Steuern und Abgaben

Sicherstellung der Steuer


Das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen ist von Amtes wegen zu prüfen (§ 16 Abs. 2 VPO; E.1).


Gegen die von der Steuerverwaltung erlassene Sicherstellungsverfügung kann auch im Bereich der Bundessteuern - wie im Bereich der kantonalen Staats- und Gemeindesteuern - direkt Beschwerde beim Kantonsgericht erhoben werden (Art. 169 Abs. 3 DBG, § 143 StG; E. 2).


Inhalt und Tragweite der Sicherstellung (Art. 169 Abs. 3 DBG; E. 3).


Die Steuerverwaltung muss den Grund, weshalb sie Sicherheiten verlangt, sowohl unter dem Blickwinkel der Tatsachen als auch in rechtlicher Hinsicht begründen (Art. 29 Abs. 2 BV; E.4).


Die angefochtene Sicherstellungsverfügung verletzt die Begründungspflicht (E. 5).



Sachverhalt

Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft (Steuerverwaltung) erliess am 28. Mai 2009 gegen X. unter Hinweis, dass die Bezahlung der geschuldeten Steuern, Zinsen und Kosten als gefährdet erschiene und Verlustscheine vorlägen, eine Sicherstellungsverfügung für die Deckung der direkten Bundessteuern 1997, 1998, 1999, 2000 (Verlustscheine), der Ordnungsbusse/Bundessteuern 2001 (Verlustschein), der direkten Bundessteuern 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008 (ordentliche Steuern) sowie der Nach- und Strafsteuern/Bundessteuern 2005 sowie der damit in Verbindung stehenden Zinsen und Kosten. X. wurde verpflichtet, einen Betrag von Fr. 363'653.75 als Sicherstellung bis spätestens 30. Juni 2009 zu leisten. Gegen die Sicherstellungsverfügung vom 28. Mai 2009 erhob X. beim Kantonsgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung, unter o/e-Kostenfolge.



Erwägungen

1. Die Verwaltungsrechtspflege wird durch das formgerechte Einlegen eines Rechtsmittels einer Partei ausgelöst. Damit die Rechtsmittelinstanz auf eine Beschwerde eintritt und diese materiell behandelt, müssen die Prozessvoraussetzungen - auch Sachurteilsvoraussetzungen genannt - gegeben sein. Die angerufene Behörde, vorliegend das Kantonsgericht, prüft sie gemäss § 16 Abs. 2 VPO von Amtes wegen; auf deren Bestreitung oder Nichtbestreitung kommt es nicht an (vgl. auch Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 73; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 409 ff.). Zu den Prozessvoraussetzungen, die allesamt erfüllt sein müssen, damit das Gericht zur Begründetheit der Rechtsbegehren Stellung nehmen kann, gehören namentlich ein taugliches Anfechtungsobjekt, eine frist- und formgerechte Rechtsmittelvorkehr, die Zuständigkeit der Rechtsmittelinstanz, die Legitimation und die Beschwer der Beschwerdeführer (vgl. René Rhinow/Heinrich Koller/ Christina Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel und Frankfurt am Main 1996, Rz. 947 ff, Fritz Gygi, a.a.O., S. 71 ff.).


2. Gemäss Art. 169 Abs. 3 DBG kann der Steuerpflichtige gegen die Sicherstellungsverfügung im Zusammenhang mit der direkten Bundessteuer innert 30 Tagen nach Zustellung bei der kantonalen Steuerrekurskommission Beschwerde führen.


2.1 Als direkter Adressat der Sicherstellungsverfügung ist der Beschwerdeführer zur Erhebung der Beschwerde berechtigt (§ 47 Abs. 1 lit. a VPO). Das vorliegende Rechtsmittel ist rechtzeitig eingereicht worden. Fraglich ist, ob das Kantonsgericht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig ist. Seine Zuständigkeit prüft das Kantonsgericht wie erwähnt von Amtes wegen (§ 16 Abs. 2 VPO).


