05-102 Abzug von Fahrtkosten/Weiterbildung/Ausbildung: Betriebswirtschafterin HF

Die Kosten für die Benützung des Autos können nicht abgezogen werden, da die Fahrtzeit von der Wohnstätte zur Arbeitsstätte und zurück weniger als 2 1/2 Stunden beträgt.


Die Aufwendungen einer Steuerpflichtigen zur Betriebswirtschafterin HF stellen vorliegend abziehbare Weiterbildungskosten dar.



Sachverhalt

1. Die Rekurrentin machte in ihrer Steuererklärung 2003 einen Abzug für Fahrtkosten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte von Fr. 2'574.-- und einen Abzug für übrige berufsbedingte Kosten von Fr. 4'317.-- geltend. Die Steuerverwaltung kürzte in der definitiven Veranlagungsverfügung der Staatssteuer 2003 Nr. S 03/11 vom 24. August 2004 den Abzug für Fahrtkosten auf Fr. 744.-- und den Abzug für übrige berufsbedingte Kosten auf Fr. 4'115.--.


2. Die dagegen erhobene Einsprache vom 27. August 2004 wies die Steuerverwaltung mit Einspracheentscheid vom 24. Januar 2005 ab. Das steuerbare Einkommen erhöhte sie von Fr. 56'834.-- auf Fr. 60'449.--.


3. Mit Rekurs vom 23. Februar 2005 begehrte die Steuerpflichtige sinngemäss, es seien die Fahrtkosten mit dem Privatauto und die Kosten für die Weiterbildung zum Abzug zuzulassen und es seien keine Verfahrenskosten aufzuerlegen.


4. In ihrer Vernehmlassung vom 13. Juli 2005 beantragte die Steuerverwaltung Abweisung des Rekurses.



Aus den Erwägungen :

2. a) Die Kosten der Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsstätte können unselbständig Erwerbende als Erwerbsunkosten nach § 2ter Abs. 1 lit. a der Regierungsratsverordnung vom 22. Oktober 1974 zum Steuer- und Finanzgesetz (SFV) abziehen. Diese umfassen aufgrund von § 2ter Abs. 1 lit. a Ziff. 3 SFV bei Benützung eines Motorrades oder eines Privatautos: die Auslagen, die bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels entstehen würden; steht kein solches zur Verfügung oder kann dessen Benützung dem Steuerpflichtigen nicht zugemutet werden (z.B. bei Gebrechlichkeit, bei mehr als 1,5 km Entfernung von der nächsten Haltestelle, bei einem täglichen Zeitaufwand von mehr als 2 1/2 Stunden), so ist pro Fahrkilometer ein Abzug bis zu 40 Rp. für Motorräder (Hubraum über 50 cm3, Kontrollschild mit weissem Grund, alle Typen einschliesslich Motorroller) und bis zu 65 Rp. für Autos zulässig (der Nachweis höherer Kosten bleibt vorbehalten); für die Hin- und Rückfahrt über Mittag können aber höchstens die Kosten für auswärtige Verpflegung gemäss Buchstabe b (14 Fr. pro Tag, jedoch höchstens 3000 Fr. pro Jahr) geltend gemacht werden.


b) Die Steuerverwaltung erwog im Einsprache-Entscheid unter anderem, dass der Steuerpflichtigen von fünf Uhr morgens bis um Mitternacht ein öffentliches Verkehrsmittel zu Verfügung stünde und dass die Steuerpflichtige bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels für die Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsstätte maximal 1 Stunde und 37 Minuten pro Tag benötigen würde. Die Benützung des Privatautos sei somit zur Erzielung des Erwerbseinkommens nicht notwendig, sondern diene der effizienten Gestaltung des Privatlebens.


c) Dagegen wurde im Rekurs eingewandt, dass die Steuerverwaltung korrekt erkannt habe, dass die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels mit erheblichem Zeitaufwand möglich sei. Die Zeiteinsparung durch den Gebrauch des privaten Autos könne jedoch nicht als privater Nutzen betrachtet werden, wenn man die berufliche und weiterbildungsbedingten Belastungen der Rekurrentin addiere.


d) § 2ter Abs. 1 lit. a Ziff. 3 SFV erklärt die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels für die Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsstätte als zumutbar, wenn dafür täglich nicht mehr als 2 1/2 Stunden aufgewendet werden müssen. Damit hat der Verordnungsgeber festgelegt, dass jeder steuerpflichtigen Person nebst den zeitlichen Belastungen durch Beruf und Weiterbildung für die Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsstätte ein täglicher Aufwand von 2 1/2 Stunden zuzumuten ist.


