05-163 Weiterbildung/Ausbildung: Fachpsychologin für Psychotherapie FSP

Die Aufwendungen zum Erwerb des Titels der Fachpsychologin für Psychotherapie FSP sind nicht abzugsfähige Ausbildungskosten.



Sachverhalt

1. Die Rekurrenten machten in ihrer Steuererklärung 2003 bei den übrigen berufsbedingten Kosten der Ehefrau als "Weiterbildung und Umschulungskosten (netto)" Fr. 13'253.-- zum Abzug geltend. Diesen Abzug strich die Steuerverwaltung in der definitiven Veranlagungsverfügung der Staatssteuer 2003 vom 22. März 2005. Dagegen wurde mit Schreiben vom 20. April 2005 Einsprache erhoben.


2. Die Steuerverwaltung wies die Einsprache mit Einsprache-Entscheid Staatssteuer 2004 vom 13. Juni 2005 ab. Aufgrund eines Telefons des Vertreters der Steuerpflichtigen, in welchem dieser die falsche Bezeichnung des Jahres (2004 anstelle 2003) beanstandete, eröffnete die Steuerverwaltung den 2. Einsprache-Entscheid Staatssteuer 2003 vom 8. Juli 2003, in welchem die Einsprache abgewiesen wurde.


3. Mit Rekurs vom 20. Juli 2005 liessen die Steuerpflichtigen sinngemäss begehren, es seien die in der Steuererklärung 2003 geltend gemachten Weiterbildungskosten zum Abzug zuzulassen.


4. Die Steuerverwaltung beantragte mit Vernehmlassung vom 26. Oktober 2005 Abweisung des Rekurses



Aus den Erwägungen :

2. Gemäss § 29 Abs. 1 lit. a StG können bei unselbständiger Erwerbstätigkeit als Erwerbsunkosten die mit der Ausübung des Berufes zusammenhängenden Weiterbildungskosten von den steuerbaren Einkünften abgezogen werden. Nicht abzugsfähig sind laut § 29 Abs. 3 StG Auslagen für eine berufliche Ausbildung.


a) Unter den nicht abziehbaren Ausbildungskosten sind Aufwendungen zu verstehen, welche die Ausübung eines bestimmten Berufs überhaupt ermöglichen oder hierzu befähigen. Sie bilden mangels qualifiziert engen wesentlichen Zusammenhangs mit einer vorbestehenden so genannten angestammten beruflichen Tätigkeit keine Berufskosten im Sinn des Gesetzes, sondern nicht abzugsfähige private Lebenshaltungskosten (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich [VGE ZH] vom 22. September 2004 [SB.2004.00036] E. 2.1 mit weiteren Hinweisen, www.vgrzh.ch ).


Als Erwerbsunkosten können indessen unselbständig Erwerbende nach § 2ter Abs. 1 lit. h der Regierungsratsverordnung vom 22. Oktober 1974 zum Steuer- und Finanzgesetz Weiterbildungskosten, soweit sie zur Erhaltung oder Sicherung der erreichten Stellung und für den Aufstieg im angestammten Beruf im normalen Rahmen notwendig sind, abziehen. Das Element der Notwendigkeit der Weiterbildungskosten ist in einem weiten Sinn zu verstehen. Es sind alle Kosten der Weiterbildung abzugsfähig, die objektiv mit dem gegenwärtigen Beruf der steuerpflichtigen Person im Zusammenhang stehen und die die steuerpflichtige Person zur Erhaltung ihrer beruflichen Chancen für angezeigt hält, auch wenn sich die Ausgaben als nicht absolut unerlässlich erweisen, um die gegenwärtige berufliche Stellung nicht einzubüssen (vgl. Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts [BGE] 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 2.1, www.bger.ch ). Der Zusammenhang fehlt, wenn es nur um persönliche Bereicherung - etwa im Sinne kultureller Weiterbildung - geht (vgl. BGE 113 Ib 114 E. 3b S. 121). Eine Weiterbildung liegt somit stets vor, wenn das Lernen darauf ausgerichtet ist, das zur Ausübung der betreffenden beruflichen Tätigkeit erforderliche Fachwissen zu aktualisieren, zu vertiefen und zu erweitern. Das in Frage stehende berufliche Fachwissen kann in der Praxis erlernt worden sein. Einer diesbezüglichen eigentlichen Grundausbildung - die es im Übrigen für verschiedene berufliche Tätigkeiten gar nicht gibt - bedarf es nicht (vgl. Michael Beusch, Bildungskosten - Eine Analyse von Aus- und Weiterbildung anhand neuerer Entwicklungen in der Rechtsprechung, Zeitschrift für Schweizerisches und Internationales Steuerrecht, Aufsätze, Ziff. 24 und 47, www.zsis.ch ; VGE ZH vom 22. September 2004 [SB.2004.00036] E. 2.1, a.a.O.). Abzugsfähig sind etwa die Auslagen der kaufmännischen Angestellten für den Erwerb des eidgenössischen Diploms als Verkaufsleiterin (vgl. Steuergerichts-Entscheid [bis 31. März 2002 Steuerrekurskommission-Entscheid] [StGE] Nr. 52/2005 vom 27. Mai 2005, www.bl.ch/steuergericht ) oder den Lehrgang Betriebswirtschafter HF (StGE Nr. 102/2005 vom 19. August 2005) sowie die Aufwendungen des kaufmännischen Angestellten, der dipl. Buchhalter/Bücherexperte wird oder des Malers, der die Meisterprüfung ablegt (vgl. Kreisschreiben Nr. 26 der Steuerperiode 1995/96 vom 22. September 1995 der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur direkten Bundessteuer betr. Abzug von Berufskosten der unselbständigen Erwerbstätigkeit, www.admin.ch/estv ; Steuerinformationen, Schweiz. Steuerkonferenz SSK [Hrsg.], Die Einkommenssteuer der natürlichen Personen [Stand der Gesetzgebung: 1. Januar 2003], S. 64 Ziff. 321.252, www.admin.ch/estv ).