2.2 Anfechtungsobjekt der vorliegenden Beschwerde ist die Sicherstellungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft vom 28. Mai 2009, mit der Sicherheit für die Steuerforderung betreffend die direkte Bundessteuer gefordert wird. Diese Verfügung kann gemäss Art. 169 Abs. 3 DBG bei der "kantonalen Steuerrekurskommission" mit Beschwerde angefochten werden. Der Wortlaut legt nahe, dass darunter das Steuergericht gemeint ist, ist dieses doch im Kanton Basel-Landschaft als erstinstanzliches Gericht zuständig zur Beurteilung von Rekursen gegen Entscheide der kantonalen Steuerverwaltung (§ 124 Abs. 1 StG). Gegen Entscheide des Steuergerichts kann beim Kantonsgericht (Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht) schriftlich Beschwerde erhoben werden (§ 131 Abs. 1 StG).


Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht eindeutig bzw. sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente nach der wahren Tragweite gesucht werden. Abzustellen ist namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt (vgl. u.a. BGE 135 II 418 mit Hinweisen). Bei der direkten Bundessteuer sah Art.169 Abs. 3 DGB (vor der Justizreform ) in seiner bis Ende 2006 anwendbaren Fassung vor, dass die Sicherstellungsverfügung direkt beim Bundesgericht angefochten werden konnte (Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. OG. Gemäss dem seit dem 1. Januar 2007 geltenden Art. 169 Abs. 3 DBG ist zunächst Beschwerde an die kantonalen Steuerrekurskommission zu führen, deren Entscheid dann gemäss Art. 146 DGB durch Beschwerde (in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) beim Bundesgericht angefochten werden kann. Mit der Änderung wurde folglich der Instanzenzug um eine (obere) kantonale Instanz verlängert. Grundsätzlich bestimmt das kantonale Recht, welche Instanz innerkantonal die Funktion der kantonalen Steuerrekurskommission gemäss Art. 169 Abs. 3 DGB übernehmen wird (Art. 146 i.V.m. Art. 145 Abs. 1 DGB; vgl. auch Martin Zweifel/ Peter Athanas (Hrsg.), Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2b: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 2. Aufl. 2008, N. 58 zu Art. 169 DBG). Als Rekursbehörden amten nach den zwingenden Vorgaben der Bundesgesetzgebung von der Steuerbehörde unabhängige, mit umfassender Überprüfungsbefugnis ausgestattete Justizbehörden (Art. 145 Abs. 1 DGB). Bei Sicherstellungen betreffend Staats- und Gemeindesteuern sieht § 143 StG vor, dass gegen Sicherstellungsverfügungen verwaltungsgerichtliche Beschwerde beim Kantonsgericht erhoben werden kann. Mit dem seit 1. Januar 2005 in Kraft gesetzten § 143 StG besteht bei der Sicherstellung im Bereich der kantonalen und kommunalen Steuern somit nur ein einstufiger gerichtlicher Instanzenzug. Von Bundesrechts wegen ist dies durchaus zulässig, da Fragen des Steuerbezuges - zu denen eben auch die Steuersicherung gehört - grundsätzlich nicht harmonisiert worden sind und in diesem Bereich keine harmonisierungsrechtlichen Vorgaben existieren (vgl. BEUSCH MICHAEL/BÄRTSCHI BETTINA, Rechtsschutz bei den harmonisierten Staats- und Gemeindesteuern und der direkten Bundessteuer - dargestellt am Beispiel des Kantons Zürich, zsis 2006, Aufsatz Nr. 5 in: BEUSCH MICHAEL/ISIS (Hrsg.), Steuerrecht 2007, Best of zsis, Zürich et al.2007, 27 ff.). In der Literatur wird die Meinung vertreten, dass sich der einstufige Instanzenzug für die Sicherstellungen aufgrund der Natur der Sicherstellung als vorsorgliche Massnahme aufdrängt (MICHAEL BEUSCH, Die Einheitsbeschwerde im Steuerrecht, IFF Forum für Steuerrecht, 2007, S. 11 f; Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2b, a.a.O. N. 58 zu Art. 169 DBG). