Strafrecht

Strafzumessung - Art der Strafe, Bewährungsprognose, reformatio in peius


Es besteht keine starre Anwendungsreihenfolge der verschiedenen Sanktionsarten. Massgebliche Kriterien für die Wahl der Sanktionsart bilden vielmehr ihre Zweckmässigkeit, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz. Eine Geldstrafe kommt dann nicht in Frage, wenn die beurteilte Person über kein eigenes Einkommen oder Vermögen verfügt und ernsthaft damit zu rechnen ist, dass eine Drittperson die Bezahlung der Geldstrafe übernehmen würde (E. 5.3).


Eine bedingt ausgesprochene Strafe fällt ausser Betracht, wenn von einer ungünstigen Bewährungsprognose auszugehen ist. Diese ist vom urteilenden Gericht aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu treffen. Neben den Tatumständen, dem Vorleben und dem Leumund spielen auch Akten zu Strafverfahren, die durch den Rückzug des jeweiligen Strafantrages nie eine gerichtliche Beurteilung erfahren haben, eine Rolle und sind zur Entscheidfindung beizuziehen. Schliesslich ist auch der persönliche Eindruck des Gerichts entscheidrelevant (E. 5.4).


Ob im Einzelfall eine Schlechterstellung der beurteilten Person im Sinne des Verbots einer reformatio in peius vorliegt, ist aus dem Blickwinkel einer Gesamtbetrachtung aller gegen die Person verhängten Rechtsnachteile mit Sanktionsfunktion zu beurteilen (E. 5.5).



Sachverhalt

Mit Urteil vom 18. August 2010 wurde X. vom Strafgericht Basel-Landschaft einer Vielzahl von Straftatbeständen schuldig erklärt und zu einer teilbedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 6 Monate unbedingt, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft, bei einer Probezeit von 4 Jahren für den bedingten Teil der Strafe, sowie zu einer Busse von CHF 600.00 verurteilt (im Falle schuldhafter Nichtbezahlung der Busse zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen). Im Weiteren wurde die gegen ihn am 5. Januar 2006 vom Strafgericht Basel-Stadt bedingt ausgesprochene Gefängnisstrafe von 4 Monaten, bei einer Probezeit von 2 Jahren, in Anwendung von Art. 46 Abs. 1 StGB für vollziehbar erklärt. Im Appellationsverfahren folgte das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, den Anträgen des dagegen Appellation führenden X. dahingehend, dass der Anklage wegen einfacher Körperverletzung zum Nachteil von Y. aufgrund Rückzugs des Strafantrages keine Folge gegeben wurde und dass die Vorstrafe nicht für vollziehbar erklärt wurde, da zu diesem Zeitpunkt ein Widerruf gesetzlich ausgeschlossen war.



Erwägungen

1.-4. (…)


5. Durch den Wegfall der Verurteilung wegen einfacher Körperverletzung ist nachfolgend neu über die Strafzumessung zu entscheiden. (…)


5.1 [Strafrahmen]


5.2 (…) Im Ergebnis erachtet das Kantonsgericht in Würdigung aller (in diesem Urteil als auch vom Strafgericht im angefochtenen Urteil dargelegten) persönlichen und tatbezogenen Umstände sowie in Anbetracht ähnlich gelagerter Fälle eine Freiheitsstrafe von acht Monaten (entsprechend 240 Tagessätzen im Falle einer Geldstrafe) für verschuldensadäquat, womit die auszusprechende Strafe grundsätzlich um ein Drittel herabzusetzen ist.


