04-11 Besteuerung einer Abgangsentschädigung

Gehören zu den Einkünften Kapitalabfindungen aus einer mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Vorsorgeeinrichtung oder gleichartige Kapitalabfindungen des Arbeitgebers, so werden solche Abfindungen gesondert besteuert; sie unterliegen stets einer vollen Jahressteuer, wobei diese zu einem Fünftel der ordentlichen Tarife nach Art. 36 DBG berechnet wird. Als gleichartig können nur jene Kapitalabfindung, auf welche der Arbeitnehmer im Vorsorgefall (Alter, Tod, Invalidität) einen Rechtsanspruch hat, gelten. Ferner muss einer solchen Kapitalzahlung Vorsorgecharakter zukommen, was zutrifft, wenn sie dazu dient, eine durch Alter, Invalidität oder Tod des Arbeitnehmers mögliche künftige Beschränkung der gewohnten Lebenshaltung des Arbeitnehmers bzw. seiner Hinterlassenen zu mildern (Erw. 2).


Wird eine Abgangsentschädigung unter anderem zwar aufgrund der Anzahl Dienstjahre bemessen; stellt jedoch diese keine Abgeltung für in der Vergangenheit zu tief ausgefallene Löhne dar und gilt diese keine künftigen, periodischen Lohndifferenzleistungen ab, so handelt es sich demnach allgemein um eine auf freiwilliger Basis ausgerichtete, pauschale Entschädigungsleistung auf das Ende des Arbeitsverhältnisses. Als solche aber kann sie nicht der Tarifregelung nach Art. 37 DBG unterstellt werden (Erw. 3).


Bei der fraglichen Abgangsentschädigung handelt es sich um eine einmalige und damit ausserordentliche Einkunft und nicht um einen üblichen Bonus, weshalb diese im Steuerjahr, in dem sie zugeflossen ist, einer vollen Jahressteuer zu dem Satz, der sich für die Abfindung allein ergibt, unterliegt (Erw. 4).



Aus dem Sachverhalt:

1. B.X., geboren 1949, wurde im Zusammenhang mit seiner aus Gründen der Umstrukturierung per 30. Juni 2000 erfolgten Entlassung bei der D AG eine von Lebensalter, Dienstjahren und Kinder-Unterstützungspflichten abhängige Abgangsentschädigung von brutto Fr. 131'270.-- abzüglich von Sozialversicherungsbeiträgen ausgerichtet. Mit der Sonderveranlagung der direkten Bundessteuer vom 28. Januar 2002 für Kapitalleistungen mit Rechnung Nr. B 00/05 vom 01.01 bis 31.12.00 zog die Steuerverwaltung die Abgangsentschädigung in der Höhe von Fr. 123'328.-- zur Besteuerung heran und erhob darauf Fr. 5'296.-- Steuern.


2. Dagegen liess B.X. mit Schreiben vom 25. Februar 2002 Einsprache erheben, welche die Steuerverwaltung mit Einsprache-Entscheid vom 12. September 2003 abwies.


3. Mit Rekurs (recte: Beschwerde) vom 13. Oktober 2003 liessen B.X. und C.X. beantragen, es sei der abweisende Einsprache-Entscheid der Steuerverwaltung betreffend die direkte Bundessteuer vom 12. September 2003 aufzuheben. Es sei die Sonderveranlagung für Kapitalleistungen (direkte Bundessteuer), Rechnung Nr. B 00/05 vom 01.01. bis 31.12.2000, vom 28.01.2002, wie folgt abzuändern: Das ausserordentliche Einkommen sei auf CHF 123'328 festzulegen und die zu entrichtende Einkommenssteuer zu dem Steuersatz zu berechnen, der sich ergäbe, wenn anstelle einer einmaligen Leistung eine entsprechende Leistung über zehn Jahre ausgerichtet würde. Dadurch falle das satzbestimmende Einkommen unter die Steuerfreibetragsgrenze. Sofern es sich nicht um eine Kapitalzahlung für wiederkehrende Leistungen handle, sei eventualiter festzustellen, dass der Betrag in der Höhe von CHF 123'328 als Lohnbestandteil ordentliches Einkommen darstelle, welches in die Bemessungslücke falle. Dementsprechend belaufe sich das ausserordentliche Einkommen im Jahre 2000 auf Null. Unter a/o Kostenfolge.