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Beschwerden gegen Sicherstellungsverfügungen angesichts der Bedeutung der damit verbundenen Konsequenzen (Wirkung als Arrestbefehl, Fehlen des Suspensiveffekts) so rasch wie möglich behandelt werden müssen (vgl. VPB 63 (1999) Nr. 30; VPB 64 (2000) N. 51). Es erscheint wenig sinnvoll, wenn für die Sicherstellung im Bereich der Bundessteuern und im Bereich der kantonalen Staats- und Gemeindesteuern zwei verschiedene sachliche Zuständigkeiten (Steuergericht und Kantonsgericht) bestehen. Dabei ist auch in Erwägung zu ziehen, dass Sicherstellungsverfügungen gemäss Artikel 169 DBG und gemäss § 143 StG regelmässig gegen denselben Beschwerdeführer erlassen werden und sich in beiden Verfahren im wesentlichen auch die gleichen Rechtsfragen stellen. Würden zwei verschiedene Instanzen die Beschwerden gleichzeitig behandeln, so könnte dies zu einer uneinheitlichen Beurteilung führen. Obwohl Art. 169 Abs. 3 DBG von der "kantonalen Steuerrekurskommission" als Beschwerdeinstanz spricht, sprechen mithin stichhaltige Gründe dafür, dass das Kantonsgericht als Beschwerdeinstanz für Beschwerden gegen Sicherstellungsverfügungen, die gestützt auf Art. 169 Abs. 1 DBG erlassen wurden, zuständig ist. Für diese Auslegung spricht weiter, dass im Prinzip nur obere kantonale Instanzen zulässige Vorinstanzen des Bundesgerichtes sind (Art. 86 Abs. BGG). Ausnahmsweise können auch andere Gerichtsinstanzen direkte Vorinstanz des Bundesgerichtes sein, wenn dies die Spezialgesetzgebung so vorsieht. Da das DBG (vgl. auch Art. 50 Abs. 3 StHG) nur eine Instanz vorsieht, könnte die kantonale Ausgestaltung vorsehen, dass die erste Gerichtsinstanz in Steuersachen (als direkte Vorinstanz des Bundesgerichtes) für Sicherstellungen zuständig ist. Dies würde jedoch voraussetzen, dass für die Sicherstellung im Bereich der kantonalen Staats- und Gemeindesteuern die gleiche Regelung gälte. Dies verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zwingend das im Steuerverfahrensrecht geltende Gebot der vertikalen Steuerharmonisierung (vgl. BGE 130 II 65, Urteile des Bundesgerichts 2A.647/2005 vom 7. Juni 2007 sowie 2C_589/2007 vom 9. April 2008). Obwohl es somit theoretisch zulässig wäre, das Steuergericht als Vorinstanz des Bundesgerichtes bei einem ansonsten bestehenden zweistufigen Instanzenzug im Steuerrecht einzusetzen, würde dies ein nicht notwendiger Einbruch in das grundlegende Prinzip der oberen Instanz als Vorinstanz des Bundesgerichtes darstellen (BEUSCH MICHAEL/BÄRTSCHI BETTINA, a.a.O., S. 20 f.). Zusammenfassend ergibt sich aus den dargelegten Erwägungen, dass der Begriff "kantonale Steuerrekurskommission" in Art. 169 Abs. 3 DBG dahingehend auszulegen ist, dass die von der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft erlassenen Sicherstellungsverfügungen auch im Bereich der Bundessteuern direkt mit Beschwerde beim Kantonsgericht angefochten werden können. Auf die vorliegende Beschwerde ist daher einzutreten.