5.3 Bei der Bemessung der Strafe geht es nicht bloss um die Festsetzung des Masses, sondern auch um die Art der Strafe. Massgebliche Kriterien für die Wahl der Sanktionsart bilden ihre Zweckmässigkeit, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz (BGE 134 IV 97, E. 4.2; BGE 134 IV 82, E. 4.1). Nicht massgeblich ist dagegen namentlich das Verschulden des Delinquenten, wie der Appellant zutreffend anmerkt. Das Verschulden schlägt sich nämlich ausschliesslich im Strafmass nieder. Die drei Hauptstrafarten (Freiheitsstrafe, Geldstrafe, gemeinnützige Arbeit) sind somit, was das Verschulden anbelangt, grundsätzlich austauschbar (Andreas Zünd, Strafrecht: Ein Wegweiser zu den neuen Sanktionen, Plädoyer 6/2008, S. 40). In casu kommt die vom Appellanten eventualiter beantragte gemeinnützige Arbeit von vornherein nicht in Betracht, weil sie nur an Stelle einer Freiheitsstrafe von weniger als sechs Monaten oder einer Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen angeordnet werden kann (vgl. Art. 37 Abs. 1 StGB). Es bleibt somit zu entscheiden, ob vorliegend eine Freiheitsstrafe oder Geldstrafe auszusprechen ist. In dieser Hinsicht bringt der Appellant vor, nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip solle in der Regel diejenige Sanktionsart gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreife. Auch aus der gesetzgeberischen Intention, die Freiheitsstrafen zurückzudrängen, lasse sich schliessen, dass die Geldstrafe Vorrang vor der Freiheitsstrafe geniesse. Es sei deshalb eine Geldstrafe auszusprechen. Diese Auffassung findet indes weder im Gesetz noch in den Materialien eine Stütze. Der Gesetzgeber hat - mit Ausnahme der kurzen Freiheitsstrafen - vielmehr bewusst darauf verzichtet, eine klare Anwendungsreihenfolge der Sanktionsarten festzulegen (Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht vom 21. September 1998, BBl 1999 1979, S. 2017; Sandro Cimichella, Die Geldstrafe im Schweizer Strafrecht, Bern 2006, S. 45). Abgesehen von den kurzen Freiheitsstrafen haben alle Strafarten ein vergleichbares Gewicht, so dass dem Täterprofil ein entscheidendes Gewicht zukommt (Christian Schwarzenegger / Markus Hug / Daniel Jositsch, Strafrecht II, Strafen und Massnahmen, 8. Aufl., Zürich 2007, S. 120). Anders als bei der Strafzumessung im engeren Sinn, bei welcher der Schuldausgleich im Vordergrund steht, sind bei der Auswahl der unterschiedlichen Sanktionen spezialpräventive Gründe von Bedeutung, die auf folgeorientierten Überlegungen basieren (Franz Riklin, Zur Revision des Systems der Hauptstrafen, ZStrR 1999, S. 259).


Wie sich aus den Akten ergibt und auch heute anlässlich der Befragung vom Appellanten bestätigt wurde, verfügt dieser über kein eigenes Einkommen oder Vermögen. Für seinen Lebensunterhalt und den Besuch der Privatschule kommt der Stiefvater auf, der in der Vergangenheit auch die Verteidigung des Appellanten organisiert und Genugtuungszahlungen an von diesem Geschädigte ausgerichtet hat. Somit ist ernsthaft damit zu rechnen, dass die Bezahlung der Geldstrafe grösstenteils vom Stiefvater übernommen würde. Angesichts dieser Umstände kann den Überlegungen des Strafgerichts ohne Weiteres gefolgt werden, dass der Zweck der Geldstrafe, der im erzwungenen zeitweisen Verzicht auf Konsum- und Bedürfnisbefriedigung liegt, im vorliegenden Fall nicht erreicht werden kann und es deshalb auch fraglich ist, ob die Strafe überhaupt eine spezialpräventive Wirkung zeitigen würde. Mit jeder tatsächlichen Überbürdung der wirtschaftlichen Einbusse auf Dritte verliert die Geldstrafe nämlich ihren Strafcharakter. Besteht ernstlich die Gefahr einer Drittleistung, so muss eine andere Sanktion, namentlich eine Freiheitsstrafe, in Betracht gezogen werden (Annette Dolge, in: Marcel Alexander Niggli / Hans Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 34 N 19). Eine Freiheitsstrafe drängt sich auch aufgrund der intensiven Delinquenz des Appellanten auf, der sich als klassischer Wiederholungstäter, wenn überhaupt, wohl nur von einem Freiheitsentzug beeindrucken lassen wird (vgl. dazu auch Cimichella, a.a.O., S. 49). Folglich erweist sich einzig die Freiheitsstrafe als geeignete Sanktion, die im Vergleich zum vorinstanzlichen Urteil wie oben in E. 5.2 dargelegt von zwölf auf acht Monate Freiheitsstrafe zu reduzieren ist.


