden muss.


5.2. Die Beschwerdeführerin führt in ihren Rechtsschriften aus (siehe z.B. Beschwerdebegründung vom 30. Juni 2006, S. 5; Stellungnahme vom 3. November 2008, S. 1), dass nach der Praxis des Bundesgerichts die Finanzierung der kommunalen Abwasserbeseitigung gesamthaft dem Kostendeckungsprinzip unterliege. Dies bedeute, dass die einmaligen Anschlussbeiträge - zusammen mit den periodischen Gebühren - nicht mehr Einnahmen einbringen dürfen, als zur Deckung des Gesamtaufwandes des betreffenden Verwaltungszweiges notwendig sei. Die Beschwerdeführerin bezieht sich dabei auf das Urteil des Bundesgerichts vom 28. August 2003, 2P.45/2003, E. 5.1. Die Beschwerdegegner stellen sich hingegen auf den Standpunkt, dass das Kostendeckungsprinzip je gesondert für den Bereich Erschliessungskosten (Infrastruktur) und den Bereich Betriebs- und Unterhaltskosten zu betrachten sei.


5.3. In der Tat führt das Bundesgericht im von der Gemeinde zitierten Urteil vom


28. August 2003 in Erwägung 5.1. Folgendes aus:


"Die vorliegend in Frage stehende Abgabe ist als ergänzende nachträgliche Anschlussgebühr ausgestaltet. Die Anschlussgebühr ist eine öffentlichrechtliche Gegenleistung für die Gewährung des Anschlusses an das betreffende öffentliche Leitungsnetz. Die Höhe der Abgabe bestimmt sich nach den im Zeitpunkt des Anschlusses geltenden Vorschriften (BGE 102 Ia 69 E. 3 Ingress S. 72). Sie unterliegt zudem dem Kostendeckungsprinzip, d.h. sie darf - zusammen mit den periodischen Gebühren - nicht mehr Einnahmen bringen, als zur Deckung des Gesamtaufwandes des betreffenden Verwaltungszweiges notwendig ist. Bei Anschlussgebühren und -beiträgen, wo die Kosten für den Bau und die Amortisation der Leitungen und Anlagen in der Regel über eine längere Zeit und oft ungleichmässig anfallen, kann sich diese Schranke nur auf eine entsprechend lange Zeitdauer beziehen. Der Gemeinde ist bei der Schätzung der zukünftigen Einnahmen und Ausgaben ein gewisser Spielraum zuzugestehen; es kann von ihr nicht verlangt werden, dass sie Anschlussgebühren (oder -beiträge) der vorliegenden Art im Hinblick auf mögliche Schwankungen immer wieder korrigiert. Soweit eine grössere Anlage dauernd in Erneuerung und Erweiterung begriffen ist, dürfen und müssen entsprechende Reserven gebildet werden (vgl. nunmehr auch Art. 60a Abs. 1 lit. d und Abs. 3 GSchG und dazu BBl 1996 IV 1230). Auch Überlegungen der Rechtsgleichheit sprechen für eine möglichst kontinuierliche Abgaberegelung. Ein Verstoss gegen das Kostendeckungsprinzip liegt erst dann vor, wenn die erhobenen Abgaben auch bei vorsichtiger Beurteilung des künftigen Finanzbedarfes als übersetzt erscheinen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2P.337/1991 vom 2. Juni 1992, E. 4g)."


Das Bundesgericht erörtert jedoch in der gleichen Erwägung auch Folgendes:


"Gemäss Art. 60a GSchG (Fassung vom 20. Juni 1997, in Kraft seit 1. November 1997) sind die Kosten für Bau, Betrieb, Unterhalt, Sanierung und Ersatz der öffentlichen Abwasseranlagen durch Gebühren oder andere Abgaben den Verursachern zu überbinden. Im Rahmen dieser bundesrechtlichen Vorgabe obliegt die Ausgestaltung der Abgaberegelungen den Kantonen und Gemeinden. Neben periodischen Benützungsgebühren wird vom Grundeigentümer vielfach ein einmaliger Anschlussbeitrag (Vorzugslast) oder eine einmalige Anschlussgebühr erhoben; diese letztere kann auch zusätzlich zu bereits entrichteten Erschliessungsbeiträgen erhoben werden. Die einmaligen Beiträge und Gebühren dienen zur Deckung der Erstellungskosten, während die periodischen - häufig in eine Grundgebühr und einen verbrauchsabhängigen Betrag aufgeteilten - Benützungsgebühren primär die Betriebs- und Unterhaltskosten decken sollen (Peter Karlen, …)."


Es gilt festzuhalten, dass es beim zitierten Bundesgerichtsentscheid um die Frage der Zulässigkeit von nachträglichen bzw. zusätzlichen Anschlussgebühren für bereits angeschlossene Liegenschaften und um die Zulässigkeit von Rückwirkung von Erlassen ging. Die sich im vorliegenden Fall stellende Frage, ob die Finanzierung der kommunalen Abwasserbeseitigung gesamthaft dem Kostendeckungsprinzip unterliegt, war nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens. Zudem hat das Bundesgericht im zitierten Urteil zwar erklärt, dass die Anschlussgebühr dem Kostendeckungsprinzip unterliege, d.h. sie dürfe - zusammen mit den periodischen Gebühren - nicht mehr Einnahmen bringen, als zur Deckung des Gesamtaufwandes des betreffenden Verwaltungszweiges notwendig sei. Im gleichen Urteil hält es - wie oben zitiert - jedoch auch fest, dass die einmaligen Beiträge und Gebühren der Deckung der Erstellungskosten dienen würden, während die periodischen Benützungsgebühren primär die Betriebs- und Unterhaltskosten decken sollten. Somit kann die Beschwerdeführerin aus dem zitierten Urteil nicht ableiten, dass das Kostendeckungsprinzip lediglich bedeute, dass die Beiträge und Gebühren zusammen nicht mehr Einnahmen bringen dürften, als zur Deckung des Gesamtaufwandes des Verwaltungszweiges "Abwasserentsorgung" notwenig sei.


