Strafprozessrecht

Hausdurchsuchung und Beschlagnahme


Die Beschwerde steht aus Gründen der Prozessökonomie zur abstrakten Beantwortung einer Rechtsfrage grundsätzlich nicht zur Verfügung. Vom Erfordernis des aktuellen Interesses ist dann abzusehen, wenn die Fragestellung von grundsätzlicher Bedeutung ist, an der Beantwortung ein öffentliches Interesse besteht und eine Prüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (Art. 382 Abs. 1 StPO; E. 1.2).


Von der Beschuldigteneigenschaft ist spätestens dann auszugehen, wenn gegen eine Person ein Inkulpationsakt ergangen ist, d.h. die förmliche Mitteilung der zuständigen Behörde, dass ihr die Begehung einer Straftat angelastet werde. Der Beschuldigtenstatus endet mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens oder mit Urteil (Art. 111 Abs. 1 StPO; E. 1.3).


Als Regel gilt, dass die Beschwerdeinstanz - von den Ausnahmen gemäss Art. 397 Abs. 3 und 4 StPO abgesehen - auch bei Gutheissung der Beschwerde keine Weisungen zu erteilen hat, es sei denn, sie sei zusätzlich dazu befugte Aufsichtsbehörde (Art. 397 Abs. 2, 3 und 4 StPO; E. 1.6).


Der Tatverdacht muss sich aus konkreten Tatsachen ergeben, welche eine vorläufige Subsumtion unter einen bestimmten Straftatbestand erlauben. Reine Mutmassungen, Gerüchte oder generelle Vermutungen können keinen hinreichenden Tatverdacht begründen (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO; E. 3).


Die Behörden sind verpflichtet, eine einmal gebildete Hypothese aufgrund der neuen Beweisergebnisse laufend zu überprüfen, und zwar zu Lasten des Beschuldigten (Verifikation) wie auch zu seinen Gunsten (Falsifikation) (Art. 6 Abs. 1 StPO; E. 4.1).


Alleine die bei Verfahrensbeginn in sehr geringem Umfange durch Anhaltspunkte erhärtete Aussage des Anzeigestellers, welche im Verlaufe des Verfahrens durch eingeholte Unterlagen erheblich in Frage zu stellen gewesen wäre, vermag keinen hinreichenden Tatverdacht zu begründen (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO; E. 4.2).


Vorgehend einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahme als einschneidende Zwangsmassnahmen wären im vorliegenden Fall - neben den Einvernahmen mit den Beschuldigten und dem Anzeigesteller - diverse grundlegende Abklärungen vorzunehmen gewesen. Diese unterlassenen Untersuchungshandlungen stellen allesamt mildere Massnahmen im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO dar, mit denen die angestrebten Ziele hätten erreicht werden können (Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO; E. 4.3).


Entscheidend im Rahmen der Proportionalität gemäss Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO ist nicht die abstrakte Strafandrohung eines Delikts, sondern die für den Täter konkret zu erwartende Strafe (Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO; E. 4.4).



Sachverhalt

Am 1. April 2011 erliess die Staatsanwaltschaft, Hauptabteilung X., je einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl gegenüber J. G., R. V. M. sowie I. S. als beschuldigte Personen hinsichtlich des Straftatbestands des Betrugs. Der Auftrag an die zuständigen Polizeiorgane umfasste insbesondere die Durchsuchung von allen Räumlichkeiten und Fahrzeugen, zu welchen die oben genannten Personen Zutritt haben, die Durchsuchung von Aufzeichnungen (namentlich Schriftstücke, Ton- und Bildaufzeichnungen, Datenträger etc.) sowie die Beschlagnahme folgender Gegenstände und Vermögenswerte: Beweismittel, Deliktsgut, namentlich PC und Laptop, Unterlagen betreffend der ZZ GmbH in X. (Kontoverbindungen, schriftliche Korrespondenz, Wertschriften, Dokumente) etc.


Gegen die sie betreffenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehle der Staatsanwaltschaft vom 1. April 2011 erhoben J. G. und R. V. M., vertreten durch Advokat A. T., mit Eingabe vom 29. April 2011 Beschwerde und beantragten, die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehle vom 1. April 2011 seien aufzuheben. Zudem sei festzustellen, dass die angeordnete Durchsuchung und Beschlagnahme Art. 197, 244 und 263 StPO sowie die Grundrechte der Beschwerdeführer verletze. Überdies sei die Staatsanwaltschaft X. anzuweisen, das Untersuchungsverfahren umgehend einzustellen, eventualiter eine formelle Eröffnungsverfügung zu erlassen.


Ebenso erhob I. S. gegen den sie betreffenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl separat Beschwerde, welche Gegenstand des kantonsgerichtlichen Verfahrens 470 11 56 bildet.


Demgegenüber beantragte die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 16. Mai 2011 die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde, soweit überhaupt darauf einzutreten sei, sowie die Auferlegung der Verfahrenskosten an die beschwerdeführende Partei.