3. Nach Art. 169 Abs. 1 DBG kann die kantonale Verwaltung die Sicherstellung der direkten Bundessteuer bereits vor deren rechtskräftigen Festsetzung verlangen, namentlich wenn der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz in der Schweiz hat oder die Bezahlung der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer als gefährdet erscheint. Die Sicherstellungsverfügung gibt den sicherzustellenden Betrag an und ist sofort vollstreckbar. Sie hat im Betreibungsverfahren die gleichen Wirkungen wie ein vollstreckbares Gerichtsurteil. Bei der Sicherstellungsverfügung geht es um eine reine Massnahme der Steuersicherung, die auf Leistung einer Sicherheit gerichtet ist. Nebst den Steuern (inklusive Nachsteuern) können auch Zinsen sowie Bussen und Kosten, die in einem Steuerstrafverfahren auferlegt werden, Gegenstand einer Sicherstellungsverfügung sein (vgl. BGer 17.8.2006, 2A.462/2006 E. 2.3). Bestand und Umfang der Steuerforderung sind nicht Gegenstand des Verfahrens betreffend Sicherstellung. Die nähere Abklärung der Steuerpflicht und die Festsetzung der Abgabe bleiben vielmehr dem Hauptverfahren in der Steuersache selbst vorbehalten. Im Sicherstellungsverfahren brauchen sowohl Bestand und Umfang der Steuerforderung nur glaubhaft gemacht zu werden. Auch die Gefährdung der Steuerforderung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes ("erscheint") nur glaubhaft zu machen. Eine besondere Handlungsweise, ein "Verhalten" des Steuerpflichtigen, das sich auf die Bezahlung der Steuerforderung nachteilig auswirken könnte, verlangt Art. 169 DBG nicht. Es genügt, dass die Bezahlung der Steuerforderung objektiv aufgrund der gesamten Umstände gefährdet erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen in einer Weise ausgestaltet ist, die es ihm ermöglicht, sich durch Verschiebung von Vermögenswerten namentlich ins Ausland der Steuervollstreckung zu entziehen (vgl. BGE 108 Ib 44). Ebenso ist eine Steuergefährdung anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige den Veranlagungsbehörden gegenüber systematisch seine Einkommens- und Vermögenssituation verschleiert (ASA 66 S. 479). Für die Annahme einer Steuergefährdung kann aus der Natur der Sache folgend kein strikter Nachweis gefordert werden, denn in den meisten Fällen könnte dieser ja erst dann erbracht werden, wenn die steuergefährdende Handlung bereits abgeschlossen ist. Dies würde den mit der Sicherstellungsverfügung verfolgten Zweck weitgehend illusorisch machen. Zu berücksichtigen ist im Weiteren, dass die gegen einen Steuerpflichtigen erlassene Sicherstellungsverfügung verhältnismässig sein muss. Die Behörde soll sich keines strengeren Zwangsmittels bedienen, als es die Umstände verlangen (vgl. VPB 63 (1999) S. 728 mit Hinweisen; Alfred Kölz / Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl. Zürich 1998, Rz. 391). Dies gilt insbesondere für die Höhe der verlangten Sicherheit.