Das Bundesgericht führt in seinem im Vergleich zum soeben zitierten Urteil jüngeren Entscheid vom 10. Oktober 2007 (2C_153/2007, E. 4) Folgendes aus:


"Anschlussgebühren dienen dazu, die Kosten der Erstellung der Infrastrukturanlagen (inkl. Amortisation und angemessene Reserve) zu decken, an welche die Liegenschaft angeschlossen wird. Ein Teil dieses Aufwands wird bisweilen auch durch Beiträge (Vorzugslasten) gedeckt (vgl. BGE 106 Ia 241 E. 3b S. 243; Urteil 2P.78/2003 vom 1. September 2003, publ. in: ZBl 105/2004 S. 270, E. 3.6; Adrian Hungerbühler, Grundsätze des Kausalabgabenrechts, ZBl 104/2003 S. 509 f., auch zur begrifflichen Unterscheidung). Die Anschlussgebühr ist das Entgelt für die mit dem Anschluss eröffnete Möglichkeit, das fragliche Leitungsnetz zu benutzen. Mit ihrer Entrichtung erfolgt somit ein Einkauf in das Infrastrukturnetz. Demgegenüber sind die periodisch zu entrichtenden Benutzungsgebühren - bei der Wasserversorgung in der Stadt Zürich die Grundgebühr und der Verbrauchspreis gemäss Ziff. 1 WT - vor allem dafür bestimmt, die laufend anfallenden Betriebs- und Unterhaltskosten zu decken."


Das Kantonsgericht geht mit dem Enteignungsgericht einig und stützt sich dabei auch auf den von der Gemeinde zitierten Bundesgerichtsentscheid, dass mit den einmaligen Abgaben die Erstellungskosten und mit den Gebühren die Unterhalts- und die Betriebsaufwendungen beglichen werden müssen. Demzufolge ist auch das Kostendeckungsprinzip innerhalb des Bereichs "Erstellungskosten" einerseits und des Bereichs "Unterhalts- und Betriebsaufwendungen" andererseits zu beachten. Auch das Bundesgericht führt in seinem Urteil vom 10. Oktober 2007 aus, dass Anschlussgebühren dazu dienen würden, die Kosten der Erstellung der Infrastrukturanlagen (inkl. Amortisation und angemessene Reserven) zu decken (siehe ebenso Entscheid des Verwaltungsgerichts Aargau vom 18. November 1986 i. S. Lüthy AG gegen Entscheid des Baudepartements, AGVE 1987 S. 140 E. 4.b, auch publiziert in: ZBl 1988 S. 205 ff., S. 207, E. 4.b). Demnach sind bei der Frage, ob das Kostendeckungsprinzip bei dem im Streit stehenden Kanalisationsanschlussbeitrag gewahrt ist oder nicht, die entsprechenden Erstellungs- und damit Investitionskosten den entsprechenden Anschlussbeitragseinnahmen gegenüber zu stellen.


5.4. Würde das Kostendeckungsprinzip auf den gesamten Verwaltungszweig Abwasser angewendet, so wäre auch eine starke Querfinanzierung zwischen den Bereichen Gebühren und Beiträge möglich. Einzig das Äquivalenzprinzip könnte die Querfinanzierung in einem gewissen Rahmen halten, da eine übermässige Finanzierung des Unterhalts der Abwasseranlagen durch Beiträge allenfalls zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips führen könnte. Dass eine Trennung zwischen Erschliessungskosten und Kosten für den Unterhalt erwünscht war, zeigt auch die Vorlage Nr. 2000/157 des Regierungsrates an den Landrat vom 22. August 2000 betreffend Revision des aGSchG BL sowie der Bericht Nr. 2000/157aa der Umweltschutz- und Energiekommission an den Landrat vom 2. Mai 2003 betreffend Revision des Gesetzes über den Gewässerschutz vom 18. April 1994. Das neue GSchG BL ist dann per 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Wie die Beschwerdeführerin richtig festhält, ist das neue GSchG BL somit wohl nicht für die vor diesem Zeitpunkt erlassene Verfügung anwendbar. Diese Frage der Anwendbarkeit kann jedoch offen gelassen werden, da sie vorliegendenfalls irrelevant ist. Die Ausführungen zur genannten Revision werden lediglich zur Untermauerung der obigen Ausführungen festgehalten.


§ 13 Abs. 4 GSchG BL , welcher am 1. Januar 2005 in Kraft trat, besagt, dass die Gemeinden die Kosten für die Erschliessung von Grundstücken durch die öffentliche Kanalisation (Schmutz- und Sauberwasserleitung) in Form von Erschliessungsbeiträgen und Anschlussgebühren auf die Liegenschaftseigentümer und -eigentümerinnen überwälzen können. Diese Formulierung war mit einer kleinen Änderung in der genannten Vorlage als Entwurf zur Revision bereits enthalten. Der Entwurf sprach von "Erschliessungs- und Anschlussbeiträgen". Im endgültigen § 13 Abs. 3 GSchG BL ist von "Erschliessungsbeiträgen und Anschlussgebühren" die Rede. Bei dieser Änderung darf es sich wohl lediglich um eine terminologische Anpassung handeln, da auch in der Rechtsprechung und Literatur von Anschlussgebühren und nicht Anschlussbeiträgen gesprochen wird. In der Vorlage Nr. 2000/157 des Regierungsrates an den Landrat vom 22. August 2000 betreffend Revision des aGSchG BL finden sich zu § 13 Abs. 4 GSchG BL folgende Stellungnahme und Erläuterungen:


"Stellungnahme


Viele wünschen eine Neuformulierung, damit die Werterhaltung auch mit den Einnahmen der Vorteilsbeiträge finanziert werden kann. Durch eine Partei wird die Einschränkung der Vorteilsbeiträge auf die Erschliessung begrüsst, eine andere ist nur damit einverstanden, wenn festgelegt wird, dass bei einer späteren Erschliessung mit einer Sauberwasserleitung keine Vorteilsbeiträge mehr erhoben werden können.


