01-18 Steuerbefreiung einer juristischen Person mit öffentlichem Zweck

Diejenigen juristischen Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, sind von der Steuerpflicht für den Gewinn und das Kapital, die ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken gewidmet sind, befreit. Nach § 114 der Kantonsverfassung vom 17. Mai 1984 (KV) ist die Beschaffung von Trink- und Brauchwasser zur Sicherstellung des regionalen Wasserbedarfs eine kantonale Aufgabe, die Dritten übertragen werden kann. Eine Aktiengesellschaft, die stellvertretend für den Kanton die Region mit Trinkwasser versorgt, erfüllt daher eine öffentliche Aufgabe (E. 3a).


Die Zielsetzung der juristischen Person darf nicht mit Erwerbszwecken oder sonst eigenen Interessen der juristischen Person oder ihren Mitgliedern bzw. Gesellschaftern, wie etwa fiskalischen Motiven, verknüpft sein. Führt die Steuerpflichtige, die in der Wasserversorgung eine monopolartige Stellung inne hat, ihren Betrieb nach dem Kostendeckungsprinzip, ist die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks vorherrschend, von der Verfolgung eines Erwerbszweckes oder fiskalischen Zielen kann diesfalls nicht gesprochen werden (E. 3b).



Aus dem Sachverhalt:

1. Die Steuerpflichtige, die Hardwasser AG, bezweckt gemäss Art. 2 ihrer Statuten vom 6. Juni 1994, in Ausführung der Bestimmungen des zwischen den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt abgeschlossenen Gründungsvertrages vom 26. November 1954, 4./7. Juli 1955, das in der Hard (Gemeindebann Muttenz) vorhandene natürliche und mit vorgereinigtem Rheinwasser künstlich angereicherte Grundwasser als Trinkwasser und vorgereinigtes Rheinwasser als Brauchwasser zu gewinnen und den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt abzugeben. An ihrem Aktienkapital von 5 Mio. Franken sind der Kanton Basel-Landschaft mit 2.07 Mio. Fr. (41.4 %), diverse basellandschaftliche Gemeinden mit 0.43 Mio. Fr. (8.6 %), der Kanton Basel-Stadt mit 2 Mio. Fr. (40 %) und die Bürgergemeinde Basel-Stadt mit 0.5 Mio. Fr. (10 %) beteiligt. Die Steuerpflichtige wurde mit der Staatssteuerveranlagung 1999 (Nr. S 99/11) vom 20. August 1999 für das Steuerjahr 1999 definitiv eingeschätzt.


2. Mit Gesuch vom 27. Oktober 1999 verlangte die Steuerpflichtige die Befreiung von Staats- und Gemeindesteuer bei der kantonalen Taxationskommission, welche dies mit Entscheid vom 15. Juni 2000 abwies.


Als Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, gemäss § 16 Abs. 1 lit. d StG seien von der Staats- und Gemeindesteuer befreit juristische Personen, die ideelle oder öffentliche Zwecke verfolgten. Zur Diskussion stehe bei der Steuerpflichtigen die Verfolgung öffentlicher Zwecke, was nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen sei, wenn durch öffentlich-rechtlichen Erlass oder Verwaltungsakt einer juristischen Person die Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe überbunden worden sei. Als öffentliche Zweckverfolgung genüge nie, dass die Beteiligungsrechte in der Hand des Gemeinwesens liegen würden. So seien sämtliche kommerziell tätigen Unternehmen, deren Aktien sich ganz oder mehrheitlich in der öffentlichen Hand befinden würden, normal steuerpflichtig. Bei der Steuerpflichtigen sei die Produktionstätigkeit, eben die Herstellung eines Produktes (Trinkwasser) und die Weitergabe (Vermarktung) an das Gemeinwesen im Vordergrund. In diesem Sinne sei eine unternehmerische Tätigkeit gegeben, die nicht unter die öffentliche Zwecksetzung falle.


3. Gegen diesen Entscheid erhob der Vertreter der Steuerpflichtigen mit Eingabe vom 26. Juni 2000 Rekurs, in dem, unter o/e Kostenfolge, am Begehren festgehalten wurde.


