05-171: Weiterbildung/Ausbildung: Intensivstudium KMU-HSG

Die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für das Intensivstudium KMU-HSG stellen vorliegend abziehbare Weiterbildungskosten dar.


Sachverhalt


1. Die Rekurrenten machten in ihrer Steuererklärung 2003 einen Abzug für Weiterbildungskosten von Fr. 13'529.-- und einen Abzug für Liegenschaftsunterhalt von Fr. (…) geltend. In der definitiven Veranlagungsverfügung vom 26. Oktober 2004 wurde der Abzug für Weiterbildungskosten gestrichen und der Abzug für Liegenschaftsunterhalt auf Fr. (…) reduziert.


2. Die dagegen erhobene Einsprache hiess die Steuerverwaltung mit Entscheid vom 17. Januar 2005 teilweise gut. Sie gewährte den Abzug für Liegenschaftsunterhalt in der Höhe von Fr. (…). An der Streichung des Abzuges von Fr. 13'529.-- für Weiterbildungskosten im Zusammenhang mit dem vom Steuerpflichtigen an der Universität St. Gallen besuchten Intensivstudiums für Führungskräfte in Klein- und Mittelunternehmen (Intensivstudium KMU-HSG) hielt sie fest.


3. Mit Rekurs vom 16. Januar 2005 (recte: 16. Februar 2005) begehrten die Steuerpflichtigen, es seien die geltend gemachten Weiterbildungskosten von Fr. 13'529.-- vollständig zum Abzug zuzulassen. Zur Begründung führten sie vor allem aus, die Erstausbildung des Rekurrenten zum Apotheker umfasse einerseits das pharmazeutische Fachwissen und vermittle andererseits die Grundkenntnisse für die Führung einer KMU. Seit 1995 sei der Rekurrent in der Unternehmensführung (Mitglied der Geschäftsleitung) von KMU tätig (1995 bis 2002 Firma X AG, Z, 2002 bis heute Firma Y AG; beides typische KMU) und widme sich somit seit 10 Jahren täglich den Führungsaufgaben in einer KMU. Als Mitglied der Unternehmensführung in KMU genüge es heute nicht mehr, dass nur die fachspezifischen Kenntnisse "a jour" gehalten werden, sondern ein Geschäftsleitungsmitglied einer KMU sei heute in allen Geschäftsbereichen stark gefordert und müsse das bereits erlernte Wissen ständig vertiefen und ergänzen. Das Intensivstudium KMU-HSG richte sich ganz speziell an Unternehmerinnen und Unternehmer sowie an oberste Führungs- und Nachwuchskräfte mit mindestens 3-jähriger Führungserfahrung in KMU aller Branchen, um das bereits erlernte Wissen "a jour" zu halten. Das strenge Selektionsverfahren zeige, dass die Weiterbildung auf mind. 3-jährige Führungserfahrung aufbaut und nicht dazu dient, eine Ausbildung in Unternehmensführung zu vermitteln. Das Intensivstudium werde berufsbegleitend durchgeführt. Das Intensivstudium KMU-HSG umfasse 12 Blockwochen, in denen das Wissen für eine erfolgsversprechende Unternehmungsführung vermittelt werde. Bei dem breiten Angebot an Themen (pro Block 4.5 Tage) und der kurzen Zeit pro Thema könne nicht von einer Ausbildung, sondern müsse von einer Weiterbildung für das Führungsgremium von KMU ausgegangen werden. Das erlangte Diplom (KMU-Diplom HSG) entspreche nicht etwa einem Ausbildungstitel (dipl. Apotheker, dipl. Betriebsökonom, dipl. Kaufmann), sondern bescheinige lediglich, dass das Weiterbildungsprogramm entsprechend den geltenden Richtlinien erfolgreich abgeschlossen worden ist. Im Kanton Luzern seien die gesamten Kosten des Intensivstudiums abzugsberechtigt. Gemäss Art. 8 der Schweizerischen Bundesverfassung (BV) dürfe der Rekurrent gegenüber seinen Mitschülern, bei welchen es mit dem Steuerabzug keine Probleme gegeben habe, nicht schlechter gestellt werden.


4. Die Steuerverwaltung beantragte mit Vernehmlassung vom 27. Oktober 2005 die Abweisung des Rekurses. Zur Begründung führte sie zusammenfassend aus, dass gemäss Praxis des Steuergerichtes Nachdiplomstudien und andere Lehrgänge im universitären Umfeld stets als Ausbildung und nicht als Weiterbildung qualifiziert würden. An dieser konstanten Praxis sei auch hier festzuhalten. Die davon abweichende Praxis des Kantons Luzern könne in Anbetracht der Unabhängigkeit des Steuergerichtes nicht von Bedeutung sein.