Dem vorliegenden Beschwerdeverfahren liegt zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde: Am 22. März 2010 stellte A. A. bei der Kantonspolizei des Kantons Y. Anzeige wegen Betrugs, da er über den Internetdienst yz.ch ein Ledersofa bei der Firma ZZ GmbH bestellt und in der Folge am 20. Juli 2009 eine Anzahlung in der Höhe von CHF 358.20 und am 8. Februar 2010 den Restbetrag von CHF 812.50 auf das Konto der ZZ GmbH bezahlt habe, ohne dass ihm die betreffende Ware in der Folge geliefert worden sei. Als Wert der Ware wird in der Anzeige CHF 1'194.- sowie CHF 190.- Transportkosten angegeben. Der Anzeige beiliegend sind die Postempfangsscheine hinsichtlich Zahlungen von total CHF 1'384.- (CHF 358.20, 123.-, 90.30 sowie 812.50), der Mailverkehr hinsichtlich des Kaufs sowie verschiedene Rechnungen der ZZ GmbH, von welcher der Beschwerdeführer Geschäftsführer mit einer Stammeinlage vom CHF 99'000.- ist. Die Beteiligung der Beschwerdeführerin an der Firma beschränkt sich auf das Halten einer Stammeinlage in der Höhe von CHF 1'000.-. Ansonsten ist sie nicht für die Firma ihres Sohnes tätig. Am 27. April 2010 übernahm das ehemalige Bezirksstatthalteramt X. (heute Staatsanwaltschaft, Hauptabteilung X.) nach einer Gerichtsstandsanfrage des Untersuchungsrichters des Kantons Y. vom 19. April 2010 das Verfahren wegen Betrugs zum Nachteil von A. A. Als Antwort auf eine Rückfrage beim Untersuchungsrichter des Kantons Y. hinsichtlich der Beteiligung von I. S. erhielt das Bezirksstatthalteramt von diesem mit Schreiben vom 22. April 2010 einen Ausdruck eines E-Mails der ZZ GmbH von I. S. an den Anzeigesteller vom 1. März 2010, dessen beigelegter Rechnung zu entnehmen ist, dass die ZZ GmbH vom Gesuchsteller einen Betrag von total CHF 1'924.- verlangt, wovon eine zu bezahlende Restforderung in der Höhe von CHF 753.50 offen sei. Mit Schreiben vom 29. April 2010 wurde der Polizei Basel-Landschaft, Hauptabteilung Kriminalitätsbekämpfung, der Auftrag zur Ermittlung der Täterschaft erteilt und am 18. Februar 2011 bei ihr eine Erkundigung nach dem Stand der Ermittlungen eingeholt. In der Folge verfügte die Staatsanwaltschaft, Hauptabteilung X., am 1. April 2011 die Durchsuchung der Wohnungen der Beschwerdeführer sowie von I. S., einer ehemaligen Mitarbeiterin der Firma ZZ GmbH. Überdies ist eine am 14. April 2011 vorgenommene Internetrecherche von geringem Umfang betreffend die ZZ GmbH aktenkundig, welche jedoch keine strafrechtlich relevanten Vorwürfe zu Tage brachte. Am Morgen des 19. April 2011 nahm die Polizei zwischen 6.00 und 7.00 Uhr mit drei gleichzeitig ausrückenden Polizeiequipen die betreffenden Hausdurchsuchungen bei den Beschwerdeführern sowie I. S. vor. Dabei wurden die Computer und Unterlagen der betreffenden Personen durchsucht und in der Folge an der Geschäfts- und Wohnadresse von J. G. verschiedene die Firma ZZ GmbH betreffende Dokumente beschlagnahmt.



Erwägungen

1.1 (…)