5.4 Bei diesem Strafmass ist die Gewährung des teilbedingten Strafvollzuges nicht mehr möglich (vgl. Art. 43 Abs. 1 StGB). Es bleibt somit darüber zu befinden, ob der bedingte Vollzug der Strafe angezeigt oder ob eine unbedingte Strafe auszusprechen ist. Gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten. Zentrale materielle Voraussetzung für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB ist somit künftiges Wohlverhalten des Täters. Da vorliegend die Voraussetzungen einer den bedingten Strafvollzug einschränkenden Vorverurteilung nach Art. 42 Abs. 2 StGB nicht erfüllt sind, genügt nach geltendem Recht hiefür bereits das Fehlen einer ungünstigen Prognose. Es dürfen mit anderen Worten keine Gründe für die Befürchtung bestehen, der Täter werde sich in Zukunft nicht bewähren (BGE 134 IV 97, E. 7.3). Der Verurteilte hat demnach einen Rechtsanspruch auf den bedingten Strafvollzug, wenn die Voraussetzungen gegeben sind (Botschaft, a.a.O., S. 2049 f.), wobei dem Gericht bei der Prognose ein weites Ermessen offensteht (Stefan Trechsel / Bruno Stöckli, in: Stefan Trechsel et al. [Hrsg.], Praxiskommentar StGB, Zürich 2008, Vor Art. 42 N 9). Die Frage, ob eine unbedingte Strafe notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Delikte abzuhalten, muss vom urteilenden Gericht aufgrund einer Gesamtwürdigung beantwortet werden. In die Beurteilung mit einzubeziehen sind neben den Tatumständen das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen (Roland M. Schneider / Roy Garré, in: BSK-StGB, a.a.O., Art. 42 N 45). Für die Prognose des künftigen Legalverhaltens spielen deshalb auch die sich im Aktendossier befindlichen diversen Akten zu Strafverfahren, die durch den Rückzug des jeweiligen Strafantrages nie eine gerichtliche Beurteilung erfahren haben, eine Rolle und sind zur Entscheidfindung beizuziehen. Für das Bestreben, sich ein möglichst vollständiges Bild der Täterpersönlichkeit zu verschaffen, ist schliesslich auch der persönliche Eindruck des Gerichts entscheidrelevant.