Aus den Erwägungen :

2. Gemäss § 29 Abs. 1 lit. a StG können bei unselbständiger Erwerbstätigkeit als Erwerbsunkosten die mit der Ausübung des Berufes zusammenhängenden Weiterbildungskosten von den steuerbaren Einkünften abgezogen werden. Nicht abzugsfähig sind laut § 29 Abs. 3 StG Auslagen für eine berufliche Ausbildung.


a) Unter den nicht abziehbaren Ausbildungskosten sind Aufwendungen zu verstehen, welche die Ausübung eines bestimmten Berufs überhaupt ermöglichen oder hierzu befähigen. Sie bilden mangels qualifiziert engen wesentlichen Zusammenhangs mit einer vorbestehenden so genannten angestammten beruflichen Tätigkeit keine Berufskosten im Sinn des Gesetzes, sondern nicht abzugsfähige private Lebenshaltungskosten (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich [VGE ZH] vom 22. September 2004 [SB.2004.00036] E. 2.1 mit weiteren Hinweisen, www.vgrzh.ch ).


Als Erwerbsunkosten können indessen unselbständig Erwerbende nach § 2 ter Abs. 1 lit. h der Regierungsratsverordnung vom 22. Oktober 1974 zum Steuer- und Finanzgesetz (RRV) Weiterbildungskosten, soweit sie zur Erhaltung oder Sicherung der erreichten Stellung und für den Aufstieg im angestammten Beruf im normalen Rahmen notwendig sind, abziehen. Das Element der Notwendigkeit der Weiterbildungskosten ist in einem weiten Sinn zu verstehen. Es sind alle Kosten der Weiterbildung abzugsfähig, die objektiv mit dem gegenwärtigen Beruf der steuerpflichtigen Person im Zusammenhang stehen und die die steuerpflichtige Person zur Erhaltung ihrer beruflichen Chancen für angezeigt hält, auch wenn sich die Ausgaben als nicht absolut unerlässlich erweisen, um die gegenwärtige berufliche Stellung nicht einzubüssen (vgl. Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts [BGE] 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 2.1, www.bger.ch ). Der Zusammenhang fehlt, wenn es nur um persönliche Bereicherung - etwa im Sinne kultureller Weiterbildung - geht (vgl. BGE 113 Ib 114 E. 3b S. 121). Eine Weiterbildung liegt somit stets vor, wenn das Lernen darauf ausgerichtet ist, das zur Ausübung der betreffenden beruflichen Tätigkeit erforderliche Fachwissen zu aktualisieren, zu vertiefen und zu erweitern. Das in Frage stehende berufliche Fachwissen kann in der Praxis erlernt worden sein. Einer diesbezüglichen eigentlichen Grundausbildung - die es im Übrigen für verschiedene berufliche Tätigkeiten gar nicht gibt - bedarf es nicht (vgl. Michael Beusch, Bildungskosten - Eine Analyse von Aus- und Weiterbildung anhand neuerer Entwicklungen in der Rechtsprechung, Zeitschrift für Schweizerisches und Internationales Steuerrecht, Aufsätze, Ziff. 24 und 47, www.zsis.ch ; VGE ZH vom 22. September 2004 [SB.2004.00036] E. 2.1, a.a.O.). Abzugsfähig sind etwa die Auslagen der kaufmännischen Angestellten für den Erwerb des eidgenössischen Diploms als Verkaufsleiterin (vgl. Entscheid des Präsidenten des Steuergerichts Nr. 52/2005 vom 27. Mai 2005), die Aufwendungen des kaufmännischen Angestellten, der dipl. Buchhalter/Bücherexperte wird oder des Malers, der die Meisterprüfung ablegt (vgl. Kreisschreiben Nr. 26 der Steuerperiode 1995/96 vom 22. September 1995 der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur direkten Bundessteuer betr. Abzug von Berufskosten der unselbständigen Erwerbstätigkeit, www.admin.ch/estv ; Steuerinformationen, Schweiz. Steuerkonferenz SSK [Hrsg.], Die Einkommenssteuer der natürlichen Personen [Stand der Gesetzgebung: 1. Januar 2003], S. 64 Ziff. 321.252, www.admin.ch/estv ).


Hingegen sind Auslagen für eine Fortbildung, die zum Aufstieg in eine eindeutig vom bisherigen Beruf zu unterscheidende höhere Berufsstellung (sog. Berufsaufstiegskosten) oder gar zum Umstieg in einen anderen Beruf dienen, keine Weiterbildungskosten im Sinn von § 29 Abs. 1 lit. a StG. Sie werden nicht für eine Weiterbildung im Rahmen des bereits erlernten und ausgeübten Berufs erbracht, sondern letztlich für eine neue Ausbildung (vgl. BGE 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 2.2, a.a.O.). Als solche nicht abzugsfähige Auslagen gelten beispielsweise der Besuch eines Nachdiplomstudiums in Unternehmungsführung durch einen ausgebildeten Juristen, durch einen Mathematiker oder Computerfachmann, die Kosten für den Besuch eines Lehrgangs zum diplomierten Wirtschaftsinformatiker für einen Juristen oder die Auslagen des Primarlehrers, der sich zum Mittelschullehrer ausbilden lässt (vgl. BGE 2A.671/2004 vom 6. Juli 2005, E. 2.2, a.a.O.) und die Zusatzausbildung eines diplomierten Betriebsökonomen HWV zum Master of Business Administration (vgl. BGE 2A.623/2004 vom 6. Juli 2005, www.bger.ch ).


