Zivilprozessrecht

Honorar für den Gerichtsexperten


Jedes Gericht bestimmt im Einzelfall selbständig über die Entschädigung von Sachverständigen (§ 52 Abs. 5 GOG). Ein separates Verwaltungsverfahren ist nicht vorgesehen. Mangels präziser kantonaler Bestimmung betreffend Festlegung des Honorars kommt Bundesprivatrecht als subsidiäres kantonales Ersatzrecht zur Anwendung (E. 4.1).


Hat der Gerichtsexperte mit seinem Vorgehen den Ausschluss seines Gutachtens als Beweis (Nichtigkeit des Gutachtens) bewirkt, indem er die Experteninstruktion missachtete und sich ohne Einwilligung des Gerichts und ohne Beizug der Parteien mit einem anderen Experten, welcher im Umfeld einer Partei anzusiedeln ist, besprochen hat, ist er nicht mit der gehörigen Sorgfalt vorgegangen, welche von Gerichtsexperten anzuwenden ist. Weil das Gerichtsgutachten als Beweis ausgeschlossen wurde, ist es nutzlos und unbrauchbar und kommt somit einer vollständigen Nichterfüllung gleich. Entsprechend diesem Resultat verliert der Experte seinen Anspruch auf Vergütung (E. 4.2).



Erwägungen

1. - 3. ( … )


4.1 Der Gerichtsexperte ist Gehilfe des Richters bei der Feststellung des Sachverhalts; zwischen dem Gericht und dem Gerichtsexperten liegt ein Rechtsverhältnis des öffentlichen Rechts vor (Adrian Staehelin / Thomas Sutter, Zivilprozessrecht, Zürich 1992, § 14 N 64 und 67; Marianne Heer / Christian Schöbi, Gericht und Expertise, in: Schriften der Stiftung für die Weiterbildung schweizerischer Richterinnen und Richter SWR/Band 6, Bern 2005, S. 17). Prozessrechtlich ist die dem Gerichtsgutachter zustehende Vergütung ein Teil der Gerichtskosten. Die Festsetzung und Einforderung dieser Gerichtskosten wie auch der hierfür zu leistenden Kostenvorschüsse ist zusammen mit der erforderlichen Rechnungsführung Teil der Justizverwaltung im weiteren Sinn, welche die Gerichte als Anhängsel der Rechtsprechung selbständig ausüben. Die Festsetzung und Einforderung von Gerichtsgutachterkosten sowie der entsprechenden Kostenvorschüsse ist daher ein Justizverwaltungsakt, ebenso deren Rückforderung. Der Zivilrichter ist dabei als öffentlich-rechtliches Organ der Justizverwaltung tätig (Heer/Schöbi, a.a.o, S. 105). So wird auch im kantonalen Gesetz über die Organisation der Gerichte (Gerichtsorganisationsgesetzt, GOG, SGS 170) in § 52 Abs. 5 bestimmt, dass jedes Gericht im Einzelfall selbständig über die Entschädigung von Sachverständigen bestimmt. Die Festlegung des Gutachterhonorars hat daher das Bezirksgericht festzulegen, was es implizit bereits gemacht hat ( … ), und dessen Entscheid ist mit Beschwerde anfechtbar. Die Beschwerdegegner sowie der Gerichtsgutachter verkennen dies, wenn sie ausführen, die Honorarrückforderung könne nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sein. § 52 Abs. 5 GOG sagt allerdings nichts darüber aus, wie das Expertenhonorar festzulegen ist. Mangels präziser Bestimmung kommt daher das Bundesprivatrecht als subsidiäres kantonales Ersatzrecht zur Anwendung, wobei je nach Art des Gutachtens Werkvertrags- oder Auftragsrecht massgebend ist (BGE 127 III 328; BGE 134 I 159, E. 3).


Ob bezüglich des Expertenhonorars für das Gutachten von M. Werkvertrags- oder Auftragsrecht anwendbar ist, kann jedoch offen bleiben, da das Gutachten inhaltlich nicht zu prüfen ist. Das Gutachten wurde mit Urteil vom 9. August 2011 des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Zivilrecht, wegen dem Anschein der Befangenheit des Gutachters als Beweismittel ausgeschlossen und die Vorinstanz wurde angewiesen, einen neuen Gerichtsgutachter mit der Erstellung eines neuen Gerichtsgutachtens zu beauftragen. ( … ) Es gilt nun zu prüfen, ob der Gerichtsgutachter ( … ) keinen Anspruch auf sein (volles) Honorar hat.