(…)


4. In ihrer Vernehmlassung vom 15. Januar 2004 begehrte die Steuerverwaltung Abweisung der Beschwerde.


(…)



Aus den Erwägungen:

2. Zunächst ist im vorliegenden Fall zu untersuchen, ob die dem Steuerpflichtigen im Jahr 2000 ausgerichtete Abgangsentschädigung von brutto Fr. 131'270.-- als Kapitalabfindung des Arbeitgebers, die der Gesetzgeber in Art. 17 Abs. 2 DBG mit Blick auf die Kapitalzahlungen der Personalvorsorgeeinrichtungen als "gleichartig" bezeichnet hat, zur Besteuerung heranzuziehen sei.


a) Gehören zu den Einkünften Kapitalabfindungen aus einer mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Vorsorgeeinrichtung oder gleichartige Kapitalabfindungen des Arbeitgebers, so werden laut Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Art. 38 DBG solche Abfindungen gesondert besteuert; sie unterliegen stets einer vollen Jahressteuer, wobei diese zu einem Fünftel der ordentlichen Tarife nach Art. 36 DBG berechnet wird. Eine Umschreibung, welche Kapitalabfindung des Arbeitgebers als „gleichartig" zu betrachten sind, enthält das DBG nicht. Als gleichartig können nur jene Kapitalabfindung, auf welche der Arbeitnehmer im Vorsorgefall (Alter, Tod, Invalidität) einen Rechtsanspruch hat, gelten (vgl. Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts [BGE] vom 11. Juli 2001, E. 3a [2A.8/2001] in: Basellandschaftliche und Baselstädtische Steuerpraxis [BStPra.] XV, S. 446 ff). Ferner muss einer solchen Kapitalzahlung Vorsorgecharakter zukommen, was zutrifft, wenn sie dazu dient, eine durch Alter, Invalidität oder Tod des Arbeitnehmers mögliche künftige Beschränkung der gewohnten Lebenshaltung des Arbeitnehmers bzw. seiner Hinterlassenen zu mildern (Entscheid des Steuergerichts des Kantons Basel-Landschaft [StGE BL] Nr. 79/2003 vom 15. August 2003, E. 2a; StGE BL Nr. 115/2001 vom 17. August 2001, E. 3a; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil/Basel 2001, N. 61 zu Art. 17).


b) Vorab ist mit der Steuerverwaltung festzuhalten, dass der fraglichen Zahlung der Arbeitgeberin kein Vorsorgecharakter zukommt. Dies lässt sich jedoch nicht, wie die Steuerverwaltung annimmt, aus dem Umstand ableiten, dass der Steuerpflichtige nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der D AG wieder eine neue Stelle gefunden, denn daraus geht nicht hervor, was die D AG mit der Abgangsentschädigung bezweckte. Massgebend ist vorliegend, dass die D AG dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Kündigung eine Summe von brutto Fr. 131'270.-- ausrichtete und dieser Betrag sich nach dem Lebensalter, Dienstjahren und Kinder-Unterstützungspflichten im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsendes berechnete. Mit der fraglichen Zahlung sollten offenkundig einerseits die finanziellen Folgen, welche die Entlassung des Steuerpflichtigen (kurzfristig) für diesen hatte, gemildert und anderseits dessen langjährige Treue honoriert werden. Demnach diente die Abgangsentschädigung primär der Lohnfortzahlung; eine weiterreichende Abgeltung allfälliger Anwartschaften des damals 50-jährigen Steuerpflichtigen war nicht beabsichtigt. Die streitige Zahlung, zu welcher die Arbeitgeberin nicht verpflichtet war, lässt sich also nicht mit einer Kapitalabfindung aus seiner Vorsorgeeinrichtung vergleichen. Eine privilegierte Besteuerung nach Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Art. 38 DBG ist deshalb ausgeschlossen (BGE vom 11. Juli 2001, a.a.O., E. 3a).