Erläuterungen


Damit eine klarere Trennung der Kosten für Erschliessung mit den laufenden Kosten erreicht werden kann, wird an der Formulierung der Vernehmlassung festgehalten. Damit soll erreicht werden, dass die Finanzierung der Abwasserbeseitigung in den Gemeinden ausgeglichener gestaltet werden kann durch die Deckung der laufenden Kosten (Abwasserreinigung, Planung, Unterhalt, Werterhaltung etc.) über jährliche Gebühren (Grund- und Mengengebühren) und die Kosten für Erschliessungen über die Vorteilsbeiträge (Erschliessungsbeiträge und Anschlussgebühren)."


Im Bericht Nr. 2000/157aa der Umweltschutz- und Energiekommission an den Landrat vom 2. Mai 2003 betreffend Revision des aGSchG wird erläutert, dass sich die genannte Kommission von der Verwaltung ein Papier habe erstellen lassen, das die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten der Gebührenerhebung aufzeige. Dieses Papier liegt dem Bericht als Anhang bei. In diesem Papier ist zu den Vorteilsbeiträgen (Erschliessungsbeitrag, Anschlussgebühr) Folgendes zu lesen:


"Was spricht dafür?


Die Gemeinden können die Investitionen zur Erschliessung neuer Baugebiete durch Abwasseranlagen durch die Vorteilsbeiträge refinanzieren.


Was sprich dagegen?


Da es für den Gemeinderat angenehmer ist, der Gemeindeversammlung eine Erhöhung der Vorteilsbeiträge, anstelle einer Abwassergebührenerhöhung, vorzuschlagen, sind diese Beiträge im Mittel über den gesamten Kanton zu hoch. Gemäss einer Erhebung des Statistischen Amtes betragen die Vermögenswerte im Kostenkreis Kanalisation per 2000 Fr. 170,3 Mio. Diese Vermögenswerte sind höher als das Gesamtvermögen aller Einwohnerkassen. Die Erhebung von Vorteilsbeiträgen bei Um- und Neubauten kann auch dazu beitragen, dass das Bauen im Vergleich zu anderen Kantonen oder zum Ausland im Kanton Basel-Landschaft teurer ist.


Durch die teilweise Finanzierung der laufenden Rechnung durch die Einnahmen der Vorteilsbeiträge werden die Abwassergebühren tief gehalten, wodurch der Anreiz zur Minimierung der Abwassermenge geschmälert wird."


Im Sinne der genannten Vorlage und des genannten Berichts hat auch das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden in seinem Entscheid vom 18. März 1996 (publiziert in: PVG 1996 S. 245 ff., 246) Folgendes ausgeführt:


"2. a) … Der klare Wortlaut von Art. 1 des Gebührenreglementes regelt nun eindeutig, welche Gebühren für welche Aufwendungen zu erheben sind. Danach dienen die Anschlussgebühren der Finanzierung der Erstellungskosten, während die Jahresgebühren die Betriebs- und Unterhaltskosten decken sollen. Die beiden Gebührenarten werden demnach je einer verschiedenen Zweckbestimmung zugeordnet. … Den Rekurrenten ist daher Recht zu geben, wenn sie davon ausgehen, dass die Anschlussgebühren nur für die Baukosten von Kanalisation und ARA erhoben werden dürfen. Diese Bestimmungen vertragen sich auch mit dem Kostendeckungsprinzip. Zwar besagt dieses im allgemeinen lediglich, dass der Gesamtertrag nicht über die Gesamtaufwendungen des betreffenden Verwaltungszweiges hinausgehen darf. Indessen verlangt hier das aus dem Rechtsgleichheitsgebot ableitbare Verursacherprinzip eine differenzierte Betrachtungsweise. Der Kreis der Verursacher ist unterschiedlich weit: Bei den Investitionskosten ist er auf jene Pflichtigen begrenzt, deren private Bautätigkeit die Erstellung oder Erweiterung der Kanalisationsanlagen nötig gemacht hat, während er bei den Unterhalts- und Betriebskosten sämtliche Benutzer der Kanalisationsanlagen erfassen muss. Wird nicht in dieser Weise differenziert, so sind Verzerrungen möglich, die vor dem Rechtsgleichheitsprinzip nicht standhalten. Bei einer "globalen" Anwendung des Kostendeckungsprinzips auf die gesamte Abwasserbeseitigung bliebe das Verhältnis zwischen Anschlussbeiträgen und Benutzungsgebühren völlig unbestimmt, obwohl sich diese an verschiedene Personenkreise richten. Dabei wäre namentlich die Gefahr gross, dass die bereits an die Kanalisation Angeschlossenen als "beati possidentes" im Gesetzgebungsverfahren versuchten, die Benutzungsgebühren zu Lasten der Anschlussgebühren für Neuanschliessende ungerechtfertigt niedrig zu halten. Die im Gebührenreglement der Gemeinde W. vorgesehene unterschiedliche Zweckbestimmung von Anschluss- und Jahresgebühren erweist sich daher als durchaus sachgerecht."