1.2 Gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO ist die Beschwerde zulässig gegen die Verfügungen und die Verfahrenshandlungen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Übertretungsstrafbehörden. Die Hausdurchsuchung und auch die Beschlagnahme sind Verfahrenshandlungen i.S.v. Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO und unterliegen als solche grundsätzlich der Beschwerde (vgl. Andreas J. Keller, in: Andreas Donatsch/Thomas Hansjakob/Viktor Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, Art. 244 N 14 sowie Art. 393 N 13 und 15; BBl 2006 1311 f.). Zur Erhebung der Beschwerde legitimiert ist jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides hat (Art. 382 Abs. 1 StPO), wobei die Betroffenheit in der Regel eine aktuelle sein muss. Aus prozessökonomischen Gründen tritt die Rechtsmittelinstanz nicht auf Rügen ein, welche die Rechtslage der Partei nicht verbessern würden. Eine Ausnahme wird dann gemacht, wenn es infolge Zeitablaufs nie zu einer erfolgreichen Rüge käme (vgl. Mark Pieth, Schweizerisches Strafprozessrecht, 2009, S. 228). Zur abstrakten Beantwortung einer Rechtsfrage steht die Beschwerde somit grundsätzlich nicht zur Verfügung. Dieses Erfordernis soll sicherstellen, dass die Beschwerdeinstanz konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet, und dient damit der Prozessökonomie (vgl. Patrick Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, 2011, S. 103). In der Lehre wird hinsichtlich der Eintretensfrage bei fehlendem Rechtsschutzinteresse im Lichte der Praxis des EGMR eine stufenweise Prüfung postuliert: In einem ersten Schritt sei die bundesgerichtliche Praxis zur früheren staatsrechtlichen Beschwerde (etwa BGE 118 IV 67, E. 1d, 125 I 394 E. 4b) zur Anwendung zu bringen, gemäss welcher vom Erfordernis des aktuellen Interesses dann abzusehen sei, wenn die Fragestellung von grundsätzlicher Bedeutung sei, an der Beantwortung ein öffentliches Interesse bestehe und eine Prüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre. Falls nicht bereits diese Prüfung zu einem Eintreten auf die Beschwerde führe, so sei in einem zweiten Schritt zu klären, ob die Rechtmässigkeit einer Zwangsmassnahme in einem andern Rechtsverfahren (z.B. im Rahmen eines Entschädigungsverfahrens) überprüft werden könne. Ist auch dies zu verneinen so sei als dritter Schritt zur Gewährleistung der Rechtswegsgarantie trotz Fehlens eines aktuellen rechtlich geschützten Interesses auf die Beschwerde einzutreten (vgl. Andreas J. Keller, a.a.O., Art. 393 N 36 m.w.H., Patrick Guidon, a.a.O., S. 104).


1.3 Für die Frage des Rechtsschutzinteresses ist es von Bedeutung, welche Stellung den Beschwerdeführern in den Verfahren, in welchen die angefochtenen Zwangsmassnahmen gegen sie ergangen sind, zukommt. Zunächst wurde mit Verfügung vom 1. April 2011 ein Verfahren gegen Unbekannt eröffnet. Im jeweiligen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl gleichen Datums werden die Beschwerdeführer dann jedoch ausdrücklich als beschuldigte Personen aufgeführt, um schliesslich im Anschluss an die Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme am 19. April 2011 als Auskunftspersonen einvernommen zu werden. Beschuldigt ist diejenige Person, gegen welche sich aufgrund eines Deliktsverdachts das Strafverfahren richtet. Im Sinne der Strafprozessordnung ist beschuldigt, wer in einer Strafanzeige, einem Strafantrag oder von einer Strafbehörde in einer Verfahrenshandlung einer Straftat verdächtigt, beschuldigt oder angeklagt wird (Art. 111 Abs. 1 StPO). Von der Beschuldigteneigenschaft ist spätestens dann auszugehen, wenn gegen diese Person ein Inkulpationsakt ergangen ist, d.h. die förmliche Mitteilung der zuständigen Behörde, dass ihr die Begehung einer Straftat angelastet werde. Der Beschuldigtenstatus endet mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens oder Urteil (vgl. Viktor Lieber, in: Andreas Donatsch/Thomas Hansjakob/Viktor Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, Art. 111 N 1 und 5). Somit ist im Verfahren ein Wechsel vom Beschuldigten zur Auskunftsperson ausgeschlossen, und die Beschwerdeführer sind ab Ergehen des jeweiligen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls als beschuldigte Personen anzusehen, was sie bis zum Verfahrensabschluss zufolge Einstellung oder Urteils bleiben. In Anbetracht dieser Umstände wird die Einvernahme als Auskunftspersonen anstatt als Beschuldigte im Anschluss an die Hausdurchsuchung und Beschlagnahme am 19. April 2011 von den Beschwerdeführern zu Recht als erheblicher Verfahrensmangel gerügt.