Hingegen sind Auslagen für eine Fortbildung, die zum Aufstieg in eine eindeutig vom bisherigen Beruf zu unterscheidende höhere Berufsstellung (sog. Berufsaufstiegskosten) oder gar zum Umstieg in einen anderen Beruf dienen, keine Weiterbildungskosten im Sinn von § 29 Abs. 1 lit. a StG. Sie werden nicht für eine Weiterbildung im Rahmen des bereits erlernten und ausgeübten Berufs erbracht, sondern letztlich für eine neue Ausbildung (vgl. BGE 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 2.2, a.a.O.). Als solche nicht abzugsfähige Auslagen gelten beispielsweise jene einer Psychologin zur Erlangung der Bewilligung zur Ausübung des Berufes der selbständigen Psychotherapeutin (StGE Nr. 143/2001 vom 28. September 2001, www.bl.ch/steuergericht ), eines Arztes zur Erlangung des Titels des Facharztes FMH für Psychiatrie und Psychotherapie (Basellandschaftliche und Baselstädtische Steuerpraxis [BStPra.], Bd. XVII, S. 195 ff.), eines Juristen zum Erwerb des Anwaltspatents (StGE Nr. 49/2000 vom 12. Mai 2000) oder eines diplomierten Betriebsökonomen HWV zum Master of Business Administration (BGE 2A.623/2004 vom 6. Juli 2005, www.bger.ch ).


b) Die Tatsachen, welche einen bestimmten Aufwand als abzugsfähige Weiterbildungskosten im Sinne von § 29 Abs. 1 lit. a StG erscheinen lassen, sind steuermindernd und deshalb von der steuerpflichtigen Person darzutun und nachzuweisen. Dieser Nachweis muss in der Rekursschrift durch substanziierte Sachdarstellung und durch Beschaffung oder Bezeichnung von Beweismitteln für die Richtigkeit seiner Darstellung geleistet werden (vgl. Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, N. 51 f. zu Art. 140).


3. a) Im Rekurs wurde sinngemäss vorgebracht, der Erwerb des Facharzttitels könne nur dann mit dem Erwerb eines Fachtitels eines Psychologen verglichen werden, wenn es sich dabei explizit um einen Facharzt für Psychiatrie handle. Das gehe aus dem Einsprache-Entscheid jedoch nicht hervor. Werde die Steuerpflichtige mit einem Chirurgen oder Internisten verglichen, handle es sich um einen völlig anderen Beruf. Der Unterschied zwischen Erlangung eines Facharzttitels durch einen Mediziner als notwendige Voraussetzung zur selbständigen Arbeit und Weiterbildungskosten des Psychologen zur Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit, welche notabene Voraussetzung für eine Praxisbewilligung sei und vom Sanitätsdepartement Kanton Baselland verlangt werde, scheine nicht vorhanden zu sein. Gemäss Bestätigung des Arbeitgebers werde die Weiterbildung benötigt, um ihre Stelle längerfristig zu besetzen.


