Zivilprozessrecht

Anwendung des Verfahrens des Rechtsschutzes in klaren Fällen (Art. 257 ZPO)


Ein im Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen ergangenes Urteil ist grundsätzlich berufungsfähig (E. 1.1).


Dabei finden die Regelungen zum summarischen Verfahren Anwendung (E. 1.2).


Das Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen stellt eine von der klagenden Partei frei wählbare Option dar. Es ist nicht vom Gericht von Amtes wegen anzuwenden (E. 2).



Erwägungen

1.1 Gemäss Art. 308 Abs. 1 lit. a der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO; SR 272) sind erstinstanzliche End- und Zwischenentscheide mittels des ordentlichen Rechtsmittels der Berufung anfechtbar. Dies gilt auch für die Anfechtung von Entscheiden, die im Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen gemäss Art. 257 ZPO ergangen sind (vgl. Sutter-Somm/Lötscher, Art. 257 N 36, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2010). Das Urteil des Bezirksgerichts C. vom 7. Juni 2011 stellt einen Endentscheid dar. Da vorliegend auch keine der Ausnahmen des Art. 309 ZPO gegeben und der Streitwert der Angelegenheit nicht bezifferbar ist (vgl. Art. 308 Abs. 2 ZPO), erweist sich der vorinstanzliche Entscheid als berufungsfähig. Das vorliegende Rechtsmittel ist indessen - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Urteil - als Beschwerde betitelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf einer Partei, die sich auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung verlassen hat (Angabe einer falschen Rechtsmittelfrist oder eines falschen Rechtsmittels) grundsätzlich kein Nachteil erwachsen, es sei denn, sie habe die Unrichtigkeit tatsächlich gekannt oder die fehlende Kenntnis sei ihr oder ihrem Vertreter als grobe Nachlässigkeit anzulasten (D. Staehelin, Art. 238 N 27, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], a.a.O., mit weiteren Hinweisen). Im vorliegenden Fall sind keine Anzeichen ersichtlich, dass X. die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung gekannt hat, ebenso wenig kann ihr diese fehlende Kenntnis als Nachlässigkeit angerechnet werden. Die Frage des Eintretens auf das von X. eingelegte Rechtsmittel ist daher nach den auf die Berufung anwendbaren Regeln (Art. 308 ff. ZPO) zu beurteilen.


1.2 Im Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen, welches die Vorinstanz gemäss ihrem Urteil vom 7. Juni 2011 (Erwägungen 5 bis 7) im vorliegenden Fall angewandt hat, gelten die Regelungen für das summarische Verfahren (Art. 248 lit. b ZPO; Art. 257 Abs. 1 ZPO). Bei Entscheiden, die im Summarverfahren ergangen sind, gilt eine Berufungsfrist von 10 Tagen (Art. 314 Abs. 1 ZPO). Vorliegend wurde in der Rechtsmittelbelehrung des vorinstanzlichen Urteils aber eine Frist von 30 Tagen genannt. Auch bezüglich der Rechtsmittelfrist ist daher auf die oben genannte Praxis des Bundesgerichts zu verweisen, wonach einer Partei, die sich auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung verlassen hat, hieraus kein Nachteil entstehen darf. Vorliegend war deshalb eine Berufungsfrist von 30 Tagen zu beachten. Die Eingabe von X. vom 4. Juli 2011 ist daher als rechtzeitig erfolgt zu qualifizieren.


1.3 ( … )


1.4 ( … )


2. Im Übrigen ist zum vorinstanzlichen Urteil folgendes festzuhalten: Die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist Prozessvoraussetzung für die Einreichung eine Klage beim Gericht, sofern nicht eine der Ausnahmen des Art. 198 ZPO oder die Voraussetzungen des Verzichts auf das Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 199 ZPO gegeben sind (Leuenberger, Art. 220 N 4, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, a.a.O.). Da X. ohne vorgängigen Schlichtungsversuch an das Bezirksgericht C. gelangte, war dieses für ihr Rechtsbegehren funktional nicht zuständig. Ausserdem stellt der Rechtsschutz in klaren Fällen gemäss der bundesrätlichen Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (BBl 2006, 7221 ff., 7351) eine von der klagenden Partei frei wählbare Option dar. In der Literatur wird einhellig vertreten, dass das Verfahren ausschliesslich durch Gesuch der klagenden Partei eingeleitet werden kann (Sutter-Somm/Lötscher, Art. 238 N 16, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], a.a.O.; BSK ZPO-Hofmann, Art. 257 N 21; Staehelin/Staehelin/Grolimund, a.a.O., 356 ff.) In ihrer Eingabe beim Bezirksgericht C. vom 29. März 2011 stellte X. keinerlei Begehren um Rechtsschutz in klaren Fällen. Die Vorinstanz wandte dieses Rechtsinstitut zu Unrecht von Amtes wegen an. Indessen sind diese beiden Mängel des Urteils der Präsidentin des Bezirksgerichts C. für das Kantonsgericht, Abteilung Zivilrecht, nicht beachtlich, da sie mit dem vorliegenden Rechtsmittel nicht gerügt werden und vom Kantonsgericht nicht von Amtes wegen zu berücksichtigen sind. Die Vorinstanz hätte demzufolge gestützt auf § 46 Abs. 4 des Gesetzes vom 22. Februar 2001 über die Organisation der Gerichte (GOG; SGS 170) die Eingabe von Amtes wegen und unverzüglich an das zuständige Friedensrichteramt weiterleiten sollen.


3. ( … )


KGE ZR vom 16. August 2011 i.S. C.R. gegen E.M. (410 2011 169/VHP)


Dieser Entscheid ist rechtskräftig.



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