Auch das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau erklärt in seinem Entscheid vom


24. Oktober 2001 (in Sachen Genossenschaft G. gegen Entscheid des Baudepartements, publiziert in: AGVE 2001 S. 178 E. 3.a/aa) Folgendes:


"Grundsätzlich ist das Kostendeckungsprinzip auf die Abwasserentsorgung als Ganzes anzuwenden. Doch kann es - jedenfalls in problematischen Fällen - geboten sein, getrennt zu untersuchen, ob die Investitionsausgaben verglichen mit den Baubeiträgen und Anschlussgebühren einerseits und die Unterhalts- und Betriebsaufwendungen verglichen mit den Benützungsgebühren andererseits das Kostendeckungsprinzip einhalten. Nur so lässt sich verhindern, dass die bereits an die Kanalisation Angeschlossenen (die in der über die Tarifgestaltung befindenden Gemeindeversammlung regelmässig weit zahlreicher sind als potentiell Neuanschliessende) bei der Festsetzung des Abgabentarifs die Benützungsgebühren zu Lasten der Anschlussgebühren für Neuanschliessende ungerechtfertigt niedrig halten (AGVE 1987, S. 140 f.). Werden umgekehrt die Benützungsgebühren höher angesetzt, als zur Deckung des Unterhalts- und Betriebsaufwandes nötig wäre, fallen die Anschlussgebühren (sofern das Kostendeckungsprinzip insgesamt eingehalten ist) "zu niedrig" aus. Dieser Fall ist relativ unproblematisch, weil bei den Neuanschliessenden ein Ausgleich zwischen den Anschluss- und den in Zukunft ebenfalls zu entrichtenden Benützungsgebühren erfolgt. Hier rechtfertigt es sich, in Verfahren, in denen es um die zulässige Höhe der Anschlussgebühren geht, auf die getrennte Beurteilung zu verzichten (AGVE 1995, S. 179)."


5.5. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass bei der Frage, ob das Kostendeckungsprinzip bei dem im Streit stehenden Kanalisationsanschlussbeitrag gewahrt ist oder nicht, die entsprechenden Erstellungs- und damit Investitionskosten den entsprechenden Beitragseinnahmen gegenüber zu stellen sind.


6.1. Das Enteignungsgericht prüft das Kostendeckungsprinzip in einem ersten Schritt mit Hilfe des sogenannten Wiederbeschaffungswertes der Abwasseranlagen. Es stellt den Wiederbeschaffungswert auf der Ausgabenseite den Anschlussbeiträgen auf der Einnahmenseite gegenüber. Diese Methode ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Unter dem Wiederbeschaffungswert wird der Betrag verstanden, der für ein funktions- und wertgleiches betriebliches Vermögensobjekt zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgewendet werden müsste. Der Wiederbeschaffungswert entspricht somit der Investition, die heute notwendig wäre, um die bestehenden Abwasseranlagen in ihrer heutigen Grösse von Grund auf neu zu erstellen (Urteil des Enteignungsgericht, E. 6.1 mit Hinweis). Zu den Infrastrukturanlagen der Abwasseranlagen werden unter anderem die Kanalisationen, die Sonderbauwerke und die zentralen Abwasserreinigungsanlagen gezählt. Als Sonderbauwerke zählen unter anderem die Abwasserpumpwerke, Regenrückhaltebecken, Regenklärbecken und Düker (Stutz, Dissertation, a.a.O., S. 63).


6.2. Als Grundsatz ist deshalb festzuhalten: Sind die Einnahmen durch die Anschlussbeiträge unter Berücksichtigung des vorhandenen Eigenkapitals (welches durch die Anschlussbeiträge geäufnet wurde) weit höher als die aufgrund des Wiederbeschaffungswertes errechneten Rückstellungen (inkl. der Berücksichtigung von künftigen Anlagen, die z.B. im Rahmen des GEP notwendig sind), so ist das Kostendeckungsprinzip ohne weiteres verletzt. Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, werden nachfolgend anhand der konkreten Verhältnisse geprüft.


7. Als erstes ist die für die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben zu berücksichtigende Zeitspanne zu definieren. Das Enteignungsgericht geht von einem Zeithorizont von 10 Jahren aus. Die Gemeinde plädiert für einen Zeithorizont von 20 Jahren. Bei Anschlussgebühren und -beiträgen, wo die Kosten für den Bau und die Amortisation der Leitungen und Anlagen in der Regel über eine längere Zeit und oft ungleichmässig anfallen, muss sich die Überprüfung des Kostendeckungsprinzips auf eine entsprechend lange Zeitdauer erstrecken (Hungerbühler, a.a.O., S. 529, mit Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichts vom 30. November 1995, 2P.231/1993, E. 3d; Entscheid des Verwaltungsgerichts Graubünden vom 15. April 2008, A 07 55, E. 3.a, publiziert in: swisslex; Entscheid des Verwaltungsgerichts Aargau vom 24. Oktober 2001 in Sachen Genossenschaft G. gegen Entscheid des Baudepartements, publiziert in: AGVE 2001 S. 179 E. 3.a/bb).


Ob das Kostendeckungsprinzip eingehalten ist, beurteilt sich nicht anhand einer Momentaufnahme, sondern durch die Betrachtung eines längeren Zeitraumes, welcher die Vergangenheit, aber auch eine gewisse künftige Zeitspanne einbezieht. Für die massgebende Gegenüberstellung von Ausgaben und Einnahmen sind mit anderen Worten nicht nur die bereits getätigten, sondern - in Berücksichtigung von Entwicklungsprognosen, Erneuerungsbedarf der Anlage, etc. - auch die zu erwartenden Ausgaben und Einnahmen zu berücksichtigen (Urteil des Verwaltungsgerichts Graubünden vom 9. Oktober 1998, 758/97, publiziert in: PVG 1998 S. 160 ff, 165; Die dagegen an das Bundesgericht erhobene Beschwerde wurde am 15. Juni 1999 abgewiesen, soweit darauf einzutreten war; Urteil des Verwaltungsgerichts Graubünden vom 15. April 2008, A 07 55, E. 3.a, publiziert in:swisslex). Mit Hinweis auf die "in Anwendung der vom Kostendeckungsprinzip geforderten Gesamtschau" erklärte das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, dass der Überschuss an Beiträgen, welche die Gemeinde bis 1994 - und somit bis 15 Jahre vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht - eingenommen hatte, in die Beitragsberechnung für die Sanierung und Erweiterung der Anlage einzubringen sei (Urteil des Verwaltungsgerichts Graubünden vom 9. Oktober 1998, 758/97, publiziert in: PVG 1998 S. 166). Das Verwaltungsgericht Aargau hat sich in seinem Entscheid vom 18. November 1986 der von der Gemeinde gewünschten Ausdehnung des Zeithorizonts "auf mindestens 15 Jahre" angeschlossen (Urteil des Verwaltungsgerichts Aargau vom 18. November 1996 i.S. Lüthy AG gegen Entscheid des Baudepartement, publiziert in: AGVE 1987 S. 142).