Zur Begründung wurde insbesondere vorgebracht, die jederzeitige sichere Wasserversorgung gehöre zu den lebensnotwendigen und daher besonders wichtigen öffentlichen Aufgaben. Entsprechend nenne § 114 der Kantonsverfassung die Beschaffung von Trink- und Brauchwasser zur Sicherstellung des regionalen Wasserbedarfs ausdrücklich als kantonale Aufgabe, die der Kanton auf Dritte übertragen könne. Folgerichtig nenne auch die einschlägige Literatur die "Lieferung von Wasser" ausdrücklich als Beispiel einer klar öffentlichen Zwecksetzung (vgl. Marco Greter in Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, Basel 1997, Art. 23 N. 28; Marco Greter in Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG), Basel 2000, Art. 56 N. 37). Die Übertragung der öffentlichen Aufgabe der Wasserversorgung an die Steuerpflichtige ergebe sich vorliegendenfalls nicht bloss aus den Umständen, sondern direkt durch den Vertrag zwischen dem Kanton Basel-Landschaft und Kanton Basel-Stadt betreffend die Gründung einer Aktiengesellschaft zum Bau und Betrieb von Trinkwassergewinnungsanlagen in der Hard vom 26. November 1954, den der Landrat des Kantons Basel-Landschaft am 4. Juli 1955 genehmigt habe.


4. Die Taxationskommission beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 29. November 2000 die Abweisung des Rekurses.


5. In seiner Replik vom 22. Dezember 2000 hält der Vertreter der Steuerpflichtigen und in ihrer Duplik vom 16. Januar 2001 die Taxationskommission an ihrem Standpunkt fest.


6. An der heutigen mündlichen Verhandlung bestanden die Parteien auf ihren Anträgen.



Aus den Erwägungen:

2. Die Staats- und Gemeindesteuer der Aktiengesellschaften umfasst nach § 52 Abs. 1 StG eine Steuer vom Ertrag und Kapital. Aktiengesellschaften sind wie andere juristische Personen, die öffentliche Zwecke verfolgen, für das Einkommen und Vermögen, die ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken dienen, von der Steuerpflicht befreit (§ 16 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 StG in der Fassung vom 18. Mai 2000 (n.F.)). In Bezug auf am 1. Januar 2001 noch nicht oder noch nicht rechtskräftig veranlagte Steuern früherer Jahre gilt § 16 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 des StG in der Fassung vom 7. Februar 1974 (a.F.) weiter: Von der Staats- und Gemeindesteuer sind juristische Personen, die ideelle oder öffentliche Zwecke verfolgen, für das Einkommen und Vermögen, das diesen Zwecken unmittelbar dient oder gewidmet ist, von der Steuerpflicht befreit, sofern basellandschaftliche Kantonsangehörige in einem wesentlichen Umfang der juristischen Person angehören oder in den Genuss ihrer Leistungen kommen.


Der Entscheid, ob eine juristische Person wegen Verfolgung öffentlicher Zwecke von der Staats- und Gemeindesteuer zu befreien ist, kann für jede Veranlagungsperiode neu überprüft werden (Pra 78, S. 367 E. 3a). Vorliegend wurde die Steuerpflichtige mit der Staatssteuerveranlagung 1999 (Nr. S 99/11) vom 20. August 1999 für das Steuerjahr 1999 definitiv eingeschätzt. Da innert der 30-tägigen Einsprachefrist kein Rechtsmittel eingelegt wurde, erwuchs diese Veranlagung in Rechtskraft. Das Gesuch vom 27. Oktober 1999 um Befreiung von der Staats- und Gemeindesteuer kann sich folglich nur auf die Steuerpflicht ab dem 1. Januar 2000 beziehen. Dabei gilt es zu beachten, dass die einmal ausgesprochene Steuerbefreiung für zukünftige Steuerperiode widerrufen werden kann (Archiv für Schweizerisches Abgaberecht (ASA) 55 S. 218 E. 3b).