b) Das Intensivstudium KMU-HSG ist gemäss Broschüre zur 15. Durchführung des Kurses der einzige universitäre Nachdiplomstudiengang, der sich speziell an Führungskräfte und Unternehmer aus KMU aller Branchen richtet. Das Ziel des Nachdiplomstudiums ist es, die Fähigkeiten der Studierenden zu einer erfolgreichen Unternehmensführung weiter zu entwickeln. Das Studium vermittelt Wissen in folgenden Fächern: Grundlagen der Unternehmensführung, Volkswirtschaft und Umfeld, Strategisches Management, Finanzielles Rechnungswesen, Marketing I - Grundlagen, Marketing II - Markenführung und Kommunikation, Führung und Organisation, Management Accounting, Innovations- und Technologiemanagement, Management der Human Resources, Recht und Corporate Governance, Internationalisierung. Voraussetzung für die Zulassung zum Studium sind eine Tätigkeit in der Führungsebene eines KMU-Unternehmens, eine mindestens dreijährige Führungserfahrung und eine der folgenden Ausbildungen: Uni, ETH, FH, HWV, HTL, eidg. Fähigkeitsausweis, St. Galler Managements Seminar für KMU des KMU-Instituts oder Abschlüsse anderer anerkannter Schulungsprogramme. Für Studienbewerber ohne entsprechende Ausbildung besteht die Möglichkeit, sich in einem Aufnahmegespräch mit der Studienleitung für das Kriterium Ausbildung zu qualifizieren.


Der Rekurrent ist Apotheker und seit 1995 als Geschäftleitungsmitglied einer KMU tätig. Die im Intensivstudium KMU-HSG vermittelten Kenntnisse sind offenkundig geeignet, das zur Ausübung des Rekurrenten als Geschäftsleitungsmitglied in seiner bisherigen Ausbildung und Praxis erworbene Fachwissen zu vertiefen und es auf den neuesten Stand zu bringen. Der Titel KMU-Diplom HSG kommt jedoch nicht einem akademischen Titel eines Universitäts- bzw. Nachdiplomstudiums im herkömmlichen Sinn oder einem Abschluss bzw. Diplom einer Fachhochschule gleich. Der Kurs richtet sich an Praktiker und steht insbesondere auch Nicht-Akademikern offen. Aufgrund all dessen ergibt sich, dass der vom Rekurrenten besuchte Intensivstudium KMU-HSG als Weiterbildung zu qualifizieren.


c) Unter die Weiterbildungskosten fallen die unmittelbaren Kosten (Schulgeld, Semestergebühren, Aufwendungen für Fachliteratur etc.), aber auch bloss mittelbare Kosten wie Fahrten zwischen der Wohnung und der Ausbildungsstätte und Mehrkosten für die Verpflegung (vgl. Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, N. 61 zu Art. 26; Hans Zehnder, Die Behandlung der Kosten der Ausbildung und beruflichen Weiterbildung im schweizerischen Steuerrecht, Zürich 1985, S. 75). Die Kosten für die Weiterbildung können jedoch nur in ihrem effektiven Umfang geltend gemacht werden (Richner/Frei/Kaufmann, a.a.O., N. 117 zu Art. 26).


In casu kann von den eingereichten Zahlungs- bzw. Rechnungsbelegen von insgesamt Fr. 12'588.50 ein Betrag von Fr. 12'004.50 als Weiterbildungskosten anerkannt werden. Nicht akzeptiert werden die drei geltend gemachten Kosten von Fr. 37.50, Fr 20.50 und Fr. 45.00 für die Mahlzeiten am 29.4.,1.5. und 2.5.2003, da sie bereits in der Hotelrechnung vom 2. Mai 2003 enthalten sind. Sie sind zudem wie auch die geltend gemachten Kosten für die übrigen Mahlzeiten auf jeweils Fr. 14.-- zu reduzieren, da gemäss § 2ter Abs. 1 lit. b der Regierungsratsverordnung zum Steuer- und Finanzgesetz vom 22. Oktober 1974 (RRV) der Abzug für jede auswärtige Hauptmahlzeit Fr. 14.-- beträgt. Ebenfalls nicht zum Abzug zuzulassen sind die in der Hotelrechnung vom 2.5.2003 enthaltenen Kosten von Fr. 4.40 für den Orangensaft sowie der Beleg (…) vom 29.8.2003 über einen Betrag von Fr. 61.65, da daraus nicht ersichtlich ist, was belegt werden soll. Der Abzug setzt sich demnach im einzelnen wie folgt zusammen:


Der Rekurs erweist sich dem Gesagten zufolge als teilweise begründet und ist somit teilweise gutzuheissen.


Entscheid Nr. 171/2005 vom 18.11.2005



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