4. Gemäss Art. 169 Abs. 1 DBG hat die Sicherstellungsverfügung lediglich den sicherzustellenden Betrag anzugeben und gemäss Art. 116 Abs. 1 DBG sind Verfügungen und Entscheide dem Steuerpflichtigen schriftlich zu eröffnen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen sind. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich für die Steuerbehörde keine Verpflichtung, die Sicherstellungsverfügung zu begründen. Eine solche Pflicht besteht allerdings gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) vom 18. April 1999, der den Parteien Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs einräumt (vgl. BGE 129 I 232). Die Begründung soll verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt und soll dem Betroffenen und auch der Rechtsmittelinstanz die Möglichkeit gegeben, sich über die Tragweite des Entscheides Rechenschaft zu geben und allenfalls in Kenntnis der Gründe ein Rechtsmittel zu ergreifen bzw. dieses zu beurteilen. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102 f.). Im Weiteren sind an die Begründungspflicht höhere Anforderungen zu stellen, je weiter der den Behörden durch die anwendbaren Normen eröffnete Entscheidungsspielraum und je komplexer die Sach- und Rechtslage ist (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 1707, mit Hinweis auf BGE 129 I 241 ff. vgl. zum Ganzen auch Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, Bern 1999, S. 535 ff. ). Die Begründungsdichte ist zudem abhängig von der Eingriffsintensität des Entscheids (BGE 112 Ia 110 E. 2b). Sie richtet sich demnach nach den Umständen des Einzelfalles. Je grösser der Spielraum, über welchen die Behörde infolge Ermessens und unbestimmter Rechtsbegriffe verfügt, und je stärker ein Entscheid in die individuellen Rechte der Betroffenen eingreift, desto höhere Anforderungen sind an die Begründung eines Entscheides zu stellen und desto detaillierter und konkreter muss die Auseinandersetzung mit dem Tatbestand und den Rechtsfolgen ausfallen (vgl. Kölz/Häner, a.a.O., Rz. 696 und Rz. 355). Ein mangelhaft begründeter Entscheid ist auf Beschwerde hin grundsätzlich aufzuheben, doch lässt die Praxis eine so genannte Nachlieferung der Begründung, d.h. eine Heilung der Gehörsverletzung weitgehend zu. Die Heilung ist unter der Voraussetzung möglich, dass die Begründung im Rechtsmittelverfahren nachgeliefert und dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels oder einer ergänzenden Beschwerdebegründung Stellung zu nehmen (vgl. BGE 126 I 68, 125 V 368, je mit Hinweisen, ASA 67 S. 722 f.). Gerade bei Erlass einer Sicherstellungsverfügung muss sehr oft schnell gehandelt werden, damit der Zweck der Sicherstellung nicht vereitelt werden kann. Aus diesem Grund ist es oft nicht möglich, dass die Steuerverwaltung die Sicherstellungsverfügung eingehend begründet und erst im Rechtsmittelverfahren, d.h. in der Vernehmlassung die eingehende Begründung nachgeholt. Diese Nachholung im Vernehmlassungsverfahren hat das Bundesgericht ausdrücklich als zulässig erachtet, sofern der Beschwerdeführer im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels umfassend Stellung nehmen kann (vgl. Andreas Schorno/Bernhard Meier, in: Marianne Klöti-Weber/Dave Siegrist/Dieter Weber, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 2. Auflage, Muri/Bern 2004, § 232 N. 12 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).


5. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die Steuerverwaltung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht - sei es in der Sicherstellungsverfügung oder in der Vernehmlassung - darlegen muss, weshalb sie Sicherheiten verlangt. Nicht nur der Steuerpflichtige soll sich ein Bild über die Begründetheit der Verfügung machen können, sondern auch das Gericht, um eine sachgerechte Überprüfung einer Verfügung vornehmen zu können. Die angefochtene Sicherstellungsverfügung vom 28. Mai 2009 geht auf die Sicherstellung von direkten Bundessteuern 1997, 1998, 1999, 2000, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008, der Ordnungsbusse/Bundessteuern 2001 sowie der Nach- und Strafsteuern/Bundessteuern 2005. Weder der angefochtenen Sicherstellungsverfügung noch den Eingaben der Steuerverwaltung an das Kantonsgericht (Vernehmlassung, Duplik) ist zu entnehmen, wie hoch die "glaubhaft gemachte Steuerforderung" ist. Über den geforderten Steuerbetrag wird nicht einmal ein Wort verloren. Beim sicherzustellenden Forderungsbetrag handelt es sich um einen wesentlichen Entscheidpunkt, denn ohne Kenntnis dieses Betrages kann das Gericht nicht prüfen, ob die Steuerverwaltung vom Beschwerdeführer Sicherstellung im verfügten Umfang von Fr. 363'653.75 verlangen durfte bzw. ob die verlangte Sicherheit verhältnismässig ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass für die Tatsachen, welche zur Glaubhaftmachung der sicherzustellenden Steuerforderung führen, nach der allgemeinen Beweislastregel das die Sicherstellung verfügende Gemeinwesen beweisbelastet ist (vgl. ZWEIFEL/CASANOVA, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, Direkte Steuern, 2008, S. 431 N. 25). Schon in dieser Hinsicht genügt der angefochtene Entscheid den verfassungsmässigen Begründungsanforderungen nicht. Die Beschwerdegegnerin behauptet, dass die Bezahlung der geschuldeten Steuern, Nach- und Strafsteuern und der Ordnungsbusse gefährdet sei. Dafür genügt - wie oben dargelegt - eine objektive Gefährdung der Steuerforderung aufgrund der gesamten Umstände und diese ist nach dem Wortlaut des Gesetzes nur glaubhaft zu machen. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, dass er insgesamt fünfmal seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und jahrelang und systematisch einen beträchtlichen Teil seiner Einkünfte nicht deklariert und umfangreiche Vermögenswerte auf verschiedenen Bankkonten verheimlicht habe. In Bezug auf die geltend gemachte mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers im Veranlagungsverfahren ist festzuhalten, dass diese die Bezahlung der geschuldeten Steuern noch nicht direkt gefährdet, denn es wird nur die Veranlagung der geschuldeten Steuern erschwert. Das blosse Bestreiten der Steuerpflicht oder die Verweigerung einer von den Veranlagungsbehörden verlangten Auskunft genügt deshalb für eine Sicherstellungsverfügung noch nicht (vgl. ASA 65 S. 645). Hingegen wird in der Praxis eine Steuergefährdung bejaht, wenn der Steuerpflichtige den Veranlagungsbehörden gegenüber systematisch seine Einkommens- und Vermögenssituation verschleiert (vgl. ASA 65 S. 646; S. 388). Welche Einkommens- und Vermögensbestandteile der Beschwerdeführer in der Steuererklärung nicht angegeben habe, wird von der Vorinstanz nicht angegeben. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer habe systematisch Einkünfte und Vermögenswerte verschleiert, wird in keiner Weise substantiiert. Die Beschwerdegegnerin führt nicht an, bei welchen Banken er welche Beträge verheimlicht hat. Sie macht auch keine Ausführungen dazu, welche internationalen Beziehungen der Beschwerdeführer hat. Sowohl in der Vernehmlassung wie auch in der Duplik verweist die Beschwerdegegnerin auf eine Aussage, die der Beschwerdeführer angeblich gegenüber der Bezirksschreiberei Binningen gemacht haben soll und die ihrer Meinung nach die Gefährdung der Steuerforderung glaubhaft macht. Dabei handelt es sich aber um eine blosse Parteibehauptung, die ohne irgendwelche Angaben (Zeit, Zeugen) nicht überprüft werden kann. Der pauschale Hinweis auf Verlustscheine kann zwar Indiz für eine Steuergefährdung sein, doch kann daraus nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass der Steuerbezug als gefährdet erscheint. Ins Gewicht fällt vorliegend ganz besonders, dass die Beschwerdegegnerin keine Belege bzw. keine Akten eingereicht hat, aus denen sich Umstände ergeben würden, die die Annahme der Gefährdung glaubhaft machen würden. Mangels genügender Substantiierung und ohne die in der Sache ergangenen Akten, die die Beschwerdegegnerin trotz klarer Aufforderung mit verfahrensleitender Verfügung des Kantonsgerichts vom 7. August 2009 nicht eingereicht hat, ist das urteilende Gericht nicht imstande, entsprechende Beweismittel zu bezeichnen und zu verlangen. Es ist aber auch nicht verpflichtet, sämtliche Steuerakten edieren zu lassen, um sich selbst ein Bild über die Umstände zu machen, ohne dass die Beschwerdegegnerin substantiierte Ausführungen über die objektive Gefährdung macht.


Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerdegegnerin weder in der angefochtenen Sicherstellungsverfügung, der Vernehmlassung und der Duplik noch durch Verweise auf Akten begründet, weshalb sie Sicherheiten verlangt bzw. warum die Bezahlung von nicht einmal bezifferten Steuerforderungen objektiv aufgrund der gesamten Umstände gefährdet erscheint. Damit verletzt die Steuerverwaltung ihre Begründungspflicht. Die mangelhafte Begründung der angefochtenen Sicherstellungsverfügung vom 23. Mai 2009 verletzt den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör. Da dieser Anspruch formeller Natur ist, ist die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.


KGE VV vom 19. Mai 2010 i. S. X. (810 09 254/FAM)



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