3. Im Folgenden ist zu prüfen, ob die Steuerpflichtige ab dem 1. Januar 2000 nach § 16 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 StG a.F. bzw. § 16 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 StG n.F. von der Staats- und Gemeindesteuer zu befreien ist.


a) Eine Steuerbefreiung setzt voraus, dass die Steuerpflichtige öffentliche Zwecke verfolgt, d.h. sich im Bereich der übergeordneten Interessen des öffentlichen Gemeinwesens betätigt. Nach § 114 der Kantonsverfassung vom 17. Mai 1984 (KV) ist die Beschaffung von Trink- und Brauchwasser zur Sicherstellung des regionalen Wasserbedarfs eine kantonale Aufgabe, die Dritten übertragen werden kann. Aus dem Vertrag vom 26. November 1954 zwischen dem Kanton Basel-Landschaft und dem Kanton Basel-Stadt betreffend Gründung einer Aktiengesellschaft zum Bau und Betrieb von Trinkwassergewinnungsanlagen in der Hard ergibt sich, dass der Kanton Basel-Landschaft die Aufgabe der Gewinnung von Trink- und Brauchwasser in der Hard der Steuerpflichtigen, einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft, überlassen hat. Eine Aktiengesellschaft, die stellvertretend für den Kanton die Region mit Trinkwasser versorgt, erfüllt eine öffentliche Aufgabe (BGE 96 I 330 E. 3). Die Steuerpflichtige bezweckt nach Art. 2 der Statuten vom 6. Juni 1994 die Gewinnung von natürlichem und künstlich angereichertem Grundwasser in der Hard zu Trinkwasser und die Aufbereitung von Rheinwasser zu Brauchwasser für die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Dem kommt sie auch in tatsächlicher Hinsicht nach, so liefert sie einerseits Trinkwasser an Basel, Allschwil, Binningen, Birsfelden, Münchenstein sowie das Wasserwerk Reinach und Umgebung, andererseits aber auch Brauchwasser an die ARA-Rhein. Rund 94 Prozent ihres Gesamtumsatzes erzielt sie aus Trink- und Filtratwasserverkäufen (inkl. Vergütungen von Stromkosten und Gebühren der Wasserbezüge). Ebenfalls eine kantonale Aufgabe ist nach § 127a KV der Unterhalt der Rheinhäfen. Die Dienstleistungen, die die Steuerpflichtige für die Bauverwaltung Rheinhäfen des Kantons Basel-Landschaft erbringt und rund 4 Prozent des Umsatzes ausmachen, dienen dem Kanton zur Erfüllung eines öffentlichen Zweckes. Demzufolge steht fest, dass die Steuerpflichtige praktisch einzig öffentliche Zwecke verfolgt.