1.4 Die Beschwerdeführer begehren die Feststellung, dass die angeordnete Durchsuchung und Beschlagnahme Art. 197, 244 und 263 StPO sowie die Grundrechte verletze. Würde den Beschwerdeführern das Interesse an einer Feststellung der Widerrechtlichkeit dieser Verfügungen abgesprochen, so könnte deren Rechtmässigkeit gar nie respektive erst im Zusammenhang mit einem allfälligen Entschädigungsbegehren gemäss Art. 431 StPO zur gerichtlichen Beurteilung gelangen. Da Verfahrenshandlungen in Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO ausdrücklich als Gegenstand einer Beschwerde genannt werden, obwohl diese in den meisten Fällen uno actu - und im Fall der Hausdurchsuchung zu Beweissicherungszwecken unangekündigt - vorgenommen werden und danach abgeschlossen sind, sowie da der Hausdurchsuchungsbefehl im Katalog der Beschwerdeausschlussgründe gemäss Art. 394 StPO nicht enthalten ist, kann geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Überprüfung der Rechtmässigkeit eines Hausdurchsuchungs- oder Beschlagnahmebefehls mittels Beschwerde ermöglichen wollte. Dieser Intention des Gesetzgebers entsprechend erscheint es als angebracht, dass die beschuldigte Person unabhängig davon, ob sie ein Entschädigungsbegehren gemäss Art. 431 StPO stellen möchte, gegen einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl das Rechtsmittel der Beschwerde erheben kann. Wie zuvor dargelegt, kommt den Beschwerdeführern in den laufenden Strafverfahren die Stellung als beschuldigte Personen zu. Als solche haben sie im Hinblick auf den Verfahrensfortgang ein erhebliches Interesse an der Feststellung der Widerrechtlichkeit der gegenüber ihnen durchgeführten Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen. Zudem gilt es zu beachten, dass eine ähnliche Konstellation wie die Vorliegende jederzeit wieder auftreten könnte, so beispielsweise aufgrund einer weiteren Strafanzeige. Die Beantwortung der Frage, ob eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme in einer Situation wie der vorliegenden als rechtmässig erscheint, ist von grundsätzlicher Bedeutung, mithin besteht auch ein hinreichendes öffentliches Interesse. Aus den dargelegten Gründen ist ein geschütztes Rechtsschutzinteresse seitens der Beschwerdeführer, was die Feststellung der Rechtmässigkeit der angefochtenen Verfügungen betrifft, in casu klarerweise gegeben.


1.5 Vorliegend wurden einzig gegenüber dem Beschwerdeführer Beschlagnahmungen vorgenommen (Ausdrucke diverser Dokumente ab dem Computer des Beschwerdeführers, insbes. des Mailverkehrs mit dem Anzeigesteller, sowie Kopieren zweier Lieferscheine). Wie die Beschwerdegegnerin in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde zutreffend einwendet, kann der Beschlagnahmebefehl nicht mehr aufgehoben werden, da die Zwangsmassnahme bereits vollzogen wurde. Dasselbe gilt grundsätzlich auch betreffend den angeordneten Hausdurchsuchungen, welche ebenfalls bereits stattgefunden haben. Eine nachträgliche Aufhebung der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehle vom 1. April 2011 bietet den Beschwerdeführern im Vergleich zur Feststellung der Rechtswidrigkeit keinen Vorteil, da sich ihre Rechtslage dadurch nicht verbessert. Das Kantonsgericht beschränkt sich daher darauf, die Rechtmässigkeit der angefochtenen Verfügungen zu überprüfen.


1.6 In Ziff. 3 ihres Rechtsbegehrens verlangen die Beschwerdeführer, es sei die Staatsanwaltschaft X. anzuweisen, das Untersuchungsverfahren umgehend einzustellen, eventualiter eine formelle Eröffnungsverfügung zu erlassen. Die Staatsanwaltschaft wendet diesbezüglich in ihrer Stellungnahme vom 16. Mai 2011 im Wesentlichen ein, es ergebe sich aus der Systematik der Strafprozessordnung, dass das Kantonsgericht keine Kompetenz habe, die Staatsanwaltschaft anzuweisen ein Verfahren einzustellen. Auch die Frage, ob eine Eröffnungsverfügung nicht nur gegen Unbekannt, sondern auch gegen konkrete Personen zu erlassen sei, liege alleine in der Kompetenz der Staatsanwaltschaft. Demzufolge sei auf die betreffenden Anträge nicht einzutreten.


Als Regel gilt, dass die Beschwerdeinstanz auch bei Gutheissung der Beschwerde keine Weisungen zu erteilen hat, es sei denn, sie sei zusätzlich dazu befugte Aufsichtsbehörde (vgl. Andreas J. Keller, a.a.O., Art. 397 N 9). Hiervon sieht die Strafprozessordnung lediglich zwei Ausnahmen vor: Bei gutheissenden Beschwerden gegen Einstellungsverfügungen sind Weisungen für den weiteren Gang des Verfahrens zulässig (Art. 397 Abs. 3 StPO). Zudem besteht gemäss Art. 397 Abs. 4 StPO ein Weisungsrecht bei Feststellung einer Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung, welches vor allem dazu dient, im Interesse des Beschleunigungsgebots die Behörde bzw. das erstinstanzliche Strafgericht oder das Zwangsmassnahmengericht zur Tätigkeit anzuhalten. Da vorliegend keiner der erwähnten Ausnahmegründe gegeben ist, kann festgehalten werden, dass die strafrechtliche Abteilung des Kantonsgerichts hinsichtlich der beantragten Verfahrenseinstellung oder Verfahrenseröffnung über keine Weisungsbefugnis gegenüber der Staatsanwaltschaft verfügt. Folglich ist auf Ziff. 3 des Rechtsbegehrens der Beschwerdeführer nicht einzutreten.


1.7-1.8 (…)


2.1 (…)


2.2 Die Strafprozessordnung etabliert in den Art. 196 bis 200 StPO einen allgemeinen Teil für sämtliche Zwangsmassnahmen, mithin auch für die Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme. Zwangsmassnahmen können gemäss Art. 197 Abs. 1 StPO nur ergriffen werden, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und wenn die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt.