Die Rekurrentin benötigt bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels für die Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsstätte unbestritten weniger als 2 1/2 Stunden pro Tag. Im Weiteren sei angemerkt, dass gemäss SBB-Online-Fahrplan vom 13. August 2004 ( www.sbb.ch ) die Rekurrentin bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels zwischen Wohn- und Arbeitsstätte folgender Zeitaufwand entsteht: Sechs Minuten für den Fussweg von ihrer Wohnung in A, (…), zur Tramhaltestelle B , siebzehn Minuten Tramfahrt zur Haltestelle C, vier Minuten Fahrt mit dem Bus nach D und vier Minuten für den Fussweg zum Arbeitsplatz in E, (…). Inklusive Wartezeiten benötigt die Rekurrentin zwischen 33 und 34 Minuten für den Weg zur Arbeit und für den Weg nachhause zwischen 34 und 41 Minuten. Ein Abzug der effektiven Fahrtkosten kann ihr somit nicht gewährt werden.


Der Rekurs ist demzufolge in diesem Punkt abzuweisen.


3. Gemäss § 29 Abs. 1 lit. a StG können bei unselbständiger Erwerbstätigkeit als Erwerbsunkosten die mit der Ausübung des Berufes zusammenhängenden Weiterbildungskosten von den steuerbaren Einkünften abgezogen werden. Nicht abzugsfähig sind laut § 29 Abs. 3 StG Auslagen für eine berufliche Ausbildung.


a) Unter den nicht abziehbaren Ausbildungskosten sind Aufwendungen zu verstehen, welche die Ausübung eines bestimmten Berufs überhaupt ermöglichen oder hierzu befähigen. Sie bilden mangels qualifiziert engen wesentlichen Zusammenhangs mit einer vorbestehenden so genannten angestammten beruflichen Tätigkeit keine Berufskosten im Sinn des Gesetzes, sondern nicht abzugsfähige private Lebenshaltungskosten (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich [VGE ZH] vom 22. September 2004 [SB.2004.00036] E. 2.1 mit weiteren Hinweisen, www.vgrzh.ch ).


Als Erwerbsunkosten können indessen unselbständig Erwerbende nach § 2ter Abs. 1 lit. h SFV Weiterbildungskosten, soweit sie zur Erhaltung oder Sicherung der erreichten Stellung und für den Aufstieg im angestammten Beruf im normalen Rahmen notwendig sind, abziehen. Das Element der Notwendigkeit der Weiterbildungskosten ist in einem weiten Sinn zu verstehen. Es sind alle Kosten der Weiterbildung abzugsfähig, die objektiv mit dem gegenwärtigen Beruf der steuerpflichtigen Person im Zusammenhang stehen und die die steuerpflichtige Person zur Erhaltung ihrer beruflichen Chancen für angezeigt hält, auch wenn sich die Ausgaben als nicht absolut unerlässlich erweisen, um die gegenwärtige berufliche Stellung nicht einzubüssen (vgl. Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts [BGE] 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 2.1, www.bger.ch ). Der Zusammenhang fehlt, wenn es nur um persönliche Bereicherung - etwa im Sinne kultureller Weiterbildung - geht (vgl. BGE 113 Ib 114 E. 3b S. 121). Eine Weiterbildung liegt somit stets vor, wenn das Lernen darauf ausgerichtet ist, das zur Ausübung der betreffenden beruflichen Tätigkeit erforderliche Fachwissen zu aktualisieren, zu vertiefen und zu erweitern. Das in Frage stehende berufliche Fachwissen kann in der Praxis erlernt worden sein. Einer diesbezüglichen eigentlichen Grundausbildung - die es im Übrigen für verschiedene berufliche Tätigkeiten gar nicht gibt - bedarf es nicht (vgl. Michael Beusch, Bildungskosten - Eine Analyse von Aus- und Weiterbildung anhand neuerer Entwicklungen in der Rechtsprechung, Zeitschrift für Schweizerisches und Internationales Steuerrecht, Aufsätze, Ziff. 24 und 47, www.zsis.ch ; VGE ZH vom 22. September 2004 [SB.2004.00036] E. 2.1, a.a.O.). Abzugsfähig sind etwa die Auslagen der kaufmännischen Angestellten für den Erwerb des eidgenössischen Diploms als Verkaufsleiterin (vgl. Entscheid des Präsidenten des Steuergerichts Nr. 52/2005 vom 27. Mai 2005), die Aufwendungen des kaufmännischen Angestellten, der dipl. Buchhalter/Bücherexperte wird oder des Malers, der die Meisterprüfung ablegt (vgl. Kreisschreiben Nr. 26 der Steuerperiode 1995/96 vom 22. September 1995 der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur direkten Bundessteuer betr. Abzug von Berufskosten der unselbständigen Erwerbstätigkeit, www.admin.ch/estv ; Steuerinformationen, Schweiz. Steuerkonferenz SSK [Hrsg.], Die Einkommenssteuer der natürlichen Personen [Stand der Gesetzgebung: 1. Januar 2003], S. 64 Ziff. 321.252, www.admin.ch/estv ).