In Anbetracht, dass die Gemeinden bei der Erhebung der Abwasserbeiträge innerhalb des übergeordneten Rechts Autonomie haben, erachtet das Kantonsgericht die Berücksichtigung eines Zeithorizonts von 20 Jahren sowohl für die Zukunft als für die Vergangenheit als durchaus gerechtfertigt. Damit sind die Einnahmen und Ausgaben der letzten 20 und der nächsten 20 Jahren zu berücksichtigen.


8.1. Für die Berechnung des Wiederbeschaffungswertes wird von einer Gesamtlänge der bestehenden Kanalisation von 30.1 km ausgegangen. Diese Angabe wird von keiner Partei bestritten. Bei der Lebensdauer der Kanalisationsleitungen ging die Gemeinde ursprünglich von 50 Jahren, die Ehegatten X. gehen von 80 Jahren aus. Der Experte empfiehlt in seiner Expertise vom 18. Januar 2008, für die neu verlegten Kanalisationsleitungen eine mittlere Lebensdauer von 80 Jahren einzusetzen (Punkt 1.2). Die Praxis hält sich an den Grundsatz, dass von neutralen Gutachten nicht ohne zwingenden Grund abgewichen werden soll (Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1998, Rz 109). Im Übrigen findet sich auch in der Literatur die Aussage, dass die Lebensdauer der öffentlichen Kanalisationen 80 Jahre beträgt (Hans E. Stutz, Herausforderung im qualitativen Gewässerschutz, in: URP 5/2008 S. 502 ff., S. 523 [zit. Stutz, URP]). Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, von der vom Experten festgelegten Lebensdauer von 80 Jahren abzuweichen.


8.2. Der nächste kostenrelevante Faktor für die Berechnung des Wiederbeschaffungswertes ist der Laufmeterpreis. Berücksichtigt werden dabei z.B. auch Schächte, verschiedene Leitungsdurchmesser, Verlegetiefe, verschiedene Leitungsverläufe (freies Feld oder Strasse), Honorare, Bewilligungen etc. Der Experte geht in seiner Expertise vom 18. Januar 2008 von einem Meterpreis (Preisstand 2000) von Fr. 1'485.91 aus und addiert Fr. 329.87 für die Teuerung von 22.2% für die Zeit von 2000 - 2007 gemäss Produktionskosten-Index des Schweizerischen Baumeisterverbandes (PKI-SBV; im Gutachten vom 5. September 2008 wurde die Teuerung von 22% auf 20.0% korrigiert), so dass ein Laufmeterpreis von Fr. 1'815.78 resultiert. Der Experte erachtet einen Laufmeterpreis von Fr. 1'700.-- als plausibel und sachgerecht. Das Ehepaar X. moniert in seiner Eingabe vom 28. April 2008, dass die Aufrechnung der Teuerung von 22.2% für den Zeitraum 2000 bis 2007 völlig unhaltbar sei. Da die angefochtene Verfügung von der Gemeinde am 30. Juni 2003 erlassen worden sei, sei der Beitrag auf den 30. Juni 2003 zu bereinigen. Zudem sei entgegen der Ansicht des Experten die Teuerung nicht anhand des PKI-SBV, sondern anhand des Baupreisindexes (BPI) zu berechnen. Zu diesen Einwänden führt der Experte in der Beantwortung der Zusatzfragen vom 5. September 2008 (zu Punkt C.2.3) unter anderem aus, dass zur Ermittlung der Teuerung der PKI-SBV ein probates Mittel sei, weil er die Entwicklung der einzelnen Kostenelemente, die bei der Erstellung eines Bauwerks bei den Bauunternehmen anfallen würden, berücksichtige. Er beziehe sich auch detaillierter auf verschiedene Bausparten, insbesondere auf den Kanal- und Leitungsbau. Im Gegensatz dazu untersuche der Baupreisindex im Tiefbau nur die beiden Bauwerksarten "Neubau von Strassen" und "Neubau für Unterführungen aus Stahlbetonbau". Die Teuerungsberechnung nach PKI-SBV führe zur Ermittlung einer oberen Grenze der Teuerung. Diesem Umstand sei im Gutachten vom 18. Januar 2008 Rechnung getragen worden, indem die so ermittelte Teuerung auf Grund von Erfahrungszahlen angepasst worden sei, nämlich von Fr. 1'857.-- auf Fr. 1'700.-- pro Laufmeter. Dies habe der Aufgabenformulierung entsprochen, welche einen Vergleich mit ähnlich gelagerten Objekten aus "ihrem" Arbeitsbereich gewünscht habe. Die vom Experten berücksichtigte Teuerung ist zugegebenermassen sehr hoch. Gestützt auf die Ausführungen des Experten in seinem Zusatzgutachen und aufgrund der Tatsache, dass der Experte den errechneten Laufmeterpreis von Fr. 1'815.-- selber auf Fr. 1'700.-- reduziert, rechtfertigt es sich - entgegen der Ansicht des Enteignungsgerichts - auf einen Laufmeterpreis in der Höhe von Fr. 1'700.-- abzustellen.


8.3. Damit resultiert ein Wiederbeschaffungswert von Fr. 51 Mio. Franken (30100 Meter mal Fr. 1'700.--), was bei einer Lebensdauer von 80 Jahren einer jährlichen Rückstellung zur Refinanzierung der Anlage von Fr. 640'000.-- entspricht.