Die Beschwerdeführer machen geltend, die Staatsanwaltschaft habe offensichtlich Art. 197, 244 und 263 StPO verletzt, indem kein hinreichender Tatverdacht vorgelegen habe, die Massnahme unverhältnismässig gewesen sei und damit die Grundrechte der Beschwerdeführer verletzt worden seien. Die Staatsanwaltschaft stütze sich einzig auf die Behauptung des ihr völlig unbekannten A. A. Der Betrugsvorwurf sei weder durch ähnliche Vorwürfe von anderen Personen gestützt noch erfülle der behauptete Sachverhalt den Tatbestand des Betrugs oder sei der Vorwurf durch andere Begleitumstände irgendwie erhärtet. Gemäss Anzeige gehe es um eine behauptete Deliktssumme von CHF 1'170.-. Das grosse Polizeiaufgebot und die Schwere des Eingriffs in die Rechtssphäre der Beschwerdeführer stünden in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Straftat. Ohne Rücksicht auf mögliche geschäftliche Folgen sei die Beschlagnahme von Computern usw. verfügt (wenn auch schliesslich nicht vollzogen) worden. Zu guter Letzt seien die Durchsuchung der Räumlichkeiten und der Beschlagnahmebefehl unnötig gewesen, da völlig unzureichend recherchiert worden sei. So hätte sich die Angelegenheit mit einer einmaligen Kontaktaufnahme mit dem Beschwerdeführer klären lassen. Dadurch hätte festgestellt werden können, dass der Anzeigeerstatter entgegen seiner Aussage die Rechnung mit den Lieferkosten noch nicht vollständig bezahlt habe und seine Anzeige ungerechtfertigt sei. Bei der Firma ZZ GmbH mit einem Kapital von CHF 100'000.- handle es sich um ein seriöses und gut funktionierendes Unternehmen, welches mehrere Arbeitnehmer beschäftige und mit einem erzielten Umsatz von mehreren Millionen Franken jährlich die grösste Kundin von yz.ch sei.


Die Staatsanwaltschaft macht demgegenüber geltend, es habe von Anfang an ein Verdacht auf betrügerische Geschäfte der Firma des Beschwerdeführers über das Internet bestanden. Hinsichtlich des hinreichenden Tatverdachts sei zu betonen, dass in diesem Verfahrensstadium noch keine Straftat bewiesen werden müsse und rechtlich unklare Fragen (z.B. zur Arglist) auch zunächst zu Ungunsten allfälliger Beschuldigter zu beantworten seien. Ebenso sei die Verhältnismässigkeit gegeben, da ein Vermögensdelikt mit einem Strafrahmen von bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe im Raum gestanden habe. Die Strafprozessordnung lasse sogar bei Übertretungen Hausdurchsuchungen zu. Zwar hätte der Geschäftsführer vorab kontaktiert und befragt werden können, dies hätte ihm jedoch die Möglichkeit gegeben, allfällige belastende Beweismittel beiseitezuschaffen. Der Beschlagnahmebefehl könne ohnehin nicht mehr aufgehoben werden, da die Zwangsmassnahme bereits vollzogen worden sei. Es bestehe kein Anlass, nachträglich dessen Rechtswidrigkeit oder Unangemessenheit festzustellen, weswegen der entsprechende Antrag abzuweisen sei.


3. Nebst der vorliegend unbestritten vorliegenden Voraussetzung der gesetzlichen Grundlage gemäss Art. 197 Abs. 1 lit. a StPO (vgl. Art. 244 f. StPO sowie Art. 263 ff. StPO) bedarf es zur Vornahme einer Zwangsmassnahme gemäss Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO eines hinreichenden Tatverdachts. Als solcher wird die Annahme bezeichnet, es sei eine Tat begangen worden, die eine vorläufige Subsumtion unter einen Straftatbestand erlaubt, und eine allenfalls verdächtigte Person sei der Täter oder die Täterin (Mark Pieth, a.a.O., S. 106). Der Tatverdacht hat sich demgemäss auf objektivierbare, tatsachenbezogene Umstände zu stützen, die das Vorliegen einer bestimmten Straftat als plausibel erscheinen lassen. Angesichts des Hypothesen- und Prognosecharakters ist der Staatsanwaltschaft bei der Annahme des Tatverdachts ein beträchtlicher Ermessensspielraum zuzugestehen (Stefan Heimgartner, Strafprozessuale Beschlagnahme, Zürich 2011, S. 121). Zu Beginn und auch im Verlaufe der Untersuchung kann es bei der Prüfung des Tatverdachts zudem nicht Sache der Untersuchungsbehörden oder der Rechtsmittelinstanz sein, dem Sachgericht vorzugreifen und eine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Umstände oder etwa eine umfassende Bewertung der Glaubwürdigkeit der belastenden Aussagen vorzunehmen. Zu prüfen ist vielmehr, ob genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung der beschuldigten Person an dieser Tat vorliegen, somit das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejaht werden darf (Markus Hug, in: Andreas Donatsch/Thomas Hansjakob/Viktor Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, Art. 197 N 6; BGE 116 Ia 143, E. 3.c). Der Tatverdacht muss sich aus konkreten Tatsachen ergeben, welche eine vorläufige Subsumtion unter einen bestimmten Straftatbestand erlauben (Mark Pieth, a.a.O, S. 106). Reine Mutmassungen, Gerüchte oder generelle Vermutungen können keinen hinreichenden Tatverdacht begründen (vgl. BSK-StPO-Jonas Weber, Art. 197 N 7). Je schwerer das zu untersuchende Delikt und je geringfügiger die Eingriffsintensität einer Massnahme ist, desto weniger dicht ausgeprägt müssen die Verdachtsgründe sein (vgl. Markus Hug, a.a.O., Art. 197 N 12).