3. Des Weiteren fragt sich, ob die Abgangsentschädigung nach dem auf Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen anwendbaren Rentensatz gemäss Art. 37 DBG zu besteuern sei.


a) Gehören zu den Einkünften Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen, so wird die Einkommenssteuer unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte und der zulässigen Abzüge zu dem Steuersatz berechnet, der sich ergibt, wenn anstelle der einmaligen Leistung eine entsprechende jährliche Leistung ausgerichtet würde.


Vorweg ist festzuhalten, dass die im Kreisschreiben Nr. 1 der Steuerperiode 2003 der Eidg. Steuerverwaltung vom 3. Oktober 2002 zur direkten Bundessteuer betr. die Abgangsentschädigung resp. Kapitalabfindung des Arbeitgebers festgehaltene Praxis erst ab der Steuerperiode 2003 gilt und somit auf die hier zu beurteilende Steuerperiode 2000 nicht anwendbar ist.


Als Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen nach Art. 37 DBG gelten einmalige Zuwendungen, die dazu bestimmt sind, einen gesetzlichen, statutarischen, vertraglichen oder testamentarischen Anspruch auf künftige, periodische Leistungen abzugelten, wobei vorausgesetzt ist, dass nebst den wiederkehrenden Einzelleistungen auch die zugrundeliegende Stammschuld getilgt wird (vgl. Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts [BGE] vom 6. März 2001, E. 4b [2A.50/2000]). Wie das Bundesgericht im nicht veröffentlichten Urteil vom 5. Oktober 2000 i.S. A. ausführte, ist dieses Normenverständnis indessen zu eng angesichts des mit Art. 37 DBG verfolgten Zwecks, wonach ermöglicht werden soll, eine wiederkehrende und somit periodisch zu besteuernde Leistung im Fall, da sie mit einer einmaligen Kapitalabfindung erbracht wird, sachlich richtig jener Progression zu unterstellen, die anwendbar wäre, wenn anstelle der Einmalzahlung eine jährliche Rente ausgerichtet würde. Die Tarifregelung nach Art. 37 DBG ist demnach nicht nur anwendbar, soweit künftige Teilleistungsansprüche abgegolten werden. Es können grundsätzlich allgemein auch Entschädigungen für in der Vergangenheit begründete Teilzuwendungen miterfasst sein, wenn die vorgesehene periodische Ausrichtung ohne Zutun des Steuerpflichtigen unterblieben ist, diesem also kein Wahlrecht in Bezug auf die Erfüllungsart bzw. den Erfüllungszeitpunkt zustand (vgl. BGE vom 6. März 2001, a.a.O., E. 4b).


Es kommt bei Kapitalleistungen im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen somit entscheidend darauf an, welche Funktion der Einmalzahlung in den Augen der am Arbeitsverhältnis beteiligten Personen zukommen sollte. Diese Frage ist unter Einbezug der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Der Steuerentscheid [StE] 1998 B. 29.2 Nr. 5).


b) Die strittige Abgangsentschädigung wurde unter anderem aufgrund der Anzahl Dienstjahre bemessen; jedoch wird weder geltend gemacht noch kann den Akten ein Hinweis entnommen werden, dass diese als Abgeltung für in der Vergangenheit zu tief ausgefallene Löhne ausbezahlt wurde. Es bleibt mithin einzig noch zu prüfen, ob die Abgangsentschädigung als Einmalzahlung für eine gewisse in der Zukunft liegende Dauer gedacht war (vgl. StE 1998 B. 29.2 Nr. 5).