4.2 Dem Gerichtsgutachter wurde von der Vorinstanz mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 die Instruktion für gerichtlich ernannte Sachverständige zugestellt und er wurde ausdrücklich auf die für Gerichtsexperten geltenden Vorschriften hingewiesen. Mit Ziffer 3 der Instruktion wurde er auf folgende Vorschrift aufmerksam gemacht:


3. Sollte der Experte zur Begutachtung die Abhörung von Zeugen oder den Beizug weiterer Sachverständiger oder weiterer Beweismittel als notwendig erachten, so muss er dem Gericht Mitteilung machen. Das Gericht wird das Weitere veranlassen.


Diese Bestimmung ist klar formuliert und enthält die Weisung, dass der Gerichtsgutachter nicht von sich aus Zeugen anhören und weitere Sachverständige oder Beweismittel beiziehen kann, sondern dem Gericht Mitteilung machen muss, damit dieses das Weitere veranlassen kann. Der Gerichtsexperte ist nur Gehilfe des Richters und kann das Verfahren nicht selber leiten und nicht selber bestimmen, wen er anhören und welche Beilagen er zusätzlich beiziehen will. Diese Entscheide hat das verfahrensleitende Gericht zu treffen.


Der Gerichtsexperte hat sich mit dem Experten W. am 21. Juni 2010 getroffen und sich von diesem Erläuterungen geben und weitere Unterlagen aushändigen lassen ( … ). Entgegen der klaren Aufforderung gemäss Ziffer 3 der Experteninstruktion geschah dies ohne Mitteilung an das Bezirksgericht und ohne entsprechende Einwilligung desselben. Das Gericht hatte mangels Mitteilung vorgängig gar nicht die Möglichkeit, das Weitere zu veranlassen bzw. über dieses Treffen und den Beizug weiterer Unterlagen zu entscheiden. Aus den Gerichtsakten der Vorinstanz geht hervor, dass der Gerichtsexperte erst im nachhinein am 9. September 2010 der Gerichtspräsidentin per e-Mail mitteilte, dass er sich mit dem Experten W. ( … ) im Juni getroffen, Details dessen Kostenschätzung besprochen und Unterlagen dazu erhalten habe, welche er mit der Expertise zu den Akten geben werde. Der Experte hat zum Treff vom 21. Juni 2010 auch die Parteien nicht beigeladen oder diese informiert. Sein Vorgehen ist umso unverständlicher, als der Kläger am Augenschein des Experten vom 7. Mai 2010 den engen Bezug auf das Gutachten W. kritisierte ( … ) und dem Gerichtsexperten daher klar sein musste, dass der Kläger eine bilaterale Besprechung des Gerichtsexperten mit dem Experten W. ohne Beizug der Parteien nicht akzeptieren würde. Durch das Vorgehen des Gerichtsexperten ist der Anschein der Befangenheit entstanden, welcher schliesslich zum Ausschluss des Gutachtens geführt hat (siehe Urteil Kantonsgericht vom 9. August 2011). Durch die direkte Kontaktaufnahme und Entgegennahme von weiteren Unterlagen ohne entsprechende Einwilligung des Bezirksgerichts hat der Experte gegen die Vorgabe gemäss Ziffer 3 der Experteninstruktion verstossen und damit vertragswidrig gehandelt. Indem er Ziffer 3 der Experteninstruktion missachtete und sich zudem ohne Beizug der Parteien mit dem Experten W. besprochen hat, ist er nicht mit der gehörigen Sorgfalt vorgegangen, welche von Gerichtsexperten anzuwenden ist. Mit seinem Vorgehen hat er den Ausschluss des Gutachtens als Beweis bewirkt; er alleine hat diesen Ausschluss zu verantworten. Indem das Gerichtsgutachten als Beweis ausgeschlossen wurde, ist es nutzlos und unbrauchbar und kommt somit einer vollständigen Nichterfüllung gleich. Entsprechend diesem Resultat verliert der Experte seinen Anspruch auf Vergütung (BGE 124 III 423, E. 4a = Pra 1999 Nr. 22). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Experte bis zum Treff mit Herrn W. den Gutachterauftrag korrekt erfüllt hat, ist das Gutachten im Ergebnis doch als Ganzes ausgeschlossen worden. ( … )


5. - 6. ( … )


KGE ZR vom 27.12.2011 i.S. E.M. gegen W.F. et al. (410 11 280/ARK)



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