Im Rahmen der vorzunehmenden Legalprognose ist eingangs festzustellen, dass das Strafgericht Basel-Stadt den Appellanten bereits am 5. Januar 2006 wegen gefährlichem Diebstahl zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von vier Monaten verurteilt hatte. Dieser früheren Verurteilung kommt zunächst die Bedeutung eines Indizes für die Befürchtung zu, dass der Täter weitere Straftaten begehen könnte (Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, 2. Aufl., Bern 2006, § 5 N 27; BGE 118 IV 97, E. 2.c). Noch im Dezember des selben Jahres und damit während der Probezeit verübte der Appellant denn auch den nächsten Diebstahl, gefolgt von weiteren während und nach der Probezeit. Die erneute mehrfache Straffälligkeit auf dem gleichen Gebiet zeigt, dass die bedingt ausgesprochene Strafe offenbar keine genügende Warnwirkung entfaltete. Dieser Umstand ist bei der Prognosestellung zusätzlich als erheblich ungünstiges Element zu gewichten (Schneider / Garré, a.a.O., Art. 42 N 59). Ebenfalls ungünstig wirkt sich der Umstand aus, dass der Appellant während Jahren auch auf anderen Gebieten fortgesetzt delinquierte, angefangen mit einem Gewaltdelikt am 17. Mai 2006 bloss vier Monate nach der Verurteilung durch das Strafgericht Basel-Stadt. Hinsichtlich der wiederholten Gewaltdelikte erweist sich die Feststellung der Vorinstanz als aktenwidrig, wonach der Appellant seit drei Jahren keine Gewaltdelikte mehr verübt habe (E. III.4, S. 22 unten sowie S. 24 Mitte). Die letzte Gewalttat datiert vielmehr vom 31. Dezember 2008, mithin bloss anderthalb Jahre vor dem erstinstanzlichen Urteil (vgl. act. 1125 ff.). Dieser Vorfall ereignete sich keine drei Monate, nachdem ein Strafbefehl des Bezirksstatthalteramts Liestal vom 8. Oktober 2008 u.a. wegen mehrfacher einfacher Körperverletzung gegen ihn ergangen war und ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilte. Noch am 26. April 2009 wurde der Appellant wegen Führens eines Motorfahrzeugs in fahrunfähigem Zustand straffällig, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits Anklage gegen ihn erhoben worden war. Die nonchalante Begehung von Straftaten trotz ausgesprochener oder konkret drohender Strafen veranschaulicht deutlich, dass sich der Appellant als unbelehrbarer Wiederholungstäter von den bisherigen Strafbemühungen der Behörden offenbar nicht beeindrucken liess. Als roter Faden zieht sich vielmehr eine bemerkenswerte Geringschätzung der schweizerischen Rechtsordnung im Allgemeinen und eine inakzeptable Respektlosigkeit gegenüber den Rechtsgütern Anderer im Speziellen durch das umfangreiche Dossier des Appellanten. Die vom amtlichen Verteidiger geltend gemachte positive Entwicklung seit der letzten Straftat ist denn auch mit Vorsicht zu würdigen. Auch wenn es unbestreitbar seit dem Jahr 2009 zu keinen weiteren aktenkundigen Vorfällen mehr gekommen ist und offenbar eine gewisse Stabilisierung im Lebensumfeld eingetreten ist, so ist dem Appellanten - wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt - nicht speziell zu Gute zu halten, dass er sich unter dem Druck einer bevorstehenden Gerichtsverhandlung zu beherrschen wusste. Des Weiteren lassen sich aus den jeweiligen Tatumständen der Gewaltdelikte zusätzliche Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Appellanten ziehen, die einer günstigen Prognose entgegenstehen. Der Appellant offenbarte bei seinen Taten ein bemerkenswertes Aggressionspotential und eine enorme Gewaltbereitschaft. Seine Aggressionen richteten sich gegen gänzlich unbeteiligte Dritte, die er jeweils ohne auch nur ansatzweise ersichtlichen Grund in rücksichtsloser Weise angriff. Diese Taten offenbaren neben der hohen kriminellen Energie auch eine ausgeprägte Skrupellosigkeit und Hemmungslosigkeit. Zu all dem kommt, dass der Appellant eine bedenkliche Gleichgültigkeit gegenüber den Folgen seiner Taten an den Tag legt. Bei den Opfern hat er sich nie persönlich gemeldet, geschweige denn entschuldigt. Von echter Reue kann demnach nicht die Rede sein. Überhaupt zeigt der Appellant generell wenig Motivation, selbstreflektierend an sich zu arbeiten und sich mit seinen Taten selbstkritisch auseinanderzusetzen, was durch den Abbruch der angefangenen Psychotherapie illustriert wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die Erfolgsaussichten der Ausbildung als höchst unsicher eingeschätzt werden müssen und das soziale Umfeld nicht als einer positiven Entwicklung förderlich bezeichnet werden kann. Zusammenfassend wirken sich im vorliegenden Fall insbesondere die einschlägige kriminelle Vorbelastung des Appellanten, die Anzahl und Vielfalt der über Jahre verübten Delikte, das fortgesetzte Delinquieren selbst während laufender Strafuntersuchung sowie das erhebliche Verschulden so negativ auf die Beurteilung des künftigen Wohlverhaltens aus, dass von einer ungünstigen Prognose ausgegangen werden muss. Gestützt darauf muss gefolgert werden, dass sich der Appellant durch die Anordnung des bedingten Vollzugs der Freiheitsstrafe nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten lassen würde. Die Strafe ist demzufolge unbedingt auszusprechen.


