Unfallversicherung

Berufspraktikum


Bei Berufspraktikanten ist der massgebende versicherte Verdienst gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV aufgrund der nach Alter abgestuften Prozentsätze der Durchschnittslöhne zu berechnen.



Sachverhalt

Der 1990 geborene B. absolvierte bei der Stiftung S. ein Berufspraktikum. Dadurch war er bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 19. April 2007 verunfallte B. beim Rangieren mit einem Elektrostapler, wobei er sich verletzte. Mit Verfügung vom 26. Januar 2010 sprach die SUVA B. gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 15% und einen versicherten Jahresverdienst von Fr. 4'695.-- eine Invalidenrente sowie eine Integritätsentschädigung zu.



Erwägungen

1. - 5. (…)


6.1 Nach Art. 15 UVG werden Taggelder und Renten nach dem versicherten Verdienst bemessen (Abs. 1). Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Abs. 2). Art. 15 Abs. 3 UVG ermächtigt den Bundesrat, den versicherten Verdienst in Sonderfällen zu regeln. Gestützt auf diese Norm hat der Bundesrat unter anderem Art. 24 Abs. 3 der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) vom 20. Dezember 1982 erlassen. Diese Bestimmung hält fest, dass in denjenigen Fällen, in denen eine versicherte Person wegen beruflicher Ausbildung am Tage des Unfalles nicht den Lohn eines Versicherten mit voller Leistungsfähigkeit derselben Berufsart bezog, der versicherte Verdienst von dem Zeitpunkt an, da er die Ausbildung abgeschlossen hätte, nach dem Lohn festgesetzt wird, den er im Jahr vor dem Unfall als voll Leistungsfähiger erzielt hätte. Während es bei Lehrlingen infolge der getroffenen Berufswahl und der begonnenen Ausbildung gerechtfertigt ist, im Sinne von Art. 24 Abs. 3 UVV für den versicherten Verdienst auf den Lohn einer voll leistungsfähigen Person mit dem entsprechenden Berufsabschluss abzustellen, präsentiert sich die Situation bei einem Schnupperlehrling anders: Der Beruf, in welchem er eine Schnupperlehre absolviert, ist häufig nicht identisch mit demjenigen, den er später erlernt, was schon daraus hervorgeht, dass viele Jugendliche in verschiedenen Berufen "schnuppern", und die Schnupperlehre lediglich eine Möglichkeit ist, die in Betracht kommenden Berufe näher kennenzulernen. Mit Urteil 124 V 301 ff. hat das Bundesgericht erkannt, dass die gesetzliche Ordnung hinsichtlich des versicherten Verdienstes eines Schnupperlehrlings eine echte Lücke aufweist. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist in diesen Fällen, um Zufälligkeiten zu vermeiden und eine rechtsgleiche Behandlung der Schnupperlehrlinge zu gewährleisten, an Art. 26 Abs. 1 IVV anzuknüpfen, in welchem das für den Einkommensvergleich nach Art. 28 Abs. 2 IVG massgebende hypothetische Einkommen ohne Invalidität von Versicherten, die invaliditätsbedingt keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnten, festgelegt wird.


6.2 Der Beschwerdeführer verunfallte im Rahmen eines Berufspraktikums bei der Stiftung S. Gemäss Arbeitsbestätigung vom 13. Juni 2007 bietet diese Stiftung Schulungen, Arbeitstraining und Coaching an, mit dem Ziel, schulentlassene oder lehrstellenlose Jugendliche in die Arbeitswelt und die Gesellschaft zu integrieren. Ein Berufspraktikum ermöglicht Jugendlichen eine feste Struktur und die Wahl eines Bildungsweges, ohne dass sie sich bereits für einen bestimmten Beruf entscheiden müssen. Damit ergeben sich Ähnlichkeiten zu einer Schnupperlehre, deren Sinn und Zweck es ist, Einblicke in die Arbeitswelt zu gewinnen. Dass eine Schnupperlehre in zeitlicher Hinsicht kürzer ausfällt als ein Berufspraktikum, ist im hier interessierenden Zusammenhang von untergeordneter Bedeutung. Tatsache ist vielmehr, dass Jugendliche im Rahmen eines Berufspraktikums wie auch einer Schnupperlehre Gelegenheit haben, die Arbeitswelt näher kennenzulernen, um damit den Entscheid über die Berufswahl zu fördern. Da Schnupperlehrlinge wie auch Berufspraktikanten - im Gegensatz zu Lehrlingen - noch keine Berufswahl getroffen haben, und der Beruf, in welchem sie "schnuppern", nicht identisch sein muss, mit demjenigen, den sie später erlernen, lässt sich der massgebende versicherte Verdienst gestützt auf Art. 24 Abs. 3 UVV nicht hinreichend bestimmen. Aufgrund der Ähnlichkeit von Berufspraktika und Schnupperlehren ist es sachgerecht, bei ersteren genauso zu verfahren wie bei Schnupperlehren und die Rente gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV aufgrund der nach Alter abgestuften Prozentsätze der Durchschnittslöhne zu berechnen. Demnach ist der Invalidenrente des 1990 geborenen Beschwerdeführers in Anlehnung an Art. 26 Abs. 1 IVV ein versicherter Verdienst gemäss der Lohn- und Gehaltserhebung des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit zugrunde zu legen. Die Angelegenheit ist aus diesem Grund an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie die erforderlichen Abklärungen vornimmt.


7. - 9. (…)


KGE SV vom 6. Januar 2011 i.S. B. (725 10 195)



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