Mit der Formulierung, dass die mit einer prozessualen Zwangsmassnahme angestrebten Ziele nicht durch eine mildere Massnahme erreicht werden dürfen, statuiert Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO die Voraussetzung der Erforderlichkeit, die als Teilgehalt der Verhältnismässigkeit auch in Art. 36 Abs. 3 BV enthalten ist. Allgemein besagt der Grundsatz der Erforderlichkeit, dass ein Grundrechtseingriff nicht weiter gehen darf, als es das öffentliche Interesse erfordert. Die Erforderlichkeit gilt nicht nur für Anordnung einer strafprozessualen Zwangsmassnahme, sondern auch für deren Ausgestaltung bzw. deren Vollzug (vgl. BSK-StPO-Jonas Weber, Art. 197 N 9).


Schliesslich darf eine strafprozessuale Zwangsmassnahme gemäss Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO nur angeordnet werden, wenn die Bedeutung der Straftat, derer jemand verdächtigt wird, sie rechtfertigt. Diese Zumutbarkeit erschliesst sich über eine Abwägung der öffentlichen (Strafverfolgungs-)Interessen gegenüber den individuellen Grundrechten des von der Zwangsmassnahme Betroffenen. Abzuklären ist dabei für jeden Einzelfall, ob das öffentliche Interesse an der Aufklärung der konkret in Frage stehenden Straftat die individuellen Interessen des Betroffenen überwiegt (vgl. BSK-StPO-Jonas Weber, Art. 197 N 11).


4.1 Gemäss Art. 6 Abs. 1 StPO sind die Strafbehörden verpflichtet, von Amtes wegen alle Untersuchungshandlungen vorzunehmen und alle Beweise zu erheben, die für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person von Bedeutung sind. Die in Art. 6 Abs. 2 StPO enthaltene Verpflichtung, die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu untersuchen, ergibt sich in der Sache bereits aus der in Abs. 1 kodifizierten Verpflichtung, die materielle Wahrheit zu erforschen. Die ausdrückliche Regelung in Abs. 2 soll die Stellung der das Vorverfahren leitenden Staatsanwaltschaft als keine Partei im klassischen Sinne, sondern ein der Ermittlung der materiellen Wahrheit verpflichtetes Organ unterstreichen (vgl. Wolfgang Wohlers, in: Andreas Donatsch/Thomas Hansjakob/Viktor Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, Art. 6 N 5 und 7). Mit dieser Bestimmung wird festgehalten, was mit Blick auf den Grundsatz der Unschuldsvermutung gemäss Art. 10 Abs. 1 StPO selbstverständlich scheint, nämlich dass die Sachverhaltsabklärung in neutraler, objektiver Weise zu erfolgen hat. Dementsprechend sind die Behörden verpflichtet, eine einmal gebildete Hypothese aufgrund der neuen Beweisergebnisse laufend zu überprüfen, und zwar zu Lasten des Beschuldigten (Verifikation) wie auch zu seinen Gunsten (Falsifikation) (vgl. BSK-StPO-Christof Riedo/Gerhard Fiolka, Art. 6 N 93).