9.1. Bezüglich der zu berücksichtigenden Ausgaben erklärt das Ehepaar X. (u.a. in der Vernehmlassung vom 31. August 2006, S. 23), dass die Finanzierung der Investitionen für die Umsetzung des GEP in der Gemeinde B. nie vorgesehen worden sei. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz und der Beschwerdeführerin bestehe keine gesetzliche Grundlage "für die Erhebung der Finanzierung des Trennsystems", was dazu führen müsse, "dass eine Einrechnung im Rahmen der Diskussion über den Wiederbeschaffungswert des bereits bestehenden Systems nicht erfolgen" dürfe. Die GEP-Massnahmen dürften deshalb für die Beurteilung der Kostendeckung nicht herangezogen werden. Das Kantonsgericht geht hier mit der Gemeinde einig, dass dieser Einwand verfehlt ist (vgl. Eingabe der Gemeinde vom 3. November 2008, S. 3). Gemäss § 57 Kanalisationsregelement werden die einmaligen Beiträge ganz generell "zur Deckung" der Kosten des öffentlichen Kanalisationsunternehmens" erhoben. Aufgrund dieser weitgefassten Zweckumschreibung besteht eine gesetzliche Grundlage.


9.2. Im Anschlussgutachten erklärt der Gutachter auf Seite 3, dass gemäss rechtsgültigem GEP in den nächsten 15 bis 20 Jahren mit beitragsfinanzierten Investitionen für Neuanlagen in der Höhe von Fr. 5'070'000.-- (Neuerschliessungen und Vergrösserungen Kanalisationen Fr. 2'420'000.--, Anpassung Regenentlastungen Fr. 100'000.-- und Trennsystem in Teilgebieten Fr. 2'550'000.--) zu rechnen sei. Nicht enthalten seien darin Sanierungsmassnahmen zur Werterhaltung in der Höhe von Fr. 5'150'000.--, die aus Zustandsgründen ausgeführt werden müssten. Die massgeblichen Fr. 5'070'000.-- würden in den nächsten 15 bis 20 Jahren anfallen.


Das Kantonsgericht erachtet es als richtig, nur die vom Experten als beitragsfinanzierte Investitionen für Neuanlagen bezeichneten Investitionen zu berücksichtigen und nicht auch die Investitionen zur Werterhaltung. Zudem ist die Bauteuerung zu beachten. Eine Bauteuerung von jährlich 2% erscheint angemessen. Die massgeblichen Kosten für die nächsten 20 Jahre betragen rund Fr. 5'070'000.--. Es wird rechnerisch davon ausgegangen, dass in jedem Jahr die gleiche Summe ausgegeben wird. Wird die Bauteuerung auf den ganzen Betrag für 20 Jahre errechnet, so würde dies zu einer unzulässigen Verzerrung führen. Deshalb wird die Teuerung auf den durchschnittlichen jährlichen Betrag in der Höhe von Fr. 253'500.-- (Fr. 5'070'000.-- : 20) errechnet. Die Bauteuerung führt damit zu einem Betrag von grosszügig aufgerundet Fr. 1'100'000.-- (1. Jahr Bauteuerung von 0% = Fr. 0.--, 20 Jahr Bauteuerung von 40% = Fr. 101'400.--; Fr. 0.-- + Fr. 101'400.-- = Fr. 101'400.--; Fr. 101'400.-- : 2 x 20 = 1'014'000.--; oder anders ausgerechnet: 2% auf Fr. 5'070'000.-- x 20 Jahre : 2 = Fr. 1'014'000.--).


10. Bei den Einnahmen ist das Eigenkapital zu berücksichtigen. Aus der Rechnung der Gemeinde B. vom Jahr 2008, S. 71, geht hervor, dass der Bestand der Spezialfinanzierung Abwasserbeseitigung per 1.1. 2008 Fr. 11'155'297.40 und die Vorfinanzierung Abwasserbeseitigung per 1.1.2008 Fr. 2'837'451.40 betrug. Dies ergibt ein Eigenkapital von rund Fr. 13'993'000.--. Die Verzinsung des Eigenkapitals ist sachgerecht (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts Aargau vom 24. Oktober 2001 i.S. Genossenschaft G gegen Entscheid des Baudepartements, publiziert in: AGVE 2001 S. 117 ff., S. 184, E. 3.a/cc/aaa. Dort wird von einem Zinssatz für die Verzinsung der Einnahmeüberschüsse von 4% ausgegangen). Das Kantonsgericht geht von einem Zinssatz von 2% aus, wobei dieser sicherlich sehr tief ist. Auf die Berücksichtigung von Zinseszinsen wird verzichtet (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts Aargau vom 24. Oktober 2001 i.S. Genossenschaft G gegen Entscheid des Baudepartements, publiziert in: AGVE 2001 S. 117 ff., S. 184, E. 3.a/cc/aaa. Dort wird ebenfalls von der Berücksichtigung von Zinseszinsen abgesehen).