b) Des Weiteren müssen der Gewinn und das Kapital ausschliesslich und unwiderruflich dem öffentlichen Zweck gewidmet sein. Die Zielsetzung der juristischen Person darf somit nicht mit Erwerbszwecken oder sonst eigenen Interessen der juristischen Person oder ihren Mitgliedern bzw. Gesellschaftern, wie etwa fiskalischen Motiven, verknüpft sein (vgl. Kreisschreiben Nr. 12 vom 8. Juli 1994 der Eidgenössischen Steuerverwaltung E. 2b; Reto Kuster, Steuerbefreiung von Institutionen mit öffentlichen Zwecken, Zürich 1998, S. 225). Die Herstellung und der Verkauf von Trink- und Brauchwasser gegen ein Entgelt stellt klarerweise eine Erwerbstätigkeit dar. Führt die Steuerpflichtige, die in der Wasserversorgung eine monopolartige Stellung inne hat, ihren Betrieb nach dem Kostendeckungsprinzip, ist die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks vorherrschend, von der Verfolgung eines Erwerbszweckes oder fiskalischen Zielen kann diesfalls nicht gesprochen werden (vgl. Rechenschaftsbericht des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich (RB) 1955 Nr. 12). Davon, dass die Steuerpflichtige lediglich kostendeckende Preise für ihre Produkte und Dienstleistung erhebt, kann ausgegangen werden, wenn die Gesamteinnahmen die gesamten Kosten der Wasserversorgung und der Dienstleistungen für die Bauverwaltung Rheinhäfen langfristig nicht übersteigen, die Dividenden nicht übermässig sind, d.h. maximal 6 Prozent des Aktienkapitals betragen und die Eigenmittel der Steuerpflichtigen (mit Ausnahme des selbst aufgebrachten Aktienkapitals/Nominalwert) im Falle einer Auflösung der Steuerpflichtigen stets an die öffentliche Hand oder eine steuerbefreite Institution mit gleicher oder ähnlicher Zwecksetzung fallen. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Jahresrechnungen der Steuerpflichtigen der Jahre 1996-99, dass der Betriebsertrag praktisch nur die Aufwendungen für den Betriebsaufwand und die Dividende deckte. Auch war die im Jahr 1999 ausgeschüttete Dividende von Fr. 200'000.--, die 4 Prozent des einbezahlten Kapitals von Fr. 5'000'000.-- entsprach, nicht übermässig. Im Fall der Auflösung und Liquidation ist nach Art. 23 der Statuten vom 6. Juni 1994 ein sich allfällig ergebender Überschuss unter die Aktionäre im Verhältnis ihrer Beteiligung am Aktienkapital zu verteilen. Da gegenwärtig nur die öffentliche Hand an der Steuerpflichtigen beteiligt ist, würde ein allfälliger Liquidationserlös dem Gemeinwesen zu fallen. Damit sichergestellt ist, dass die Eigenmittel der Steuerpflichtigen (mit Ausnahme des selbst aufgebrachten Aktienkapitals) im Falle einer Auflösung stets entweder an die öffentliche Hand oder eine steuerbefreite Institution mit gleicher oder ähnlicher Zwecksetzung fallen, sind die Statuten noch entsprechend abzuändern. Es kann jedoch festgehalten, dass gegenwärtig bei der Steuerpflichtigen nicht ein Erwerbszweck oder ein anderweitiges Eigeninteresse der Steuerpflichtigen oder ihrer Aktionäre, sondern die Verfolgung öffentlicher Zwecke im Vordergrund steht.


c) Ferner tritt die Befreiung der Steuerpflichtigen von der Staats- und Gemeindesteuer nach § 16 Abs. 2 StG a.F. nur ein, sofern basellandschaftliche Kantonsangehörige in einem wesentlichen Umfang der juristischen Person angehören oder in den Genuss ihrer Leistungen kommen. Demgegenüber hat gemäss § 16 Abs. 2 StG n.F. eine juristische Person, die die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung erfüllt, Anspruch auf Steuerbefreiung, auch wenn sich ihre Tätigkeit in einem anderen Kanton auswirkt (Marco Greter in Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG), Basel 1997, Art. 23 N. 26). Da der Kanton Basel-Landschaft und basellandschaftliche Gemeinden im Jahr 2000 zu 50 Prozent an der Steuerpflichtigen beteiligt waren, das Trinkwasser zu rund 30 Prozent an basellandschaftliche Gemeinden und das Brauchwasser zu 100 Prozent an die im Eigentum des Kantons Basel-Landschaft stehende ARA-Rhein ging, sind die Voraussetzungen von § 16 Abs. 2 StG a.F. für eine Steuerbefreiung erfüllt.


d) Schliesslich fragt sich, ob der Umstand, dass die Steuerpflichtige rund 2 Prozent des Umsatzes mit Dienstleistungen für kommzerielle Unternehmen, Miet- und Pachterträgen sowie übrigen Erträgen erzielt, einer Steuerbefreiung nicht entgegensteht. Da diese Einnahmen von absolut untergeordneter Bedeutung und dem privilegierten Zweck dienen, kann die Steuerpflichtige trotzdem vollständig von der Staats- und Gemeindesteuer befreit werden (vgl. RB 1963 Nr. 41).


Gesamthaft ergibt sich, dass die Steuerpflichtige ab dem 1. Januar 2000 die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Staats- und Gemeindesteuer wegen Verfolgung öffentlicher Zwecke erfüllt. Der Rekurs erweist sich insoweit als begründet und ist daher in dem Sinne gutzuheissen, als die Steuerpflichtige ab dem 1. Januar 2000 von der Staats- und Gemeindesteuer zu befreien ist.


Entscheid Nr. 18/2001 vom 9.2.2001



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