Hingegen sind Auslagen für eine Fortbildung, die zum Aufstieg in eine eindeutig vom bisherigen Beruf zu unterscheidende höhere Berufsstellung (sog. Berufsaufstiegskosten) oder gar zum Umstieg in einen anderen Beruf dienen, keine Weiterbildungskosten im Sinn von § 29 Abs. 1 lit. a StG. Sie werden nicht für eine Weiterbildung im Rahmen des bereits erlernten und ausgeübten Berufs erbracht, sondern letztlich für eine neue Ausbildung (vgl. BGE 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 2.2, a.a.O.). Als solche nicht abzugsfähige Auslagen gelten beispielsweise der Besuch eines Nachdiplomstudiums in Unternehmungsführung durch einen ausgebildeten Juristen, durch einen Mathematiker oder Computerfachmann, die Kosten für den Besuch eines Lehrgangs zum diplomierten Wirtschaftsinformatiker für einen Juristen oder die Auslagen des Primarlehrers, der sich zum Mittelschullehrer ausbilden lässt (vgl. BGE 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 2.2, a.a.O.) und die Zusatzausbildung eines diplomierten Betriebsökonomen HWV zum Master of Business Administration (vgl. BGE 2A.623/2004 vom 6. Juli 2005, www.bger.ch ).


b) Im Jahre 2003 arbeitete die Rekurrentin bei der X AG. Gemäss Steuererklärung ist ihr Beruf/ihre Tätigkeit KV-Angestellte. Am 11. August 2003 begann sie berufsbegleitend den sechssemestrigen Lehrgang Betriebswirtschafter HF zu besuchen. In diesem Lehrgang werden unter anderem folgende Fächer gelehrt: Unternehmen und Organisation, Rechnungswesen, Privatrecht, Steuerrecht und Öffentliches Recht, Statistik, Personalmanagement, Marketing, Mitarbeiterführung und Controlling.


Es ist davon auszugehen, dass die Fortbildung zum Betriebswirtschafter HF grundsätzlich zu wesentlichen Zusatzkenntnissen und zu einem zusätzlichen Titel mit gewissem eigenem Wert führt. Dieser Titel kommt andererseits aber nicht einem Universitätsstudium oder dem Abschluss an einer Fachhochschule gleich und ist somit von weniger grosser Bedeutung als solche Zusatzausbildungen. Rein vom Gehalt der zu beurteilenden Fortbildung her erscheint daher fraglich, ob diese als eigenständige Grundausbildung oder im Sinne einer Auffrischung des bestehenden Ausbildungsniveaus als Vertiefung und Aktualisierung der vorhandenen Kenntnisse zu verstehen ist. Insofern handelt es sich um einen Grenzfall. Die übrigen Umstände des konkreten Einzelfalles erweisen sich damit umso gewichtiger (vgl. BGE 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 3.1, a.a.O.).