4.2 Bezüglich des hinreichenden Tatverdachts stützt sich die Staatsanwaltschaft auf die von A. A. anlässlich der Anzeigestellung gemachten Angaben. Nach Anerkennung der Zuständigkeit für die vorliegenden Verfahren am 27. April 2010 sind während beinahe eines ganzen Jahres überhaupt keine Untersuchungshandlungen aktenkundig, was bereits eine offensichtliche Verletzung des in Art. 5 Abs. 1 StPO stipulierten Beschleunigungsgebots darstellt. Eine am 14. April 2011 vorgenommene Internetrecherche von geringem Umfang (u.a. in einem "Forum zum Online-Handel und Internetbetrug" sowie im Handelsregister) brachte keine strafrechtlich relevanten Vorwürfe zu Tage. Aus der dem Schreiben des Untersuchungsrichters des Kantons Y. vom 22. April 2010 an das Bezirksstatthalteramt X. beiliegenden Rechnung vom 22. Januar 2010 war klar erkennbar, dass die ZZ GmbH das fragliche Sofa noch nicht geliefert hatte, da ihrer Ansicht nach noch eine Restzahlung in der Höhe von CHF 753.50 ausstehend war. Dieses den Tatverdacht gegenüber den Beschwerdeführern in erheblichem Masse reduzierende Element wurde von den Untersuchungsbehörden augenscheinlich nicht beachtet. Eine Abklärung sowohl hinsichtlich dieser behaupteten Restzahlungsforderung wie auch der in der Rechnung angegebenen zwei Lieferungen hätte sich indessen im Vorfeld der Hausdurchsuchungen geradezu aufgedrängt. Zudem geht aus den der Anzeige vom 22. März 2010 beiliegenden E-Mail-Ausdrucken hervor, dass der Anzeigesteller neben einem Sofa noch zwei weitere Produkte der ZZ GmbH über yz.ch ersteigert hat. Die sich in den Akten befindlichen Postquittungen der bezahlten Rechnungen lassen eine genaue Zuordnung zu einem ersteigerten Produkt nicht zu. Es bleibt somit letztlich unklar, wofür die betreffenden Beträge bezahlt worden sind.


Des Weiteren wäre im Rahmen einer sorgfältigen Sachverhaltsabklärung beim Internetdienst yz.ch, worüber der Kauf abgewickelt wurde, eine Erkundigung einzuholen gewesen hinsichtlich der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Beanstandungen bezüglich der Geschäftsabwicklungen der betreffenden Firma vorliegen. Aufgrund so erhaltener Informationen wären die Untersuchungsbehörden in der Lage gewesen, einschätzen zu können, ob es sich bei der Anzeige von A. A., falls dessen Vorbringen tatsächlich zutreffen sollten, um einen Einzelfall handelt oder ob allenfalls Hinweise auf ein systematisches Vorgehen, welches unter Umständen den Tatbestand des Betrugs erfüllen könnte, vorliegen. Den Akten lässt sich entnehmen, dass die ZZ GmbH beim betreffenden Internetdienst bislang beinahe 17'000 Artikel verkauft hat und dabei ein Profil mit 99,69% positiven Bewertungen aufweist. Weswegen diese essentiellen Informationen, welche im Vorfeld der Hausdurchsuchungen ohne Weiteres zu beschaffen gewesen wären, trotz Relevanz für die Betrugsvorwürfe nicht eingeholt wurden, kann von der strafrechtlichen Abteilung des Kantonsgerichts nicht nachvollzogen werden. Ebenso wäre die auf das Halten einer Stammeinlage von CHF 1'000.- beschränkte Beteiligung der Beschwerdeführerin an der ZZ GmbH ohne grösseren Aufwand vorgängig der Hausdurchsuchungen zu eruieren gewesen. Dies berücksichtigend hätte die Wahrscheinlichkeit, bei der Beschwerdeführerin verfahrensrelevante Unterlagen zu finden, zum Vornherein als äusserst gering eingeschätzt werden müssen. Anlass zur Beanstandung gibt schliesslich auch der Umstand, dass weder mit dem Anzeigesteller noch mit den Beschwerdeführern im Vorfeld der Zwangsmassnahmen eine Einvernahme stattfand. In Anbetracht der oben geschilderten Unklarheiten, insbesondere aufgrund der mit Schreiben des Untersuchungsrichters des Kantons Y. vom 22. April 2010 überwiesenen und am 27. April 2010 beim ehemaligen Bezirksstatthalteramt X. eingehenden Rechnung der ZZ GmbH vom 22. Januar 2010, wäre die Klärung durch entsprechende Einvernahmen ohne Zweifel angebracht gewesen. Der Darlegung der Staatsanwaltschaft, eine Einvernahme der Beschwerdeführer sei nicht vorgenommen worden, da diese so die Möglichkeit gehabt hätten, belastendes Beweismittel beiseitezuschaffen, erweist sich angesichts der unterlassenen Sachverhaltsabklärungen als unbehelflich.


Es fehlt somit aufgrund der obigen Ausführungen im vorliegenden Fall bezüglich beider Beschwerdeführer an konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen des Betrugstatbestands zum Nachteil von A. A. Alleine die bei Verfahrensbeginn in sehr geringem Umfange durch Anhaltspunkte erhärtete Aussage des Anzeigestellers, welche im Verlaufe des Verfahrens durch eingeholte Unterlagen erheblich in Frage zu stellen gewesen wäre, vermag keinen hinreichenden Tatverdacht zu begründen, welcher die vorgenommenen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen als berechtigt erscheinen lassen würde.