Eine Besteuerung als Abgeltung für wiederkehrende Leistungen wäre etwa vorzunehmen, wenn diese Abgangsentschädigung eine Differenz zwischen dem schon bezogenen und einem künftigen - mutmasslichen tieferen - Gehalt ausgleichen sollte, um für eine gewisse Zeitspanne die Folgen der Kündigung durch Ausrichtung eines 'Ergänzungseinkommens' zu mildern. Gegen eine solche Würdigung der vorliegend erbrachten Kapitalleistung spricht allerdings schon, dass das Arbeitsverhältnis durch die D AG gekündigt wurde und damit keine fortwährende 'Wirkungen' des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde. Aber selbst wenn der Abfindung der Charakter einer 'Überbrückungsmassnahme' für eine länger dauernde Übergangsphase beizumessen wäre, folgte daraus nicht ohne weiteres, dass die Abfindung als anstelle wiederkehrender Leistungen erbracht zu gelten hätte. Geldbeträge als Starthilfen für eine Umgestaltung der beruflichen Laufbahn haben vielmehr einmaligen Charakter, da sie nicht darauf angelegt sind, den Arbeitnehmer in seiner beruflichen Laufbahn zu begleiten (vgl. StE 1998 B. 29.2 Nr. 5). Es kann somit nicht gesagt werden, dass die streitige Kapitalzahlung künftige, periodische Lohndifferenzleistungen abgelte. Es handelt sich demnach allgemein um eine auf freiwilliger Basis ausgerichtete, pauschale Entschädigungsleistung auf das Ende des Arbeitsverhältnisses. Als solche aber kann sie nicht der Tarifregelung nach Art. 37 DBG unterstellt werden (vgl. BGE vom 6. März 2001, a.a.O., E. 4b).


4. Schliesslich bleibt noch zu prüfen, ob die Abgangsentschädigung einer Besteuerung als ausserordentliches Einkommen unterliegt.


Infolge des Wechsels des Kanton Basel-Landschaft per 1. Januar 2001 vom System der zweijährigen Pränumerando-Besteuerung auf dasjenige der einjährigen Postnumerando-Besteuerung gemäss § 5 der Vollzugsverordnung vom 13. Dezember 1994 zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (VV DBG) in Anwendung von Art. 41 DBG kann das Einkommen aus der Abgangsentschädigung in der ordentlichen Veranlagung der direkten Bundessteuern 2000 nicht erfasst werden und würde daher in eine Bemessungslücke fallen. Gemäss § 5 Abs. 2 VV DBG i.V.m. Art. 218 DBG unterliegen ausserordentliche Einkünfte, die in den Jahren 1999 und 2000 oder in einem Geschäftsjahr erzielt werden, das in diesen Jahren abgeschlossen wird, für das Steuerjahr, in dem sie zugeflossen sind, einer vollen Jahressteuer zu dem Satz, der sich für diese Einkünfte allein ergibt (Abs. 2). Als ausserordentliche Einkünfte gelten insbesondere Kapitalleistungen, aperiodische Vermögenserträge, Lotteriegewinne, sowie, in sinngemässer Anwendung von Art. 206 Abs. 3 DBG, ausserordentliche Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit. (Abs. 3). Bei der fraglichen Abgangsentschädigung handelt es sich um eine einmalige und damit ausserordentliche Einkunft und nicht um einen üblichen Bonus, weshalb diese im Steuerjahr, in dem sie zugeflossen ist, einer vollen Jahressteuer zu dem Satz, der sich für die Abfindung allein ergibt, unterliegt. Demzufolge kann festgehalten werden, dass die Steuerverwaltung die strittige Zahlung in der Höhe von Fr. 123'328.-- im Steuerjahr 2000 zu Recht mit einer Jahressteuer belegte (vgl. BGE vom 11. Juli 2001, a.a.O., E. 4).


Entscheid Nr. 11/2004 vom 6.2.2004



Back to Top