Wesentlich für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit der Kosten für Zusatzausbildungen ist nicht nur der Vergleich zwischen der bestehenden Grundausbildung und den neu erworbenen Kenntnissen, sondern zu berücksichtigen sind auch der aktuell ausgeübte Beruf und die Auswirkungen der Zusatzausbildung auf die gegenwärtige und künftige Berufstätigkeit. Die Rekurrentin wird ihre Berufsausbildung mit dieser Zusatzausbildung zweifellos verbessern und einen Titel erwerben, der auf dem Stellenmarkt anerkannt und honoriert wird. Ob diese Steigerung markant und damit wesentlich ist, erscheint aber unklar. Die berufliche Fachausbildung in der Schweiz befindet sich zur Zeit im Umbruch, und es dürfte gegenwärtig kaum zu erstellen sein, wie viel der Rekurrentin der Titel als Betriebswirtschafter HF auf dem Arbeitsmarkt zusätzlich zur bereits vorhandenen Ausbildung bringen wird (vgl. BGE 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 3.2, a.a.O.).


Im Übrigen tat die Rekurrentin glaubwürdig dar, dass es ihr jedenfalls in erster Linie um eine Vertiefung ihrer Kenntnisse für die zur Zeit ausgeübte Berufstätigkeit geht. Sie wolle vorab ihre bisherige Stelle sichern. Ihre Arbeitgeberin, die X AG, hat mit Schreiben vom 22. November 2004 bestätigt, dass die Rekurrentin den Besuch des Lehrgangs Betriebswirtschafter HF für die aktuelle Berufsausübung wie auch für die berufliche Stellung benötige. Auch wenn nicht gänzlich auszuschliessen ist, dass die Fortbildung der Rekurrentin dereinst auch als längerfristige Investition zu Gute kommt und zu einer verbesserten Berufsstellung verhelfen könnte, sprechen die gegenwärtigen Umstände insgesamt eher dafür, dass vorrangig lediglich eine Weiterbildung zwecks Sicherung der bestehenden Stelle bezweckt ist (vgl. BGE 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 3.2, a.a.O.).


Aufgrund all dessen ergibt sich, dass der von der Steuerpflichtigen besuchte Kurs Betriebswirtschafter HF als Weiterbildung zu qualifizieren ist.


c) Unter die Weiterbildungskosten fallen die unmittelbaren Kosten (Schulgeld, Semestergebühren, Aufwendungen für Fachliteratur etc.), aber auch bloss mittelbare Kosten wie Fahrten zwischen der Wohnung und der Ausbildungsstätte und Mehrkosten für die Verpflegung (vgl. Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, N. 61 zu Art. 26; Hans Zehnder, Die Behandlung der Kosten der Ausbildung und beruflichen Weiterbildung im schweizerischen Steuerrecht, Zürich 1985, S. 75). Die Kosten für die Weiterbildung können nur in ihrem effektiven Umfang geltend gemacht werden (Richner/Frei/Kaufmann, a.a.O., N. 117 zu Art. 26).


Die geltend gemachten Tramkosten von Fr. 201.60 (72 x Fr. 2.80) für die Fahrten zwischen der Wohnung und der Ausbildungsstätte sind nicht abziehbar, da diese Auslagen bereits durch den für die Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte gewährten Abzug für die Kosten des U-Abos abgedeckt sind. Abzugsfähig sind die Aufwendungen für die Lehrmittel von Fr. 298.70 (Fr. 66.--, Fr. 81.--, Fr. 21.--, Fr. 95.30 und Fr. 35.40), den Kurs Buchhaltungspraxis intensiv von Fr. 380.--, die Einschreibegebühr Kurs Betriebswirtschafter HF von Fr. 250.-- und die Semestergebühr Kurs Betriebswirtschafter HF inkl. Lehrmittel von Fr. 2'686.20. Gesamthaft sind somit Fr. 3'615.-- als Weiterbildungskosten zum Abzug zuzulassen.


Der Rekurs erweist sich dem Gesagten zufolge in dieser Hinsicht als begründet und ist somit in diesem Sinne teilweise gutzuheissen, als der Rekurrentin die Weiterbildungskosten im Umfange von Fr. 3'615.-- zum Abzug zuzulassen sind.


Entscheid Nr. 102/2005 vom 19.8.2005



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