11. In Bezug auf die Einnahmen durch Anschlussbeiträge erklärt die Gemeinde, in Zukunft mit jährlich Fr. 450'000.-- rechnen zu können, da die Bodenreserven nur noch gering seien. Der Experte schätzt die Einnahmen in seinem Gutachten in den nächsten 10 bis 15 Jahren auf jährlich Fr. 600'000.-- ein. Im Zusatzbericht erklärt der Experte, dass diese Schätzung ein rechnerischer Mittelwert bzw. eine generelle Prognose aufgrund der Einnahmenstatistik der Gemeinden in den letzten 17 Jahren mit einer entsprechenden Reduktion auf Grund zukünftig geringer Verfügbarkeit von Bauland sei. Der Experte führt weiter aus, dass die Gemeinde in ihrer Darlegung bezüglich der Baulandreserven und dem Baulandverbrauch zeige, dass in den letzten sieben Jahren viel bewilligt und auch viel verbaut worden sei. Auch wenn Grossüberbauungen in der Grössenordnung von 10'000 m 2 nach Auffassung der Gemeinde nicht mehr möglich seien, könnten doch auch in Zukunft auf kleineren Grundstücken Mehrfamilienhäuser, Reiheneinfamilienhäuser oder andere verdichtete Bauvorhaben realisiert werden. Das heisse, dass die überbaute Fläche nach wie vor zunehmen werde, aber tendenziell weniger schnell als in den letzten Jahren. Im Hinblick auf einen Zeithorizont von 20 Jahren könne die gutachtliche Schätzung mit zukünftigen Beitragseinnahmen von Fr. 600'000.-- pro Jahr auf Grund der Darlegungen der Gemeinde als obere Einnahmensgrenze angesehen werden. Die geschätzten Fr. 400'000.-- Einnahmen pro Jahr der Gemeinde B. dagegen erachtet der Experte als eher tief angesetzt. Der plausible Mittelwert für die möglichen jährlichen Beitragseinnahmen der Gemeinde liege wohl eher dazwischen, nämlich bei ca. Fr. 450'000.-- bis Fr. 500'000.-- pro Jahr. An der heutigen Verhandlung erklärt der Experte auf Frage, dass seine Schätzung im ersten Gutachten von Fr. 600'000.-- wohl an der oberen Grenze, die Schätzung der Gemeinde an der unteren Grenze anzusiedeln sei. Zudem erläutert der Experte auf Frage, dass die Einnahmen durch verdichtetes Bauen bei seiner Schätzung nicht mitberücksichtigt worden seien. Zu bedenken ist zudem, dass unter anderem die Bauteuerung bei den Liegenschaften zu höheren Liegenschaftspreisen und damit zu höheren Beitragseinnahmen führen wird. Aufgrund dieser Überlegung und der Ausführungen des Experten erscheint eine Annahme von jährlich Fr. 500'000.-- Beitragseinnahmen sicherlich nicht als zu hoch.


Angemerkt wird hier, dass die Statistik der Abwasserversorgung der Gemeinde zeigt, dass die Gemeinde im Jahr 2006 Fr. 609'000.--, im Jahr 2007 Fr. 708'000.-- und im Jahr 2008 Fr. 1'856'000.-- an Abwasserbeitragseinnahmen eingenommen hat. Dies obwohl die Gemeinde auch für diese Jahre bereits tiefere Beitragseinnahmen prognostiziert hatte.


12. Ausgehend vom Berechnungsschema der Gemeinde in ihrer Eingabe vom


3. November 2008 ergibt sich somit folgende Gesamtbetrachtung:


13. Die vorerwähnte Aufstellung zeigt, dass die zu erwartenden Einnahmen bei Weitem die zu erwartenden relevanten Ausgaben übersteigen. Das Kostendeckungsprinzip ist somit offensichtlich verletzt. Aufgrund der vorliegenden Berechnung kann die Frage, ob bei den zu berücksichtigenden Rückstellungen zur Refinanzierung der Abwasserinfrastruktur zudem ein Teil der darin enthaltenen Kosten als Unterhaltskosten und damit als werterhaltende Massnahmen zu betrachten ist, offen gelassen werden. Würde jedoch ein Teil dieser Kosten als Unterhaltskosten qualifiziert werden, so würde sich der anrechenbare Rückstellungsbetrag verringern und damit wäre das Kostendeckungsprinzip noch deutlicher verletzt.


14. Die Gemeinde hat gemäss § 18 der Verordnung über den Finanzhaushalt und das Rechnungswesen der Gemeinden (Gemeindefinanzverordnung) vom 24. November 1998 die Finanzierung der Abwasserbeseitigung als Spezialfinanzierung zu führen. Die Gemeinde erklärt in ihrer Stellungnahme vom 6. Mai 2004 an das Enteignungsgericht, dass sich die Abwasserversorgungsrechnung in die laufende Rechnung, die Bestandesrechnung und die Investitionsrechnung gliedere. A. K., Abteilungsleiter der Abteilung Finanzen und Steuern der Gemeinde Bottmingen, führt heute aus, dass die Kosten für den Unterhalt der Abwasserbeseitigung mit den Mitteln aus der laufenden Rechnung beglichen werden und die Investitionskosten über die Investitionsrechnung laufen.


A. K. hat heute erläutert, dass die Unterhaltsarbeiten an den Anlagen aus der laufenden Rechnung beglichen würden. Die Investitionen für die Abwasseranlagen würden über die Investitionsrechnung laufen. Auf Frage hin hat A. K. bestätigt, dass die Zinsen auf dem Eigenkapital in die laufende Rechnung einfliessen würden und der Gewinn aus der laufenden Rechnung zu Gunsten des Eigenkapitals falle (vgl. Position 710.492, verrechnete Kapitaldienste, auf Seite 50 der Rechnung 2008 der Gemeinde). Das Geld in der laufenden Rechnung setze sich somit zusammen aus den periodischen Abwassergebühren sowie aus den Zinsen, welche aus dem Eigenkapital und somit aus der Investitionsrechnung fliessen würden. Die Gemeinde fungiere in Bezug auf das Eigenkapital als Bank. Dies werde schon seit einigen Jahren so gemacht, sicherlich seit 10 bis 15 Jahren. Die Frage, ob es richtig sei, dass die laufende Rechnung rote Zahlen schreiben würde, wenn die Zinsen aus dem Eigenkapital nicht in die laufende Rechnung fliessen würden, bejaht er klar. Auch daraus ist ersichtlich, dass die Werterhaltungskosten mittels Vorteilsbeiträge bzw. mittels Zinsen des Eigenkapitals, welches durch die Abwasserbeiträge geäufnet wurde, quer finanziert werden. Nur dadurch war es der Gemeinde in den letzten Jahren möglich, die Gebühr für den Kubikmeter Abwasser von Fr. 2.10 auf Fr. 1.80 zu senken. Eine derartige Quersubventionierung führt für sich alleine bereits zu einer Verletzung des Kostendeckungsprinzips und widerspricht zudem dem heute geltenden GSchG (vgl. Vorlage Nr. 2000/157 vom Regierungsrat an den Landrat vom 22. August 2000 betreffend Revision des Gesetzes über den Gewässerschutz vom 18. April 1994, siehe Urteilserwägung 5.4).