4.3 Im Hinblick auf die Verhältnismässigkeit ist festzuhalten, dass vorgehend einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahme als einschneidende Zwangsmassnahmen im vorliegenden Fall - neben den Einvernahmen mit den Beschuldigten und dem Anzeigesteller - diverse grundlegende Abklärungen vorzunehmen gewesen wären. So hätten namentlich diverse Fragen, die sich aus der Rechnung der ZZ GmbH vom 22. Januar 2010 ergeben, einer vorgängigen Klärung zugeführt werden müssen. Überdies wäre das Einholen einschlägiger Erkundigungen beim Internetdienst yz.ch bezüglich der Geschäftstätigkeit und Geschäftspraxis der ZZ GmbH angezeigt gewesen. Schliesslich hätten sich vorgängige Erhebungen bezüglich Funktion, Stellung und Aufgabenbereich der Beschwerdeführerin und I. S. in der betreffenden Firma aufgedrängt. Diese unterlassenen Untersuchungshandlungen stellen allesamt mildere Massnahmen im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO dar, mit denen die angestrebten Ziele hätten erreicht werden können.


4.4 Schliesslich fehlt es vorliegend an der erforderlichen vernünftigen Relation zwischen Eingriffszweck und Eingriffswirkung. Dabei erweist sich das Argument der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 16. Mai 2011, ein Vermögensdelikt mit einem Strafrahmen von bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe habe im Raum gestanden, als unbehelflich, denn entscheidend im Rahmen der Proportionalität gemäss Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO ist nicht die abstrakte Strafandrohung eines Delikts, sondern die für den Täter konkret zu erwartende Strafe. Da zum Zeitpunkt der Zwangsmassnahme lediglich vage Hinweise auf einen einzelnen Betrugsfall mit einem Deliktsbetrag von weniger als CHF 1'400.- vorlagen, wäre - selbst bei Zutreffen der in der Anzeige enthaltenen Vorwürfe - höchstens das Aussprechen einer blossen Geldstrafe in geringer Höhe zu erwarten gewesen, womit es sich offensichtlich um einen Fall im Bagatellbereich handelte. Damit vermag die Bedeutung der den Beschwerdeführern vorgeworfenen Straftat des Betruges die vorliegend vorgenommenen Hausdurchsuchungen, welche einschneidende Zwangsmassnahmen mit einem erheblichen Grad an Eingriffsintensität darstellen, klarerweise nicht zu rechtfertigen. Im Übrigen erweist sich die Darlegung der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 16. Mai 2011, wonach Zwangsmassnahmen auch gegen nicht beschuldigte Personen zulässig sind, als zumindest ungenau. Gemäss Art. 197 Abs. 2 StPO sind Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, nämlich besonders zurückhaltend einzusetzen.


5.1 Die zu beurteilenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehle vom 1. April 2011 erweisen sich somit in mehrfacher Hinsicht den Grundsätzen von Art. 197 Abs. 1 StPO zuwiderlaufend: Zunächst lag kein hinreichender Tatverdacht vor, des Weiteren konnten die angestrebten Ziele durch mildere Massnahmen erreicht werden und schliesslich erscheinen sie aufgrund der Bedeutung der zu untersuchenden Betrugsvorwürfe nicht als gerechtfertigt. Der Erlass der genannten Befehle ohne vorangehende Vornahme der notwendigen grundlegenden Abklärungen erweist sich demgemäss als gegen Art. 197 Abs. 1 lit. b, c und d StPO verstossend. Die Beschwerde ist daher, soweit darauf eingetreten werden kann, im Grundsatz gutzuheissen.


5.2 Die Beschwerdeführer führen nicht näher aus, inwiefern neben Art. 197 StPO auch die Art. 244 und 263 StPO sowie die Grundrechte der Beschwerdeführer verletzt worden seien. Wie bereits oben stehend in Ziff. 1.2 festgehalten wurde, steht die Beschwerde aus Gründen der Prozessökonomie zur abstrakten Beantwortung einer Rechtsfrage grundsätzlich nicht zur Verfügung. Im Vordergrund des vorliegenden Beschwerdeverfahrens steht die Feststellung, dass die betreffenden Hausdurchsuchungen und die betreffende Beschlagnahme die für Zwangsmassnahmen geltenden Grundsätze nicht eingehalten haben. Die strafrechtliche Abteilung des Kantonsgerichts beschränkt sich somit darauf, die Beschwerde im Grundsatz gutzuheissen und den Verstoss gegen Art. 197 Abs. 1 lit. b, c und d StPO festzustellen, ohne allfällige weitere aufgrund der nicht rechtmässig vorgenommenen Zwangsmassnahmen verletzte Gesetzesbestimmungen im Einzelnen festzuhalten.


6. (…)


In grundsätzlicher Gutheissung der Beschwerde wird deshalb festgestellt, dass die von der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung X., mit Verfügungen vom 1. April 2011 angeordnete Durchsuchung und Beschlagnahme gegenüber den Beschwerdeführern Art. 197 Abs. 1 lit. b, c und d StPO verletzt.


Beschluss der Dreierkammer des Kantonsgerichts, Abteilung Strafrecht vom 16. August 2011 (470 11 57/VOM)



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