5.5 Der Appellant wendet gegen die Ausfällung einer unbedingten Strafe ein, eine solche erweise sich durch den Vollzug in einer Strafanstalt als kontraproduktiv und könne nicht als zweckmässig angesehen werden. Er befinde sich in einer Erstausbildung (…), diese Ausbildung sei auf gutem Weg und könne voraussichtlich im Juni 2013 abgeschlossen werden. Diese Argumente kommen jedoch nur unter der Annahme zum Tragen, dass die Freiheitsstrafe im Rahmen des geschlossenen Strafvollzugs vollstreckt wird. Im Kanton Basel-Landschaft wird jedoch die Verbüssung von Freiheitsstrafen bis zwölf Monaten mittels Electronic Monitoring angeboten, das den regulären Schulbesuch in B. während der Strafverbüssung erlaubt (vgl. § 2 Abs. 1 lit. a der Verordnung vom 3. August 1999 über den Vollzug von Freiheitsstrafen in der Form des Electronic Monitoring, SGS 261.42). Der Vollzug der Strafe steht somit dem Abschluss der Ausbildung nicht im Weg.


Der Appellant bringt weiter vor, eine unbedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verstosse gegen das Verbot der reformatio in peius (Verbot der Schlechterstellung des Angeklagten). Gemäss dem in § 192 Abs. 2 StPO BL statuierten Grundsatz darf das Kantonsgericht das Urteil des Strafgerichts nicht zu Ungunsten der angeklagten Person abändern, wenn nur sie dagegen appelliert hat. Dieses Verschlechterungsverbot schützt eine angeklagte Person in derartigen Situationen somit vor einer Verschärfung der Sanktion. Ob im Einzelfall eine Verschlechterung vorliegt, ist aus dem Blickwinkel einer Gesamtbetrachtung aller gegen die Person verhängten Rechtsnachteile mit Sanktionsfunktion zu beurteilen. Unbedingt ausgesprochene Strafen sind dabei aufgrund ihrer unmittelbar in Grundrechte eingreifenden Wirkung als schärfer zu gewichten als bedingt aufgeschobene. In casu lautete das vorinstanzliche Urteil im hier einzig interessierenden Punkt der Freiheitsstrafe auf eine teilbedingt vollziehbare Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, davon sechs Monate unbedingt. Gleichzeitig wurde die vom Strafgericht Basel-Stadt bedingt ausgesprochene Gefängnisstrafe von vier Monaten für vollziehbar erklärt. Insgesamt erwartete den Appellanten somit eine unbedingt vollziehbare Freiheitsstrafe von zehn Monaten und eine bedingt aufgeschobene Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Im vorliegenden Entscheid spricht das Kantonsgericht eine unbedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten aus, während die Vorstrafe unvollzogen bleibt. Eine Schlechterstellung liegt somit objektiv nicht vor, weshalb der angerufene Grundsatz nicht verletzt ist (vgl. für eine vergleichbare Konstellation das Urteil des Bundesgerichts vom 22. Mai 1991, X. c. StA des Kt. ZH, Pra 80, 1991, Nr. 190, E. 4).


Urteil der Dreierkammer des Kantonsgerichts, Abteilung Strafrecht, vom 6. Juni 2011 (100 10 1532/SUS)


Strafzumessung


Kriterien für die Wahl der Sanktionsart


Keine Geldstrafe bei anzunehmender Drittleistung


Bewährungsprognose


Massgebliche Faktoren


Beizug von Akten zu Strafverfahren, die nie gerichtlich beurteilt wurden


reformatio in peius im Strafrecht


Beurteilung mittels Gesamtbetrachtung aller Rechtsnachteile


SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937


Art. 34 ff. Kriterien für die Wahl der Sanktionsart


Art. 42 Abs. 1 Ungünstige Bewährungsprognose


SGS 251 Gesetz vom 3. Juni 1999 betreffend die Strafprozessordnung


§ 192 Abs. 2 Verbot der reformatio in peius



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