Auch ein Blick auf die Rechnung der Abwasserversorgung für die Jahre 1990 bis 2008 zeigt, dass das Eigenkapital inkl. Reserven Kanalaufgaben von Fr. 4'668'000.-- per 31.12.1990 auf Fr. 15'398'000.-- per 31.12.2008 gestiegen ist. Dies zeigt, dass das Eigenkapital (und damit die Einnahmen durch die Beiträge) immer gewachsen ist und dies, obwohl die Zinsen aus dem Eigenkapital nicht zum Eigenkapital flossen, sondern nur der Gewinn aus der laufenden Rechnung (nachdem die Zinsen, welche viel höher als der Gewinn waren, der laufenden Rechnung zugeführt worden waren). Auch diese Zahlen zeigen, dass die Höhe der Beiträge das Kostendeckungsprinzip verletzt. Daran vermag auch die Aussage der Gemeinde, dass aufgrund des konkreten Alters der Leitungen in den letzten Jahren keine Renovationsbedürftigkeit bestanden habe, in den letzten Jahren grosse Überbauungen zu hohen Beitragseinnahmen geführt hätten und wegen persönlichen Engpässen in der Verwaltung ein Investitionsstau bestehe, nichts zu ändern.


15. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ergibt sich somit, dass das Kostendeckungsprinzip nicht eingehalten ist. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen. Die Frage, ob auch das Äquivalenzprinzip verletzt ist, kann demzufolge offen bleiben.


16.1. Im Folgenden ist noch über die Kosten zu entscheiden. Gemäss dem Ausgang des Verfahrens werden die Kosten für das Verfahren vor Kantonsgericht in der Höhe von Fr. 19'106.25 (bestehend aus einer Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- und Auslagen von Fr. 225.-- sowie Expertisenkosten von Fr. 16'881.25) nach § 20 Abs. 3 VPO der unterliegenden Partei auferlegt. Gemäss dem per 1. Mai 2008 in Kraft getretenen § 20 Abs. 4 VPO werden Gemeinden Verfahrenskosten auferlegt, wenn sie das Kantonsgericht in Anspruch nehmen. Aufgrund der Übergangsbestimmung in § 78 VPO ist jedoch § 20 Abs. 4 VPO nicht auf bei Inkrafttreten der Bestimmung bereits hängigen Verfahren anwendbar, so dass der Vorinstanz als Gemeinde gemäss § 20 Abs. 3 VPO keine Verfahrenskosten auferlegt werden können und diese zu Lasten der Gerichtskasse gehen.


16.2. Der ganz oder teilweise obsiegenden Partei kann für den Beizug eines Anwalts bzw. einer Anwältin eine angemessene Parteientschädigung zu Lasten der Gegenpartei zugesprochen werden (§ 21 Abs. 1 VPO). Gemäss dem Wortlaut dieser Bestimmung setzt die Zusprechung einer Parteientschädigung an die obsiegende Partei voraus, dass diese eine Anwältin bzw. einen Anwalt beigezogen hat. Es erscheint bereits vom Wortlaut dieser Bestimmung her fraglich, ob auch einem in eigener Sache prozessierenden Anwalt im Falle der Gutheissung der Beschwerde eine Parteientschädigung zugesprochen werden kann. Das Verwaltungsgericht sah unter dem Geltungsbereich des bis Ende 1994 massgebenden VRG entwickelten Rechtsprechung in aller Regel davon ab, einem in eigener Sache prozessierenden Anwalt eine Parteientschädigung zuzusprechen. Ausnahmsweise wich es von diesem Grundsatz  - in Anlehnung an die vom Bundesgericht zu dieser Frage entwickelten Rechtsprechung (vgl. BGE 110 V 132 ff.) - ab, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt waren (vgl. das Urteil des Verwaltungsgerichts i.S. D. vom 1. Juli 1992, E. 6a):


Das Kantonsgericht hat bereits mit Urteil vom 31. Januar 2007 (810 06 197, E. 2.2., 2.3) festgestellt, dass unter dem Geltungsbereich der VPO nicht an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann. § 23 Abs. 3 des noch bis Ende 1994 massgebenden VRG bestimmte, dass bei Gutheissung der Beschwerde oder Klage eine Parteientschädigung zu Lasten der Gegenpartei zugesprochen werden könne. § 21 Abs. 1 VPO dagegen lautet: "Der ganz oder teilweise obsiegenden Partei kann für den Beizug eines Anwalts oder einer Anwältin eine Parteientschädigung zugesprochen werden." Der Wortlaut dieser Bestimmung erweist sich als klar. Eine Parteientschädigung kann nur noch in Fällen ausgesprochen werden, in denen die (obsiegende) Partei einen Anwalt bzw. eine Anwältin beigezogen hat. § 21 Abs. 1 VPO schränkt im Gegensatz zu § 23 Abs. 3 VRG die Parteientschädigung auf Fälle einer anwaltlichen Vertretung ein. Prozessiert nun ein Anwalt in eigener Sache, kann ihm demnach gemäss dem klaren Wortlaut von § 21 Abs. 1 VPO keine Parteientschädigung zugesprochen werden. Die unter dem Geltungsbereich des VRG entwickelte Praxis lässt sich deshalb unter dem Geltungsbereich der VPO nicht aufrechterhalten. Dies führt vorliegend zum Ergebnis, dass keine Parteientschädigung zugesprochen werden kann. Die ausserordentlichen Kosten sind demnach wettzuschlagen.


KGE VV vom 27. Mai 2009 i.S. EWG B. (810 06 120/DIE)


Gegen diesen Entscheid haben die Beschwerdeführer am 29. September 2009 und die Gemeinde B. am 2. Oktober 2009 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Schweizerischen Bundesgericht erhoben.



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