b) Die Rekurrentin schloss ihr Studium klinische Psychologie im Jahr 2000 mit dem Lizentiat ab. Damit sie als Psychotherapeutin in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt selbständig berufstätig sein kann, absolvierte sie, wie sinngmäss aus dem Schreiben vom 8. Juni 2005 des Vertreters der Steuerpflichtigen hervorgeht, eine 5-jährige Weiterbildung in Gestalt-Psychotherapie. Diese führt zum Titel der Fachpsychologin für Psychotherapie FSP. Eine solche spezielle Ausbildung zur Psychotherapeutin, die auf einer wissenschaftlich anerkannten Psychotherapie-Methode basiert, ist nach § 8 lit. d der Verordnung vom 15. November 1977 über die nichtärztliche Psychotherapie des Kantons Basel-Landschaft bzw. § 8 lit. d der Verordnung vom 22. November 1977 betreffend die selbständige Berufsausübung der Psychotherapeuten des Kantons Basel-Stadt unter anderem eine Voraussetzung für die Bewilligung zur psychotherapeutischen Tätigkeit in selbständiger Berufsausübung. Diese Ausbildung umfasst im Einzelnen: 434 Stunden Gruppen-Selbsterfahrung, 430 Stunden Theorie-Vermittlung/Methodentraining, 360 Stunden Supervision in der Gruppe, 120 Stunden Gestalt-Lehrtherapie im Einzelsetting, 100 Stunden Einzel-Supervision, 500 Stunden therapeutische Tätigkeit ('supervidierte therapeutische Praxis') und 250 Stunden leiterlose Peergruppe. Demnach muss die Rekurrentin zur Erlangung der Bewilligung zur Ausübung des Berufes der selbständigen Psychotherapeutin eine ausgedehnte postuniversitäre Ausbildung absolvieren, in der neue, erstmalige Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt werden, die ihr bis dahin eben gerade gefehlt haben. Die notwendige Ausbildung lassen die angestrebte Aufnahme einer selbständigen psychotherapeutischen Tätigkeit als erstmalige Erlangung einer eindeutig vom bisherigen Beruf der Rekurrentin verschiedenen Berufsstellung und nicht als eine auf dem Bisherigen aufbauende Weiterentwicklung erscheinen. Die Erteilung der Bewilligung zur Ausübung des Berufes der selbständigen Psychotherapeutin ermöglicht der Rekurrentin auf die Dauer, eine neue Erwerbsquelle zu erschliessen, die ihr als Psychologin verschlossen gewesen wäre. Die von der Rekurrentin für die Erlangung des Titels der Fachpsychologin für Psychotherapie FSP getätigten Auslagen bilden somit nicht abziehbare Weiterbildungskosten, die zur Erhaltung oder Sicherung der erreichten Stellung oder für den Aufstieg im angestammten Beruf im normalen Rahmen notwendig sind (vgl. StGE Nr. 143/2001 vom 28. September 2001, a.a.O.).


c) Im Weiteren wurde im Rekurs geltend gemacht, eine Berufskollegin, die dieselbe Stelle in A inne gehabt habe, habe ihre Weiterbildung in Verhaltenstherapie vollumfänglich bei den Steuern geltend machen können. Der Umstand, dass andere Personen abweichend vom Gesetz behandelt wurden, gibt der Steuerpflichtigen grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden. Der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung, der eine Übereinstimmung der Entscheidung mit dem Gesetz verlangt, geht der Rücksichtnahme auf eine gleichmässige Rechtsanwendung vor. Nur wenn die Behörde die Aufgabe der in andern Fällen geübten gesetzwidrigen Praxis ablehnt, kann der Bürger verlangen, dass die gesetzwidrige Begünstigung, die dem Dritten zuteil wird, auch ihm gewährt wird. Dabei dürfen freilich keine gewichtigen öffentlichen Interessen einer gesetzwidrigen Rechtsanwendung entgegenstehen. Vorausgesetzt wird im Weiteren, dass sich die Behörde der Rechtswidrigkeit bewusst war und dennoch keine Anstalten traf, ihre Praxis zu ändern. Zudem hat derjenige, der eine rechtsungleiche Behandlung geltend macht, zu beweisen, dass und inwiefern die Behörde, die die angefochtene Entscheidung gefällt hat, in konkreten tatsächlichen und rechtlich gleich liegenden Fällen anders entschieden habe (Richner/Frei/Kaufmann, a.a.O., N. 96 zu VB zu Art. 109-121 mit weiteren Hinweisen). Einen Nachweis, dass im Kanton Basel-Landschaft andere Steuerpflichtigen mit einer Ausbildung zum Fachpsychologen/Fachpsychologin für Psychotherapie FSP die fraglichen Auslagen als Weiterbildungskosten zum Abzug zugelassen wurden, erbrachte die Steuerpflichtige nicht. Selbst wenn die Steuerverwaltung in einzelnen Fällen solche Kosten zum Abzug zugelassen haben sollte, vermag dies nichts daran zu ändern, dass die hier zu beurteilenden Auslagen zum Erwerb des Titels Fachpsychologen/Fachpsychologin für Psychotherapie FSP nicht abgezogen werden können.


Entscheid Nr. 163/2005 vom 4.11.2005



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